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Der vollsymmetrisch aufgebaute CS2 liefert 200 Watt an 8 Ohm – und derer beeindruckende 350 an 4 Ohm, so BMC. Er besitzt zwei symmetrische sowie drei unsymmetrische Hochpegeleingänge, die spiegelbildlich rechts und links um die mittig angeordnete Kaltgerätebuchse platziert wurden. Die Rückseite des BMC-Vollverstärkers bietet bis auf ein Paar Lautsprecherklemmen sonst nichts weiter Spannendes. Die Besonderheiten des Verstärkers finden sich im Innern.
Folgt man Candeias‘ Nomenklatur, handelt es sich beim CS2 um einen lasteffektfreien Verstärker, der weder in Class-A noch Class-B arbeitet. Candeias‘ LEF-Technik umgeht bewusst die energieintensive Class-A-Verstärkung – welche Übergangsverzerrungen vermeiden hilft und die Transistoren auf einen relativ linearen Bereich der Kennlinie arbeiten lässt –, denn auch eine solche Schaltung hat noch ein wenig globales Feedback nötig, um die Verzerrungen zu reduzieren. Wenn solche aber durch einen speziellen Operationsmodus erst gar nicht entstünden, so der Grundgedanke, dann müssten sie nachträglich auch nicht mittels Über-alles-Gegenkopplung wieder korrigiert werden.
Bei der LEF-Technik handelt es sich um eine bestimmte Art der Stromverstärkung, die statt des weitverbreiteten globalen Feedbacks (siehe auch Nelson Pass‘ Artikel zu Verzerrung & Gegenkopplung, Anm. d. Red.) auf lokale Strom-Servoschaltungen setzt. Es sei nicht weiter schwierig, sagt Candeias, einen gegenkopplungsfreien, verzerrungsarmen Spannungsverstärker in der Eingangsstufe zu realisieren, doch das Gros der hörbaren Transistorverzerrungen geschehe in der (Strom liefernden) Endstufe und werde dort durch starke Schwankungen der Kollektor-Emitter-Spannung und/oder des Kollektorstroms hervorgerufen. Solche Schwankungen sind ein ganz normaler Vorgang bei der Musikwiedergabe und werden gemeinhin als unvermeidbar angesehen – die besagte Über-alles-Gegenkopplung gilt dann als eine Art „Universalheilmittel“. Bei der LEF-Technik wird hingegen versucht, die Signalreproduktion von den schwankenden Leistungsanforderungen der Last zu trennen, damit der (laut Candeias quasi als „Dirigent“ arbeitende) Signaltransistor unter möglichst konstanten Bedingungen sein Werk verrichten kann – so das generelle Konzept.
Grafik 1 zeigt einen konventionellen Single-Ended-Stromverstärker. Hier transformiert ein einziger Transistor das hochohmige Musiksignal der vorangegangenen Spannungsverstärkerstufe in ein stabiles Ausgangssignal mit niedriger Impedanz. Um Clipping zu vermeiden, muss ein solcher Verstärker in Class-A arbeiten – und bedarf einer Stromquelle, die ständig den maximal möglichen Strom bereitstellt. Soll dieser Verstärker beispielsweise 300 Watt an 4 Ohm leisten können, müssen konstante 12 Ampere Ruhestrom fließen. Nicht nur muss der Transistor einen großen Spannungs- und Stromhub bewältigen, ein solch hoher Ruhestrom wäre realiter völlig unzumutbar. Die Grafik 2 zeigt den gleichen Verstärker, nun durch eine Kaskode ergänzt. Hierdurch schwankt die Kollektor-Emitter-Spannung am Signaltransistor nicht mehr, die Variation des Kollektorstroms bleibt aber bestehen, wie auch, da Class-A, die Höhe des Ruhestroms.
Grafik 3 zeigt eine LEF-Schaltung. Bei ihr soll der klangentscheidende Signaltransistor vom hohen Ruhestrom und von der Schwankung des Kollektorstroms befreit werden. Zu diesem Zweck wird eine Servoschaltung hinzugefügt. Diese beinhaltet einen Sensor zur Messung des (Ruhe-)Stroms des Signaltransistors, Leistungsstromquellen für Plus- und Minuspol sowie eine sehr schnelle Regelschaltung. Der Ruhestrom kann jetzt zum Beispiel auf 50 mA abgesenkt werden – damit ist ein kleiner Class-A-Verstärker entstanden, der aber gleichzeitig ein exzellentes dynamisches Verhalten aufweisen soll. Tritt (durch das Musiksignal/die Lautsprecherlast ausgelöst) eine Abweichung vom Ruhestrom auf, so „schießt“ die Servoschaltung die geforderte Strommenge nach.
Eine HiFi-Endstufe ist eine Spannungsquelle. Idealerweise besitzt sie eine sehr geringe Ausgangsimpedanz und eine Ausgangsspannung, die unabhängig davon ist, wie viel Strom von der zu betreibenden Last gerade abgefordert wird. Die Servoschaltung eines LEF-Verstärkers ist lediglich für die Messung und Stromlieferung zuständig – sie „weiß“ nichts über die Signalspannung, die anliegt. Zudem ist die Ausgangsimpedanz dieses Servos sehr hoch, womit Rückwirkungen auf die Ausgangsspannung des Signaltransistors minimiert werden. Auch der Zeitbezug zwischen Spannung und Strom (also die Phase) ist der Servoschaltung „unbekannt“, sie kann phasenunabhängig arbeiten. Das Ergebnis: Der klangentscheidende Signaltransistor ist weitgehend frei von Schwankungen der Kollektor-Emitter-Spannung respektive des Kollektorstroms und damit werden Verzerrungen erheblich minimiert. Die Rückwirkung der zu treibenden Last wird neutralisiert, die Stabilität der Spannungsverstärkung stark erhöht.
Grafik 4 zeigt einen symmetrischen LEF-Verstärker (wie der CS2 einer ist). Durch die Symmetrie können insbesondere geradzahlig-harmonische Verzerrungen weiter minimiert werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das LEF-Konzept auf eine Single-Ended-Schaltung mit hoher Leistungsfähigkeit hinausläuft, bei der, da von sich aus nur sehr geringe Verzerrungen anfallen, auf Über-alles-Gegenkopplung verzichtet wird. Des Weiteren stellt LEF die Basis für folgende Technologien dar:
Als zusätzlichen Unterschied zu sonst üblicher Verstärkertechnik bringt BMC Audio das Kürzel „DIGM“ ins Spiel: Discrete Intelligent Gain Management. DIGM passt den Verstärkungsfaktor an, statt, wie sonst gebräuchlich, diesen fix zu halten und das Eingangssignal zu variieren, sprich: abzuschwächen. Candeias benutzt also keine normale Lautstärkeregelung vor der Spannungsverstärkungsstufe, seine Schaltung variiert vielmehr den Verstärkungsfaktor in Abhängigkeit von der gewünschten Lautstärke und lässt das Eingangssignal unangetastet. So wird das „Paradox“ vermieden, aufgrund eines festen Verstärkungsfaktors der Endstufe das Eingangssignal zunächst abschwächen zu müssen, um es dann durch die folgenden Stufen wieder zu verstärken – was immer mit Verzerrungen und Verlusten einhergeht. Bei BMC wird „hinten“ der Verstärkungsfaktor angepasst, um „vorne“ Signalabschwächungen und redundante Verstärkerstufen einzusparen.
Eine positive Nebenwirkung von DIGM ist, dass Rauschen nicht verstärkt wird. Konventionelle Verstärker reduzieren das Rauschen der Quelle zwar, indem sie das Eingangssignal dämpfen, aber das Rauschen der Ausgangsstufe bleibt (mit deren Verstärkungsfaktor) konstant. Naturgemäß ist dies bei DIGM anders. Zudem wird so auch ein separater Vorverstärker überflüssig, das Quellsignal kann direkt zum (End-)Verstärker geführt werden.
Wie einige andere Stromverstärkungsspezialisten, beispielsweise Krell, stattet auch BMC Audio alle Komponenten mit speziellen, patentierten Stromeingängen (namens „CI“ = Current Injection) aus. Der wesentliche Unterschied im Vergleich zu Krell ist, dass BMC keine besonderen Buchsen verwendet, sondern normale XLR-Anschlüsse.
Der Strom der Quelle wird vom niederohmigen CI-Eingang durch die Verstärkerschaltung bis hin zum Ausgang geführt, welcher dann, sozusagen in einem letzten Schritt, die Spannung für die Lautsprecher bereitstellt. Der CI-Stromeingang verwendet also den „Original“-Quellstrom, während übliche Spannungseingänge „eine Kopie“ vom Eingangssignal erzeugen. Freilich muss die Quelle diesen CI-Eingang auch betreiben können. Das stellt bei BMC-Quellgeräten kein Problem dar, denn sie werden extra so ausgelegt, doch bei Fremdequipment kann es mangels ausreichender Stromlieferfähigkeit bisweilen zu schlechteren Ergebnissen kommen als über den Standard-(Spannungs-)XLR-Eingang.
Test: B.M.C. Audio CS2 | Vollverstärker