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Ganz ehrlich: Ich bin nicht so der Kabel-Typ. Natürlich ist mir klar, dass hochwertige Netz-, NF- und Lautsprecherkabel zur Basisausstattung einer ernstzunehmenden highfidelen Kette gehören – und ich habe diesbezüglich auch einiges in mein Setup investiert. Andererseits beobachte ich mich dabei, dass ich bei den regelmäßigen Upgrades meiner Anlage routinemäßig eher in Richtung neuer Komponenten oder Lautsprecher schiele. Wie auch immer, zuweilen dürfen auch neue Kabel ran: 2021 wechselte ich für die Lautsprecher vom Real Cable OFC 400 auf das StudioConnections Reference – und Anfang dieses Jahres habe ich meine gesamte NF-Verkabelung auf Verbinder von Boaacoustic umgestellt, beides habe ich nicht bereut.
Trotzdem gehöre ich nicht zu den Redakteuren, die sofort „Hier!“ rufen und mit den Fingern schnipsen, wenn die fairaudio-Herausgeber einen Kabeltest zu vergeben haben. Ein bisschen half der Zufall nach: Weil ein anderer Testkandidat noch auf sich warten ließ, hatte ich etwas freie Zeit zu überbrücken – und daher ergab sich die Gelegenheit, das Lautsprecherkabel der CU-Line (Preis: 1.300 Euro, 2×3 m) vom deutschen Hersteller Analog Tools (Web: https://analog-tools.de/) außer der Reihe auszuprobieren.
Lautsprecherkabel Analog Tools CU-Line – Aufbau und Konezept
Zugegebenermaßen war mein erster Eindruck so lala. Das Kabel kam in einem ausgesprochen schmucklosen Karton daher, wirkte (bei guter Verarbeitung) äußerlich unscheinbar, noch dazu etwas störrisch, da weniger flexibel als meine butterweich sich biegen lassenden StudioConnections-Verbinder (1.450 Euro, 2×3 m). Naja, ich schloss die Kabel ohne allzu überzogene Erwartung an – und staunte. Was sich in meiner Kette klanglich tat, war mehr als überraschend. Was war da los? Ich rief Christian Schmauder, Chef und Gründer von Analog Tools an, um mehr zu erfahren.
Auch das Telefonat verlief deutlich anders als erwartet. Eigentlich wollte ich nur die üblichen Basisdaten abfragen: Was war das Entwicklungsziel hinter der Analog Tools CU-Line, welche Materialien kommen für Leiter, Dielektrikum und Mantel zum Einsatz? Was folgte, war ein anderthalbstündiger High-Tech-Vortrag, in dem eines schnell klar wurde: Schmauder ist (im besten Sinne) ein absoluter Nerd, der nichts, aber auch gar nichts dem Zufall überlässt.
Während ich bisher immer dachte, dass das Leitermaterial der klangrelevanteste Parameter sei, legt mir Schmauder dar, dass für ihn die Mechanik des Kabels von zentraler Bedeutung ist. Verkürzt gesagt, könnte ein Silberkabel deutlich schlechter als ein Kupferkabel klingen, wenn die Mechanik nicht stimmt. Das ist natürlich eine sportliche Ansage, doch Schmauder befasst sich immerhin seit mehr als 15 Jahren mit der Materie. Nicht nur das: Über seinen Kompagnon Lorenz Martensen, der jahrzehntelang Kabel und Technik für den AeroSpace-Bereich entwickelt hat, hat er Zugriff auf erlesenes Messequipment, mit dem beispielsweise Phasenverschiebungen in elektrischen Leitern bis auf die fünfte Nachkommastelle genau gemessen werden können.
Schmauders Erfahrung – und damit auch sein Credo: Der mechanische Aufbau des Kabels muss vor allem so beschaffen sein, dass Relativbewegungen der einzelnen Leiter gegeneinander unterbunden werden. Denn nicht nur Luft- und Trittschall, sondern jedes durch das Kabel hindurchgehende Signal regen die Leiter zu ebenjenen Mikrobewegungen an, die dem Energieerhaltungssatz zufolge in Wärme umgesetzt werden und dem Signal damit zwangsläufig Energie entziehen. Ein unesoterischer und nachvollziehbarer Ansatz, wie ich meinen will. Nur leider mag Schmauder nicht verraten, wie beziehungsweise mit welchen (fein-)mechanischen Mitteln er das in der Praxis verhindert, aber klar: Er möchte natürlich nicht, dass andere Hersteller bei ihm (Achtung, Wortspiel) abkupfern.
Womit wir beim Leitermaterial wären. Beim Analog-Tools-CU-Line-Lautsprecherkabel kommt amorphes Kupfer (also Kupfer mit ungeordneter, nicht kristalliner atomarer Struktur) zum Einsatz, das bei einem deutschen Hersteller zu Solid-Core-Leitern mit einer Querschnittsfläche von drei Quadratmillimetern gezogen wird. Ein Lack bildet das Dielektrikum, der Außenmantel ist ein klassisches Geflecht, die Übergänge zu den Verbindern (wahlweise Bananas oder Kabelschuhe von Furutech) erfolgen via Schrumpfschlauch. Zusätzlich gibt’s auf der Außenhülle noch eine Laufrichtungsanzeige, damit die Kabel „richtigherum“ angeschlossen werden. Tja – und das war’s auch schon mit den „technischen“ Daten, denn über die weiteren konstruktiven Details gibt Christian Schmauder nicht so gerne Auskunft. Muss er auch nicht, denn die Kabel sprechen für sich, und zwar in einer deutlichen Sprache.
Analog Tools CU-Line: Hörtest und Vergleiche
Tonal gesehen zeigt sich das CU-Line-Lautsprecherkabel fast über den gesamten Frequenzbereich studiomäßig neutral, wenn man einmal davon absieht, dass der Bassbereich ein Jota schmaler ausfällt, dabei aber zu keiner Zeit dünn oder mager klingt. Mein etwas teurerer StudioConnections-Verbindern klingt da ein Stückchen saftiger.
Wesentlich interessanter wird es in anderen Disziplinen. Wobei es mir schwerfällt, hier einfach die klassischen Testkriterien Auflösung und Dynamik einzeln herunterzubeten, denn das, was die Analog-Tools-Kabel in meiner Kette anstellen, ist gewissermaßen ressortübergreifend, weswegen ich hier nicht den Versuch einer tiefen Analyse starte, sondern einfach schildere, was ich erlebe: Klänge werden mit dem Analog-Tools-Verbinder ungemein plastisch und buchstäblich griffig dargeboten. Nehmen wir Radioheads „All I need“ (Album: In Rainbows). Hier ertönen nach dem ersten Refrain halbrechts im Panorama hohe Metallophon-Klänge. Über mein StudioConnections-Kabel klingen sie rein und sauber und „schön“ – über das Analog-Tools-Kabel ebenso klar und sauber, aber ich bekomme zusätzlich noch eine „runde“ Kontur vermittelt. So, als könnte ich die Klänge wie eine reife Kirsche vom Baum pflücken. Das ist aber noch nicht alles: Tatsächlich ist mir erstmals über die Analog-Tools-Kabel deutlich aufgefallen, dass Thom Yorke neben der Schlagzeugspur auch noch ein ganz, ganz leises „Mundschlagzeug“ („Tschicketschicke“) lautmalerisch hinzufügt. Gut, beim Zurückkabeln auf meine Standardverbinder höre ich das nun auch, aber es ist mir dort noch nie so ins Ohr gesprungen.
Einen hörbaren Schritt nach vorne macht auch die Bühnenabbildung, denn sie fächert sich weiter nach unten und nach oben auf als ich das von meinen bisherigen Kabeln so kenne. Ein bisschen so, als ob man von einem Breitband-Western auf klassisches Kinoformat umschaltet und dabei nach oben wie nach unten ein paar Zentimeter Bild „gewinnt“. Und nicht nur einzelne Klangereignisse zeigt der Analog-Tools-Verbindern geradezu reißbrettartig auf, sondern auch das Gesamtbild einer Aufnahme. Es gibt da diese wunderbare Jazzplatte Thelonius in action von Thelonius Monk. Beim Stück „Light Blue“ kann man richtig was erleben. So klingt es zu Beginn wie eine klassische A-B-Mikrofonaufnahme in einem Jazzclub. Der Saxofonist manifestiert sich halblinks, der Bassist etwas rechts von der Mitte – und das Klavier eher halbrechts. Wie das bei solchen historischen Aufnahmen schon mal ist, ist das Stereo-Panorama nicht ganz sauber aufgefächert, es gibt fast eine kleine Lücke in der Mitte. Doch offenbar haben die Tonmeister vor der Aufnahme beim Klavier doch noch ein paar Extra-Mikrofone über den Saiten angebracht, die jedoch erst beim Klaviersolo ins Spiel kommen (und danach wieder zurückgeregelt werden): Während des Solos fächert sich das Klavier nämlich plötzlich von links nach rechts auf – und danach ist es wieder nur halbrechts zu hören. Die Analog-Tools-Kabels geben diese Verschiebungen minuziös wieder – wie stark dieser Effekt ist, hat mich wirklich erstaunt.
Zu guter Letzt wäre da noch das Timing. Die Kabel sind pfeilschnell, was immens auf das Rhythmusgefühl einzahlt. So gibt es bei Dire Straits‘ Song „Water of Love“ ein dichtes Geflecht unterschiedlicher Rhythmen: Hier trifft ein punktierter Woodblock-Sound auf ein Schlagzeug, wo klappernde Tomsounds ebenso zu hören sind wie Schläge auf die Kesselkanten – und dann spielen auch noch zwei Gitarren unterschiedliche Phrasierungen. Wie fein und dicht dieser Rhythmusteppich gewoben ist, kommt über die Analog-Tools-Kabel so gut und überzeugend rüber, dass man fast schon aufstehen und eine Runde tanzen will.
Nimmt man das alles zusammen, dann muss man die Preisgestaltung des CU-Line-Lautsprecherkabels von Analog Tools als günstig bezeichnen. Christian Schmauder betont, dass er bei dieser Kabel-Linie von der weiter oben angesiedelten Performance-Serie die wichtigsten Zutaten übernommen hat: Verzicht auf langkristallines Leitermaterial, komplette Handarbeit bei der Herstellung und Konfektionierung sowie aufwendige mechanische „Ruhigstellung“ der Gesamtkonstruktion. Der Rotstift wurde, so Schmauder, vor allem beim Look, der Ummantelung und der Verpackung angesetzt, denn am Ende zählen die inneren Werte. Das klingt wie ein oft gehörtes, billiges Werbeversprechen, ich muss aber zugeben, dass der Klangunterschied beim Einsatz dieser Kabel fast schon in Richtung „Komponentenstatus“ geht. Wenn Sie beispielsweise in der Klasse um 1.000 – 1.500 Euro vom einen CD-Spieler/DAC auf den anderen wechseln, hören Sie möglicherweise weniger Unterschiede als beim Austausch Ihrer Strippe auf diesen Analog-Tools-Verbinder. Nicht übel.
Testfazit: Analog Tools CU-Line Lautsprecherkabel
Ich sagte eingangs, dass ich kein „Kabeltyp“ bin, die Erfahrung mit dem CU-Line-Lautsprecherkabel von Analog Tools hat mich aber ein wenig nachdenklich gemacht, denn obwohl es sogar etwas weniger kostet als mein „Arbeitskabel“, erscheinet es mir in fast allen klanglichen Disziplinen überlegen.
Gut, am Ende kommt es immer noch auf den persönlichen Geschmack an: Wenn Sie auf gefälligen Sound zum „Versinken“ stehen, am besten noch mit einem euphonisch-runden und warmen Bassbereich, dann sind Sie hier nicht richtig. Wenn Sie hingegen Klarheit, Präzision, immenses Rhythmusgefühl und Plastizität suchen, verbunden mit einer tonstudiohaften Neutralität (bei leicht schlankem Bassbereich), wäre es fast schon sträflich, das Analog-Tools-Kabel nicht einmal auszuprobieren. Mein ganz persönliches Fazit zeigt sich vielleicht am besten daran: Die Kabel bleiben hier.
Preise Lautsprecherkabel Analog Tools CU-Line:
- 2 x 2 Meter: 1.200 Euro
- 2 x 3 Meter: 1.300 Euro
- 2 x 4 Meter: 1.400 Euro
Hersteller & Vertrieb:
Analog Tools
Am Feldhof 7 | 40629 Düsseldorf
Telefon: +49 (0) 211-15811053
E-Mail: kontakt@analog-tools.de
Web: https://analog-tools.de/
Test: Analog Tools CU-Line | Lautsprecherkabel