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Clearaudio Concept Edition

Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Aktivierend anders
  2. 2 Bohne Audio BB-10L: Klangeindruck & Hörtest
  3. 3 Testfazit: Bohne Audio BB-10L

Jörg Bohne ist eher der impulsive Typ – kein Wunder, schließlich spielt er als Drummer in drei Bands mit. Auch in seinem Beruf als Lautsprecherentwickler und Chef der seinen Namen tragenden Manufaktur (Web: https://bohne-audio.com/) lebt er eine gewisse „Impuls-Besessenheit“ aus: Die Transientenreproduktion üblicher Lautsprecherkonzepte hält er für fehlerhaft. Also habe er sich daran gemacht, das Einschwingverhalten von Instrumenten genauer zu untersuchen und Lautsprecher zu entwickeln, die genau das rüberbringen. Auch sein zweitkleinstes Modell, die Bohne Audio BB-10L (Preis 10.990 Euro), soll diese Fähigkeit besitzen. Müsste sich dann ja eigentlich um ein Horn handeln, oder?

Dem ist aber nicht so. Zwar gesteht Bohne dem Hornkonzept einige Vorteile zu, insbesondere sei die Schallausbeute hoch und es gäbe durchaus Modelle, die verfärbungsfrei aufspielten. Aber ausgerechnet eine authentische Impulswiedergabe – also das, woran wir gemeinhin denken, wenn es um Hörner geht – traut er dem Konzept nicht zu. Seine Begründung: Ein Teil der Transientenenergie gehe durch systemimmanente „Druckwechsel-Vorgänge“ verloren. Er stellt hier darauf ab, dass die Luft in der Kompressionskammer zunächst, logisch: komprimiert wird, um hernach im Horntrichter abgebremst zu werden. Diese Druckwechsel raubten den Transienten ihren authentischen Ausdruck. Hm, interessante These. Ich würde freilich einwenden, dass nicht jedes Horn eine Kompressionskammer verwendet, aber es stimmt schon, die meisten Hochtonhörner besitzen so eine vorgelagerte Kammer.

Die aktive Bohne Audio BB-10L ist ein Zweiwegesystem - die Treiber auf der Seite sind Passivmembranen zur Unterstützung des Tiefbassbereichs

Die aktive Bohne Audio BB-10L ist ein Zweiwegesystem – die Treiber auf der Seite sind Passivmembranen und unterstützen den Tiefbassbereich

Doch gehen wir kurz noch einmal einen Schritt zurück und fragen uns: Was ist eigentlich eine Transiente? Es muss etwas mit einem Übergang zu tun haben, wird der Lateiner anmerken – und liegt damit ganz richtig, bezeichnet der Begriff in der Akustik doch die geräuschhafte Startphase eines Klangs vor dem eingeschwungenen Zustand mit seinen harmonischen Grund- und Obertönen. Transienten sorgen nicht nur für einen impulsiven, dynamischen Eindruck, sie sind auch ganz entscheidend für die Ortung von Signalen und Unterscheidbarkeit verschiedener Instrumente, Stimmen und Klänge. Denn nicht allein die Wellenform und damit die Klangfarbe erlaubt es uns, eine Gitarre von einem Cello zu unterscheiden, sondern auch die charakteristische Startphase des Tons (hier: Finger- oder Plektron-Anriss vs. Ansetz-Kratzer des Bogens auf der Saite). Man unterschätze die Wichtigkeit der Attackphase nicht, es geht keinesfalls nur um einen „zackigen“ Eindruck. Freilich ist Zackigkeit schon auch entscheidend, wenn ein Impuls echt wirken soll – schließlich geht es darum, innerhalb der ersten Millisekunde eine initiale Druckwelle Richtung Hörer zu schicken. Transienten sind prinzipbedingt steilflankig, wir reden also über Hochtonsignale.

Hochtonhörner erfüllen Bohnes Vorgaben nicht, haben wir gelernt. Handelsübliche Hochtonkalotten erst recht nicht: Sie seien zu schwer und mechanisch gehemmt, böten zudem eine zu geringe Fläche, um die nötige Energie zu transportieren und verformten sich bei impulshaften Signalen. Plasma-Hochtöner seien, was das Tempo angeht, eigentlich ideal, erreichten die notwendigen Schalldrücke aber nicht, so Bohne. Deshalb setzt er auf das Bändchenprinzip. Bei diesem sind Membran und „Schwingspule“ ein und dasselbe, weshalb es ein hervorragendes Masse/Antriebs-Verhältnis aufweist. Oft sind Bändchen aber etwas zu klein, um den nötigen Druck aufzubauen und tief angekoppelt werden zu können. Doch das lässt sich ja ändern. Bohne baut seine eigenen Bändchen, und die sind größer als die meisten anderen; eigentlich könnte man auch „Band“ sagen. Patentgeschützt sind sie übrigens auch.

Man kann Bändchen auch größer bauen - das der Bohne Audio BB-10L ist 20 Zentimeter lang und 14 Millimeter breit

Man kann Bändchen auch größer bauen – das der Bohne Audio BB-10L ist 20 Zentimeter lang und 14 Millimeter breit

Bohne Audio BB-10L: Konzept & Technik

Das Bändchen in der Bohne Audio BB-10L ist 20 Zentimeter lang und 14 Millimeter breit. Es arbeitet als Dipolstrahler, der rückseitige Schall wird also genutzt. Im Vergleich mit einer handelsüblichen 1-Zoll-Kalotte besitzt dieses Bändchen eine circa fünfeinhalbmal so große schallabstrahlende Fläche. Die Trennfrequenz liegt bei ziemlich tiefen 900 Hertz – dies ist übrigens der einzige Cross-over-Punkt, denn Bohne Audio baut ausschließlich Zweiwegelautsprecher. Jeder zusätzliche Weg bringe nur neue Probleme mit sich, vor allem was die Impulswiedergabe angehe, so Bohne. Die Aussage erinnert mich an Blumenhofer Acoustics, die vom Gleichen überzeugt sind, aber auf passive Horn-Lautsprecher spezialisiert sind. Bohne hingegen setzt konsequent auf Aktiv-Technik, und so kann er die tiefe Trennung auch mit steilen 48 dB/Oktave realisieren.

Rückansicht: Im Hochtonbereich arbeitet die Bohne Audio BB-10L als Dipol

Rückansicht: Im Hochtonbereich arbeitet die Bohne Audio BB-10L als Dipol

Während das Bändchen bei Bohne Audio selbst gefertigt wird, kommt der Tiefmitteltöner vom italienischen Hersteller Sica – der ihn freilich nach speziellen Vorgaben fertigt. Der recht hart aufgehängte 10-Zöller mit faserverstärkter Papier-Composite-Membran und 76 Millimeter durchmessender Aluminium-Flachdraht-Spule besitzt einen Parametersatz, der speziell für den Betrieb mit Passiv-Membranen und auf hohes Beschleunigungsvermögen optimiert wurde – nicht auf Linearität. Diese erreiche man durch eine entsprechende Frequenzgangkorrektur im DSP der Vorstufe respektive Aktivweiche. Die Passivmembranen der BB-10L wurden seitlich montiert, stammen gleichfalls von Sica und besitzen einen Durchmesser von 10 Zoll. Viel mehr Treiberfläche lässt sich mit so einem Lautsprecher von noch halbwegs überschaubarer Größe – 117 x 33 x 34 Zentimeter (HxBxT), 36 Kilogramm/Stück, das Bassabteil besitzt 32 Liter Volumen – kaum realisieren. Und wie heißt es so schön: Treiberfläche lässt sich durch nichts ersetzen, außer durch noch mehr Treiberfläche. Die Passivradiatoren arbeiten von 20 bis 50 Hertz, die untere Grenzfrequenz der Bohne BB-10L liegt bei 28 Hertz (-3 dB).

Die Schallwand der Bohne Audio BB-10L ist nach hinten geneigt - die Passivradiatoren wurden seitlich angebracht (je zwei pro Box)

Die Schallwand der Bohne Audio BB-10L ist nach hinten geneigt – die Passivradiatoren wurden seitlich angebracht (je zwei pro Box)

Ungewöhnlich ist nicht nur die Bestückung der BB-10L, auch das Aktivkonzept weicht vom Üblichen ab. Die Elektronik steckt nämlich nicht im Lautsprecher, sondern in eigenständigen, externen Komponenten. Das ist natürlich der konsequenteste Weg, bietet Vorteile beim Abwärmemanagement und der Mikrofonievermeidung, doch trotzdem sieht man das sehr, sehr selten.

Die Endstufe Bohne BA-200 gehört zum BB-10L-Komplettpaket

Die Endstufe Bohne BA-200 gehört zum BB-10L-Komplettpaket

Bei der Endstufe vertraut Bohne übrigens nicht zugekauften Modulen, er baut sie selbst. Das Class-AB-Design nennt sich BA-200, leistet 4 x 200 Watt an 8 Ohm und zeichnet sich durch sehr hohe Anstiegsgeschwindigkeit und geringe Verzerrungen aus. Hierfür verwendet Bohne hochspannungsfähige Lateral-Mosfets und ein niederimpedantes Netzteil mit 800-VA-Trafo und 60.000 Mikrofarad Siebung. Als Bohne-Kunde müssen Sie diese Endstufe aber nicht verwenden, sondern können auch ihre eigene(n) einsetzen und so knapp 3.700 Euro sparen – ein weiterer Vorteil des „aushäusigen“ Aktivkonzepts. Doch nicht vergessen: Sie benötigen natürlich vier Kanäle.

Blick in die Endstufe Bohne BA-200

Blick in die Endstufe Bohne Audio BA-200

So viele besitzt logischerweise auch der miniDSP SHD, den Bohne Audio bei der BB-10L als Vorverstärker und Signalprozessor einsetzt. Wer möchte, kann die Lautsprecher auch mit dem noch hochwertigeren Trinnov ST-2 HiFi ordern, doch das erhöht die Rechnung um 4.500 Euro – und preisleistungsseitig sei der SHD („Streaming High Definition“) kaum zu toppen, meint Bohne.

Optisch schlicht, doch funktional sehr üppig: Der miniDSP SHD ist Vorstufe, Aktivweiche, Streamer, Roon-Endpoint und Dirac-Raumkorrektur in einem

Optisch schlicht, funktional sehr üppig: Der miniDSP SHD ist Vorstufe, Aktivweiche, Streamer, Roon-Endpoint und Dirac-Raumkorrektur in einem

Tatsächlich ist allein der Funktionsumfang dieses Geräts so üppig, dass sich ein eigener Test darüber schreiben ließe, aber ich will mich hier nur auf das Nötigste beschränken. Also: An den miniDSP SHD lassen sich symmetrische wie unsymmetrische analoge wie digitale Quellen (Hochpegel Cinch & XLR, USB-B, AES-EBU, S/PDIF koaxial, Toslink) anschließen, zudem besitzt er eine LAN-Buchse zur Verbindung mit dem Netzwerk – schließlich kann er auch als ein Audio-Streamer (Volumio) und Roon-Endpoint dienen. Vor allem aber versteht er sich als vierzügige Aktivweiche und bietet via DSP plus Dirac Live die Möglichkeit der Raumeinmessung. Eine solche gehört zum Lieferumfang der Bohne Audio BB-10L, und das dafür nötige Messmikrofon nebst passendem Ständer und Verkabelung ebenfalls. Die Raumeinmessung erfolgt per Remote-Session oder als persönlicher Einmessservice vor Ort, je nach Entfernung vom Firmensitz in Engelskirchen bei Köln kostenfrei oder gegen eine überschaubare Aufwandsentschädigung.

Anschlussfeld des miniDSP SHD

Das Anschlussfeld des miniDSP SHD

Überhaupt scheint mir der Preis fürs Gesamtpaket doch halbwegs überschaubar, auch wenn 11 kEuro natürlich schon eine Nummer sind. Lautsprecher, Endstufe, Vorstufe, Mikro, Ständer, die gesamte Verkabelung plus eine Raumeinmessung als Profi-Dienstleistung – da steckt ja schon ein bisschen was in der Tüte. Wahrscheinlich ist das so auch nur durchs Direktvertriebskonzept möglich. Doch ich will hier nicht den Tag vor dem Abend loben, der entscheidendste Punkt fehlt ja noch, der Hörtest.

Bohne Audio BB-10L: Klangeindruck & Hörtest

Doch vorm Hören kommt erst mal besagte Einmessung des Lautsprechers, die in unserem Fall persönlich von Herrn Bohne bei der Lieferung des Testmusters ausgeführt wurde. Da der miniDSP SHD vier Presets abspeichern kann, wurde eine entsprechende Anzahl an Zielkurven hinterlegt: eine messtechnisch lineare, zwei mit leicht „rechtsschiefem“ Frequenzgang – sprich: vom Bass zum Hochton leicht abfallend – und als vierte eine Loudness-Abstimmung für niedrige Pegel. Gehört habe ich überwiegend mit der etwas deutlicher abfallenden Kurve (circa -6 dB), ähnliche Korrekturen kenne ich von verschiedenen Lautsprechern und Hörräumen. Eine solche Rücknahme der Amplitude mit steigender Frequenz ist objektiv natürlich nicht linear, subjektiv beziehungsweise „gehört“ für viele aber schon, das scheint nicht nur mir so zu gehen, wie ich aus Gesprächen mit Entwicklern weiß. Mehr zum Thema Tonalität später noch.

Musik flute den Raum

Auch wenn Jörg Bohne technische Vorbehalte gegenüber Hörnern hat, die klangliche Grundausrichtung unseres Testkandidaten, der Habitus, geht für mich klar in diese Richtung. Wer den besonderen Kick dieses Lautsprecherprinzips mag, wer einen Vitalitätsschub im Klangbild braucht, der sollte sich definitiv mal die BB-10L anhören – auch wenn bei ihr weit und breit kein Horn zu sehen ist.

Das fängt schon mit dem Bühnenaufbau an. Laid-back oder brav auf der Grundlinie spielen, das überlässt die Bohne Audio anderen. Musik flute den Raum: Mit ihr geht’s nach vorne, und zwar ein ordentliches Stück; locker einen ganzen Schritt auf den Hörer zu, ausgehend von besagter Grundlinie, also der gedachten Verbindung zwischen den Boxen. Ja, der Bühnenraum wölbt sich mir geradezu halbkreisförmig entgegen, geht links und rechts teils deutlich über die Lautsprechergrenzen hinaus, wenn die Aufnahme das denn hergibt, und wirkt auch höher als ich es sonst oft erlebe. Das mag mit dem energiereichen Hochtonband zu tun haben, dem großen Bändchen und seiner Dipol-Charakteristik, vielleicht auch mit der angeschrägten Schallwand – jedenfalls wölbt sich das Klangbild auch etwas stärker nach oben als gemeinhin und bei Sänger und Sägerinnen habe ich nun oft das Gefühl, dass sie vor mir stehen, nicht sitzen.

Die Bohne Audio BB-10L ist in verschiedenen Ausführungen zu haben. Standard sind Matt-Weiß und -Schwarz, andere Farben sind auf Wunsch möglich. Hier zu sehen: Eine Vollholzversion in Zebrano. Furnierte Varianten sind ebenfalls möglich, diese besitzen gefaste statt gerundete Kanten

Die Bohne Audio BB-10L ist in verschiedenen Ausführungen zu haben. Standard sind Matt-Weiß und -Schwarz, andere Farben sind auf Wunsch möglich. Hier zu sehen: Eine Vollholzversion in Zebrano. Furnierte Varianten sind ebenfalls möglich, diese besitzen gefaste statt gerundete Kanten

Die einzige Dimension, die etwas limitierter wirkt, ist die Tiefe. Natürlich lassen sich auch hier Vorne/Hinten-Bezüge erleben, die Klänge werden von der recht nahen „Bühnenvorderkante“ bis knapp hinter die Boxen gestaffelt. Doch allertiefste Einblicke in den Orchesterapparat zu gewähren ist nun nicht das Steckenpferd der Bohne Audio, da gibt’s Lautsprecher, die hier weiter und klarer ausleuchten. Und dafür in der Regel nicht so offensiv und involvierend Musik frei in den Raum projizieren, wie die Bohne es tut und den Hörer dabei mitreißt.

Stimmen und Instrumenten werden etwas größer gezeichnet und dabei klar voneinander abgegrenzt, doch als regelrechte „Holografie-Nummer“, wie eine Wilson Audio oder Dynaudio Confidence sie aufziehen können, geht’s nicht durch. Ja, ich weiß, kann man so auch gar nicht vergleichen, genannte Lautsprecher kosten ein Vielfaches der Bohne Audio – aber das ist nicht mein Punkt. Die mit Hörnern ausgestatteten Schallwandler von Blumenhofer oder Dynamikks sind ebenfalls kostspieliger, doch vom Grundsatz her machen sie‘s ähnlich: Statt einer harten Grenze zwischen dem Einzelklang und dem „nackten Raum“ gibt es so eine Art Ausfaden in den Raum hinein, also eine weichere Zeichnung der Umrisse. Weniger ein griffiges „Ich kann es anfassen“-Gefühl sorgt für Begeisterung, faszinierend sind vielmehr Größe, Offenheit, die Auflösung und dynamische Feinzeichnung, mit der jeder einzelne Ton vor einem porträtiert wird. Auf den meisten Konzerten, die ich besucht habe, klang es ähnlich.

Anschlussterminal der Bohne Audio BB-10L

Anschlussterminal der Bohne Audio BB-10L

Auf die Zwölf

Introducing Marialy PachecoLänger nicht mehr „Metro“ von Marialy Pacheco (Album: Introducing; auf Amazon anhören) angesteuert, jetzt wäre doch mal wieder die Gelegenheit, schließlich ist bei dem schwungvollen Stück neben Klavier und Bass auch reichlich Schlagwerk zu erleben, und Rhani Krija, der dafür zuständig ist, versteht sein Handwerk. Schnell ist klar: Die Bohne BB-10L ist kein normaler Lautsprecher. Eine derart livehaftige Impuls- und Transientenwiedergabe bekommt man allenfalls, ich wiederhole mich, mit Hornlautsprechern hin – und da ist aber die Frage, ob es einem gelingt, für den Preis der BB-10L ein Gesamtpaket zu schnüren, das auch noch die Durchzeichnung in den unteren Lagen und diese Auflösung mitbringt. Ich wage es zu bezweifeln. Wie auch immer – die Percussion wirkt jedenfalls filterfrei und sehr direkt, Becken explodieren geradezu in den Raum, Fingertaps auf den Fellen der Congas lassen sich von „fein & zart“ bis superschnell perfekt nachverfolgen, große Trommeln besitzen Wucht, aber nie diesen undifferenzierten Matsch, mit dem Passivlautsprecher schon mal gesegnet sein können.

Soviet Kitsch Regina SpektorDoch ich bin nicht nur von der Unmittelbarkeit und Wucht der Impulse begeistert, sondern auch von ihrer Kohärenz. Eines meiner Standardstücke hierfür ist Regina Spektors „Poor little rich boy“ (Album: Soviet Kitsch; auf Amazon anhören), wo sie selbst für die „Percussion“ sorgt, indem sie mit einem Drumstick den Klavierhocker, auf dem Sie sitzt, bearbeitet – die Schläge setzen sich in den Bühnenboden fort und werden dabei „tiefer gestimmt“, dem initialen „Klack“ folgt die leisere, tiefere Resonanz des Bodens. Genau das säuft mit vielen Lautsprechern gerne mal ab. Sei‘s das sie es zu dick darstellen und die Durchzeichnung fehlt, sei’s, dass das Ausschwingen der Resonanz zu früh beschnitten wird. Das erste Mal, dass ich den Song „richtig“ gehört habe, war mit der teilaktiven und deutlich teureren Audiodata Avancé (circa 18.400 Euro); unser Testproband macht das kein Gran schlechter und zeichnet die Impulse zeitlich wie spektral erstklassig durch.

Der (aktive) Bass-/Mitteltontreiber der Bohne BB-10L

Der (aktive) Bass-/Mitteltontreiber der Bohne Audio BB-10L

Also: Schlafmützig geht’s hier schon mal nicht zu, die Message sollte rübergekommen sein. Impulswiedergabe, Rhythmus- und Timing-Gefühl, Grob- und Feindynamik sind absolute Stärken der Bohne Audio BB-10L – absolut und erst recht relativ zum Preis gesehen – und damit zentrale Gründe, warum Hörer sich für solch ein System entscheiden. Freilich gibt’s in dieser Liga so einige Aktivboxen, die ihren Charme haben. Wie ordnet sich die Bohne Audio da ein?

Bohne Audio BB-10L: Einordnung und Vergleiche

Es ist schon ein paar Tage her, da hatten wir die aktive Dynaudio Focus 600 XD (circa 10.000 Euro) zu Gast. Die recht schlanke Dänin marschierte sogar noch etwas tiefer in den Basskeller hinab und spielte ebenfalls zackig auf. Doch bei allen dynamischen Meriten der Dynaudio, die Bohne ist schon noch näher am Impuls, also „härter“ im positiven Sinne, zudem werden von ihrem großen Bändchen auch leise, zarte dynamische Variationen akkurater nachgezeichnet.

Was die Härte der Impulse angeht, macht die ebenfalls aktive, mit einem großen Waveguide gesegnete Genelec S360 SAM (circa 8.000 Euro) freilich auch keine Gefangenen, und wer sich gerne von einer offensiven Bühnenpräsentation umspülen lässt, bekommt mit ihr noch mehr geboten als mit der Bohne. Das ist gleichzeitig aber auch die Kehrseite: Die Genelec wurde darauf gezüchtet, noch in zehn Metern Entfernung ordentlich Pegel bereitzustellen – sitzt man „nur“ vier Meter von ihr entfernt, kann das auch zu viel des Guten werden. Manchen wird die Bohne ja schon etwas zu offensiv spielen, wem es so geht, für den ist die Genelec erst recht nichts. Zudem bietet die Finnin nicht ganz die Auflösung der BB-10L im Mittel-/Hochtonbereich.

Hier sind Lyravox Karlina und Karlotta wiederum klar besser – und kosten auch klar mehr (circa 18.000 bzw. 27.000 Euro). Die Bohne BB-10L hat ihnen gegenüber grobdynamisch, insbesondere bei hohen Pegeln, tatsächlich noch die Nase vorne. Doch was die Feinzeichnung leiser Signale, zum Beispiel das Ausklingen von Instrumenten oder Raumhall, angeht, zeigen die Hamburger Schönheiten mehr Gefühl; ihnen gerät auch die Abbildung von Stimmen und Instrumenten griffiger.

Passivradiator der Bohne Audio BB-10L

Passivradiator der Bohne Audio BB-10L

Quantität

Über das quantitative Verhältnis der Frequenzbereiche zueinander, also über die Tonalität von Lautsprechern zu schreiben, die beim Kunden eingemessen werden, ist ein recht unergiebiges Unterfangen: Natürlich kann hier der Hörgeschmack berücksichtigt werden, und der unterscheidet sich von Fall zu Fall. Folglich gibt es auch nicht die Tonalität der BB-10L, sondern eine große Variabilität. Einerseits. Andererseits vermute ich doch stark, dass die Über-alles-Timbrierung bei den meisten Bohne-Audio-Besitzern doch eher Richtung straight, neutral, balanciert geht und nicht warm, soft, samtig rüberkommt. Warum sollte man beispielsweise auch auf die Idee verfallen, die livenahe Wiedergabe von Schlagzeug unter einer romantischen Oberbass-/Grundton-Betonung zuzudecken? Wer das möchte, braucht doch keine Bohne-Boxen.

Eine Sache aber doch noch zum Tonalen: Die BB-10L kann sehr breitbandig aufspielen, die Frequenzgangangabe von 28 bis 24000 Hertz wirkt tatsächlich mal realistisch, das große Bändchen kann jede Menge Air versprühen und im Bass geht es richtig tief hinab. Dass man überhaupt so tief „hinunterhören“ kann, liegt auch daran, dass der Bass bei entsprechender Einmessung supertrocken und durchgezeichnet, mit null Fett dargeboten wird – da gibt es keine Verdeckungseffekte. Besonders schön: Das funktioniert sogar bei geringen Lautstärken. Leise hören und trotzdem Tiefbass erleben kriegt man meist eh nur aktiv hin.

Detail Schallwand Bohne BB-10L

Qualität

Griet de Geyter Il Gardellino - Stille KlagenDass die BB-10L eine sehr gute Auflösung fürs Geld bietet, habe ich schon erwähnt, das muss nicht wiederholt werden – aber präzisiert: Was Impulse und Transienten betrifft, geht die Bohne Audio geradezu sensationell differenziert und echt vor. Klangfarbliche Verläufe nachzeichnen, harmonische Texturen offenbaren, über Hallfahnen sich vermittelnde Raumatmosphäre transportieren, das gelingt ihr dagegen „lediglich“ gut. Das kann man so fürs Geld erwarten, stellt aber keine besondere Stärke des Lautsprechers dar. So wird der Hall im Kirchenschiff, wie er auf Griet de Geyter / Il Gardellinos Album Stille Klagen (auf Amazon anhören) eingefangen wurde, zwar überzeugend rübergebracht, aber da geht schon noch mehr. Und wenn Sie ein besonders inniges Verhältnis zu einer harmonisch gesättigten, klangfarblich schwärmerischen Darstellung von akustischen Instrumenten pflegen … nun, dann sollten Sie vielleicht eher über ein Passivsystem inklusive Röhrenverstärkung nachdenken als über die aktive Bohne Audio BB-10L, denn die gibt hier eher den korrekten Tontechniker.

Testfazit: Bohne Audio BB-10L

Wer ein dynamisch anspringendes, impulsives Klangerlebnis sucht, wird mit der Bohne Audio BB-10L vollumfänglich bedient. Ja, es dürfte verdammt schwerfallen, in dieser Liga ein ähnlich mitreißendes und lebendiges System zu finden. Die Bohne-Aktivlautsprecher wirken wie eine Vitalkur, sie projizieren die Musik frei und raumgreifend nach vorne und involvieren den Hörer, wie nur wenige es verstehen. Doch das ist auch der Grund, warum diese Boxen wohl nicht jedermanns Sache sind: Wer eher nach dem Motto „mach‘ mal halblang“ hört und klanglich insbesondere auf enorme Tiefenstaffelung, holografisch-plastische Abbildungsqualität und klangfarbliche Schwärmerei steht – nun, dem bietet der Markt andere Gelegenheiten. Die Bohne ist hierin zwar auch ganz gut, ihr springender Punkt ist aber ein anderer.

Bohne Audio BB-10L - Paar

Betont sei auch noch einmal, dass die Bohne Audio BB-10L nicht einfach Lautsprecher, sondern eine komplette HiFi-Anlage sind. Wer sich sowieso auf reines Streaming verlegt hat, muss nur noch ein freies LAN-Kabel in die Vorstufe stecken, den Streamingdienst freischalten – und los geht’s. Einen weiteren Vorteil sehe ich darin, dass die Elektronik außerhalb der eigentlichen Lautsprecher in separaten Komponenten steckt. Das minimiert die Mikrofonieanfälligkeit und ist im Fall der Fälle servicefreundlicher. Und wenn Sie die audiophile „Upgraderitis“ befällt, können Sie sich hier fast wie bei einem Passivsystem ausleben …

Steckbrief Bohne Audio BB-10L:

  • Eine Einmessung auf den Raum und den Hörgeschmack des Kunden gehört zum Konzept, die tonale Grundausrichtung ist recht flexibel anpassbar. Es wird ein breitbandiges Klangbild geboten.
  • Rhythmus- und Timing-Gefühl, Grob- und Feindynamik sind absolute Stärken der Bohne Audio BB-10L. Das ähnelt guten Hornsystemen, die einen aber in der Regel (deutlich) teurer zu stehen kommen.
  • Der Tiefton wirkt sehr trocken und durchgezeichnet, der Tiefgang ist für die Größe der Boxen sehr gut, das Volumen qua Einmessung skalierbar. Auch bei geringen Pegeln lässt sich ein sehr abgestufter Bass erleben.
  • Im Mittel-/Hochtonbereich fällt insbesondere die Wiedergabe von Transienten auf, die geradezu sensationell echt und aufgelöst gelingt – egal ob geslappter Bass, Gitarrenspiel, Klavieranschläge oder angeschlagene Becken. Die Auflösung von Raumhall, Klangfarben und harmonischen Texturen ist dagegen „nur“ guter Durchschnitt für diese Preisklasse.
  • Die BB-10L bildet die Musik räumlich frei und großzügig in Breite und Höhe ab – und es geht mit ihr einen ordentlichen Schritt nach vorne Richtung Auditorium. Die Tiefenstaffelung ist in Ordnung, aber ausbaufähig. Einzelklänge werden etwas größer und mit weicherem Strich gezeichnet, hier verschwimmt nichts, von einer richtiggehend plastisch-holografischen Qualität lässt sich aber auch nicht sprechen.
  • Die Bohne klingt leise gut und laut noch besser. Sie ist ausnehmend pegelfest.

Fakten:

  • Modell: Bohne Audio BB-10L
  • Konzept: aktiver Zweiwegestandlautsprecher mit Dipolbändchen
  • Preis: 10.990 Euro (Paketpreis inklusive Vor- und Endstufe)
  • Abmessungen & Gewicht: Lautsprecher: 117 x 33 x 34 cm (HxBxT), 36 kg/Stück; Vorstufe: 4,2 x 42,9 x 23,6 cm (HxBxT), 5 kg; Endstufe: 13 x 43,5 x 30 cm (HxBxT), 15 kg
  • Leistung: 4 x 200 Watt
  • Ausführungen: Vor- und Endstufe: Schwarz; Lautsprecher: Schleiflack Schwarz und Weiß, Furniere: Kirsche, Nussbaum, Eiche, Zebrano – der Lautsprecher kommt dann mit gefasten, nicht mit gerundeten Kanten: +350 Euro; Sonderausführungen auf Anfrage möglich
  • Eingänge Vorstufe/Digitalweiche: digital: USB-B, AES-EBU, S/PDIF koaxial, Toslink; analog: Hochpegel symmetrisch und unsymmetrisch (XLR, Cinch)
  • Ausgänge Vorstufe/Digitalweiche: digital: 2 x S/PDIF koaxial; analog: 2 x 4 Pre-Out (je 4 Cinch und XLR)
  • Sonstiges: Vorstufe/Digitalweiche: Dirac-Raumkorrektur inklusive, Volumio-Streamer inklusive, Roon-Endpoint, 4-kanalige Aktivweichenfunktion, vier Klangprofile speicherbar, Fernbedienung; individuelle Einmessung beim Kunden inklusive, Messmikrofon, Mikrofonständer und USB-Verlängerungskabel inklusive
  • Garantie: Lautsprecher und Endstufe: 5 Jahre; Vorstufe miniDSP SHD: 2 Jahre

Hersteller & Vertrieb

Bohne Audio GmbH
Löherweg 17 | 51766 Engelskirchen
Telefon: +49 (0) 2263 – 9026755
E-Mail: info@bohne-audio.com
Web: https://bohne-audio.com

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Elac Vela

Test: Bohne Audio BB-10L | Aktivlautsprecher

  1. 1 Aktivierend anders
  2. 2 Bohne Audio BB-10L: Klangeindruck & Hörtest
  3. 3 Testfazit: Bohne Audio BB-10L

Über die Autorin / den Autor

Equipment

Analoge Quellen: Laufwerk: SME Model 15 Tonarm: SME 309 Tonabnehmer: MC: Denon DL-103R, Dynavector DV-20X2 H, Transrotor Figaro; MM: Shelter 201 Sonstiges: Flux-HiFi (Nadelreiniger), VPI HW-16.5 (Plattenwaschmaschine)

Digitale Quellen: D/A-Wandler: Rockna Wavelight Musikserver: Antipodes K22 G4 Sonstiges: Pink Faun LAN Isolator

Vorstufen: Hochpegel: Pass XP-12 Phonoverstärker: BMC Audio MCCI Signature ULN

Endstufen: Pass X250.8 (Stereo)

Lautsprecher: Acapella High BassoNobile MK2

Kopfhörer: Beyerdynamic DT-990, Sony MDR-1000X, Teufel Supreme In

All-In-One: Ruark Audio R4

Kabel: Lautsprecherkabel: Dyrholm Audio Phoenix, fis Audio Studioline NF-Kabel: Dyrholm Audio Phoenix XLR, Boaacoustic Blueberry Signal.xlr, fis Audio Livetime (Cinch), Vovox und andere Digitalkabel: Audioquest Cinnamon (Toslink), Audioquest Vodka 48 (HDMI/I2S), Boaacoustic Silver Digital Xeno (USB), fis Audio Magic (LAN-Kabel), Wireworld Series 7 Starlight Gold (Koax-S/PDIF) Netzkabel: fis Audio Blackmagic, fis Audio Studioline Netzleiste: fis Audio Blackmagic

Rack: Creaktiv Trend 3

Größe des Hörraumes: Grundfläche: 40 m² Höhe: 2,45 m

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