Karen O & Danger Mouse – Lux Prima
Wahrscheinlich kennt man Karen O am ehesten als die Frontfrau von den Yeah Yeah Yeahs, die auf der Bühne mit ihren bunten Outfits immer ins Auge sticht. Das neue Album Lux Prima ist aber nicht ihre erste Solo-Veröffentlichung. Schon 2006 nahm sie ihr Debut-Album auf, das allerdings erst 2014 auf den Markt kam. Zwischendurch wirkte sie immer wieder an Film-Soundtracks mit – wie für David Fincher’s The Girl with the Dragon Tattoo. Die aktuelle Platte ist trotzdem eine Premiere, denn sie ist eine Zusammenarbeit mit dem Star-Produzenten Danger Mouse. Auch der Fakt, dass Karen O das erste Mal Mutter geworden ist, spielte eine große Rolle für Lux Prima.
Der Titelsong ist ein monumentaler Einstieg in eine kosmische Musikwelt: Mal fühlt man sich spirituell an David Bowie erinnert, weil die Sounds durch lange Synthesizer-Sequenzen so spacig klingen, mal kommt eine poppige Passage, die weniger experimentell ist. Dass ein Produzent wie Danger Mouse seine Finger im Spiel hat, erkennt man an den kleinen Details. Das poppig gesungene „I’m nobody“ von Karen O ist unterlegt von einem funkigen Fender Rhodes, doch der Twist entsteht durch eine Rhythmusbetonung, die wie im Takt fallende Wassertropfen klingt. An Rock’n’Roll fehlt es dem Album ebenfalls nicht. In der ausgekoppelten Single „Woman“ fährt die Frontfrau mit einem simplen Rock-Riff für die Gitarre und Bass und scheppernden Drums noch einmal auf. Der Chorus „I’m a Woman“ wird einem nicht aus dem Kopf gehen. Die Energie von Karen O überträgt sich ganz automatisch. Dass sie ihren Namen wie auf einer gern getragenen Kette als „KO“ abkürzt, passt da ganz gut: Dem Song ist kein Kommentar hinzuzufügen.
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Nilüfer Yanya – Miss Universe
Auf dem Debut-Album der Londoner Nilüfer Yanya geht es bunt zu. Indie-Rock bekommt bei der Musikerin mittels Synthesizern und 80er-Jahre-Sounds einen Glam-Touch, der verspielt, aber auch schlau, weil gut arrangiert, daherkommt. Letztes Jahr hatte man Yanyas Album nach einer vielversprechenden EP schon erwartet. Mit Miss Universe ließ sie sich aber Zeit. Jetzt zeichnet Yanya mit den vielen Einflüssen auf dem Album – mal poppig, rockig, mit Bläsern im Einsatz oder ihre türkischen Wurzeln betonend in Experience? – einen Multikulti-Eindruck von London, das im Pre-Brexit ins politische Chaos stürzt. Dass Yanya oft im Zusammenhang mit Jazz erwähnt wird, kann an ihrer charismatischen Stimme liegen. Die tiefen Klangfarben darin kommen besonders gut in dem Song Baby Blu heraus.
Was bei all den bunten Eigenschaften ihrer Musik jedoch immer mitschwingt, ist, dass Yanya stets etwas Rebellisches überträgt. Weil das Album einem Konzept folgt, findet man zu Beginn und zwischen den Songs in kurzen, gesprochenen Sequenzen die Tipps und Fragen eines „Self-Care-Programms“. Die programmiert klingende Stimme und die Art der Fragen machen Yanyas scharfe Kritik an einer digitalisierten Gesellschaft offensichtlich. Aber auch in der Musik geht es rebellisch zu: Sei es das leicht ins dissonante übergehende Baby Blu, das sich immer wieder im Snare-Wirbel hochschaukelnde Lied Angels oder Details wie die schrammelige E-Gitarre, die sich im R’n’B-groovigen Paralysed durchsetzt. Sowieso ist der Einsatz der Gitarre auf allen Songs, in welchen Sub-Genres sie sich auch aufhalten, dominant. Das könnte daran liegen, dass Yanya selbst Gitarristin ist und während der Schulzeit Unterricht bei Dave Okumu von The Invisible erhielt. Bei all dem technologischen Fortschritt, mit dem die Anfang-20-Jährige aufgewachsen ist, bringt Yanya so das Handwerk und Herz von Musik aus echten Instrumenten in ein überzeugendes Debüt.
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Tomoyoshi Date & Stijn Hüwels – Hochu-Ekki-Tou
Zusammen mit dem belgischen Musiker Stijn Hüwels hat der Japaner Tomoyoshi Date eine neue Ambient-Platte herausgebracht. Das aktuelle Release soll der Beginn einer Serie sein, an der Hüwels arbeitet. Obwohl die drei Stücke, die sich im Titel Hochu-Ekki-Tou verstecken, zwischen 2015 und 2017 in Tokyo und Leuven aufgenommen wurden, kommen sie erst jetzt in die Öffentlichkeit. Das Album wird über Home Normal, einem kleinen Ambient Minimal Label mit Sitz in Warschau und Japan vertrieben. Auf der Website liest man, dass der physische Vertrieb des Labels außerhalb Japans jedoch bald eingestellt wird – ein Indiz, dass man Nischen-Musik und experimentelle Künstler weiterhin, wenn auch digital, unterstützen sollte.
Denn die Musik auf Hochu-Ekki-Tou offenbart fernab von Radio-Vorgaben eine ganz eigene Schönheit. Die Klänge auf dem ersten Stück Hochu beginnen sich während der ersten Minuten langsam aufzubauen. Ab der vierten Minute schleicht sich langsam eine dissonante Klangspur in den rauschenden Teppich aus sanften Tönen. Es ist, als ob das Arrangement in sich atmet. Dabei bleibt es immer minimalistisch, sodass man die einzelnen Spuren und Verläufe von Tönen im Geist nachvollziehen kann. Ganz organisch wächst die Komposition weiter an und es gesellen sich spezifischere, höhere Töne zu den bassigen Grundklängen. Nach 17 Minuten endet die Komposition in einem Fade-Out. Ein ähnlicher Fluss der Klänge setzt sich aber auch in den anderen zwei Stücken fort. Das ganze Album gleicht so einer mentalen Auszeit, die erdet und beruhigt, wenn man sich auf die Musik einlassen kann. Besonders in Zeiten der schreienden, harten Sounds aus den Radioboxen, die innerhalb von drei Minuten zur Geltung kommen müssen, ist das erfrischend und gleicht einer anderen musikalischen Welt.
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