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I Am Kloot / Play Moolah Rouge

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I Am Kloot / Play Moolah Rouge

The Burial Blues of Glancy … Wem der Sinn eher nach romantischem Düsterrock à la Sigur Rós, The Notwist oder Portisheads Third steht, ist mit Play Moolah Rouge, dem vierten Album von I Am Kloot, gut bedient. Dessen dunkler Unterton kommt nicht von ungefähr: Als am 20. Januar 2006 der in Manchester und Umgebung sehr beliebte Prestwicher Singer/Songwriter Bryan Glancy im Alter von nur 39 Jahren verstarb, erwiesen ihm viele lokale Musiker die letzte Ehre – darunter David Gray, Badly Drawn Boy und die Indiepop-Band Elbow. Auch I Am Kloot, deren Sänger John Bramwell Glancy sehr nahe gestanden hatte, fanden sich unter den 200 Trauergästen auf dem Friedhof in Failsworth ein. Noch vor Ort beschlossen die beiden Bands, ihrem verstorbenen Kollegen musikalischen Tribut zu zollen. Elbow verneigten sich mit dem im März 2008 auf Polydor (Universal) erschienenen Album The Seldom Seen Kid vor Glancy; und auch die Inspiration von I Am Kloots Play Moolah Rouge speist sich aus dem Verlustgefühl sowie dem intensiven Austausch darüber.

I Am Kloot

Doch ist der musikalische Transfer zwischen den Manchesteraner Musikern nichts Neues, produzierte doch Elbows Guy Garvey bereits 2001 das Debütalbum Natural History des Trios – eine Platte, die den Grundstein für I Am Kloots stetig dem Zeitgeist trotzenden, filigranen und dennoch charaktervollen Meisterwerken legen sollte. Warm, dunkel und schmerzlich – auf diese Formel konnte man I Am Kloots Singer/Songwriter-Indie-Retro-Rock damals bringen – und kann es heute noch. Die drei Jungs erschaffen melancholisch anmutende, rätselhaft verworrene Klangepen, die ihren scharfsinnigen Texten ein bassbutterweiches Bett bieten. Nichts gegen ein bisschen itchy-gitchy-yaya-dada, aber Moolah Rouge ist nicht Moulin Rouge. Wir haben es hier mit einem Mann zu tun, der mit der Nacht kämpft, dort mit zwei Liebenden in einem Riesenrad, und immer mit drei Musikern, die sich Herz und Seele aus den Leibern spielen.

I Am Kloot

Play Moolah Rouge suhlt sich in Weltschmerz, kreist um Selbstzweifel, Vergänglichkeit und Leere, erzählt von den nächtlichen Dämonen des Menschen und zerrt geheimnisvolle Zeitlupendramen aus dem Zwie- ins Rampenlicht – beherrscht von Melodien, so schön, dass man vor ihnen in die Knie gehen möchte. Teils erinnert dies an die großen Guns N’ Roses-Balladen wie Don’t Cry oder November Rain, zu denen ich bereits als Jugendliche schmachtend vor den Boxen lag (Down At The Front), teils an einen Tom Waits’schen Waltz (The Only Role In Town). Suddenly Strange wiederum, ein Song zum gepflegt Aus-dem-Fenster-Springen, scheint Anleihen bei Beth Gibbons’ Funny Time of Year zu nehmen.

I Am Kloot

Alles in allem fühlt sich das Album an wie ein guter Freund, den man schon sehr lange kennt, es vermittelt Geborgenheit, wenn nicht gar eine gewisse Heimeligkeit. Die Stimme von Sänger Bramwell ist wie ein Nachhausekommen nach langer Irrfahrt, unbemüht, ohne Pathos und sonstige moderne Störeffekte. I Am Kloot erzählen einfach ihre Geschichte(n).

Passend zur dunklen Jahreszeit touren die drei mit ihrem neuen Programm durch Deutschland. Das Abschlusskonzert findet am 19. Dezember 2008 im Berliner Postbahnhof statt.

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Plattenkritik: Johann Johannsson | I Am Kloot | The Rapture Noa | Arve Henriksen

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