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Gorillaz – Plastic Beach

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Gorillaz - Plastic Beach

Auch dramatisch, wenngleich mit bedeutend weniger Pathos, geht es bei den Gorillaz zu. Das nach Gorillaz (2001) und Demon Days (2005) dritte Studioalbum der virtuellen Erfolgsband von Soundtüftler Damon Albarn und Zeichner Jamie Hewlett steht ganz im Zeichen der Apokalypse, und das nicht nur im Sinne des besungenen Weltunterganges, der da draußen dräut, nein, auch das schöne Comic/Musik-Gesamtkunstwerk wird sich nach diesem Album aus der Welt verabschieden.

War das erstmalige Auftreten der damals noch hochmysteriösen Gorillaz eine kleine Sensation, hat sich das Konzept der Manga-artigen Guerilla-Truppe mittlerweile überlebt. Schließlich soll man aufhören, wenn es am schönsten ist, und das tun die Gorillaz mit einem Knall. Entsprechendes kündigte der fiktive Gorillaz-Mastermind schon großspurig an: „Das kommende Album degradiert Demon Days zum bloßen Einheizer. Ich kann nur sagen, wir haben einen gehörigen Gang hochgeschaltet.“ Und tatsächlich dürfte Plastic Beach jener Teil der Albumtrilogie sein, bei dem das ursprüngliche Konzept am konsequentesten umgesetzt wurde. Begleitet von einem wahren Geschwader an Musikikonen begibt man sich auf einen Rundflug über Pop-, HipHop-, Dub-, Soul- und Elektrogefilde, spielt mit Widersprüchen und Gegensätzen wie zum Beispiel dem Aufeinandertreffen von Ost und West im Titel „White Flag“, wo die East Londoner Grime-Rapper Kano und Bashy auf das National Orchestra For Arabic Music treffen.

Gorillaz

Orchestral eröffnet von Arrangeur und Dirigent André de Ridder und seinem großartigen Viva Orchester, legt „Welcome To The World Of The Plastic Beach“ mit Rapper Snoop Dogg die konzeptionelle Marschrichtung fest: Da elektroorgelt es sich um die revolution, die zeitgemäß televized wird, um die pollution vom ocean, um herumhängende Kids und sich breitmachende Hoffnungslosigkeit. Was Wunder, liegt doch Plastic Beach am entferntesten Punkt von jedweder Landmasse der Erde und ist der wohl trostloseste Ort unseres Planeten. Ich fühle mich an die No Future-Achtziger erinnert, alles ist zukunftslos, leblos, selbst die Natur ist korrumpiert, der Regen nährt kein Leben mehr, sondern vergiftet, die Strände sind vermüllt, und zwischenmenschliche Liebe gibt es sowieso nur gegen Bares. Das Essen schmeckt zwar wie hausgemacht, besteht tatsächlich aber auch nur aus Kunststoff („Superfast Jellyfish“), das hat schon etwas von Matrix und ähnlichen unschönen Zukunftsszenarien. Hauptsache supersize und superfast, alles ist so supercool in der schönen neuen Plastikwelt! Kaugummiplastikelektrisch!

GorillazNun entbehrt es zwar nicht einer gewissen Konsequenz, die Welt auf der Goodbye-Platte solcherart hinter sich abzufackeln. Dessen ungeachtet liegt die Faszination von Plastic Beach nicht zuerst an der um das Album gesponnenen Legende, wie etwa der Flucht des fiktiven Bassisten Murdoc vor der Finanzkrise in den südlichen Pazifik („Glitter Freeze“), wo er sich mit seinen Mitstreitern Noodle, 2D und Russel auf einer schwimmenden Insel, nämlich dem Plastic Beach Headquarter, das ausschließlich aus Müll, Schutt und Überresten der Menschheit besteht, verschanzt hat. Man kann, ja muss dieses Album aber auch völlig losgelöst vom Gorillaz-Mythos hören, beginnend mit der Vorab-Single „Stylo“mit Mos Def und Bobby Womack), von Radio-DJ-Legende Zane Lowe als „heißeste Nummer auf der ganzen Welt” bewertet, während die Legendenbildung in Form von Murdoc Nicclas auf Twitter dazu verlautbarte: „Ein Leck! Ein Leck! Aus Plastic Beach ragt ein Leck hervor! Einer dieser russischen Piraten hat eine Kugel in meine Insel gejagt! Meine Single sickert durch! STYLO!”

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Weitere musikalische Gäste sind De La Soul, Lou Reed, Mark E. Smith (The Fall), Mick Jones und Paul Simonon, die hier zum ersten Mal seit seligen The Clash-Tagen wieder auf einem Album vereint sind, sowie das Hypnotic Brass Ensemble aus Chicago; dementsprechend reicht die Bandbreite der musikalischen Einflüsse auch hier von HipHop über (Post)-Punk zu Jazz und Soul. Ungeschlagen ist „Some Kind Of Nature“, wo Albarn den zerbrechlichen Gesang Lou Reeds in Widerspruch mit einem quäkigen Kinderkeyboard setzt. Am wohl coolsten aber ist „Pirate Jet“, das letzte Lied dieses ohnehin sehr coolen Albums. Was für ein Abschied! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich werde die Gorillaz vermissen.

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Plattenkritik: Buika | Gorillaz | Peter Gabriel

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