Shabaka – Possession
Mit Possession führt der in London geborene Künstler Shabaka Hutchings, der unter Shabaka Musik veröffentlicht, seine experimentelle Reise durch klassische Musik und den Hip-Hop fort. Der Multi-Instrumentalist greift für seine neue EP auf Einflüsse seiner Wurzeln aus Barbados zurück, wo er die meiste Zeit seiner Kindheit verbrachte. So hört man auf Possession neben Spoken Word, Flöten und organisch klingenden Beats oft Einflüsse von Calypso, der Folk-Musik der karibischen Inseln. Besonders die Flöten-Soli und Einspieler stechen in den fünf Songs hervor. Shabaka spielt hier eine Reihe von Holzbläsern, wobei die bemerkenswerteste eine alte japanische Shakuhachi-Flöte aus Bambus ist, die einen luftigen und leichten Sound offenbart.
Auf dem ersten Song „Timepieces“ baut Shabaka einen Beat über Klavierakkorde und Flötensoli auf. Rapper Billy Woods macht den Song mit seinen Lyrics rund und sorgt für einen aufregenden Opener, der sowohl klassische Musik im Beat hat als auch Hip-Hop-typisches Sampling aufweist.
Ein Paradebeispiel für Shabakas Affinität für Flöten hört man auf „To The Moon“. Hier spielt er mit André 3000, dem ehemaligen Outkast-Mitglied, der zuletzt ein überraschendes Instrumental-Album voller Flötenklänge veröffentlichte. Der Song ist der meditativste, unterlegt mit sanften Synthie-Klängen und Holzbläsern, die fast wie Vogelstimmen hervortreten. In den knapp acht Minuten Songlänge hört man im Vordergrund verschiedene Flöten harmonieren, bis die Synthies im letzten Drittel des Songs leiser werden und mehr Raum für die Akzente der Atemtechnik lassen.
Auf dem nächsten Song „Cycles Of Growth“ lässt Shabaka die zeitgenössische Jazz-Vokalistin Esperanza Spalding ihren Moment haben. Sie singt über einen sich aus einer Flötenmelodie rekrutierenden Beat, dessen Rhythmus aus bassigen Trommel-Akzenten geformt wird. Spalding singt in langen Tönen über den Beat und baut ein interessantes Wechselspiel mit der Flötenspur auf. Mal geht sie in die Höhen, wird gefühlt selbst ein Instrument und lässt Raum für Holzbläser-Soli, mal brilliert sie mit ihrer Stimme im Vordergrund der Musik. Klare Empfehlung!
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Lambrini Girls – Who Let The Dogs Out
Die Lambrini Girls aus Brighton haben ihr Punk-Debüt mit Who Let The Dogs Out herausgebracht. Das Duo aus Vokalistin und Gitarristin Phoebe Lunny und Bassistin Lilly Macieira sind bekannt für ihre sozialpolitischen Texte, die vom Patriarchat, Körperidentität und Nepo-Babies handeln. Dass das mysteriöse und anonym-gehaltene dritte Bandmitglied an den Drums der Künstler und Aktivist Banksy sein sollte, lenkte vor Veröffentlichung des Albums fast von ihrer Musik und deren Messages ab. Weil der anonyme Drummer auf den aktuellen Pressebildern der Band aber wieder verschwunden ist, steht die Musik wieder im Vordergrund der Berichterstattung – zum Glück, denn das Album hat einiges zu bieten.
In „Company Culture“, einer Single-Veröffentlichung, kreieren die Gitarre und der Bass eine bedrohliche Stimmung mit ihrem sich durch den Song schlängelnden Riff. Phoebe Lunny präsentiert die Textzeilen in einem Mix aus schreiendem Sprechgesang und Spoken Word. Sie spricht von einer dystopischen Unternehmenskultur, in der Frauen als „dummes Blondes Ding“ abgestempelt werden und ihr Wert an ihrer „Fuckability“ gemessen wird.
Das energiegeladene „Big Dick Energy“ als nächste Nummer auf der Platte ist reich an ausschweifenden Gitarrenmomenten und erinnert an typische Punk-Nummern. Hier hat die Band die Verstärker ordentlich aufgedreht, um alles rauszulassen. Die herrlich ironisch vorgetragenen Vocals fangen in jeder Zeile mit „Big Dick Energy“ an und geben ein Beispiel nach dem anderen preis. Hier machen die Musikerinnen auf die womöglich selbst erfahrenen sexistischen Momente aufmerksam, in denen sie gewaltig unterschätzt wurden. Die Intensität der Riffs und die Explosivität der Vocals sprechen für sich. Dass sich die Lambrini Girls selbst als „the best band in the world“ bezeichnen, kann man da getrost mit einem Augenzwinkern unterschreiben.
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Djrum – Meaning’s Edge
In der Musik von DJ Felix Manuel aka Djrum vermischen sich die Club-Stile. Mit Techno, Jungle und Garage kreiert er auch auf seiner neusten EP Meaning’s Edge ein atmosphärisches Werk, das neben elektronischen Klängen echte Instrumente aufweist und dadurch zu einem interessanten Mix verschiedener Genres wird. Sein intellektueller musikalischer Ansatz macht die EP außerdem zu einem Werk, bei dem man genau hinhören sollte.
Manuel, ein ausgebildeter Jazz-Pianist, spielt auf dem ersten Song „Codex“ mit Harmonien, die eine ruhige Grundstimmung vermitteln und an fernöstliche, meditative Klänge erinnern. Der sich darüber aufbauende Beat mit Jungle-Rhythmik und Effekten kreiert wiederum Bewegung, die immer wieder mal intensiver fordert, aber stets auch Ruhepausen bietet. Über fast sieben Minuten zischen flüsternde Stimmen in den Beat und es zwitschert und knarzt elektronisch. Im zweiten Teil des Songs fällt der bassige Beat weg und der meditative Harmonie-Teil steht im Vordergrund, bei dem glockenartige Klänge im Vordergrund stehen.
In „Crawl“ wird der Songtitel nahezu hörbar: hier krabbeln und kriechen die Drums in schnellem Tempo durch die Lautsprecher und es kribbelt dabei in den Bässen. Die Sounds, mal tief und hölzern, mal metallisch, weisen eine schöne Breite an Klangfarben auf und machen den Song fast haptisch greifbar. Über die acht Minuten Länge offenbart Djrum dabei einen Mix aus Electro und natürlichen Instrumenten, der experimentell und fast wie ein in Ton gefasster Regenschauer anmutet. Etwas tanzbarer ist der letzte Song über zwei Teile namens „Frekm“. Die zugängliche Nummer über knapp 15 Minuten bildet ein wunderbares Gegenstück zum experimentellen „Crawl“ und konzentriert sich auf geradezu schlichte Melodien, die von unterschiedlichen Sound-Filtern gespeist mal bassig, mal metallisch oder langgezogen klingen. Unbedingt mit guten Speakern reinhören!
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