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Wenngleich bei Geräten einer Marke meist eine einheitliche Entwicklerhandschrift vorherrscht, die für einen gewissen „Familien-Sound“ sorgt, kommt’s dennoch öfter vor, dass man sich selbst nach dem Probehören von sehr nahestehenden Verwandten – wie eben Vor- und Endstufe – einen mehr oder weniger eindeutigen Liebling herauspickt. Mit der 2011 getesteten Audionet-Kombi ging es mir zum Beispiel so. Die Bochumer AMP-Monos leisten in meinem Hörraum seitdem treue Dienste – und zwar im Zusammenspiel mit einer Funk MTX-Vorstufe.
Ohne vorab gleich mit der Tür ins Haus fallen zu wollen, sei an dieser Stelle schon einmal verraten, dass sich mit den AVMlern fast sowas wie ein Déjà-vu einstellte, nicht zuletzt, da eines der beiden Geräte meinen Geschmack derart trifft, dass ich es am liebsten als neuen „Stammspieler“ in meine Arbeitskette einwechseln würde. Aber der Reihe nach – begeben wir uns nun straight, ohne über „Los“ zu gehen direkt in den Hörparcours und fangen dabei ruhig einmal „hinten“ an, sprich mit der AVM Ovation SA8.2:
Wer meint, sich mit rein instrumentaler, von virtuosem E-Gitrarrengefrickel geprägter Musik anfreunden zu können, dem sei an dieser Stelle das Projekt Animals As Leaders des amerikanischen Ausnahmegitarristen Tosin Abasi ans Herz gelegt – eine hörenswert-kreative Mischung aus Progressive Rock, Metal und Jazz:
Das im Song „On Impulse“ (Album: Animals As Leaders) in den oberen Mitten und Höhen angesiedelte Melodiespiel Abasis läuft stets ein bisschen Gefahr, zu ätherisch und dünn gereicht zu werden. Auf der anderen Seite können bei zu warmer Interpretation des Ganzen schnell etwas Verve, Leichtfüßigkeit, Definiertheit über die Wupper gehen. Nun, die AVM Ovation SA8.2 gehört zu den Geräten, die das eine tun, ohne das andere zu lassen: So gibt sie das Ganze einerseits körperhafter und volltönender zum Besten als meine höchst definiert, aber dünner und ja: doch irgendwie kristallin-härter klingenden Audionets. Andererseits sind in Sachen Präzision und Dynamikverhalten gegenüber meinen pfeilschnellen Referenz-Monos keinerlei Abstriche auszumachen. Hm, keine Frage, ziemlich guter Einstand …
In Sachen Tonalität pflegen sowohl die Audionet Amps als auch die AVM Ovation SA8.2 die neutrale Gangart. Wobei Letztere über alles gehört nichtsdestotrotz etwas gehaltvoller, substanzieller anmutet als die straight-drahtigen Monos. Was sich – wenngleich keine Welten dazwischen liegen – auch im Bass bemerkbar macht: In Sachen Tiefgang und Durchzeichnung im Prinzip auf gleichem Niveau, stellt die SA8.2 die wuchtigen Toms und die Bassdrum im Song „Atlas“ der New Yorker Experimental-Rocker Battles (Album: Mirrored) etwas voller und „schwerer“ dar.
Im Hinblick auf Bass-Durchhörbarkeit, -Kontrolle und Grobdynamik liefern beide Lösungen das, was verwöhnte High-Ender von transistorbewehrten Endstufen dieser Preis- und Gewichtsklasse erwarten. Klar geht’s beispielsweise mit dem vor einigen Monaten getesteten, ausnehmend energetischen und zupackenden Krell Evolution 2250e noch kompromissloser, aber das ist fast schon ein Thema für Extremisten – mit Blick auf die südlichen Frequenzgefilde gibt’s an der SA8.2 jedenfalls nicht das Geringste zu bekritteln.
Okay, unser Kandidat mutet also etwas wärmer und voller als meine Audionet-Monos an – bis hierhin könnte man grob sagen: Geschmackssache, je nach Hörgusto und anzusteuernder Lautsprecher hat man die Wahl, ob man bei grundsätzlich zweifelsfreier Neutralität lieber einen kleinen Schwenk in Richtung Emotionalität bevorzugt oder eine Zusatzprise Nüchternheit zu schätzen weiß.
Allerdings unterscheiden sich die Endstufenlösungen nicht nur tonal. Für das Plus an gefühlter „Gefälligkeit“ oder „Musikalität“ der AVM gibt es weitere Ursachen:
Hatte ich im Test besagter Krell-Endstufe insbesondere die Bassqualitäten in den Vordergrund gestellt, so sind es bei unserem Probanden nicht zuletzt die oberen Lagen, wenngleich dies hier nicht als „Inselbegabung“ verstanden werden soll – zumal sich die Hochton-Meriten der AVM natürlich aufs gesamte Erscheinungsbild der Musik auswirken. Mögen sowohl die Krell als auch die Audionets hier noch etwas akzentuierter, kristalliner wirken – die AVM spielt in Sachen Detail-Offenbarung gleichwohl auf Augenhöhe, wirkt dabei aber seidiger und reiner, irgendwie „unverzerrter“, was gleichsam das ganze Klangbild organischer, dennoch nicht minder präzise erscheinen lässt.
Das führt einerseits dazu, dass das gegen Mitte des Titels einsetzende, sanfte Reiben des Schlagzeugbesens in Bauhaus‘ ergreifendem „All we ever wanted was everything“ (Album: The Sky’s Gone Out) ebenso wenig unter den Tisch fällt wie die beim bereits erwähnten „On Impulse“ zu hörenden, subtil-feinen Verzerrungen, die durch den Kontakt der Melodie-Saiten mit den metallenen Bundstäbchen der Gitarre entstehen.
Andererseits ist man mit der AVM in Sachen Langzeittauglichkeit auf jeden Fall auf der sicheren Seite: So mimt die Ovation SA8.2 bei aufnahmetechnisch zu hart eingefangenen Sibilanten – wie in Beiruts „Sunday Smile“ (Album: The Flying Cup) oder Calexicos „The Ride II“ (Album: The Black Light) zu hören – zwar eben keinesfalls den Ersatz für den De-Esser im Studio, dennoch muten derartige Zischeleien weniger spröde, weniger artifiziell an, als ich das zum Beispiel von meinen Audionets und vielen anderen Transistorverstärkern kenne. Die beschriebene tonale Temperierung des AVM Ovation SA8.2 tut ein Übriges, dass er als einer der stimmtalentiertesten Verstärker gelten darf, die mir bisher so untergekommen sind.
Test: AVM Evolution PA5.2 und AVM Ovation SA8.2 | Vor-End-Kombi