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Tarta Relena – Fiat Lux

Der erste Song „El suïcidi i el cant“ auf Tarta Relenas Debütalbum Fiat Lux klingt wie eine Beschwörung. Helena Ros und Marta Torrella singen stets zusammen, doch ihre Stimmen wechseln zwischen Kadenzen und Unisono, was eine gewisse Dynamik entstehen lässt. Dass es sich beim Text nicht um ihren eigenen, sondern um eine katalanische Adaption eines Gedichts afghanischer Paschtunen-Frauen handelt, ist für das Duo nichts Ungewöhnliches.

Tarta Relena Fiat Lux

Ihre folkartige, experimentelle Musik ist geprägt von fremden Kulturen: Die beiden Musikerinnen vereinen moderne Musik mit traditionellen Liedern; sie singen auf Griechisch, Englisch und manchmal sogar Latein und zitieren Poesie aus vergangenen Welten. Bei „El suïcidi i el cant“ kommt die Moderne nach der ersten Minute zum Vorschein. Nach dem minimalistischen, Stimmen-fokussierten Anfang mit rhythmischen Trommeln, schleichen sich vermehrt elektronische Interventionen ein. Da kommt plötzlich ein piepsender Ton-Hagel aus den Lautsprechern oder ein aufbrummender Bass unterlegt den harmonischen Gesang.

Auch das Lied „Stabat Mater“ beginnt zunächst traditionell. Das Duo singt das bekannte lateinische Gedicht aus dem Mittelalter, was anfangs an Kirchengesang erinnert, so klar und Kanon-artig tragen die beiden Musikerinnen es vor. Doch der Gesang wird angereichert durch Effekte, wie ein elektrisiertes Einatmen oder ein Aufwühlen von Bässen im Hintergrund. Ungefähr in der Mitte des Songs kommt es zu einem fulminanten Höhepunkt, der mit einem Gong-Schlag eingeläutet wird und ab dem das Stück quasi bebt. Metallische Schläge und elektronische Effekte durchbrechen den Gesang, der immer lauter wird. In der letzten Minute strukturiert dann ein pochender Bass das Stück, bevor Tarta Relena es in elektronischen Wellen auslaufen lassen. Dass man sich fortlaufend in eine mittelalterliche Zeit versetzt und gleichzeitig in die musikalische Moderne katapultiert fühlt, macht Fiat Lux zu einem sehr außergewöhnlichen Album – und zu einer einzigartigen Hörerfahrung.

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Porter Robinson – Nurture

Porter Robinson Nurture

Sieben Jahre nach seinem Debütalbum brachte der US-amerikanische DJ und Produzent Porter Robinson letztes Jahr seine neue Platte Nurture heraus. Das einstündige Hörvergnügen zwischen knallbuntem Pop und Ambient-Sounds überzeugt besonders mit einem Song, der ruhige Töne anspielt.

Los geht es aber mit dem schillernden Intro „Lifelike“, in dem Robinson ein kitschiges Klavier über eine Soundwolke anspielt. Dazu gesellt sich ein Streichinstrument in Folklore-Manier und weitere Synthesizer. Das Stück baut sich immer weiter auf und erinnert in seiner positiven Ausstrahlung an das Happy End eines Disney-Films. Auch der darauffolgende Song „Look at the Sky“ ist mit seinem Synthie-Riff sehr catchy – ein Pop-Song, der einfach gute Laune macht. Robinson, der mit 18 Jahren einen Label-Deal von Skrillex bekam, zelebriert hier das Leben und blendet alles Negative aus. Deshalb könnte man die meisten Stücke auf dem Album als etwas belanglos abtun.

Doch „Wind Tempos“ stimmt nachdenklicher. Die gut sechs Minuten des Songs werden zum größten Teil mit einem Ambient-Loop aus schnellen Klaviertönen bestritten. Doch auch hier kommen Streicher zum Einsatz und das treibende Klaviermotiv wird immer wieder durch elektronisches Geräusch unterbrochen. Der Titel „Wind Tempos“ könnte passender nicht sein – man spürt beim Hören förmlich die Geschwindigkeit des Winds. Sei es durch ein Staccato-artiges Rauschen, das durch die Lautsprecher jagt, oder durch die „elektronischen Pausen“, die in sich rhythmisch sind.

In der dritten Minute kommt es zu einem Break und ein Solo-Klavier beginnt eine simple Melodie. Es ist die Einführung in den berührenden Gesangs-Part, in dem Robinsons Stimme mit derart vielen Effekten belegt ist, dass man sich nicht ganz sicher sein kann, ob er das überhaupt singt. Robinson kreiert hier einen intimen Moment, der im Gegensatz zu anderen Songs auf dem Album Eindruck hinterlässt, ohne kitschig zu sein. Das treibende Klavierspiel lebt zum Schluss kurz wieder auf und beendet das Stück. Allein für diesen Song lohnt es sich, in das Album reinzuhören.

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Loraine James – Wrong Name EP

Loraine James Wrong Name EP

Bis in den Januar 2022 konnte man auf Loraine James‘ Bandcamp Seite die Wrong Name EP anhören. Dass die Musikerin die Veröffentlichung wieder löschen würde, war angekündigt. Doch ganz verschwinden kann Musik, die im Internet veröffentlicht wurde, heutzutage nicht. Wer sucht, findet die sieben neuen Tracks der Londoner DJane und Produzentin am schnellsten auf YouTube.

James Musik, besonders ihr letztes Album Reflection, ist geprägt von experimentellen Sounds, undefinierbaren Rhythmen und einem progressiven Geist. Die Wrong Name EP macht da keine Ausnahme. Da ihr Name schon so oft falsch geschrieben wurde, benannte die Musikerin die Tracks kurzerhand nach den fehlerhaften Versionen.

„LorIAne James“, der erste Song der EP, wirkt mit seinen aufwabernden Synthie-Sounds und kratzenden Effekten wie eine Skizze. Nichts wird konkret, alles bleibt angedeutet, bisweilen pocht ein 808-Bass in unregelmäßigen Abständen und durchbricht den Flow aus Stimme und Synthie-Wolke. Die sanfte Stimme, die zwischen Sprechen und Singen wechselt, kann nicht wirklich dingfest gemacht werden. Lediglich ein raschelnder Rhythmus, der nach der Hälfte des Tracks für ein paar Zählzeiten einsetzt, gibt hier kurz Kontur.

Rhythmischer wird es dann beim nächsten Song „Loraine JONes“. Hier knattert und pocht es gewaltig. Die Rhythmus-Elemente sind so dominant, dass man die Synthie-Sounds bei diesem Electro-Stück fast vergisst. Auch auf „LAraine James“ geht es rhythmisch zu, was den Track trotz experimenteller Struktur tanzbar macht. Das Stück ist geprägt von einem schillernden Synthie-Arpeggio, das sich im Verlauf dem Beat unterordnet. Bei diesem aufwühlenden Schlagwerk wird deutlich, wie sehr die Musikerin vom Math-Rock geprägt wurde. Sie schafft es, solche Einflüsse in die elektronische Musik einfließen zu lassen und das Genre damit zu erweitern. Und dank ihrer beeindruckenden Veröffentlichungen kann man sich recht sicher sein, dass ihr Name bald nicht mehr falsch geschrieben wird.

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