Inhaltsverzeichnis
August 2011 / Markus Sauer
Audio Physics neue Avantera ist der designierte Nachfolger der über lange Jahre erfolgreichen Avanti und sitzt im aktuellen Programm der Sauerländer (www.audiophysic.de) an Nummer 2, zwischen dem Flaggschiff Cardeas und der Virgo 25.
Die drei Lautsprecher teilen sich verschiedene Basis-Technologien, auf die gleich noch einzugehen sein wird, sind aber ansonsten fein abgestuft: Die Virgo hat einen Mitteltöner, die Avantera zwei, die Cardeas derer drei. Die Virgo besitzt zwei Bass-Treiber mit 17-cm-Korb und 13-cm-Wirkdurchmesser, die Avantera vier, die Cardeas tanzt bei der Bassbestückung aus der Reihe und hat einen aktiven Woofer mit 27-cm-Korb, der von einem passiven Pendant unterstützt wird.
Fein abgestuft, von links nach rechts: Audio Physic Cardeas, Avantera (aktueller Testkandidat) und die Virgo 25
Man darf vermuten, dass die drei Lautsprecher einen grundsätzlichen Klangcharakter teilen und sich mehr in Autorität und Selbstverständlichkeit der Ankopplung an den Raum unterscheiden. Für die Virgo 25 und die Avantera bin ich dabei nicht ausschließlich auf Vermutungen angewiesen – auch wenn ich einen unmittelbaren Vergleich nicht machen konnte -, da ich vor einem halben Jahr auch die Virgo 25 bei mir hören durfte. Ich werde deshalb auch ein paar Worte zu den Unterschieden zwischen Virgo 25 und Avantera sagen.
Ein Konushochtöner? Ja, durchaus!
Die Chassis der Avantera – allesamt mit Aluminium-Membranen – sind Audio-Physic-Eigenentwicklungen, die bei Wavecor in China gefertigt werden. Fangen wir mit dem Hochtöner an. Der HHCT II genannte Konus-Hochtöner ist die zweite Generation des mit der Cardeas, dem Audio-Physic-Flaggschiff, eingeführten Chassis. Die Membran ist nicht als Kalotte, sondern als Konus ausgeführt. Das, was Sie auf Bildern vielleicht als Kalotte sehen, ist in Wirklichkeit nur die Staubschutzkappe des Hochtöners. Die eigentliche Membran ist der Ring darum herum, der von vorgespanntem Gewebe zentriert wird.
Konushochtöner werden in letzter Zeit wieder etwas populärer. Jahrzehnte lang dominierte der 1958 mit der Acoustic Research Model 3 eingeführte Kalottenhochtöner die HiFi-Welt. Zumindest im Marketing stand dahinter häufig die Vorstellung, dass ein Kalottenhochtöner weiter zu den Seiten abstrahlen könne als ein Konushochtöner. Dem ist aber nicht so, jedenfalls nicht unbedingt. Denn auch der Kalottenhochtöner ist ein kolbenförmig schwingendes System, das die Luft erst mal nur in einer Abstrahlrichtung anregt. Um wirklich nach allen Seiten gleich abzustrahlen, müsste der Kalottenhochtöner nicht kolbenförmig schwingen, sondern sozusagen pulsieren, sich also auch zur Seite hin ausdehnen. Audax hat das mal versucht, so richtig funktioniert hat das aber nicht. Bei richtiger Formgebung kann ein Konus ähnlich breit abstrahlen wie eine Kalotte; je nach Bündelungsmaß (siehe Abstrahlverhalten) des Mitteltöners im Bereich des Übergangs zum Hochtöner kann es sogar von Vorteil sein, wenn der Hochtöner bei der Übernahmefrequenz weniger breit abstrahlt, weil dann die sogenannte „Power Response“, die gesamte in den Raum abgestrahlte Energie, gleichmäßiger ausfällt.
Der eigentliche Grund für die Popularität von Kalotten dürfte einerseits darin begründet sein, dass es relativ leicht ist, einen solchen Hochtöner mit leichter Membran und deshalb ausgedehntem Frequenzgang ohne schwerwiegende Einbrüche zu bauen; der Konus, der in der Regel eine größere Fläche besitzt, hatte meist auch eine schwerere Membran. Zum anderen hatten die alten Konushochtöner in der Regel eine Schwingspule von nur einem halben Zoll (12 mm) Durchmesser. Damit konnten sie nicht viel Hitze an das Chassis abgeben und dementsprechend nur wenig Leistung aufnehmen. Kein Problem bei alten Röhrenverstärkern; dass der Siegeszug von Kalottenhochtönern und Transistorverstärkern mit ihren typischerweise wesentlich höheren Leistungen zeitlich ungefähr zusammenfiel, dürfte kein Zufall sein.
Der Hochtöner der Audio Physic Avantera ist auf einer Aluminiumträgerplatte montiert
Mit moderner Technologie darf man annehmen, dass die alten Begrenzungen der Konushochtöner kein Thema mehr sind. Audio-Physic-Chefentwickler Manfred Diestertich hat den Konus vor allem deshalb gewählt, weil er Vorteile beim Antrieb sieht. Bei einer Kalotte setze der Antrieb da an, wo sie auch gehalten, also bedämpft werde. Bei einem Konus sind Antrieb und Zentrierung voneinander getrennt und können dementsprechend getrennt optimiert werden. Er meint, sein Konus sei durchlässiger für Feininformationen als auch sehr gute Kalottenhochtöner. Mit 39 mm Durchmesser bringt der HHCT II zudem eine relativ große Membranfläche mit, was der Selbstverständlichkeit des Hochtons nicht schaden dürfte.
Test: Audio Physic Avantera | Standlautsprecher