Ghost Dubs – Damaged
Mit Ghost Dubs hat Michael Fiedler einen perfekten Alias-Namen gefunden. So gespenstisch mysteriös, wie er Techno-Dub produziert, macht das kein anderer. Damaged ist sein Album, das mit knisternder Atmosphäre und Minimal die Grenzen der Musik antestet.
Der Dub, also die besondere Produktionsweise der 60er- und 70er-Jahre aus Jamaika, bei der das Material von Roots-Reggae-Songs mit Effekten versehen und neu abgemischt wird, spielt auf Damaged eine große Rolle. Die spärlich eingestreuten Sound-Elemente beleben die oft auf Noise- oder Techno-Beats basierenden Songs und formen sie zu etwas Neuem. Das kommt besonders dem zweiten Track „The Regulator“ zugute, dessen fortlaufender Beat durch die mit Delay und Echo versehenden Effekte gefühlt immer wieder in neue Richtungen schleudert.
Songs wie der Opener „Chemical“ bleiben durch das knisternde Vinylrauschen, das den Großteil des Beats ausmacht, abstrakt. Hier treffen Geräusch, Repetition und Bass aufeinander und formen etwas unglaublich Atmosphärisches, das nur über gute Lautsprecher oder Kopfhörer zu begreifen ist. Die Dub-Einwürfe sind so präzise und minimalistisch eingesetzt, dass hier gleich zu Beginn des Albums ein Statement gesetzt wird.
Auch andere Tracks der Platte, wie „Soul Craft“, bauen sich über langsame Bässe im Offbeat auf. Die Dubs nehmen hier eine prominente Rolle ein und es ist faszinierend, deren langsame Auf-und-Abs nachzuverfolgen. Nicht nur deswegen garantiert dieses Album ein außergewöhnliches Hörerlebnis!
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Crack Cloud – Red Mile
Das neunköpfige Bandkollektiv Crack Cloud um Sänger und Schlagzeuger Zach Choy veröffentlichte mit Red Mile sein viertes Studioalbum, das dem verspielten Ansatz von Indie, Garage und Rock treu bleibt. Der Titel stammt von der „Red Mile“, einer berühmten Straße in Calgary, die Heimatstadt von Choy. Weil der Frontmann nach einiger Zeit in Vancouver dorthin zurückkehrte, ist die neue Musik zugleich eine Hommage an die kanadische Stadt.
Der DIY-Sound der Band schlängelt sich durch das gesamte Album. Nichts wird verschönt, keine Töne im Gesang geradegebogen. Das ist erfrischend! Auch der verspielte Ansatz der Instrumentennutzung ist interessant. Man hört beispielsweise Synthies und eine Wah–Wah-Gitarre, wie im Opener „Crack Of Life“, dazu kommen dann Bongos und Klatscher, die den Rhythmus vorgeben. Der Song baut sich mit gedoppeltem Gesang langsam auf und hat durch seinen atmosphärischen Start etwas Filmisches. In der Bridge setzen dann Bandinstrumente wie eine verzerrte Gitarre und Drums ein und es wird lebendiger. Auch ein Klavier hat seinen Solo-Moment und die vielen Stimmen der Mitglieder kontrastieren Choys Gesang und geben dem Lied Tiefe.
Dass in den einzelnen Tracks viel passiert und die Song-Strukturen weit komplexer sind als typische Pop-Songs, zeigt sich auch an der Länge der Songs. Oft überschreiten sie die Fünf-Minuten-Marke und wechseln an unerwarteten Stellen Harmonien oder gehen in neue Parts über.
Die Single-Auskopplung „Blue Kite“ startet mit einem starken Gitarrenriff und allerlei Perkussion-Klackern. Dazu gesellt sich ein markantes Synthie-Motiv. Mit „You know my story, I’m just a fucking addict” spricht Choy in der Strophe auch eine Triebfeder für die Bandgründung an. Die Mitglieder von Crack Cloud lernten sich in Entzugskliniken kennen, sei es als Teilnehmer oder als Helfende. Die Band ist laut Choy ein „Heilungsmechanismus“, der seit fast einer Dekade aktiv ist. Dass „Red Mile“ nicht nur ein Coming Home, sondern auch ein Zurückblicken ist, hört man besonders in den Lyrics – Choy schafft es, die Vergangenheit mit der Gegenwart zu vereinen und ironisch auf sich selbst zu schauen: „I’m back to writing but I feel a little static, I’ve gotten older so I don’t feel as emphatic“ singt er zum Beispiel. Das füllt die Songs so aufrichtig mit Leben – ja, es lohnt sich, in die neue Platte reinzuhören und sich von Choys direktem und charmantem Musikansatz mitnehmen zu lassen.
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Spirit of the Beehive – You’ll have to lose something
Das Album You’ll have to lose something von den Indie-Rockern Spirit of the Beehive aus Philadelphia ist so etwas wie ein Jubiläum. Seit 10 Jahren ist die Band aktiv und veröffentlichte zuvor vier Studioalben. Dabei haben sie sich als eigenwillige Sampler und Noise-Punker einen Namen gemacht und werden oft im guten Sinn als „weird“ abgestempelt. Die neue Platte ist wie gewohnt originell, richtungsweisend und intensiv.
Songs wie „The Cut depicts the Cut“ zum Beispiel wechseln mehrfach die Stimmung und gehen dabei von reinen Drum-Machine-und-Electro-Sounds über in melodramatische Strophen mit weiblichem Gesang. Dann wechselt der Drum-Beat und man fühlt sich stark an die 80er-Jahre erinnert und spürt zudem Dark-Wave-Einflüsse. Doch auch dieser Part hält nicht lange an, denn nur wenige Momente später wähnt man sich in einem Half-Time–Chorus, der akustische Gitarrenelemente hervorbringt, die bald von Effekten auseinandergenommen werden und gefühlt zerfließen.
Genauso abwechslungsreich und unvorhersehbar geht es weiter – das Album gerät zum Ritt durch die Emotionen. Der nächste Song „Let the Virgin drive“ scheint anfänglich noch eine Ausnahme zu machen, baut er sich doch über ein lockeres Gitarrenriff poppig und nahbar auf. Trotzdem wabern die Töne schon bedrohlich schief, klingen teils verstimmt und weitere Effekte tragen zum typischen Spirit-of-the-Beehive-Touch bei. Wenn man die Band kennt, ist aber auch klar, dass der Song nicht so poppig weiterverlaufen kann. Gegen Mitte des Tracks übernehmen Samples das Ruder und brechen die idyllische Stimmung auf, bevor der melodische Anfangspart noch einmal erklingt.
Häufig wirken die Songs richtiggehend dekonstruierend – musikalisch wird es auch dadurch nie langweilig. Besonders gut gefällt mir der letzte Track „Earth Kit“, der mit experimentellen Streichern und Gesang fast minimalistisch gehalten ist und mittels weniger Synthie-Einlagen für ein atmosphärisches Ende der Platte sorgt. Unbedingt mit offenen Ohren reinhören!
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