Fu Manchu – Clone of the Universe
Fu Manchus neue Platte Clone of the Universe bereichert die kalifornische Musikszene mit neuem Stoner Rock. Die Band gehört zu den Urgesteinen der Musikrichtung und formte sich 1985. Das 12. Album der Band ist gewohnt heavy und bringt die Fuzz-Gitarrenpedale zum Dampfen. Zu Beginn rockt die Band mit kurzen Nummern wie (I’ve Been) Hexed. Das ruckartige Gitarren-Riff in der Strophe baut Spannung auf und explodiert in durchgängigen Anschlägen zum Chorus und Solo. Die meisten Songs auf dem Album kommen mit einer Länge von unter drei Minuten aus. Aber nicht alles ist schnell und knackig: Slower Than Light startet zum Beispiel mit einem düsteren Zusammenspiel aus delayunterlegten Gitarrentönen und Bass. Und obwohl langsamer als Licht ja immer noch ziemlich schnell sein kann, schleppt das Schlagzeug das Lied nur langsam nach vorne. Ab der Songmitte baut sich jedoch in dem Gitarren- und Basssolo ordentlich Tempo auf, in dem das Stück auch schließlich endet. Dass nicht alle Songs voll aufgedrehte Verstärker benötigen, um zu wirken, hat etwas Erfrischendes und Abwechslungsreiches.
Schön ist auch, dass man selbst in den Drei-Minuten Nummern immer ein Gitarrensolo vorfindet und jedes Instrument auf dem Album seinen eigenen Auftritt hat. Das Ende vom zweiminütigen Song Don’t Panic könnte man sogar als Schlagzeugsolo klassifizieren. Der kanadische Gitarrenheld Alex Lifeson der Rockband Rush dürfte den längsten Soloauftritt haben – sein Auftritt in dem finalen, 18-Minuten langen Song Il Mostro Atomico hat es denn auch in sich. Der Song beginnt mit einem fulminanten Instrumentalpart, in dem sich die Gitarren mit ihren Soli abwechseln. Hier ist der Rush-Gitarrist ganz in seinem Element und zeigt über mehrere Minuten, was er kann. Das Schlagzeug brettert mit kurzen Snare- und Becken-Einschüben dazwischen. Nach knapp fünf Minuten kommt es zu einem Stillstand – die Feedbacks der Instrumente klingen fast wie Orchestertöne im Vibrato. Kurz darauf lösen Fu Manchu die geheimnisvolle, ruhige Atmosphäre auf, indem sie es gewaltig krachen lassen und mit aller Wucht in einen neuen Solo-Teil vordringen.
Mit solchen Einlagen stimmt die Musik neugierig, wie Fu Manchu die neuen Songs live auf der Bühne präsentieren würden. Über die Jahrzehnte tourten sie mit den verschiedensten Bands, unter anderem mit den Stonern von Kyuss. Deren Gründer und Drummer, Brant Bjork, trommelte durch die freundschaftlichen Beziehungen in den 90er-Jahren bei Fu Manchu. Diesen Sommer muss man sich in Europa jedoch vertrösten. Fu Manchu lassen es langsam angehen – auf der Website der Band findet man lediglich zwei Festivaldaten in den USA. Schade, denn besonders das 18-minütige Finale des neuen Albums ist wie gemacht für ein Konzert.
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Hyukoh – 24: How to find true love and happiness
Die südkoreanische Indieband Hyukoh veröffentlichte dieses Jahr eine neue EP mit dem vielversprechenden Namen 24: How to find true love and happiness. Die Albumtitel der Gruppe richten sich nach dem Alter des Frontmanns Hyuk Oh (혁오). Im Teenageralter beschloss er, Musiker zu werden und tat das, was als Erfolgsrezept in der koreanischen Musikszene gilt: Er nahm an Proben und am Vorsingen in den bekanntesten Musikagenturen des Landes teil und bekam sogar Angebote für eine Karriere in der Popwelt. Aufgrund abweichender musikalischer Vorstellungen gründete er schließlich seine eigene Band und gilt heute als einer der bekanntesten Rocker im asiatischen Raum. Dadurch, dass Oh in Korea geboren wurde, in China aufwuchs und dort englischsprachige, internationale Schulen besuchte, vermischen sich in seiner Kunst verschiedene Weltansichten und er kann sich in drei Sprachen ausdrücken. Mit seiner Musik möchte er Grenzen überwinden und fordert das immer noch konservative Korea mit der Videoveröffentlichung von Love Ya!, in der gleichgeschlechtliche Paare im Alltag gezeigt werden, heraus. Der Song an sich ist eine schöne Pop-Nummer, die mit Bläsern, Gitarren und einem groovigen Bass die Liebe feiert.
Das Lied ist nicht das einzige, das in Korea große Popularität erreichte. Obwohl der kommerzielle K-Pop den Musikexport des Landes dominiert, wählte Apple das vierte Lied der Platte Citizen Kane für seine neue iPhone-X-Werbung aus. Der Song beginnt mit einem schnellen Drumbeat und einem energischen Gitarrenmotiv. Oh singt in dem schnellen Song von einem Hong Kong Taxi Driver und seine sanfte Stimme ist mit viel Hall belegt. Durch den englischen Songtext wird man international nicht sofort merken, dass die Musik aus Asien stammt. Und dieser Fakt wird bei Hyukoh auch nebensächlich, denn auch wenn Oh wie bei SkyWorlds auf Koreanisch singt, überträgt er stets eine mystische und melancholische Grundstimmung auf den Hörer.
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Ebony Bones – Nephilim
Nephilim startet mit einem bedrohlich klingenden Motiv, das von den Bläsern und Streichern des Beijing Philharmonic Orchestra gespielt wird. Wäre die neue Platte von Ebony Bones ein Soundtrack zu einem Film, wüsste man sofort, dass dieser kein gutes Ende nehmen wird. Nach dem instrumentalen Intro schlängelt sich die düstere Streichermelodie auch durch den nahtlos übergehenden zweiten Song Nephilim MK01. In dem Video zur Single sieht man Bones inmitten einer Gletscherlandschaft auf einem mit Schnee bedeckten Berg stehen. Die unendlichen Weiten der Natur werden filmisch eingefangen, während sie selbst von einem Nephilim, einem göttlichen Mischwesen der altisraelischen Mythologie aus Menschenfrauen und Riesen, singt. Die Musik im Hintergrund geht durch die Schlagzeug- und Effektanreicherung neben dem Orchester in die Hip-Hop- und Trap-Richtung. Bones Gesang ist jedoch poppig und macht das Werk zu einem Konglomerat aus verschiedenen Stilrichtungen. Ihre Musik mit Genres zu beschreiben, ist jedoch schwierig – denn Bones ist eine Künstlerin, die sich nicht in Schubladen stecken lässt. Sie definiert ihren Stil und ihre Arbeit selbst und erkämpfte sich alle Freiheiten, um Grenzen in jeglicher Hinsicht zu überwinden. Sei es mit Blick auf ihre Musik, die sie selbst komponiert und produziert, ihr eigenes Label oder die Regieführung ihrer Videos – immer wieder liest man ihren Namen in der Liste der Verantwortlichen.
Diese Freiheit macht es für Bones auch möglich, genau das sagen zu können, was sie meint. Neben naturbezogenen Auseinandersetzungen auf dem neuen Album knüpft Bones deshalb auch an ihre oft gesellschaftskritischen Veröffentlichungen an. Mit ihrer Punk-Attitüde und durch ihre Kunst vermittelten politischen Kommentaren machte sie sich besonders in ihrer Heimat Großbritannien einen Namen. Die Musikerin und Künstlerin führte auch Regie für ihr Musikvideo der neuen Auskopplung No Black in the Union Jack. Der Song, in dem Bones über Bässe und einen Beat rappt und singt, bleibt im Ohr. Dabei spricht sie visuell und lyrisch die gesellschaftlichen Probleme und die Situation von Immigranten im heutigen Brexit-Großbritannien an. Für Bones ist der Track eine persönliche Angelegenheit, denn auch ihre Eltern waren Immigranten. Sie kamen in den 60er Jahren aus der Karibik nach London, wo Bones schließlich 1982 geboren wurde und in Brixton im Süden der Stadt aufwuchs. Im Video hört man Ausschnitte einer rassistischen Rede des britischen Parlamentariers Enoch Powell aus dem Jahr 1968. Heute, 50 Jahre später könnten diese Worte auch von anderen Spitzenpolitikern kommen – Grund genug, wie Bones darauf aufmerksam zu machen und zu handeln.
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