Inhaltsverzeichnis
Seit gut einem Jahr versorgt das Netzkabel „Audioquest Tornado High Current“ meinen Endverstärker mit Strom. Einziges Problem: Das Verlegen des störrischen, dreiadrig verdrillten Gartenschlauchs ist alles andere als ein Kinderspiel – und leichtgewichtigere Komponenten können vom mechanischen Zug der Modelle aus der Storm-Kabelserie auch mal unfreiwillig herumgeschoben werden. Audioquest (www.audioquest.de) hat das Problem erkannt und will mit der Wind-Serie Abhilfe schaffen: Wir haben uns aus dieser Serie das „Audioquest Blizzard“ (599 Euro) und „Audioquest Silver Cloud“ (1.699 Euro zum Test bestellt.
Dazu hat man in Irvine, Kalifornien, die aufwendige separate Leiterführung der kompromisslos designten Storm-Kabel ad acta gelegt und setzt nun auf eine klassische Alles-in-einem-Ummantelung. Zudem sind die Leiter in den Audioquest-Wind-Kabeln keine massiven Drähte, sondern sogenannte Semi-Solid-True-Concentric-Conductors. Laut Robert Hay, Marketing Director von Audioquest, sind dies grundsätzlich zwar Litzenleiter, die aber aufgrund ihres Aufbaus annähernd die elektrischen Qualitäten der von Audioquest besonders geschätzten Massivleiter erreichten. Robert Hay: „True Concentric bedeutet ja, dass die einzelnen Litzen kontrolliert in einem Bündel um einen zentralen Leiter herum verlegt werden – eine bekannte Bauform. Wir setzen hier drei ‚Litzen-Schichten‘ ein: Die zweite Schicht sitzt klassisch ringförmig und verdrillt um die Mitte herum, und dann dreht sich die nächste Schicht um diesen zweiten Ring – jedoch in die umgekehrte Richtung verdrillt. Dadurch wird die Strangwechselwirkung minimiert. Und wenn wir nun noch sicherstellen, dass die Leiter in ihrem Dielektrikum fest komprimiert sind, verhalten sie sich fast so wie ein Massivleiter.“
Als Material kommt im Audioquest Blizzard 100% PSC+, also Perfect Surface Copper in der Premium-Variante zum Einsatz. Das Audioquest Silver Cloud darf sich über einen 21-prozentigen Zuschuss von PSS (Perfect Surface Silver) freuen. Beide Kabel der Wind-Serie besitzen einen Gesamtquerschnitt von 3 x 3,31 mm², was schon darauf hindeutet, dass sie keinesfalls nur für laue Lüftchen sorgen wollen, sondern sich mit den High-Current-Varianten der Storm-Serie vergleichen lassen.
Das Resultat der Anstrengungen ist zwar nicht unbedingt ultraflexibel, gegenüber den Storm-Modellen allerdings in der Tat etwas einfacher zu handeln. Ein positiver Nebeneffekt der technischen Modifikationen ist die Preisgestaltung der Wind-Serie: Das Audioquest Monsoon (hier nicht besprochen), das Audioquest Blizzard und das Audioquest Silver Cloud liegen mit 329 Euro, 599 Euro und 1.699 Euro für einen Meter preislich mehr als deutlich unter den jeweiligen „großen Geschwistern“ Audioquest Thunder High Current (669 Euro), Audioquest Tornado High Current (1.039 Euro) und Audioquest Firebird High Current (3.399 Euro). Dabei bedienen sich die Wind-Kabel großteils sogar der Technologien aus der Top-Serie, wie dem Null-Ω-Wellenwiderstand sowie der Ground Noise-Dissipation (mehr Infos hierzu im Test des Audioquest Thunder High Current). Blizzard und Silver Cloud dürfen sich zudem über ein DBS freuen – das Audioquest Blizzard hat ein „DBS Black“, das Audioquest Silver Cloud eine „DBS Carbon“-Variante. Das Audioquest Monsoon muss ohne DBS auskommen.
Batteriebetrieb
DBS steht für „Dielectric Bias System“ und beinhaltet ein kleines Batterie-Pack, das an einem Ende des Kabels sitzt und mittels eines kleinen Leiters mit der Isolierung des Kabels verbunden ist. Dieses Päckchen versetzt, so Audioquest-Gründer und Chefentwickler William Low „… das gesamte Dielektrikum eines Kabels in ein starkes, stabiles elektrostatisches Feld, das die Moleküle der Isolation sättigt – also organisiert. Und zwar kontinuierlich ab dem Zeitpunkt der Konfektionierung des Kabels.“ DBS soll also ein Kabel (oder vielmehr sein Dielektrikum) in einen optimalen „Betriebszustand“ setzen und dort auch halten. Der positive klangliche Effekt von DBS basiere laut Audioquest darauf, dass dieses dielektrische „Vorspannungssystem“ nichtlineare Phasenfehler auf zwei Arten erheblich vermindere: Erstens, indem es ein konstantes elektrostatisches Feld auf dem Isolationsmaterial halte und so die Moleküle des Materials polarisiert würden, was das Fehlverhalten stark reduziere. Und zweitens könne durch die „Sättigung“ des Werkstoffes die Isolierung keine neue Energie aus dem Musiksignal aufnehmen – und somit auch keine zeitlich verzögerte Energie an dieses wieder abgeben.
Anschluss garantiert
Im Gegensatz zu den Audioquest-Storm-Modellen kommen die Kabel der Audioquest-Wind-Serie mit etwas einfacheren, spritzvergossenen Plastiksteckern aus. Das sieht vielleicht nicht ganz so edel aus, in praxi finde ich diese etwas kleineren und vor allem leichteren Stecker aber sogar besser: Gerade die Kaltgerätestecker sitzen fester in den Buchsen der zu versorgenden Geräte. Kalt „verschweißt“ sind die Kabel in den Steckern auch hier, und während das Audioquest Blizzard auf „Direct Gold“, also eine Goldbeschichtung beim Stecker setzt, wird das Silver Cloud von Audioquest mit „Direct Silver“ ausgestattet. Mein Tornado High Current besitzt Konnektoren mit „Hanging Silver“ über reinem „Red Copper“.
„Direct Gold/Silver“ bedeutet, dass die jeweilige Edelmetallschicht direkt auf das Trägermaterial aufgebracht wird. Laut Robert Hay ergibt das eine bessere elektrische Verbindung, aber einen weniger glänzenden Look. „Viele andere Hersteller plattieren erst mit Nickel, Cadmium oder Zinn und legen dann das Silber oder Gold auf die Oberfläche. Diese Steckverbinder glänzen stark und sehen hübsch aus, aber die Zwischenschichten aus minderwertigen Metallen verbessern den Klang nicht unbedingt. ‚Hanging Silver‘ verzichtet natürlich auch auf Zwischenschichten. Im Gegensatz zur typischen Bad-Galvanik, bei der die Stecker in einem Korb in einem Silberbad liegen, verwenden wir eine aufwendigere Methode: Die Stecker tauchen dabei wiederholt hängend in ein Silberbad, um eine gleichmäßige und solide Beschichtung zu erhalten“, so Hay.
Audioquest Blizzard und Silver Cloud: Klangtest und Vergleiche
Die beiden Newcomer aus den USA müssen sich in meiner Kette mit ihrem Geschwister aus der Storm-Serie, dem Audioquest Tornado High Current, dem kleineren Audioquest NRG-2 und mit dem Gutwire SV-8 (1,2 Meter für 1.299 Euro) messen.
Von wegen eiskalt…
Das Audioquest Blizzard lässt dem Audioquest NRG-2 (ehemals 124 Euro für 0,9 Meter) ganz erwartungsgemäß keine Chance; direkt hörbar insbesondere im räumlichen Bereich. Mit dem Newcomer atmet das Klangbild regelrecht auf, wirkt nicht nur in allen Dimensionen etwas größer, sondern auch homogener und „runder“ mit Klangereignissen gefüllt. Klangfarben (und damit Obertöne) treten mit dem Audioquest Blizzard deutlich aus dem Mix hervor – ja, die typischen Charaktereigenschaften der Instrumente arbeitet das Blizzard wirklich überdurchschnittlich sauber heraus. So begleitet der leicht angezerrte Bass von Voivod-Tieftonarbeiter Dominic „Rocky“ Laroche in „Obsolete Beings“ vom Album The Wake (auf Amazon anhören) die Gitarrenarbeit von Daniel „Chewy“ Mongrain musikalisch sehr schön nachvollziehbar. Gleichzeitig wirkt die Tonalität des Klangbilds mit dem Audioquest Blizzard ganz leicht üppig – ansatzweise warm, könnte man auch sagen. Insbesondere im Grundton wirkt das Audioquest Blizzard sogar noch durchsetzungsfähiger, griffiger und substanzieller als das diesbezüglich schon gut im Saft stehende Boaacoustic Oxygen (450 Euro für 1 Meter).
Kampf der Stürme
Wenn es um die härtefreie und luftige Wiedergabe von Details im Mittel- und Hochton und um feindynamische Subtilitäten geht – als Beispiel sei die Blech-Percussion in Sting’s „History Will Teach Us Nothing“ (Album: Nothing Like the Sun; auf Amazon anhören) genannt – spielt das Audioquest Blizzard ganz klar über seiner Preisklasse. Ganz, ganz obenrum wirkt es sogar einen Hauch seidiger und feindynamisch feinfühliger als der große stürmische Bruder Audioquest Tornado High Current (1 Meter für 1.039 Euro). Mit dem Storm-Kabel offenbart meine Linnenberg-Liszt-Endstufe zwar objektiv noch einen klitzekleinen Tick mehr Details als mit dem Audioquest Blizzard, doch sobald letzteres die Stromversorgung verantwortet, muten selbst harsche Töne im obersten Frequenzbereich vergleichsweise „süffig“ an. Was „besser“ ist? Eine Entscheidung zwischen Blizzard und Tornado hängt insbesondere von der vorhandenen Kette und vom persönlichem Geschmack ab.
Grobdynamisch und in Sachen absoluter Basskontrolle setzt sich das Audioquest Blizzard schließlich adäquat in Szene, sprich: Es hält das ein, was man sich von seiner gehobenen Preisklasse versprechen darf, fällt aber eben nicht aus dem Rahmen.
Synergiemeister
Das Audioquest Silver Cloud schafft es dann noch besser das musikalische Geschehen final „einrasten“ zu lassen, sprich für eine besondere Kohärenz des Zusammenspiels der Musiker zu sorgen – eher ein unterschwelliger, aber sehr genussdienlicher Zug, den die meisten anderen Netzkabel, die ich kenne, so nicht drauf haben. Die Musiker auf Arvoles, dem aktuellen Album des israelischen Bassisten Avishai Cohen (Album auf Amazon anhören), tönen noch mehr wie aus einem Guss – es macht „klick“, und die Band jazzt noch ein Jota leidenschaftlicher und tighter als ich das sonst so kenne.
Als noch entscheidender geht durch, wie die gefühlte Reinheit und Entspanntheit des Klangbilds mit dem Einsatz des Audioquest Silver Cloud zulegen. Das ist in hohem Maße grundlegend für die in meinen Augen nun kaum noch verbesserungsfähige Feindynamik des Linnenberg-Liszt-Endverstärkers an meinen Qnl-Prestige-Three-Lautsprechern. Zudem mutet das Bühnengeschehen signifikant greifbarer und realistischer an als ich das sonst mit anderen Netzkabeln kenne. Es ist schon geradezu phänomenal zu hören, wie extrem solide, dreidimensional und somit präzise ortbar einzelne Instrumente auf der Bühne stehen.
Smooth Operator
Diese „klare Kante“ erkauft sich das Audioquest Silver Cloud zum Glück nicht mit übergebührlicher Härte. Stattdessen lässt es Bass und Oberbass, aber auch den Grundton tendenziell warm, vor allem aber ungewohnt geschmeidig ertönen, ohne dass im Gegenzug Kontrolle und Präzision litten – beide Disziplinen erledigt das Audioquest Silver Cloud extrem souverän. So kann sich der Fretless-Bass von Jaco Pastorius auf einem sauberen Fundament gleichzeitig druckvoll und in den Mitten schön knurrig durchsetzen. Mit einem Gutwire SV-8 (1.299 Euro/1,2 m) tönt es im Bass und Grundton eine Ahnung schlanker und ja, auch etwas kantiger. Letzteres gilt übrigens auch für das fast schon ungestüm grobdynamisch zupackende Audioquest Tornado HC, das in diesem Frequenzbereich das SV-8 allerdings in Sachen Energie und Druck aussticht.
Mit Engelszungen
Auch im Hochton zeigt das Audioquest Silver Cloud eine sanfte, in keinem Fall harte oder kristalline Charakteristik. Es mag vielleicht das eine oder andere Netzkabel im Preisbereich bis 2.000 Euro geben, das noch detailliertere Einblicke in Mikroinformationen erlaubt – damit läuft man dann aber auch Gefahr, dass die Balance in bereits sehr analytisch abgestimmten Ketten kippen kann, insbesondere, wenn ein schlanker Bassbereich (wie im Falle des Gutwire SV-8) hinzukommt.
Testfazit: Audioquest Blizzard & Audioquest Silver Cloud
Die Grundabstimmung beider Audioquest-Kabel ist tendenziell seidig und sanft, weitgehend tonal ausgewogen mit einer leichten Tendenz zu einem eher druckvollen Bass und Grundtonbreich – auch wenn dies vor allem zur Abgrenzung gegenüber den Begriffen „schlank“ oder „dünn“ genannt sei. Die Reinheit des Klangbilds ist beiden Netzkabeln hörbar wichtig und wird in den jeweiligen Preisklassen von keinem mir bekannten Netzkabel erreicht.
Schon das Audioquest Blizzard erfreut vor allem mit einer preisklassenbezogen herausragenden – sehr feinfühligen und nicht anstrengenden – Detailauflösung und der gleichsam weiträumigen wie dreidimensional greifbaren Abbildungsleistung. Ein tolles Netzkabel, und das nicht nur fürs geforderte, vergleichsweise bodenständige Budget.
Das Audioquest Silver Cloud bietet von allem noch das „gewisse Etwas“ mehr und begeistert mit einem nochmals präziseren und auch etwas vehementeren Impulsverhalten, den kräftigen und doch nicht übertrieben aufgetragenen Klangfarben und der kaum noch steigerbaren Auflösung bei gleichzeitig seidig bleibender Hochtonqualität. Es wirkt musikalisch außerordentlich integrativ, zudem ermöglicht es dem angeschlossenen Gerät eine weiträumige, bestens strukturierte und vor allem sehr saubere und trennscharfe Abbildung.
Fakten:
Modell: Audioquest Blizzard
- Konzept: Netzkabel
- Preis: 599 Euro für 1 Meter, 749 Euro für 2 Meter
- Sonstiges: 3 Semi-Solid True-Concentric-Leiter mit je 3,31 mm² aus 100% Perfect Surface Copper Plus (PSC+), Technologie zur Ableitung von Erdungsstörungen, Null-Ohm-Wellenwiderstand (50 Hz – 1 MHz), 72-V-DC-Dielectric-Bias-System (Batterie) „Black“
- Garantie: 2 Jahre
Modell: Audioquest Silver Cloud
- Konzept: Netzkabel
- Preis: 1.699 Euro für 1 Meter, 2.899 Euro für 2 Meter
- Sonstiges: 3 Semi-Solid True-Concentric-Leiter mit je 3,31 mm² aus 79% Perfect Surface Copper Plus (PSC+) und 21% Perfect-Surface-Silver (PSS), Technologie zur Ableitung von Erdungsstörungen, Null-Ohm-Wellenwiderstand (50 Hz – 1 MHz), 72-V-DC-Dielectric-Bias-System (Batterie) „Carbon“
- Garantie: 2 Jahre
Hersteller & Vertrieb:
AudioQuest
Hoge Bergen 10 | 4704 Roosendaal
Telefon: 0800-1815284 (deutschsprachig, gebührenfrei)
E-Mail: info@audioquest.nl
Web: https://www.audioquest.de/
Test: Audioquest Blizzard und Audioquest Silver Cloud | Netzkabel