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Nabihah Iqbal – Dreamer

Nabihah Iqbals zweites Album Dreamer wurde schon lange erwartet. Fünf Jahre sind seit ihrem vielbeachteten Debüt vergangen und in dieser Zeit ist einiges passiert. Die Arbeit an der neuen Platte war für die in London wohnende Künstlerin, Kuratorin und Musikerin keine leichte Angelegenheit. So wurde 2020 alles Material, ein ganzes Album, aus ihrem Studio gestohlen. Kurz darauf reiste sie aufgrund eines familiären Notfalls nach Pakistan. Die traurigen Schicksalsschläge erwiesen sich allerdings als Glücksfall für ihre Musik. Im Lockdown begann sie neue Songs zu schreiben, diesmal intimer und ehrlicher. Herausgekommen ist ein Mix aus Electronica, Lo-Fi-Dream-Pop und Indie – mit einer starken Vocal-Performance.

Nabihah Iqbal Dreamer

Die Hit-Single „This World Couldn’t See Us” überzeugt durch ein belebtes Drum-Motiv, einen aufstrebenden Basslauf und die 80er-Jahre Vibes, die stark an A-ha erinnern. In diesem Song übernimmt die Gitarre die Melodien, denn Iqbal singt nicht, sondern präsentiert den Songtext in Spoken-Word-Manier. Mit Zeilen wie

„When all my secrets were yours to keep /Stuck inside your beauty, falling in too deep /When gentle magic took me by surprise /When we felt everything standing side by side“

spricht die Künstlerin über Freundschaft, Gefühle und magische Momente, ohne kitschig zu werden. Obwohl die Grundstimmung des Albums eher melancholisch ist, finden sich immer wieder Momente des Aufbruchs. In „This World Couldn’t See Us” passiert das durch das markante Gitarrenmotiv und die sich zuspitzende Stimmung gen Ende des Songs, wo sich neue Gitarrenspuren mit Synthesizer vermengen.

„Sunflower“, der nächste Song auf der Platte, ist eine Drum&Bass-Nummer, die durch den größeren Electro-Einfluss fast clubartig klingt. Der minimalistische Basslauf setzt oft aus und wird durch die langen Pausen umso mitreißender. Besonders schön sind die instrumentalen Stücke auf dem Album, die wie eine verträumte Reise durch das Bewusstsein klingen. „Lilac Twilight“ ist geprägt von offenen Gitarrenakkorden, klimpernden hohen Tönen und schweifenden Synthie-Sounds, die zur tonmalerischen Stimmung beitragen. Auf einigen Songs wird es danach noch richtig elektronisch, wie auf dem instrumentalen „Sky River“ – hier kommen ein pochender Bass, schellende High-Head-Noten und metallische Synthie-Sounds zusammen. Das gesamte Album zeigt, wie vielschichtig Iqbal ist – wunderbar!

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Dudu Tassa & Jonny Greenwood – Jarak Qaribak

Für das neue Album Jarak Qaribak haben sich Dudu Tassa, einer der bekanntesten Musiker Israels, und Radiohead Gitarrist Jonny Greenwood zusammengefunden, um ein progressives Werk aus orientalischen Klassikern des Mittleren Osten aufzunehmen. Durch frühere Kollaborationen wie Greenwoods Gastspiel auf einem von Tassas früheren Alben und gemeinsame Touren kennen sich die beiden schon länger. Für ihr neues Album arrangierten und vertonten sie neun Klassiker des Mittleren Ostens und erhielten dabei Unterstützung von einer Bandbreite an Musikern, die mit großartigem Gesang und Verständnis für das Material brillierten. Jeder Song des Albums wird durch eine weibliche Stimme angekündigt. Besonders schön ist, dass man hier nicht nur den Songtitel und Gastmusikernamen erfährt, sondern auch den Wohnort des Gastes.

Dudu Tassa Jonny Greenwood Jarak Qaribak

Bei „Taq ou-Dub“ ist das Ramallah. Mit dem Song steuerte die palästinensische Vokalistin Nour Freteikh eine neue Version des libanesischen Klassikers bei. Obwohl sie ihren Gesangspart ohne jede Begegnung mit den anderen aufnahm, schafften die drei es doch, ein Live-Performance-Video zu drehen. Der Song ist geprägt von einem Chorus-Motiv, in dem die Sängerin „Taq ou-Dub“ singt und alle Instrumente sie unisono begleiten. Durch Trommeln und Drum Machine klingt der Song sowohl traditionell als auch an Hip-Hop angelehnt. In den späteren Strophen wird es melodischer. Hier dudelt eine Gitarre im Hintergrund, die Streicher spielen belebt und der Bass fährt auf.

Auf dem neu interpretierten Lied „Ashufak Shay“ wird der experimentelle Musikmix, den Tassa und Greenwood anstrebten, noch deutlicher. Für den Song luden sie den libanesischen Sänger Rashid Al Najjar ein, der melancholisch und emotional auf Arabisch singt. Neben einer weiteren Drum Machine bekommen ein Klavier und die E-Gitarre von Greenwood eine tragende Rolle. Al Najjars Gesang ist mit viel Echo unterlegt und bleibt im Ohr. Für ein erstes Reinhören ins Albums ist dieser Song ideal, denn hier kommt traditionelle Musik aus dem Mittleren Osten und westlicher Gitarrenrock gekonnt zusammen – super!

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Memorials – Music For Film: Tramps! & Women Against The Bomb

Memorials, die neue Band von Electrelane-Frontfrau Verity Susman und Wire-Gitarrist Matthew Simms, haben es bei ihren Debüts krachen lassen: Mit Tramps! und Women Against The Bomb haben sie gleich zwei Alben veröffentlicht, die Soundtracks zu Filmen sind, aber trotzdem auch ohne Visuals eine besondere Atmosphäre übertragen. Tramps! ist dabei post-punkiger und experimenteller angelegt als Women Against The Bomb, wo Susman Stimme oft chorartig erklingt und die Songs poppiger erscheinen.

Memorials Tramps!

Die Single „It’s In Our Hands“ zum Beispiel ist ein Soundbündel an Energie, bei dem Susman in poppigen Melodien singt und das Gitarrenriff im Ohr bleibt. Auch wenn die Single locker-leicht rüberkommt, gibt es immer Momente, die kompositorisch wertvoll sind, wie die stotternde Snare-Drum im Chorus oder die dudelnde Orgel im Hintergrund. „Take The Toys From The Boys“ ist eine weitere überzeugende Nummer der Platte. Besonders schön sind der wunderbar melodische Basslauf und die langen „Aahs“ am Ende. Obwohl der Song gerade erst veröffentlicht wurde, klingt er nach einem absoluten Klassiker.

Auf „Boudicaaa“, das auf Tramps! veröffentlicht wurde, geht es rockiger zu. Mit charakteristischem Bass, Gitarrensoli und verzerrter Stimme kommt der Sound punkig und fett rüber. Besonders am Ende lässt Memorials es so richtig krachen, bevor das Stück nach zwei kurzen Minuten auch schon aufhört. Auch das Titelstück der Platte ist mit seinem charakteristischen Drums-und-Bass-Gerüst eine düstere Rock-Nummer, die im Chorus so viel Noise aufweist, dass man den Gesang nicht mehr verstehen kann. Trotzdem überträgt sich hier wie in allen weiteren Nummern eine besondere Atmosphäre, die Memorials als Bandprojekt interessant machen. Was für ein wandlungsfähiges und dabei absolut überzeugendes Duo – unbedingt reinhören!

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Wharfedale Aura

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