Squitch – Tumbledown Mountain
Die Band Squitch ist in Boston besonders für ihre regelmäßigen Live-Auftritte bekannt. Mit Tumbledown Mountain bringen sie ihr viertes Album heraus, dessen Sound genau wie ein solches Live-Konzert klingt. Hier geht es punkig und post-rockig zu, doch auch an Pop-Melodien und Grunge-Sounds mangelt es nicht.
„Runs Deeper“ beginnt zum Beispiel mit einem rollenden Grunge-Riff mit viel Fuzz-Verzerrung in den Gitarren. In der Strophe danach erkennt man aber die kleinen Details, die den Math-Rock-Einfluss von Squitch ausmachen. Die Takte scheinen nicht ganz gerade zu sein und die Komposition ist ausgeklügelt und durchdacht. Das Technische überwiegt hier in der Musik – Bass, Gitarre und Schlagzeug harmonieren in einem präzisen Schlagaustausch von Tönen. Immer wieder baut sich die Strophe dann zu dem melodiösen Anfangsriff auf, das nun zum Chorus gehört und in dem die Sängerin „Runs Deeper“ singt. Das Stück endet instrumental, Gitarre, Bass und die Drums lassen es noch einmal krachen lassen.
Der nächste Song „Omen“ ist mit seiner Akustik-Gitarre im besonderen Tuning und dem sanften Solo-Gesang eine angenehme Abwechslung zu den fuzzigen Tönen. Fast eine Minute bleibt es bei der ruhigen Zweisamkeit, bis die komplette Band einsetzt und die Atmosphäre mit ihrem akzentuierten Spiel prägt.
„Stark“, ein 1:39 Minuten kurzes Intermezzo, kombiniert die Dynamiken der beiden Songs zuvor. Es beginnt ruhig und wechselt dann in einen turbulenten Part, in dem das Schlagzeug den Sound blechern anschiebt und die Gitarren in hohen Tönen heulen. Das Lied kann man sich besonders gut live auf der Bühne vorstellen – hier wird Spannung erzeugt und sobald man sich auf den Ritt einlässt, ist er auch schon vorbei und der nächste folgt sogleich.
Um in die Musik der Band reinzukommen, lohnt es sich, mit der Single-Auskopplung „Litte Apartment“ zu starten – hier stimmt einfach alles: Die vielschichtigen Gitarrendetails, der melodiöse Gesang, die schwungvolle Strophe und die besondere Atmosphäre!
Lael Neale – Star Eaters Delight
Die US-amerikanische Indie-Folk-Musikerin Lael Neale hat mit ihrem neuen Album Star Eaters Delight so einige besondere Ohrwürmer veröffentlicht. Für das Album hat Neale das Omnichord, ein elektronisches Musikinstrument, das sowohl eine Beatmachine ist als auch Orgelklänge ausspuckt, wiederentdeckt. Es spielt beim Sound des Albums eine große Rolle.
Neben folkigen Nummern wie „If I Had No Wings“, in denen die Stimme nur von den Orgelsounds des Omnichords begleitet wird und ohne Beat auskommt, gibt es immer wieder poppige und beschwingte Nummern, die das Album zu einem interessanten Mix machen. Dabei sticht die Schönheit von Neale’s Gesang heraus, der oft melodiös und zerbrechlich in die Höhen geht, teils säuselt und der Musik etwas Zeitloses verleiht.
In „Faster Than The Medicine“, einer Up-Tempo-Nummer, die mit mystischen Klängen beginnt und schnell in ein Gitarren-Riff übergeht, kann man die Gesangsmelodien der Musikerin kaum antizipieren. Neale schafft es hier, interessante Motive über ein eher standardisiertes Riff zu singen, die sowohl klassisch als auch innovativ klingen.
Der brutalste Ohrwurm des Albums ist aber gleich der erste Track „I Am The River“, der wie „Faster Than The Medicine“ als Single veröffentlicht wurde. Hier bleibt Neales „Ba Badada Badada Da Dadap“ – so einfach und unverblümt es einem auch erst vorkommt – einfach im Ohr. Der Track ist simpel aufgebaut: Er startet mit einem einfachen Beat, worauf ein Orgelsound einsetzt. Dazu noch eine Indie-Gitarre – und die musikalische Begleitung für Neales Gesang ist perfekt. Sie singt „Remember dancing / Remember magic“ und man kann nicht anders, als in der Einfachheit ihrer Musik das Zauberhafte und Besondere zu spüren.
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Sweeping Promises – Good Living Is Coming For You
In der Pandemie sind so einige Platten entstanden – so auch Good Living Is Coming For You von dem Post-Punk-Duo Sweeping Promises. Den Titel kann man auch als Versprechen des Duos an sich selbst sehen – denn ihre Lebenssituation änderte sich während des Songwritings drastisch: Sie nahmen in Texas rund 50 Demos auf und verwarfen diese. Nach ihrem Umzug in den US-Bundesstaat Kansas fingen sie noch einmal von vorne an und experimentierten am besagten Album im Home-Studio, bis sie mit ihrer Auswahl zufrieden waren.
Die Rollen sind bei Sweeping Promises klar verteilt – Lira Mondal übernimmt mit bissiger Attitude das Bassspiel und den Gesang. Die Drums und das Gitarrenspiel kommen von ihrem Partner Caufield Schnug. Als Ergebnis bekommt man zeitlose und punkige Musik auf die Ohren, die nicht nur heute, sondern auch schon vor Jahrzehnten hätte aufgenommen werden können. Die DIY-Atmosphäre des Home-Studios lässt die Songs roh und unprätentiös klingen. Mit besonderer Ohrwurmqualität kommt die Single „You Shatter“, die mit einem dominanten Bassmotiv, schrammelnden Gitarren sowie einer melodischen Gesangsmelodie überzeugt. Das simple Gitarrensolo um die zweite Minute herum, als Schnug den Gitarrenhals hoch und runter slidet, mischt den Song weiter auf.
Obwohl das Album von einem durchweg zeitlosen Punk-Sound geprägt ist, wirkt der Opener „Eraser“ eher ungewöhnlich. Hier tritt zuerst Mondals A-Capella-Gesang auf den Plan, der fast engelsgleich wirkt und einen starken Kontrast zu den bald einsetzenden dröhnenden Gitarren bildet. „Eraser“ als Song ist ähnlich wie „You Shatter“ ein Hit, der mit Lo-Fi Sound und dynamischem Chorus daherkommt. Besonders schön ist das Ende, bei dem die Soundwand einstürzt und sich der Basslauf zusammen mit den Drums fortsetzt. Ein darauf abgestimmter Basslauf folgt im nächsten Song „Shadow Me“, den blecherne Drums und dekorative Gitarrenmotive begleiten. Schon bei den ersten zwei Songs wird deutlich, dass das Album einer Vision folgt – ein Durchhören der knapp 30 Minuten von vorne bis hinten sei daher nachdrücklich empfohlen!
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