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Womit wir nun endlich zum Paket kommen. Beide Geräte prädestinieren sich als höchstwertige Abhörkette, die dank Akkubetrieb und kleiner Ausmaße auf der einen und Travelcase auf der anderen Seite jedoch auch problemlos mobil an jeder möglichen beziehungsweise nötigen Stelle eingesetzt werden kann.
Mit keinem der von mir verwendeten Kopfhörer war der Unterschied zwischen den beiden Ausgängen am Bakoon so auffällig wie mit dem Audeze. Hier spielt das SATRI-Prinzip offenbar seine Stärken voll aus. In diesem Zusammenhang möchte ich vor allen Dingen zwei Besonderheiten hervorheben:
Am Current-Anschluss tönt der LCD-X deutlich lebendiger als über den Voltage-Anschluss. Besonders beeindruckt hat mich dies beim Livealbum Live from the Montreal International Jazz Festival von Ben Harper mit seinen Relentless 7. Wer Ben Harper einmal live erlebt hat, weiß, dass dieser Mann vor Bühnenenergie nahezu platzt. In diesem Sinne setzt dieses Album ihm ein würdiges Denkmal. Bei dem 12-minütigen „Keep It Together (So I Can Fall Apart)“ beginnt Harper mit einem Herzensschrei und baut dann kontinuierlich weiter Spannung auf, um sich dann in einem wilden Lap-Steel-Gitarrensolo auszuleben. Schon an und für sich ein Gänsehautmoment, doch die Intensität, mit der das Audeze-Bakoon-Duo diesen Song präsentiert, hat mich nahezu dazu gebracht, zehn Minuten die Luft anzuhalten.
Die Audeze-Hörer an sich spielen bereits sehr direkt – die lebendigen Mitten des LCD-X bringen gepaart mit der hohen Dynamik daher einen Großteil der Energie des Songs ans Ohr. Der Bakoon lässt den Magnetostaten mittels seines SATRI-Ausgangs jedoch noch einmal einen deutlichen Schritt nach vorne machen. Dank der zwei Ausgänge des HPA-01 fällt es leicht, hier klangliche Vergleiche anzustellen.
Der Unterschied zwischen Voltage- und Current-Ausgang stellt sich mit dem Audeze im Vergleich zu all den von mir verwendeten Kopfhörern am ausgeprägtesten dar (allesamt dynamische Modelle, teils mit geringer Impedanz – wie Grado HF-1 und AKG K701 – teils mit hoher, wie etwa Sennheiser HD650). Mich hat dabei insbesondere der Current-Ausgang überzeugt. Er zieht einen in die Musik hinein, stellt alle Klangquellen zwar nahe, aber örtlich sehr gut getrennt dar, und vermittelt das Gefühl vollkommen von Klang umgeben zu sein. Mit dem Voltage-Ausgang hingegen baut sich zwar ein etwas größerer Raum auf, die Trennung der einzelnen Klanganteile gerät aber deutlich schlechter.
Wirklich spannend empfinde ich dieses Verhalten etwa bei Björks Album Medulla im SACD-Mastering. Während sich an Björk selbst bereits die Geister scheiden, dürfte das für Medulla umso mehr gelten. Der Song „Öll Birtan“ stellt hierbei einen typischen Album-Vertreter dar. Das „Lied“ (wenn man es denn so nennen kann) besteht aus einzelnen Sprachlayern, die nach und nach eingeführt werden.
Die Kombination aus HPA-01 und LCD-X meistert diesen Titel ausgezeichnet. Der Unterschied zwischen Voltage- und Current-Ausgang ist dabei deutlich herauszuhören:
Bei der Nutzung des Voltage-Anschlusses fühlt sich’s wie inmitten einer Kugel an, an deren Wänden Lautsprecher angebracht sind, welche sich nach und nach einschalten und die Kugel mit Klang füllen. Die Richtungen, aus der die einzelnen Lautsprecher/Sprachlayer tönen, ist gut definiert, die Abstandsverhältnisse der Schallquellen wirken aber wenig differenziert. Zusätzlich gerät die Wiedergabe etwas flach. Umgesteckt auf den Current-Anschluss ändert sich das Bild insofern, als dass nun alle Schallquellen eindeutig unterschiedliche Abstandsverhältnisse aufweisen. Die Stimmen tönen dabei deutlich plastischer, so dass man nun das Gefühl hat, von wirklichen Personen umgeben zu sein, die alle unmittelbar auf einen selbst einwirken. Wie man sich sicher vorstellen kann, ein ungleich intensiveres und faszinierendes Erlebnis.
Kommen wir nach diesen Höreindrücken noch einmal kurz auf ein paar technische Aspekte zu sprechen. Wie bereits zuvor erwähnt, befand ich mich mit meinen dynamischen Kopfhörern meist im Anfangsbereich vom Lautstärke-Poti des Bakoon. Bei einem Magnetostaten wie dem Audeze hingegen muss man schon etwas weiter aufdrehen, um normale Hörlautstärke zu erreichen. In Verbindung mit dem Gain-Schalter passen die beiden also auch bei einem solchen Detail gut zusammen.
Bakoon gibt als Laufzeit für den HPA-01 zehn Stunden pro Akkuladung an. An sich ein Wert, den auch die längsten Hörsessions nicht schrecken sollten. Vergisst man jedoch den Bakoon einmal aufzuladen (was mir aufgrund einer schaltbaren Steckdosenleiste passiert ist), wird dem Hörer eine Zwangspause verordnet. Der HPA-01 kann nämlich nur im ausgeschalteten Zustand geladen werden! Das Netzteil gibt darüber dank zweifarbiger LED eindeutig Auskunft. Merke: Auch langjährige Tester sollten das Handbuch zu Beginn vielleicht etwas aufmerksamer lesen.
Ist er jedoch startklar, vermag der Bakoon einem phantastische Musikmomente zu bereiten. Kommen wir zurück zur Frage nach dem Wow-Moment. Ja, den gab es. An einem entspannten Abend nahm ich wohl einen der größten Jazz-Klassiker aus dem Regal: Kind Of Blue von Miles Davis.
Blechblasinstrumente gut aufzunehmen und abzumischen ist eine Kunst für sich. Sie gut wiederzugeben eine seltene Tugend. Die Kombination aus Audeze und Bakoon hat mich hier vollends überzeugt. Die neutrale Wiedergabe des LCD-X lässt die Trompete so scharf klingen wie sie ist, ohne dabei jedoch zu harsch zu werden. Die besonderen dynamischen Fähigkeiten des Magnetostaten sorgen für die richtige Balance zwischen leisen und lauten Tönen. Der HPA-01 schließlich fördert die Intimität eines ganz kleinen Konzerts und lässt den LCD-X zusätzlich aufleben. Dank der Plastizität am SATRI-Ausgang bringt er den Audeze zu einer unglaublich realistischen Wiedergabe. Eine aufgenommene Trompete habe ich so realistisch schlicht und einfach noch nicht gehört. Spätestens bei „Flamenco Sketches“ war ich daher nur noch am Genießen. Und so sollten eigentlich alle Musikabende sein.
Test: Audeze LCD-X und Bakoon HPA-01 | Kopfhörer-Verstärker