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Eine kleine Ernüchterung erlebe ich, als Stimmen ins Spiel kommen. Hier übt die Kombi eine leichte Zurückhaltung. Irgendwie habe ich den Eindruck, Prepino und Ampino im Gespann folgen Stimmen nicht so elegant wie Instrumenten, lassen Gesang zarter und etwas verhaltener klingen als ich es gewohnt bin. Das fällt mir besonders im Vergleich zum Exposure auf. Der klingt eine Nuance weniger differenziert, räumt dafür Stimmen aber eine stärkere Präsenz ein. Meine geschätzten Damen wie Eva Cassidy oder Stacey Kent, aber auch Amy Whinehouse und Lucinda Williams höre ich lieber über den Exposure als über die Abacus.
Nein, das ist jetzt nicht sooo dramatisch. Aber sagen wir mal: Wenn Sie ausgewiesener Fan der Art sind, wie etwa das Gros der Single-Ended-300-B-Röhrenverstärker Stimmen wiedergibt, werden Sie mit der Kombination Prepino/Ampino mit ziemlicher Sicherheit nicht zu 100 Prozent glücklich werden. Allerdings behaupte ich, dass a) Sie für rund 1.000 Euro bestimmt keinen Verstärker mit einer 300B-Röhre in der Ausgangsstufe finden werden, den man überhaupt unter irgendeinem Aspekt mit der kleinen Abacus-Kombi vergleichen kann und b) zwischen Transistorverstärkern mit einer weitreichenden Gegenkopplung wie dem Abacus-Duo und einem gegenkopplungsminimalen Röhrenverstärker einfach ein klanglicher Unterschied bestehen muss.
Wenn es rein um Instrumente geht, würde ich auf jeden Fall zu Abacus tendieren, auch wenn der schnelle Exposure insgesamt noch eine Spur dynamischer agiert als die Prepino/Ampino-Kombi. Die bringt dafür aber ein höheres Differenzierungsvermögen in Spiel und baut das Klanggeschehen insgesamt etwas plastischer auf. Einzelne Schallereignisse, etwa ein Klavieranschlag, stellt die Abacus-Kombi mit vielen Details dar, ohne ins Artifizielle zu rutschen. Der musikalische Zusammenhalt bleibt gewahrt, die Abacusse bedienen den Kopf genauso wie den Bauch.
Das trifft auch auf Klassik zu. Wobei ich hier durchaus Stücke schätze, die sich mehr über den Kopf vermitteln. Prokofievs Piano Sonate Nr. 3 in der Interpretation der jungen französischen Pianistin Lise de la Salle, lebt von den klaren Akzenten und Kontrasten. Und hier kommt die Abacus-Kombi bestens zurecht. Aber auch im großorchestralen Gewimmel, etwa den Preludes von Liszt in einer Einspielung des London Philharmonic Orchestra unter Solti bewahren die silbernen Kästchen den Überblick. Das ist eine Leistung. Allerdings: Dramatische Effekte zu untermalen oder besonders zu inszenieren ist nicht die Sache der beiden Silberlinge. Dazu sind die Abacusse dann doch zu sehr der Neutralität verpflichtet.
Im Hochtonbereich bestechen Prepino und Ampino ebenfalls eher durch Kontrolle und Differenzierungsvermögen als durch Energie. Nein, die beiden klingen nicht muffig oder so – sie bewahren einfach genau das rechte Maß und gehen dabei feinfühlig zu Werke. Sie „verzischen“ nichts, so dass auch kritische Aufnahmen, wie das gern von mir herangezogene Album Modern Cool von Patricia Barber, komplett im grünen Bereich bleibt. Passt.
Auch bei der räumlichen Darstellung gibt sich die Abacus-Kombi den klaren Konturen verpflichtet. Dabei fällt auf, dass die Bühne nicht übermäßig breit wird, wenngleich sie sich keinesfalls nur auf den Bereich zwischen den Lautsprechern beschränkt. Im Vergleich zu anderen Komponenten behalten die Abacusse aber Maß. Vielleicht hängt es auch einfach mit der überdurchschnittlichen Abbildungsschärfe zusammen, die die Komponenten in dieser Disziplin bieten. Räumlich franst nichts aus, jede Schallquelle hat einen klaren Umriss und eine feste Position im Raum. Das Ganze geht mit einer erstaunlichen Tiefe einher.
Wenn ich die Räumlichkeit mit meinem Exposure vergleiche, habe ich den Eindruck, dass die Abacus-Kombi zugunsten der Tiefe auf Breite verzichtet. Kurz: die räumliche Abbildung ist vielleicht etwas kleiner als gewohnt, dafür aber knackscharf und punktet mit einem hohen Maß an Tiefenschärfe. Einzig bei Stimmen bin ich etwas unsicher. Die stehen – über Prepino und Ampino wiedergegeben – ein wenig weiter hinten. Eva Cassidy, Live at Blues Alley, scheint, etwa bei dem ersten Stück „Cheek to Cheek“, fast schon hinter dem Klavier zu stehen.
Schuldig bin ich Ihnen noch den Kopfhörerausgang. Zum Vergleich in Sachen Kopfhörerverstärkung stehen der Lehman Rhinelander sowie der Kopfhörerausgang des Antelope Zodiac+, der einen dedizierten Kopfhörerverstärker besitzt, zur Verfügung; als Kopfhörer mein bewährter Beyerdynamic DT 770 Pro. Und ohne in die Einzelheiten zu gehen: Der Prepino schlägt sich ausgesprochen wacker. Ohne Zweifel geht er im Vergleichsfeld am dynamischsten zu Werke, wohingegen der Antelope etwas feiner tönt und sich mehr um Details und Klangfarben kümmert, während der Lehmann sich vor allem im Bass profiliert. Unterm Strich spielt der Prepino hier aber auf Augenhöhe mit den anderen Geräten. Kompliment!
Test: Abacus Prepino 13 RC und Ampino 13 | Vollverstärker, Vor-End-Kombi