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Als Klangkünstler und Brückenbauer zwischen dem Jazz und der Popmusik geht diesmal Michael Wollny mit seinem Debütalbum Wasted & Wanted (auf Amazon anhören) bei mir an den Start. Der vor einigen Jahren als neuer Superstar des deutschen Jazz gefeierte Pianist versucht gleich zu Beginn mit dem titelgebenden Lied des Albums zum „Mitschunkeln“ anzuregen. Unser Proband, der Burson Soloist LS MK 2, schafft das ganz hervorragend ans Ohr zu bringen. Vor allem im Hochton weiß der Verstärker zu gefallen, gelingt ihm doch der Spagat zwischen hoher Auflösung und musikalisch nicht überspitzter Wiedergabe. Becken und die Obertöne des Kontrabasses werden stets sauber und gut akzentuiert wiedergegeben. Dabei drängt sich aber bei keinem der von mir im Testzeitraum verwendeten Kopfhörer das Gefühl eines zu vordergründigen oder im Gegenteil gar gedämpften Schlagzeugspiels beziehungsweise zu metallisch klingenden Saitenanschlags auf.
Auch das glockenähnliche Spiel am Beginn von „Kulintang“ – ja, der Schlagzeuger bedient sich hier wirklich des namensgebenden, von den Philippinen stammenden Instrumentes – wird über den Burson Soloist SL MK2 sehr realistisch und verfärbungsarm wiedergegeben. Trotz der recht einprägsamen, synkopierten Melodie im Vordergrund wird auch der weniger schnelle Begleitrhythmus vom Burson nicht unbeachtet gelassen und fügt sich sehr gut in die Gesamtpräsentation ein. Den sehr hellen Anschlag der Kulintang bei 2:25 min schafft der Burson – im Gegensatz etwa zum Nuprime HPA-9, der im Hochton etwas „unrunder“ daherkommt – ebenfalls ohne Ohrenschmerzen hervorzurufen. Auch der metallische Nachklang der Cembalosaiten und das leichte Klimpern des Windspiels im Hintergrund des Stückes „Cembalo Manifest“ werden vom Soloist bravourös und fein dosiert an den Hörer transportiert. An Hochtonenergie fehlt es dem Verstärker hier genauso wenig wie an Detailauflösung. Ebenfalls positiv hervorzuheben: Das Absenken der Lautstärke gelingt sehr gut, nämlich ohne viele Details zu verlieren. Der Pegel im Hochton bleibt stets in Harmonie mit dem restlichen Frequenzgang.
Die einzige Gemeinsamkeit, welche das nächste Musikbeispiel mit dem vorangegangenen hat, ist der Ursprung der Musiker. Ebenfalls aus Bayern stammend, können die Sportfreunde Stiller durchaus ihren Beitrag zum internationalen Indierock-Geschehen leisten. Beste Voraussetzung also, um der Mittenwiedergabe des australischen Testkandidaten auf den Zahn zu fühlen. Mit ihrem neuesten Album, New York, Rio, Rosenheim (auf Amazon anhören) werden überwiegend die Stärken des Soloist SL MK2 sichtbar. Angefangen bei der hervorragenden Einbettung der rockigen Gitarrenriffs in die Gesamtmelodie bis hin zu den unverzerrten Zupfpassagen und Soli, die leicht hintergründig, aber doch in die Gesamtvorstellung passend wiedergegeben werden, stimmt nahezu alles. Dabei ist auffällig, dass trotz des tonal etwas sanfteren Charakters des Burson Audio Soloist SL MK2 kein Grund zur Beanstandung bei Grobdynamik und Pegelfestigkeit besteht: Lautstärketechnisch kann der Burson bis an die menschliche Schmerzgrenze getrieben werden, ohne dabei hörbare Verzerrungen zu produzieren.
Ein Kritikpunkt wurde hier jedoch bei genauerem Hinhören dann doch entdeckt. Durch eine leicht zurückhaltende Wiedergabe in den oberen Mitten und eine etwas weniger trockene Spielweise vom Grundton abwärts geht bei verzerrten Gitarren etwas die Genauigkeit verloren. Instrumente werden nicht ganz so gut voneinander abgegrenzt wie man es sonst bei Transistorverstärkern dieser Preisklasse gewohnt ist. Ein Gegencheck mit dem Nuprime HPA-9 untermauert diesen Eindruck. Dort sind die einzelnen Bandmitglieder mit ihren Gitarren besser unterscheidbar, wenn es sich hierbei auch nur um Nuancen handelt. Nichtsdestotrotz kann die Gesamtvorstellung des Burson überzeugen, auch und gerade bei der Stimmwiedergabe. Dieser fehlt es nicht an der realistischen Tonalität und so klingt Peter Brugger, der Leadsänger der Band, genau so, wie er klingen sollte.
Findet man nun den Weg vom rockigen Deutschland in die romantisch-ästhetischen Musikgefilde Frankreichs, fällt einem bereits bei den ersten Tönen des Albums En attendant l’album des Vokaltrios L.E.J. (auf Amazon anhören) nur ein Wort ein: schön. So unangestrengt wie mit dem Burson Soloist SL MK2 ist mir mein AKG K702 noch nie vorgekommen. Tatsächlich fällt der durchaus vorhandene „charmante“ Charakter des Soloist erst bei weiblichen Stimmen mit wenig instrumentellem Einfluss ins Gewicht. Klangen die Kopfhörer beim Jazzbeispiel noch größtenteils tonal neutral, merkt man hier die Tendenz in Richtung warme Wiedergabe. Man darf sich das klarerweise nicht so drastisch vorstellen, wie es teilweise bei dem einen oder anderen bewusst warm abgestimmten Röhrenverstärker der Fall ist. Vielmehr gibt der Burson heller klingenden Kopfhörern einen kleinen Schubs im Grundtonbereich mit. Gleichzeitig bewirken die leicht zurückgenommenen oberen Mitten, wie schon bei den Sportfreunden angemerkt, eine gewisse Entspanntheit. Die Musik behält mit dem Burson Soloist SL MK2 trotzdem ihre Beschwingtheit und Leichtigkeit bei und wird keinesfalls zu dunkel eingefärbt, wie ein schneller Wechsel vom AKG auf den Audeze LCD-2 bestätigt. Trotz der etwas sanfteren Spielweise des Burson wird auch beim Magnetostaten der Grundcharakter der drei prägnanten Stimmen nicht beeinflusst. Und ja, so langsam fange ich an zu verstehen, wieso derart viele Audeze-Besitzer bei der Wahl des passenden Verstärkers auf Burson zurückgreifen. Mit dieser Kombination bekommt die Musik einen ganz besonderen „Wohlfühlfaktor“ verliehen und man vergisst beim erzeugten Musikfluss glatt, dass man den recht schweren Audeze am Kopf hat. Das Timbre kann über das ganze Album hinweg als sehr natürlich angesehen werden. Bei all den schönen Klangfarben wird aber keineswegs die Detailwiedergabe vergessen. So wirken sowohl die Stimmwiedergabe als auch das Cello sehr sauber gezeichnet und lassen im Grunde nichts vermissen.
Bei der Instrumenten- beziehungsweise Stimmentrennung fällt beim Burson bei diesem Musikbeispiel – anders als bei den Sportfreunden – fast nichts auf. Interessanterweise bleibt die Ortbarkeit trotz der leicht überlappenden Spielweise des Verstärkers weitgehend erhalten. Der Burson Soloist SL MK2 kann dabei mit einer realistischen Raumgröße punkten – sowohl in der Breite als auch in der Tiefenwirkung macht er einen guten Job. Man läuft also weder Gefahr, sich in einer räumlichen Zwangsjacke wiederzufinden, noch sich in den unendlichen Weiten des Raumes zu verlieren. Die Beschaffenheit des Studios und der Abstand der Musikerinnen zueinander können gut erahnt werden und bedürfen keines angestrengten Hinhörens. Es kommt sogar ein bisschen das Feeling auf, als wäre man direkt bei der Aufnahme dabei.
Im Album What Sound der britischen Trip-Hop-Band Lamb (auf Amazon anhören) wird die nicht ganz so trockene, aber durchaus substanzielle Basswiedergabe unseres Probanden hörbar. Dabei reagiert der Soloist SL MK2 auf verschiedene Kopfhörer unterschiedlich: Mit einem Audeze LCD-2 macht der Song „Scratch Bass“ richtig Laune, ohne eine überbordende Bassgewalt darzubieten. Die grandios gehandhabte Mittenwiedergabe des Magnetostaten wird mit dem australischen Verstärker leicht gedämpft und damit besonders im Midbass des Burson eine kleine Anhebung hörbar. Das stärkt vor allem den Mitwippfaktor. Allerdings hängt das auch sehr von der Aufnahme ab. Nennt man überwiegend basslastig produzierte und aufgenommene Musik sein Eigen, kann dies zwar mit heller abgestimmten Kopfhörern, wie einem AKG K701/702 oder einem Beyerdynamik DT880, harmonieren, bei Vertretern mit ausgeprägtem Midbassbuckel aber teilweise auch zu viel des Guten werden. Magnetostaten stellen hier eine Ausnahme dar, weisen die meisten Modelle doch vom Mittenband bis hin in den Bassbereich einen sehr linearen Frequenzgang auf. Die leichte Bassbetonung des „Solisten“ fällt so weniger ins Gewicht. Überhaupt scheint der Burson sich mit den Audeze-Modellen richtig wohlzufühlen. Sogar der etwas gewöhnungsbedürftig abgestimmte Audeze LCD-XC weiß mir persönlich am Burson Soloist SL MK2 zu gefallen, dämpft er doch etwas den prägnanten Hochton, ohne die Details zu unterschlagen, und bringt damit Mitten- und Basswiedergabe besser zur Geltung.
Im Tiefbass leistet sich der Verstärker ebenfalls keine Schnitzer und so wird auch im Frequenzkeller das auf dem Tonträger vorhandene Musiksignal, wie etwa die fast subsonischen Basslines bei vielen Elektronikstücken, in der Regel souverän ans Ohr weitergegeben. Dabei ist weder Betonung noch eine nennenswerte Absenkung zu hören. Sowohl Dynamiker, wie etwa der AKG K702 oder der Beyerdynamic DT880, als auch Magnetostaten meistern mit dem Burson als „Antreiber“ den Subbass ohne Schwächen. Die etwas weniger knorrige Wiedergabe passt hierbei sehr gut zum übrigen Bassbereich.
Ein Testhörer fiel hier jedoch ein wenig aus der Reihe: der AKG K812. Im Quervergleich mit dem NuPrime HPA-9 muss dem Burson zumindest mit diesem Kopfhörer ein leichter Pegelabfall im untersten Frequenzbereich attestiert werden. Was seltsam anmutet, ist, dass mir dies nur mit dem K812 aufgefallen ist. Dass dieser Kopfhörer eigentlich nicht bassscheu ist, kann unter anderem auch im Testbericht zum AKG K812 nachgelesen werden. Wie auch immer: Ein bekanntlich schwierig anzutreibender HiFiman HE-6 bereitet dem Soloist SL MK2 wiederum keinerlei Probleme, was die Kraftreserven des kleinsten Verstärkermodells von Burson unter Beweis stellt. Eine gehobene Lautstärke ist damit schon ab 11 Uhr und High-Gain Setting erreicht, was bei diesem Kopfhörermodell keine Selbstverständlichkeit darstellt.
Dank des hohen Gleichlaufs des verbauten Lautstärkepotenziometers und der hervorragenden Detailauflösung ist der Soloist auch für Leisehörer gut geeignet, wenn auch die Dynamik im Gegensatz zu moderaten Lautstärken etwas nachlässt. Dass der Burson kein brachial-direkter Zeitgenosse ist, sollte aber bereits klar geworden sein.
Test: Burson Audio Soloist SL MK2 | Kopfhörer-Verstärker