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Audiomat pflegt weder eine eigene Webseite noch geben die Franzosen irgendwo auch nur eine Email-Adresse an. Wenn sich die Firma auf ihre hoch beleumundeten Röhrenverstärker beschränken würde, könnte ich das verstehen. Aber die Brüder Clarisse haben auch D/A-Wandler wie den hier zum Test anstehenden Tempo C (2.750 Euro) im Angebot. Und da mutet mir diese Verweigerung gegenüber digitalen Medien doch etwas befremdlich an.
So ein bisschen Geheimniskrämerei scheint bei Audiomat zur Firmenphilosophie zu gehören. Da sind die Gründer von Audiomat, die geheimnisumwitterten Brüder Clarisse, die alle Produkte entwickeln und sich dafür nötigenfalls auch mehrere Jahre Zeit lassen. Der eine Computerexperte, der andere Elektronik-Spezialist und Soziologe. Öffentlich treten die beiden so gut wie nie in Erscheinung. Die Fertigung erfolgt in den südfranzösischen Gemeinden Rognac und La Destrousse, wobei ein Gerät immer komplett von einem Mitarbeiter gefertigt wird. Vertrieben werden Audiomat-Produkte nur über ausgewählte Kanäle. In Deutschland kümmert sich Arnd Rischmüller mit seiner Firma H.E.A.R. darum, Audiophile mit den französischen Preziosen zu versorgen. Immerhin gibt es von H.E.A.R. eine gut gemachte Webseite mit den wichtigsten Infos zu den Verstärkern, Phonovorstufen und DACs von Audiomat.
Auf ein aufwändiges Marketing verzichten die Franzosen. Ihre Produkte genießen einen einzigartigen Ruf. Selten hört oder liest man zwar ein Superlativ über ihre Produkte, doch wer ein Audiomat-Gerät erworben hat, ist meist hoch zufrieden und gibt es nicht wieder her. Negatives ist über Audiomat so gut wie nie zu lesen und gebrauchte Geräte werden nur selten angeboten. Und tatsächlich hat sich auch in meinem Kopf der Gedanke manifestiert, dass ich mir in diesem Leben unbedingt noch einen „Opera Reference“-Röhrenvollverstärker kaufen muss. Denn keine einzige Begegnung, die ich auf der einen oder anderen HiFi-Veranstaltung mit diesem Gerät hatte, hat mich unberührt gelassen. Tatsächlich fällt auch mir kein Superlativ ein, mit dem ich beschreiben kann, was mich am Klang dieses Gerätes so beeindruckt hat. Doch den Wunsch, diesen Klang möglichst bald wieder zu hören, ist in meinem Kopf immer irgendwie präsent. Der D/A-Wandler Audiomat Tempo C kommt ohne Röhren aus. Trotzdem sollten Sie beim Lesen dieses Berichtes berücksichtigen, dass ich Audiomat-Produkten gegenüber sehr positiv voreingenommen bin.
Audiomat Tempo C: Technik
Technisch ist der Audiomat Tempo C state of the art. Als DAC-Chip kommt ein Multibitwandler von Asahi Kasei, ein AKM AK4495S, zum Einsatz. Der verarbeitet im Tempo C PCM Daten mit 16 bis 32 Bit Wortbreite und bis zu 384 kHz Samplingrate sowie DSD bis 5,6 MHz. AKM-Chips findet man seit einiger Zeit öfter in hochwertigen D/A-Wandlern, weil viele Hersteller weiterhin auf Multibit-Wandler setzen. Die einen sagen, dass sie besser klängen als die alternativen Delta-Sigma Wandler (ΔΣ), wie etwa die von ESS, die anderen sagen, dass sie sich schaltungstechnisch einfacher beherrschen ließen. Wobei das erste durchaus aus dem zweiten resultieren kann. Tatsächlich sieht man ESS-Wandler fast ausschließlich in Schaltungen, die dem ESS-Referenzdesign entsprechen bzw. diesem sehr ähnlich sind. Schaltungstechnisch ist die Vielfalt bei Multibit-Wandlern größer. Lange waren hier die Texas Instruments (ehemals Burr Brown) Chips der PCM 17xx-Serie angesagt. Doch die schwächeln bei der Verarbeitung von DSD-Datenströmen ein bisschen. Dazu kommt, dass Texas Instruments lange nichts Neues mehr in Richtung hochwertiger DAC-Chips vorgestellt hat. Offenbar ruhen sich die Amerikaner auf ihren Lorbeeren aus. AKM ist da aktuell innovativer und entsprechend setzen immer mehr Hersteller auf die Chips des japanischen Chemieriesen.
An Eingängen stehen am Audiomat Tempo C USB-B sowie S/PDIF Coaxial, AES-/EBU (XLR) und Toslink zur Verfügung. Die USB-Schnittstelle kommt von Amanero. Standard für einen aktuellen High-End-DAC sind zwei eigene Clocks sowie eine galvanische Entkopplung der Dateneingänge, die im Fall des Tempo C mit Lundahl-Übertrager erfolgt. Nur weil es mich gerade anspringt: auf der digitalen Ebene sehe ich einige Parallelen zum Merason DAC-1, der mich vor kurzem extrem begeistert hat.
Eine Besonderheit ist, dass der Audiomat Tempo C serienmäßig einen koaxialen S/PDIF Ausgang hat. Vielleicht für den Fall, dass jemand hier noch einen digitalen Recorder anschließen möchte? Optional kann der Tempo C übrigens mit einem Ethernet-Anschluss ausgestattet werden. Mit dieser Zusatzplatine lässt er sich unmittelbar in ein heimisches UPnPTM AV 2.0/DLNA-Netzwerk einbinden.
Analog wird die Sache ebenfalls spannend. Zum einen, weil Audiomat den nach der D/A-Wandlung erforderlichen Tiefpass-Filter passiv mit Drosseln und Kondensatoren realisiert, zum anderen, weil der Ausgangsverstärker in Class-A ohne Gegenkopplung arbeitet und vollkommen diskret aufgebaut ist. Vieles erinnert hier an die großen DACs von Audiomat. Besonders, dass die Brüder Clarisse auch im Tempo C ein besonderes Augenmerk auf extra hochwertige Kondensatoren gelegt haben. Kondensatoren scheinen ein zentraler Punkt der Schaltungs- und Klangphilosophie von Audiomat zu sein. Sowohl in den Verstärkern als auch in den großen DACs sitzen beeindruckende Kapazitäten. Wobei im kompakten Gehäuse des Tempo C kein Platz für große Töpfe ist. Trotzdem empfiehlt der deutsche Vertrieb eine Einspielzeit von bis zu 500 Stunden. Gerade Kondensatoren profitieren davon, erst mal einige Zeit unter Spannung zu stehen. Wobei es reichen soll, wenn das Gerät nur rund 30% dieser Zeit Musik spielt. Ansonsten soll es einfach eingeschaltet am Netz hängen.
Ausgänge gibt es übrigens nur unsymmetrisch (Cinch). Was ich ein Bisschen schade finde, symmetrische Ausgänge hielte ich bei einem hochwertigen D/A-Wandler für angemessen. Aber man kann nicht alles haben und ein paar Features müssen wohl auch den größeren DACs von Audiomat vorbehalten bleiben.
Dank des recht puristischen Konzeptes ist die Bedienung einfach: Auf der Front gibt es drei Kippschalter, mit denen man den Eingang wählt, der Netzschalter ist auf der Rückseite neben dem Anschluss des Netzkabels positioniert. Macht nix, denn Audiomat empfiehlt, den Tempo C für eine optimale Performance immer eingeschaltet zu lassen. So bleibt die größte Herausforderung im Umgang mit dem recht kompakten und leichten (2,6 kg) Audiomat-DAC die, ihn im HiFi-Rack aufzustellen. Zum einen gilt es, die drei beeindruckenden Kegelfüße des Geräts genau in die beiliegenden Tellern zu platzieren, zum anderen machen mein starres Audioplan-Netzkabel, das ebenfalls wenig flexible Audioquest Coffee-USB-Kabel sowie die zwar flexiblen, doch schweren Cardas NF-Strippen Anstalten, das Gerät in alle Richtungen zu zerren.
Audiomat Tempo C: Klangtest & Vergleiche
Auch klanglich gibt sich der Tempo C im Vergleich zu meinem North Star Design Supremo, der etwa in der gleichen Preisklasse antritt, eher leicht. Bei genauerem Hinhören wird jedoch deutlich, dass der italienische North Star einen Hang zu kräftigen Klangfarben und einer tendenziell wärmeren, vollen Abstimmung hat. Was mir grundsätzlich sehr symphytisch ist. Er geht in die Vollen, mag Emotionen, tendiert aber ein Wenig dazu, pathetisch zu sein. Das klingt gut, stellt aber einen Kontrast zur quirligen, unprätentiösen Lebendigkeit dar, mit der der Audiomat spielt. Statt Pathos liefert er Esprit, statt bella figura beherrscht er das savoir-vivre. Das ist Ihnen zu blumig? Ok, gehen wir ganz prosaisch in die Einzelwertungen.
Bass: In den Tiefen gibt sich der Franzose eher einen Tick schlanker, dafür geht er tief runter und befleißigt sich einer sehr guten Kontrolle. Ich höre das Album Nightintales von China Moses (auf Amazon anhören). Beim Track „Put it on the Line“ gibt der Kontrabass klar den Rhythmus an. Der Tempo C setzt diesen Beat melodisch und holzig-swingend um. Doch der Bass dominiert nicht alles, sondern ist eben „nur“ das tragende Rhythmusinstrument, in dessen Takt sich die Stimme und die anderen Instrumente frei entfalten. Das spielt absolut auf den Punkt. Mein North-Star gibt dem Kontrabass im Vergleich mehr Gewicht, lässt die Saiten noch etwas weicher und ausgiebiger ausschwingen, dafür dominiert der Bass das Stück aber auch mehr und nimmt den anderen Instrumenten und der Stimme etwas die eigenen Entfaltungsmöglichkeiten. Mit gefällt es weniger opulent besser.
Was das Differenzierungsvermögen im Bass betrifft, nimmt es der Tempo C mit einem Linnenberg Telemann (4.400 Euro) auf, der in diesem Bereich lange meine Referenz war. Der Audiomat-DAC differenziert hier etwa auf gleichem Niveau und spielt dabei insgesamt etwas schlanker. Dabei betont er dynamische Abstufungen etwas stärker, der Linnenberg neigte dagegen dazu, den Bass etwas geschmeidiger darzustellen, einzelne Stufen sanfter ineinander fließen zu lassen. Die Performance meiner aktuellen persönlichen Referenz in Sachen Basswiedergabe, dem Merason DAC-1 mit seiner faszinierend substanziellen und doch hoch differenzierten Performance, erreicht der Tempo C nicht ganz. Die synthetischen Bassorgien auf 2raumwohnungs Album In Wirklich setzt der Audiomat zwar differenzierter in Szene als der North Star, doch so substanziell und gleichzeitig differenziert wie der Merason das inszeniert hat, schafft es der Tempo C nicht. Angesichts dessen, was der Merason gegenüber dem Audiomat mehr kostet, ist die Performance des Tempo C allerdings definitiv einen Applaus wert.
Mitten: Auch die Stimmwiedergabe mutet über den Audiomat Tempo C ein wenig leichtfüßiger an. Nach dem unmittelbaren Wechsel vom Supremo oder einem ebenfalls gerade anwesenden SPL Mercury DAC bin ich vom der Wiedegabe des Tempo C zunächst fast irritiert. Amy Antin, deren Album Just for the Record (auf Amazon anhören) ich seit einiger Zeit gerne für Hörtests heranziehe, klingt dünner, nicht ganz so selbstsicher präsent. Doch nachdem ich mich ein Wenig auf die Wiedergabe des Audiomat eingelassen habe, merke ich, dass weniger hier wirklich mehr ist. Denn was mir der Tempo C an Volumen vorenthält, füllt er mit Details und bringt eine Fülle feinster Informationen über Stimme und Artikulation. Über den Audiomat fällt mir viel stärker auf, wenn Frau Antin Luft holt, wenn sie sanft einsetzt, höre ich diesen winzigen Augenblick der Unsicherheit, der entsteht, wenn sie sich selber ihrer Stimme vergewissert – dass sie da ist, dass sie den Ton tragen wird. Dieses sehr feine Differenzierungsvermögen ist beeindruckend. Doch noch wichtiger ist mir, dass das Ganze organisch klingt. Der Audiomat Tempo C schafft es, sich bei aller Auflösung nicht in Details zu verlieren, sondern die Stimme bleibt eine Stimme – halt eine mit besonders vielen Facetten.
Um den sensiblen Mittenbereich auch mit höher aufgelösten Daten zu checken, wechsele ich zu Klavier. Das Album How Long Is Now von Iiro Rantala, Lars Danielsson und Peter Erskine habe ich mir in 96 kHz Hi-Res gegönnt. Und ja, mit höherer Datendichte geht noch was. Der klangliche Zugewinn ist zunächst subtil, wirkt aber nachhaltig. Töne klingen noch organischer, der Hintergrund schwärzer, das gesamte Geschehen klingt klarer, selbstverständlicher, aufgeräumter. Insgesamt drängt sich der klangliche Zugewinn zunächst nicht auf, einen dramatischen Wow-Effekt gibt es nicht. Wechselt man allerdings nach einiger Zeit des Hörens von Hi-Res-Daten auf CD-Auflösung zurück, merkt man sehr klar, was einem jetzt fehlt. Bei anderen Wandlern – wie etwa dem Linnenberg Telemann – springen einen die Veränderungen beim Wechsel auf Hi-Res-Daten deutlicher an. Ich vermag allerdings nicht zu sagen, ob der Audiomat aus 44,1-kHz/16-Bit-Daten mehr herausholt und der Sprung deshalb nicht so deutlich ist oder ob der Linnenberg aus Hi-Res-Daten noch mehr rausholt als der Audiomat.
Höhen: Um den französischen DAC auch mal mit französischer Kost zu füttern, gibt es Zaz. Gleich das erste Stück auf ihrem Debut-Album Zaz, „Les Passants“ (auf Amazon anhören), beginnt mit einem Xylophon, das mit seinem kräftigen Obertonspektrum recht scharf klingen kann. Nicht so über den Audiomat Tempo C. Er zeichnet die Höhen zwar sehr fein und detailliert, nimmt sie aber ganz oben im Superhochton etwas zurück, sodass die Sache zwar hell und klar, doch angenehm geschmeidig klingt. Das fördert die Langzeithörtauglichkeit, ohne ernsthaft Punkte zu kosten. Ja, Besen auf Becken klingt über meinen North Star Supremo zischender und ein hart angeschlagenen Splashbecken schneidender. Doch was der Tempo C macht, geht für meinen Geschmack absolut in Ordnung. Zur Erklärung könnte ich jetzt über die Flankensteilheit analoger Tiefpassfilter, die bei 44,1 kHz eine ordentliche Dämpfung haben, und deren Auswirkung auf den hörbaren Frequenzbereich philosophieren. Wie auch immer – es klingt prima.
Auflösung: Bei den bisher aufgeführten Qualitäten ist es bereits durchgeklungen: Der Audiomat Tempo C ist ganz klar ein Gerät, das Feinheiten viel Aufmerksamkeit schenkt. Das betrifft sowohl Auflösung beziehungsweise Feinzeichnung als auch Feindynamik. Insgesamt zeigt er unter allen Aspekten ein hohes Differenzierungsvermögen, das mit hochauflösenden Daten naturgemäß noch deutlich gewinnt. Wichtiger ist mir dabei, dass der Tempo C seine diesbezüglichen Fähigkeiten nicht nutzt, um zu sezieren, sondern um Klänge in größtmöglicher Komplexität beziehungsweise mit größtem Facettenreichtum darzustellen. Auch diese Aspekte zeigt mir das Album How Long Is Now in auf. Das an Barockmusik erinnernde „Kyrie“ entfaltet so einen fast mystisch-meditativen Sog. Die Töne der einzelnen Instrumente umspielen sich, dabei scheint jeder Ton eine komplexe Welt für sich zu sein. Ich bin tief beeindruckt, wie diese Musik funktioniert, höre aber auch, dass der Tempo C sie mit seinen Talenten auf eine kongeniale Weise wiedergibt. Mein North Star klingt hier etwas weniger verspielt, was der Tatsache geschuldet ist, dass er eher den (General-)Bass betont.
Räumlichkeit: Die Räumlichkeit, die der Audiomat Tempo C bietet, passt für meinen Geschmack gut zu seiner sonstigen klanglichen Performance. Hier geht es etwas weiträumiger zu, als ich das gewohnt bin. Die Bühne ist etwas weiter weg, dafür hat man einen besseren Überblick. Bei Lucinda Williams Album World Without Tears stößt mir das etwas auf – was vielleicht daran liegt, dass ich mir die Dame samt der begleitenden Gitarren und dem Schlagzeug auf einer engen Bühne eines schäbigen Country-Clubs irgendwo in der texanischen Provinz vorstelle. Über den Audiomat steht Frau Williams etwas distanzierter auf einer geräumigen Bühne, ihre Begleiter halten sich mit etwas Abstand tendenziell eher im Hintergrund. Manche Aufnahmen blühen über den Audiomat-DAC hingegen regelrecht auf. Den „Escualo“ (Haifisch) von Astor Piazolla (Album: Adios Nonino) habe ich noch nie so frei schwimmen hören. Oder anders ausgedrückt: Das recht intensive Klanggeflecht, das Piazolla und seine Mitspieler hier weben, habe ich immer als sehr dicht wahrgenommen, die Musik so interpretiert, dass sich der Fokus auf die Bewegungen des Hais konzentriert. Über den Audiomat Tempo C gehört, klingt es für mich deutlich weiter. Die Bühne beginnt in etwas größerer Entfernung von mir, zwischen den Instrumenten herrscht mehr Luft, und der Hai hat in meinem Hörverständnis auf einmal ein viel größeres Umfeld, in dem er sich bewegt. Hier kommt es einfach darauf an, wie gut die Musik zur eher weiten Räumlichkeit des Tempo C passt. Die Größe der Instrumente/Musiker bleibt bei allem realistisch, die Aufnahmeräume gewinnen etwas an Größe, ufern allerdings nicht aus und bleiben konkret.
Test: Audiomat Tempo C | D/A-Wandler