WHY? – Moh Lhean
Die Musik von Yoni Wolf und seiner Band WHY? ist schwer zu beschreiben. Der Frontman und Multiinstrumentalist aus den USA schwankt in seinen Kompositionen zwischen Folk, Hip-Hop und Indie. Dieser Mix klingt bei ihm aber so selbstverständlich, dass man die Vereinigung der unterschiedlichen Genres nie infrage stellt. Es ist im Gegenteil sogar wirklich erfrischend, WHY?s Musik zu hören, denn man kann Einflüsse aus aller Welt darin finden.
Auch mit den zehn Songs auf dem neuen Album Moh Lhean zeigt Wolf wieder einmal die komplexe Mischung seiner musikalischen Inspirationen und Gedanken in den Songtexten. Es ist das inzwischen fünfte Studioalbum von WHY?, das nach fünf Jahren Pause und Solo-Arbeit des Frontmanns veröffentlicht wurde. Markant auf Moh Lhean ist die Perkussion und Schlagzeugarbeit. Man merkt es der Musik an, dass Wolf ein besonderes Auge auf die Rhythmusgruppe legt. Schon seit jungen Jahren spielt er selbst Schlagzeug. Da ist ein Interesse für internationale Perkussion-Traditionen naheliegend. Im zweiten Song „Proactive Evolution“ klingen die Trommeln und Klacker-Geräusche nach einem Tabla-Paar, den nordindischen Kesseltrommeln. Das gibt dem Song einen ganz speziellen, treibenden Charakter. Auch Wolfs vokaler Beitrag passt sich den Trommeln an. Nachdem die Strophe mit langgezogenen und melodiösen Worten beginnt, rappt der 38-Jährige den zweiten, trommelunterlegten Teil der Strophe.
Das anschließende Lied „Easy“ ist eine Art Liebeslied, in dem Wolf sich mit Gesang und dem dominanten Klaviermotiv an seine innere Gelassenheit erinnert. „Cause I got you … I put you in a mantra, meditate”, sind seine Worte im Chorus. Die bildhafte Sprache stellt lebhaft Wolfs Gefühlswelt dar. So vergleicht er sein Inneres mit der Melancholie von Zirkuselefanten oder der Heimatlosigkeit eines Soldaten an der Front. Durch solche Lieder, in denen Wolf sich mit sich selbst auseinandersetzt, ist Moh Lhean emotionaler als seine Vorgänger geworden. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Band das Album in Wolfs Zuhause aufgenommen hat. Zusammen mit seinem Bruder Josiah war er auch maßgeblich an der Produktion beteiligt. Bei so viel Familie und Schutz des eigenen Heims fiel es ihm bestimmt leichter, sich zu öffnen – die Hörer werden es ihm danken.
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Monobody – Audiotree Live
Es wird jazzig – die instrumentale Band Monobody aus Chicago hat eine Live-Session in den Studios von Audiotree veröffentlicht. Die amerikanischen Instrumentalisten mit zwei Bassisten bewegen sich mit ihrer Musik aber nicht nur im Jazz – durch die vielen Tempi und Rock-Riffs kann man sie auch dem Math-Rock zuordnen. In ihren Songs fliegen sie nur so über die verschiedene Harmonien. Die Musik zeichnet sich durch den ständigen Wechsel der Stimmungen aus. Damit einhergehend lassen die häufigen Tempo-Veränderungen kaum Zeit, sich als Hörer an die vielen Abschnitte eines Liedes zu gewöhnen. Die unterschiedlichen Seiten einer Komposition von Monobody machen aber gerade den Reiz der Band aus – jedes Lied ist eine Wundertüte an Riffs, Time-Changes und Harmonien.
Zu dem Release der EP, welche über das eigene Bandcamp-Konto digital verkauft wird, bekommen die Unterstützer und Fans ein Video von der Aufnahme des zweiten Songs „Exformation“ präsentiert. Darin kann man das Zusammenspiel der Band beobachten. Die führenden Instrumente wechseln sich stets ab – das bedarf des ständigen Blickkontakts zwischen den Instrumentalisten. Deshalb stehen die fünf Mitglieder von Monobody im Video auch im Kreis aufgestellt und musizieren. Das Anfangsmotiv, welches als Chorus gedacht sein könnte, bleibt besonders im Ohr – die getappte Gitarre übernimmt darin die Führung und füllt die Pausen mit schnellen und geslideten, hohen Tönen.
Besonders schön zu sehen ist, dass vor allem der Bassist Spaß an der Aufnahme hat. Die Stimmung ist locker, trotz der komplexen Songstrukturen und der konzentrierten Musiker. Das macht sich auch in den Aufnahmen bemerkbar. Wie auf einer Pat-Metheny-Platte wirkt die Musik luftig-leicht – Monobody zeigen, dass Jazz und komplexe Musik im Math-Rock-Bereich nicht immer angestrengt klingen müssen. Diese Lockerheit überzeugt!
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Tera Melos – Trash Generator
Das inzwischen fünfte Studioalbum der Rocker von Tera Melos aus Kalifornien, USA, beginnt dunkel. Ein monotones Bassriff begleitet den Sprechgesang des Gitarristen Nick Reinhart auf dem Song „System Preferences“. Die Band begann 2004 damit, das Genre Math-Rock maßgebend zu formen. Oft wird ihr Stil mit Genre-Berühmtheiten wie Don Caballero oder Hella verglichen. Doch unterscheiden sie sich besonders in den Gesangsparts von den Kollegen. Seit 2007 gehören Reinharts vokale Einwürfe zur Musik dazu. Sie lockern den sonst harten Sound von verzerrten Gitarren, ruckartigen Rhythmuswechseln und düsteren Bassmotiven auf.
Von den zwölf neuen Songs auf Trash Generator sticht besonders die Single „Don’t Say I know“ hervor. Die ansonsten oft getappte Gitarre wird im Refrain richtig rockig und mit Akkorden angeschlagen. Das lädt den Song mit Energie auf. Auch das Schlagzeug geht mit scheppernden Crash-Becken auf die Betonungen ein. Der Gesang ist eingängig und melodiöser als in den anderen Songs. Er bleibt im Ohr – und Reinhart geht sogar mit einem Falsett in hohe Tonlagen.
Das folgende Lied „A Universal Gonk“ beginnt elektronisch. Das minimalistische Intro erinnert ein bisschen an das Piepen und synthetische Gurgeln von R2D2 aus den Star-Wars-Filmen. Die Gitarre passt sich mit Effekten den Computer-Sounds an. Erst wenn das Lied wirklich beginnt, klingt sie wieder naturbelassen – und so auch der Gesang.
Das sechs Minuten lange Stück ändert nach vier Minuten erneut die Stimmung. Saxophonklänge setzen ein – bei dem experimentellen Musikertrio liegt es aber nahe, dass es sich hier um einen Gitarreneffekt handelt. Die jazzigen Töne erscheinen wie eine Hommage an die goldenen 1920er Jahre. Nur von leichten Akzentuierungen auf dem Schlagzeug begleitet, führt das Instrument den Song im Alleingang weiter, bevor der letzte Chorus brutal und wuchtig mit verzerrter Gitarre, Bass und Gesang dazwischengeht. Der kleine Ausreißer in diese andere Welt tut dem Album gut. Für die Konzentration der Hörer braucht es eine Auszeit vom Brettern und Treiben der Instrumente. Vielleicht wurde der Titel des Stücks deshalb gewählt, weil es sich so sehr von den anderen Songs unterscheidet: Ein Gonk war das kleine Wuschel-Plüschtier in den 1960er Jahren, das aussah, als käme es von einem anderen Stern.
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