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September 2016 / Thomas Johannsen
Seit 2009 ist der T1 von Beyerdynamic (www.beyerdynamic.de) auf dem Markt. Das Flaggschiff mit Tesla-Technologie hat in dieser Zeit schon viele positive Rezensionen einheimsen können – andererseits gab es hier und da einige, nennen wir es mal: Anregungen zur Verfeinerung. Und auch die Konkurrenz hat gerade in dieser prestigeträchtigen Preisklasse nachgezogen.
Nun tut man sich in der Kopfhörerbranche schwer mit technischen Revolutionen im Jahrestakt. Zu Recht, denn das Rad wird hier kaum neu erfunden. Lieber nimmt man sich, um im Bild zu bleiben, das gut rollende Rad noch einmal vor, um es noch ein wenig runder zu machen. Genau das hat Beyerdynamic mit dem T1 der zweiten Generation gemacht. Das Resultat wurde auf der letztjährigen IFA vorgestellt. Einen Blick sowie zwei Ohren konnte ich dem T1 dort bereits widmen, Letzteres freilich mit den üblichen Einschränkungen, die dem Geräuschpegel auf einer solchen Messe geschuldet sind.
Facelift und mehr
In der Automobilbranche ist ein Facelift eben genau das: Das Äußere wird aufgehübscht und dem momentanen Geschmack angepasst. Lampen erhalten eine neue, der jeweiligen Modelllinie angepasste Form, meistens wird das Blech- oder Kunststoffkleid etwas gerafft und das Fahrzeug insgesamt dem aktuellen Corporate Design angeglichen. Unter der Haube spielt sich meist nicht so viel ab, außer dass die verfügbare Motorenpalette vielleicht auf- oder abgerundet wird.
Anders ist das bei Beyerdynamic-Kopfhörern, der T1 hat zwar ebenfalls eine Art Facelift erhalten, dies ist aber weder dem aktuellen Zeitgeist noch kaufmännischen Aspekten geschuldet, und dem Corporate Design schon mal gar nicht, denn dieses hält sich zum Glück seit langen Jahren beständig und unverwechselbar. Die Modifikationen, die der neue T1 erfahren hat, basieren größtenteils auf dem Userfeedback.
Bereits beim Auspacken gibt’s die erste Überraschung. Statt in der ebenso hochwertigen wie schweren Alubox wird der Beyerdynamic T1 nunmehr im Kunststoffbehälter ausgeliefert; ein Fauxpas oder gar eine Sparmaßnahme? Keineswegs, die massive Aufbewahrungsbox ist einer leichteren und auch praxisgerechteren Transportbox gewichen. Tatsächlich ist das Aufbewahrungsbehältnis nun nicht mehr ganz so repräsentabel, praktischer ist es aber allemal: Die Kunststoffbox ist leichter und lässt sich dank eingelassener Griffmulden viel besser transportieren. Gut, zum Stapeln war die kantige Alubox unbestreitbar besser geeignet, aber wer stapelt schon seine Kopfhörerkisten?
Nun zum Objekt der Begierde selbst, welches neben sämtlichem Zubehör in besagter Box schlummert. Vertraut ist das hervorragende Finish der sauber gearbeiteten Metallhalterungen der Hörkapseln. Diese folgen nach wie vor dem halboffenen Konstruktionsprinzip, was sich in den filigran gefrästen Oberflächen der Außenschalen widerspiegelt. Diese neigen übrigens dazu, die eine oder andere Digitalkamera schon mal zu interessanten Artefakten in der Aufnahme hinzureißen.
Sogleich fällt die nächste Änderung gegenüber der ersten Generation des Beyerdynamic T1 auf: Das Anschlusskabel ist nun auswechselbar. Zudem ist das Kabel mit einer Stoffummantelung versehen und das Ganze gibt sich deutlich flexibler als das vormals etwas störrische PVC-Kabel. Durch die Ummantelung kann man nun wunderbar ertasten, dass das Anschlusskabel tatsächlich von den Hörkapseln bis zum Stecker in zwei Strängen geführt wird. Die Anschlüsse an den Hörkapseln werden nicht geschraubt, sondern sind mit einer Art Druckverriegelung versehen. Sie rastet spürbar ein, sobald der Anschluss mit leichtem Nachdruck eingesteckt wird – und gibt nach, sobald er mit geringem Kraftaufwand wieder abgezogen wird. Gewinde und andere aufwendigere Verriegelungen bleiben den Studiomodellen vorbehalten, die müssen als Arbeitsgeräte für gewöhnlich auch mehr aushalten.
Mit dem steckbaren Kabel kommt Beyerdynamic vielen Anwendern entgegen, die den T1 gern an Kopfhörerverstärkern mit XLR– oder andern exotischen Buchsen betreiben wollen. Zwar muss die passende Leitung immer noch separat erworben werden, das ist aber mit weniger Aufwand und Störpotenzial verbunden, als das Kabel mit entsprechenden Adaptern oder gar mit Lötarbeiten passend zu machen. Außerdem kann der Kunde nun auch selbst mit Kabeln von Fremdherstellern experimentieren und so vielleicht noch das letzte Quäntchen an Klangqualität aus dem Hörer herauskitzeln. Für diesen Test belassen wir es jedoch bei dem sehr hochwertigen Originalstrang aus reinstem OCC-Kupfer.
Die beiden Kabel zu den Hörkapseln laufen am andern Ende in einem 3,5-Millimeter-Klinkenstecker zusammen, ein Schraubadapter für HiFi-übliche 6,3 Millimeter liegt natürlich bei. Zwar scheint der Beyerdynamic T1 ebenso wenig für mobiles Equipment prädestiniert wie sein Vorgänger, allein schon die Impedanz von 600 Ohm spricht normalerweise eher für einen stationären Einsatz, dennoch sollte man niemals nie sagen, wie wir noch sehen werden – und eine Adaptierung von klein auf groß ist schon aus rein mechanischen Gründen sinnvoller als der umgekehrte Weg, auch wenn der eine oder andere Nutzer bei dieser Konstruktion irgendwelche Übergangswiderstände an den Steckern befürchtet. Aber diese sind im Großen und Ganzen zu vernachlässigen, zumal es sich ja sowieso um einen geschraubten Adapter, der per se schon mit viel Auflagefläche arbeitet, handelt.
Neben den sichtbaren hat der T1 auch hör- sowie spürbare Änderungen erfahren: Den Ohrpolstern hat man nun eine Schicht Memory Schaum – ähnlich dem Comply Foam für In-Ears – gegönnt. Diese sollen sich besser an Feinheiten der Kopfform anpassen. Das Velours selbst sorge für einen besseren Abtransport von Feuchtigkeit, so Beyerdynamic, was ich in der Tat gut testen konnte: Im Dachgeschossbüro, bei Außentemperaturen um die 30 Grad, ist das allerdings eine Herausforderung für Mensch und Material …
Spinnennetzförmige Schallwand
Die Treiberkomponenten selbst wurden ebenfalls einigen Modifikationen unterzogen; durch zusätzliche Bedämpfung konnte man Resonanzen im Hochtonbereich verringern, so das Heilbronner Unternehmen. Die spinnennetzförmige Schallwand ist überarbeitet worden und das sie abdeckende Gewebe gleich mit. Das Resultat sei ein leicht erhöhter Pegel im Tiefbass gegenüber dem Vorgänger sowie eine Verringerung der Schwingneigung der Schallwandkonstruktion.
Blick hinter die Schallwand auf den Treiber des Beyerdynamic T1
Test: Beyerdynamic T1 (2. Generation) | Kopfhörer