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Es gibt nicht wirklich viele Hifi-Hersteller, die einen quasi-religiösen Status bei ihrer Fangemeinde innehaben. Auffällig ist jedoch, dass verhältnismäßig viele dieser Kult-Marken im Vereinigten Königreich ansässig sind. Wie auch Audio Note: Wir haben die Kompaktlautsprecher AN-K/SPe (5.249 Euro | www.audionote-deutschland.de) des im südenglischen Sussex beheimateten Audiospezialisten zum Test eingeladen.
Nach meiner Jugend-Faszination mit einem ebensolchen britischen Kult – und zwar dem aus Glasgow – habe ich die marketinginduzierten Image-Scheuklappen jedoch vollkommen abgelegt. Auch dank der permanenten und abwechslungsreichen Beschäftigung als Hifi-Redakteur, denn da kommt einfach immer wieder zu viel Gutes rein, als dass man sich der Illusion hingeben könnte, der heilige Gral sei bei nur einem Konstrukteur zu finden. Wenn aber ein Hersteller in den letzten Jahren immer mal wieder in Form von begeisterten Erfahrungsberichten seiner treuen Anhänger in mein Bewusstsein gedrungen ist, dann ist das Audio Note. Leider hatte ich bisher noch nicht die Gelegenheit, aus erster Hand nachvollziehen zu können, „what the fuzz is all about“.
Nun aber Vorhängchen auf für die schnuckelig-kompakten „Regallautsprecher“ Audio Note AN-K/SPe (5.249 Euro – wer sich im Preisgefüge der Briten auskennt und jetzt wundert: Die Corona-Pandemie und der Brexit haben kürzlich zu einer Preiserhöhung quer durchs ganze Programm geführt). Um dieses Modell besser einordnen zu können, erst einmal ein kleiner Überblick über die Hierarchie der Briten, die sich in „Levels“ ausdrückt. Los geht es mit dem Level 0 – hier sollen die typischen Audio-Note-Tugenden zu einem leistbaren Hochparterre-Preis geboten werden. Das Penthouse im sechsgeschossigen Mehrfamilienhaus markiert der Level 5. Hier kommt man um eine sechsstellige Summe für eine spielbereite Kette nicht herum – die kann je nach Ausführung der Lautsprecher und der Verkabelung auch im höheren Bereich liegen. Seit kurzem gibt’s noch das Wolkenkuckucksheim namens Level 6: experimentelle und nur auf Bestellung maßgefertigte Geräte wie der Endverstärker „The Legend“, der in etwa den Gegenwert einer 3-Zimmer-Wohnung in meinem Berliner Kiez kosten dürfte.
Munter drunter und drüber
An diesem Punkt wird’s ein bisschen kompliziert, aber bleiben Sie dran. Audio Note baut neben den Einstiegsmodellen AZ und AX nur drei grundlegende Lautsprecherdesigns: Das erwähnte AN-K sowie die jeweils größer bauenden AN-J und AN-E. Diese drei Designs unterscheiden sich äußerlich insbesondere durch ihre Gehäuse, sind aber alle Zwei-Wege-Lautsprecher. Nun gibt es innerhalb jeder Designgruppe beziehungsweise Gehäuseart mehrere „Ausbaustufen“, die über die Einordnung in das jeweilige Level entscheiden. Die Spreizung ist dabei unterschiedlich groß: Alle Designs starten mit einer Budget-Variante auf Level 1, die den Namenszusatz D trägt. Die AN-K-Hierarchie reicht dann bis Level 4, AN-J bis Level 5 und AN-E bis Level 6.
Unsere Audio Note AN-K/SPe spielen in Level 3 und sehen in ihrem in 20 Ausführungen lieferbaren Echtholz-Furnier äußerlich nicht anders aus als ihre Geschwister AN-K/LX (4.550 Euro) und AN-K/SPX SE (13.978 Euro). Im Testmodell kommt das auch solo erhältliche Lautsprecherkabel Audio Note AN-SPE (2 x 3 Meter in Single-Wiring-Ausführung kosten 4.458 Euro) für die interne Verkabelung zum Einsatz, in der kleineren AN-K/LX das Audio Note AN-Lexus LX (2 x 3 Meter für 1.233 Euro). Die Audio Note AN-K/SPx SE führt intern das Reinsilberkabel AN-SPx (10.959 Euro für das 3-Meter-Singlewiring-Set), nutzt in der Frequenzweiche Silberspulen und kommt im Hochglanzgehäuse.
Der grundsätzliche Aufbau der Audio Note AN-K/SPe
Der grundsätzliche Aufbau der Lautsprecher ist dabei identisch. Wie bei allen Modellen des AN-K-Designs (außer den AN-K/D, die aus Sperrholz und MDF gezimmert werden) besteht das Gehäuse der Audio Note AN-K/SPe aus einem speziellen russischen Birkensperrholz. In diesem Bereich habe, so Firmenchef Peter Qvortrup, „viel Forschung und Entwicklung stattgefunden. Im Laufe der Jahre haben wir viele verschiedene Materialien und Kombinationen ausprobiert – ein zeitaufwändiges Unterfangen, das in dem aktuellen Design gipfelte.“ Im Inneren der Gehäuse kommen übrigens nur minimale Verstrebungen und so wenig Dämpfung wie möglich zum Einsatz. Das Gehäuse ist somit stärker als bei vielen anderen Herstellern Teil der Klangabstimmung. Der Lautsprecher sei zudem so konzipiert, dass er auch wandnah aufgestellt werden kann (oder sollte), wo die Bass-Performance von der zusätzlichen Verstärkung profitiere. Und die ungewöhnliche Grundform mit der recht breiten Schallwand böte den Treibern die Betriebsbedingungen eines Einbaus in einer virtuellen Wand. Dies sorge für das breiteste und gleichmäßigste Abstrahlverhalten, das bei einem Gehäuse möglich sei, so Qvortrup.
Munteres Treiben
Mit Blick auf die erwähnten Treiber handelt es sich wie bei allen AN-K-Modellen um einen 20-Zentimeter-Tiefmitteltöner und eine 19-Millimeter-Hochtonkalotte. Der Woofer besitzt eine steife Papiermembran und ist recht hart aufgehängt, die recht kleine Kalotte besteht hingegen aus einem imprägnierten Seidenstoff. Die Woofer der AN-J- und AN-E kann man darüber hinaus mit einer Hanffaser-Membran ordern. Audio-Note-Chef Peter Qvortrup und Chefentwickler Andy Grove vertreten den Standpunkt, dass alle „fancy“ Membranmaterialien zwar in Teilbereichen – egal ob messtechnisch oder klanglich – brillieren können, aber immer auch eine negative Seite, eine „eigene ausgeprägte Klangsignatur“ mit einbrächten. Wichtiger sei es, dass „der Klang und die Eigenschaften eines einzelnen Chassis zu denen seines Partners passen, so dass, wenn ein Instrument von beiden Chassis wiedergegeben wird (was fast immer der Fall ist), der obere Bereich nicht losgelöst vom unteren Bereich klingt und andersherum. Dies hat uns dazu veranlasst, gutes, altmodisches Papier für die Tieftonmembran und imprägnierte Seide für die Hochtonkalotte zu wählen. Diese Materialien, wenn sie richtig aufeinander abgestimmt sind, verbinden die tiefen und hohen Frequenzen nahtlos miteinander“, so Audio-Note-Chef Qvortrup.
Mehr Silber, mehr Level …
Der Einsatz von Silber ist, das haben Sie sicher schon herauslesen können, in allen Geräten ein Faktor für die Einstufung: je mehr Silber, desto höher der Level. Richtig interessant wird’s aber erst da, wo die Großserie nie hinkommen wird: bei der individuellen Anpassung der Frequenzweiche (1. Ordnung) an die Treiber, die immer eine gewisse Serienvarianz aufweisen. Audio Note versieht seine Frequenzweichen nämlich nicht immer mit exakt derselben Kapazität, Induktivität und dem gleichen ohmschen Widerstand. Man berücksichtigt vielmehr die technische und akustische Varianz der Chassis selbst. Und laut Audio Note können sogar winzige Unterschiede an dieser Stelle zu ganz erheblichen Unterschieden im Klang führen. Audio Note setzt daher auf ein „dynamisches Matching-Verfahren“, das sicherstellen soll, dass jeder Lautsprecher in einem Stereopaar mit einer „Masterkurve‘ und auch mit seinem Partner auf 0,4 dB genau übereinstimmt; und zwar bei allen Lautsprechern.
Es dreht sich und dreht sich …
Überhaupt, die Komponenten und elektronischen Bauteile: Audio Note baut wirklich alles selbst, was irgendwie selbst machbar ist. Die Liebe zum Detail geht sogar so weit, dass Peter Qvortrup in Ermangelung an auf dem Markt erhältlichen Tonabnehmerkabelsteckern aus Silber kurzerhand eine Maschine gekauft hat, um dieses Mini-Bauteil selbst aus dem Element Argentum stanzen zu können. Dabei sei die Kompetenz der Briten vor allem in Sachen Trafo- und Spulenbau derzeit weltweit wahrscheinlich unschlagbar, meint Stefan Wörmer von Audio Note Deutschland. Der Austausch von Standard-Spulen gegen experimentelle Modelle aus der Feder von Chefentwickler Andy Grove hätte schon mehr als eine Kinnlade absacken lassen, so Wörmer. Das Innovationsrad steht also nie still bei Audio Note, und dieser Umstand, kombiniert mit einem wahrlich riesigen Lager an NOS-Röhren, garantiere noch lange und viele neue Produkte höchster Güte. Zudem investiert Audio Note in eine zukunftsträchtige und krisenfeste Fertigung, auch in diesen – oder gerade wegen dieser – unsteten Zeiten. Je nach Level und Gerätegattung findet nach der britischen Entwicklungsarbeit dann die eigentliche Produktion entweder vor Ort im Vereinigten Königreich statt (gilt für fast alle Verstärker und alle Level-5- und Level-6-Geräte), in Litauen (hier werden Digitallösungen der Level 1-5 sowie alle Level 0-Geräte montiert) oder in Österreich (Montage der Plattenspieler, Tonarme und Lautsprecher).
Klangtest und Vergleiche: Audio Note AN-K/SPe
Gut aufgestellt
Anders als die meisten Lautsprecher, die in den letzten Jahren bei mir zu Gast waren, präferieren die Audio Note AN-K/SPe eine wandnahe Aufstellung. Und zwar noch näher als die gerade wieder entschwundenen Grandinote Mach 2R (ab 6.600 Euro). In meinem Raum stehen sie auf den mitgelieferten, mit Sand befüllten Ständern namens „AN-K Stands“ – mit ihrer Rückseite etwa 50 Zentimeter von der Rückwand entfernt. Das aber auch nur, weil die Schallwände der Lautsprecher sonst auf der Ebene hinter der Front meines Racks lägen. Wenn es möglich ist, würde ich ihnen je nach Raumgröße sogar nur 30 Zentimeter oder weniger Luft im Rücken zumuten. Zudem präferieren sie eine nur ganz leichte Einwinkelung zum Hörplatz, die Kantenschärfe der Abbildung gewinnt dann minimal. Doch schon etwas zu viel des Guten in Richtung „auf Achse“ lässt das großartige Panorama, zu dem die Audio Note AN-K/SPe imstande sind, in sich zusammenfallen.
Verstärkt & verkabelt
Gehört habe ich mit den Cambridge Edge M sowie Edge NQ86, die parallel zu den Audio Note bei mir zu Gast waren, und meiner Kombi aus Norma Audio SC-2 DAC und Norma Audio PA-150. Letztere passt mit ihrer feinstofflich-seidigeren Gangart einen Tick besser zum Charakter der Britinnen, weshalb die folgenden Klangbeschreibungen auf dieser Kette beruhen. Als Verbinder kamen anfänglich das Ortofon Reference SPK Black (Bi-Wire, 2×3 Meter unkonfektioniert 780 Euro, mit Audioquest 500 Series Silber-Bananas 1.140 Euro) und das hauseigene Audio-Note-Lautsprecherkabel AN-Lexus LX ebenfalls in Bi-Wiring-Konfiguration (2 x 3 Meter kosten 2.400 Euro) zum Einsatz. Hier gebe ich dem hauseigenen Kabel für die Dauer des Tests den klanglichen Vorzug.
Eine Anmerkung: Das mir zur Verfügung stehende Kabel ist beidseitig mit ziemlich raumgreifenden Gabelschuhen bestückt, und angesichts der recht engen und zudem tief in die Gehäuserückwand eingelassenen Terminals der Audio Note AN-K/SPe gerät der Anschluss zur Fingerfertigkeitsübung. Bananas sind hier definitiv die bessere Wahl, zumal sie die Gefahr eines Kurzschlusses bannen. Allerdings konnte das ebenfalls zur Verfügung gestellte Audio AN-La-Lautsprecherkabel (1.244 Euro, 2x 3 Meter Bi-Wiring), das mit Bananas bestückt ist, die Performance des AN-Lexus LX nicht ganz halten.
Letzte Anmerkung vorneweg: Die Audio Note AN-K/SPe brauchen Zeit, bis sie zeigen, was sie können. Viel Zeit. Bei mir haben sie sich gute zweieinhalb Wochen zurückgehalten, bis an einem schönen Donnerstagabend buchstäblich der Knoten geplatzt ist. Und dazu nun mehr.
Oh, behave!
Dass bei diesem kompakten und geschlossenen Lautsprecher keine überirdischen Basswunder zu erwarten sein können, erschließt sich trotz des relativ großen Tief- und Mitteltöners eigentlich von selbst. Die recht straff eingespannte Papiermembran und das geschlossene Gehäuseprinzip streben dann auch offensichtlich eher nach maximaler Präzision und optimaler Kontrolle statt satter Wucht und extremem Tiefgang. Das bedeutet nicht, dass der Tiefbass in Nicolas Jaars „Colomb“ (Album: Space Is Only Noise) nicht mehr hörbar wäre oder dass die Bassdrum in The Weeknds Mega-Nummer „Blinding Lights“ (Album: After Hours; auf Amazon anhören) keinen Kick besäße. Ersterer rollt nur nicht von unten durch den Fußboden ins Sofa und den verlängerten Rücken des darauf Sitzenden, sondern materialisiert sich als rein akustische Repräsentation zwischen den Lautsprechern. Und der Bassdrum-Kick hält sich im Vergleich zu den ebenfalls geschlossenen ATC SCM19 (2.980 Euro) eben ein wenig vornehmer zurück und materialisiert sich auch einen Schritt weiter hinter der Lautsprecherebene.
Dad Body?
Eine klitzekleine Betonung des Oberbasses und Grundtons können die Audio Note AN-K/SPe nicht ganz verhehlen, je nach Musikstück mal mehr, mal weniger, und mit dem Ortofon Reference SPK Black ein wenig deutlicher als mit dem hauseigenen Audio-Note-Lautsprecherkabel – mit ein Grund für dessen Einsatz im Hörtest. Dieses leichte Wohlklangsbäuchlein schlägt sich jedoch nicht in einem Über-alles-Eindruck von tonaler Wärme nieder, sondern balanciert vielmehr gekonnt den fantastisch offenen und fein nuancierten Mittelton, der Frauenstimmen wie die von Jacintha oder Agnes Obel maximal durchsichtig und artikuliert proträtiert. Ohne diesen Schuss Substanz könnte ich mir vorstellen, dass die AN-K/SPe nämlich je nach Aufstellungssituation insgesamt ein wenig zu ätherisch wirken könnten. Zudem verleiht er auch den elektrischen Gitarren in Katatonias „July“ vom Album The Great Cold Distance (auf Amazon anhören) einen charmanten Schub. Hier legten die Grandinote Mach 2R ja recht schonungslos offen, dass die Produktion dieses Albums vor allem im Präsenzbereich, sagen wir mal, suboptimal ausgefallen ist – mit den Audio Note AN-K/SPe stört mich das nicht die Bohne, denn ich folge vor allem der positiven Seite des Songs: der Komposition. Hifi-Tester-Geschwurbel, sagen Sie? Vielleicht, aber hier stehe ich dazu.
Luft ist transparent
Wie dem auch sei, ich fühle mich angesichts der Transparenz in den Mitten und des Hochtons deutlich an die kompakten ATC SCM19 erinnert. Mit den Landsleuten der Audio Note höre ich auch und vor allem deshalb so gerne, weil sie eine im Preisbereich bis 5.000 Euro exemplarisch offene, ungeschönte und natürliche Stimmwiedergabe besitzen. Die Audio Note AN-K/SPe ziehen hier locker gleich, phrasieren die Stimme von Dominique Fils-Aimé in „Birds“ mit der ihr eigenen, zum Glück nicht überglätteten Textur und lassen die Obertöne des Pianospiels im „Pyramid Song“ von Radiohead ebenso präsent schwingen.
In Porcupine Trees‘ „The Sound of Muzak“ können die Audio Note sich aber zwei deutliche Vorteile in den Mitten herausspielen: Die Snare Drum wirkt noch konzentrierter, fokussierter auf den Punkt gebracht als mit den ATC (und das will was heißen!), und der Eindruck von Lebendigkeit und Luftigkeit der akustischen Gitarren gelingt den AN-K/SPe noch flirrender. Okay, vielleicht schaffen sie dies nicht ganz so blitzartig-quirlig-brillant und auch nicht ganz so kantenscharf umrissen wie die diesbezüglich grandiosen Ausnahmetalente Grandinote Mach 2R (ab 6.600 Euro), doch eine so ansatzlose und präzise in den Raum projizierte Impuls- und Transientenwiedergabe muss man selbst in dieser gehobenen Klasse der AN-K/SPe erst mal finden.
Zudem wirken die Audio Note AN-K/SPe noch einen Hauch luftiger als die Italienerinnen. Das mag an der ausgezeichneten Feindynamik liegen, mit der die AN-K/SPe selbst feinste Energienuancen im Schlagzeugblechspiel von Max Roach’s „Lonesome Lover“ (Album: It’s Time; auf Amazon anhören) herausarbeitet. Oder aber an dem Hauch kecker Frische, den der Tweeter ins Spiel bringt. Damit einher geht eine sehr gute Feinauflösung im Hochton – hier spielen die Audio Note AN-K/SPe mehr oder weniger klar über dem Niveau der ATC SCM19 und der Sehring M801 (1.999 Euro). Die extrem detailreich agierenden Starke Sound IC-H1 Elite (3.800 Euro) zeigen allen dreien dann auf, dass eben doch immer noch ein Quäntchen Mikroinformation mehr in den Bits, Bytes und Vinylrillen dieser Welt stecken kann als gedacht – was von den Amerikanerinnen aber nicht so homogen und organisch ins Gesamtbild eingebaut wird wie von den Audio Note AN-K/SPe.
Harmoniker in der Männergruppe?
Dass exzessive grobdynamische Wucht sicherlich nicht ganz oben im Pflichtenheft der Entwickler stand, erstaunt angesichts des Konstruktionsprinzips weniger. Das wollen die Audio Note AN-K/SPe einfach nicht. Und es fällt nicht mal besonders groß ins Ohr. Jedenfalls nach bereits wenigen Tracks nicht mehr, wenn man sich erst mal an die Homogenität, Geschlossenheit und, ich kann’s nicht anders sagen, bezaubernd ausgewogene Harmonie dieser Lautsprecher gewöhnt hat. Jedes Instrument, egal ob akustisch gespielt, elektrisch verstärkt oder elektronisch erzeugt, wirkt vollständig, in sich schlüssig und echt.
Dazu passt auch das instinktive Gespür der Audio Note AN-K/SPe für rhythmische Details und musikalischen Fluss – wenn der Drum-Halbgott Mike Portnoy in Transatlantics „Higher than the Morning“ (Album: The Absolute Universe: The Breath of Life) kleine Synkopen und fast unmerkliche Verschleppungen einbaut und der Rest der Prog-Supergroup diesen mit einer Präzision folgt, die nur absolute Profi-Veteranen draufhaben, dann kann ich mir ein zufriedenes Schmunzeln nicht verkneifen. Zum unaufdringlich-subtilen, zeitlich absolut auf den Punkt abgestimmten Genusscharakter der Audio Note AN-K/SPe passt auch, dass man mit ihnen formidabel leise hören kann – die Membranen kommen schon ab knapp unter Nachtgesprächslautstärke ordentlich aus dem Quark.
Raumschiff SPe
Ist der Verzicht auf die beiden untersten Oktaven am Ende doch der Königsweg? Klar, deren Abwesenheit kann in einer Mehrzahl der realen Hörräume dabei helfen, Probleme wie nerviges Dröhnen und damit einhergehend ein Überdecken von feinen Rauminformationen gar nicht erst entstehen zu lassen. Es mag eben daran liegen, dass die Audio Note AN-K/SPe zur vielleicht angenehmsten räumlichen Wiedergabe in der Lage sind, die ich in den letzten Jahren bei mir zu Hause hören konnte – mit Ausnahme wiederum der diesbezüglich wahrscheinlich kaum schlagbaren Grandinote Mach 2R. So scharf umrissen und voneinander getrennt wie die Italienerinnen projizieren die Audio Note einzelne Klangereignisse, Stimmen und Instrumente nicht auf die virtuelle Bühne.
Doch die schiere Ausdehnung selbiger nach links und rechts und oben und unten ist enorm und wirkt vor allem erstaunlich schwerelos und frei. Die Positionierung der gesamten Bühne findet im Gegensatz zu den offensiveren Grandinote eher auf und etwas hinter der Lautsprecherebene statt und involviert den Hörer nicht so aktiv.
Das vollständige Verschwinden der Lautsprecher als Schallquellen aus dem musikalischen Panorama gelingt den AN-K/SPe hingegen sogar noch besser als den Mach 2R. Im Zusammenspiel mit der fixen Impulswiedergabe und dem luftigen Gesamteindruck klingt’s unterm Strich schlichtweg sehr entspannt, locker und uneingeschränkt, ohne dass diese Charaktereigenschaften als Euphemismen zum Übertünchen von tonalen Fehlern oder anderen Unzulänglichkeiten herhalten müssten. Und jetzt 5 Euro ins Phraserlschwein: Die Technik und der Gedanke an Hifi treten hier ausnahmsweise mal wirklich in den Hintergrund – ich habe schon lang nicht mehr so viel Musik gehört.
Test: Audio Note AN-K/SPe | Kompaktlautsprecher