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Power, Post-Rock, Pop

April 2017 / Lorina Speder

Childish Gambino – Awaken, my Love

Der US-amerikanische Schauspieler und Comedian Donald Glover veröffentlichte im Dezember 2016 als Childish Gambino sein drittes Studioalbum Awaken, my Love. Auf den Alben zuvor mischte er mit virtuosen Zeilen die afroamerikanische Hip-Hop-Szene auf.

Childish Gambino – Awaken my Love Cover

Mit Awaken, my Love durchbricht Glover nun bekannte Genres und überzeugt mit viel Funk, Psychedelic und einer unglaublichen Soul-Stimme. Dabei wird er von Chören, einer Orgel und einer groovigen Band unterstützt. Schon das erste Lied „Me and your Mama“ ist nach dem Chor-Intro ein Energieschub. Glover schreit und stöhnt in Soul-Manier um eine Liebe, die er erobern möchte – er lässt im Song selbst offen, ob es sich – wie im Titel angedeutet – bei der Angebeteten um die Mutter eines Bekannten handelt. Der emotionale Gesang erinnert fast an den gegenwärtigen Eagle of Soul, Charles Bradley. Der mächtige Basslauf lässt hingegen auch an die 70er-Jahre denken, als Live-Musik und Festivals noch einen anderen Stellenwert hatten.

Doch auch, wenn die Platte insgesamt nur so vor Energie strotzt und trotz der angeschnittenen politischen Themen befreiend klingt, waren die Aufnahmen offenbar wenig spaßig. In Interviews erklärte Glover, dass er im Studio eine schwere Zeit durchmachte – das gesamte Album ist letztlich genauso persönlich wie politisch geworden. In „Riot“ besingt Childish Gambino über ein funkiges Riff die komischen Zeiten, die die Welt gerade durchmache. Textzeilen wie „This pressure brewing, this world don’t feel alright“ können als Gegenwartsprotest angesehen werden. Auch Statements, die seinen afroamerikanischen Background thematisieren, fehlen nicht. Mit „Love to say they feel us, but they won’t take my pride“ beschreibt er die heuchlerischen Aussagen vieler Politiker und Mitmenschen gegenüber Schwarzen. Unterm Strich ist Awaken, my Love ein Album, das ohne Ankündigung überraschend in Veröffentlichung ging und von berühmten Musikern und Kritikern wie dem Drummer Questlove hoch angepriesen wird. Zuvor spekulierten die Medien noch darüber, ob es Glovers alias Childish Gambino überhaupt noch gäbe. Diesen Zweiflern hat der Künstler letztendlich gezeigt, dass Musiker auch ohne viel Medienpräsenz und Marketing ein geniales und viel beachtetes Werk veröffentlichen können.

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Russian Circles – Guidance

Russian Circles – Guidance Cover

Das Post-Rock-Trio Russian Circles aus Chicago – bisweilen auch in die Post-Metal-Schublade verfrachtet – veröffentlichte bereits im Sommer letzten Jahres sein sechstes Studioalbum mit dem Titel Guidance. Die Amerikaner sind nicht zuletzt bekannt für ihre sanften Passagen in der Musik, die sich nach und nach aufbauen und schließlich in härteren Riffs münden. Das alles geschieht rein instrumental – und der Detailreichtum der Instrumentenspuren lässt Gesang auch keine Sekunde vermissen. Guidance besteht aus sieben Songs, die ineinander übergehen und in Gänze gehört ein einheitliches großes Werk entstehen lassen.

Im ersten Song „Asa“ hört man lediglich eine unverzerrte Gitarre, auf der ein beruhigendes Riff gezupft wird. Im nächsten Lied “Vorel” baut sich dieses Motiv so weit auf, dass die Gitarre nun verzerrt angeschlagen wird und zusammen mit dem Schlagzeug eine neue, energetische und gleichsam düstere Atmosphäre erzeugt. Zur Songmitte hin tritt die Gitarre schließlich mit einem zerstörerischen Metal-Motiv und einer Kraft hervor, die gepaart mit dem Half-Time-Beat des Schlagzeugs eine Schwere bekommt, die es wahrlich in sich hat. Und genau hier liegt die Stärke der Band: Sie vermag problemlos von instrumentalem Post-Rock ins Metal-Fach zu wechseln.

Im Song „Mota“, der nahtlos anschließt, sind zunächst wieder sanftere Töne zu vernehmen. Doch auch hier baut Russian Circles peu à peu ein neues Metal-Riff auf, das sich verhalten inmitten der Drums ankündigt und sich schließlich reichlich lautstark-verzerrt Bahn bricht.

In Interviews beschreiben die Bandmitglieder, dass sie stets versuchen, Hässlichkeit und Verzweiflung musikalisch zu ordnen und in Schönheit umzuwandeln. Die Entwicklung der Musik klingt dabei stets natürlich organisch und nie erzwungen. Das Album ist quasi so ereignisreich wie das Leben selbst, mal passiert unglaublich viel, mal sind Pausen nötig. Guidance ist ein tolles Album – auch, um die Band und ihre facettenreiche Musik erstmalig zu entdecken.

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Minus the Bear – Voids Cover

Minus the Bear – Voids

Die Rocker von Minus the Bear veröffentlichten Anfang März ihr neues Album Voids. Die Band aus Seattle, die auch schon mit den ehemaligen Label-Kollegen von Russian Circles auf Tour war, bewegt sich musikalisch gesehen in einem weniger harten Genre. Das liegt auch an der Instrumentierung. Obwohl – wie etwa im zweiten Song des Albums „Give & Take“ – auch verzerrte Gitarrenriffs gereicht werden, spielen die Synthesizer- und Keyboard-Spuren eine große Rolle auf Voids und lassen die Musik sanfter klingen.

Die teils poppigen Ohrwurm-Melodien vom Keyboard und im Gesang machen aber gute Laune, die strukturierten und rhythmischen Melodien und Riffs der Gitarren lassen einen dabei interessiert zuhören: Kleine Spielereien wie Taktart-Wechsel bleiben bei Minus the Bear nicht aus und geben der Musik das gewisse Etwas. So könnte „Call the Cops“ ohne diese verspielten Details auch ein ganz normaler Radio-Popsong sein – doch mit dem Arrangement der Instrumente avanciert das Lied zu etwas Besonderem. Die ungewöhnlich häufigen Akzente des Schlagzeugs mittels der Snare bringen zusätzlichen Schwung in den Song. Die Jazz-Akkorde des Synthesizers legen sich über die sanften Gitarrentöne und zeigen, dass Minus the Bear weitaus mehr als eine durchschnittliche Rock-Band sind.

Ein für die Band typisches Gitarren-Motiv findet der Hörer auf der ersten Single-Auskopplung „Invisible“. Die stark mit Hall und Effekten unterlegte Gitarre gibt ein abgehaktes Riff zum Besten, das im Song repetitiv an die Oberfläche tritt. Obwohl sich die Keyboard- und Synthesizer-Spuren lautstark in Szene setzen, bleibt die Essenz des Liedes dieses Anfangsriff. Der zugehörige Gesang ist melodienreich und bleibt – typisch für die Band – im Ohr. „Invisible“ ist im Grunde der perfekte Einstieg, um Minus the Bear kennenzulernen, aber insgesamt ist jedes Stück des Albums schön aufgebaut und reich an Effekten und geschickter Instrumentierung. Minus the Bear enttäuscht auch mit seinem inzwischen siebten Album nicht und führt die eigene Entwicklung erneut einen Schritt weiter.

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