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Binker & Moses – Feeding the Machine

In der Londonder Jazz-Szene kommt man an Binker & Moses nicht vorbei. Das Duo aus Saxofonist Binker Golding und Schlagzeuger Moses Boyd brachte in den letzten Jahren mehrere Alben heraus, reine Instrumentalaufnahmen ohne Overdubs befanden sich darunter, aber auch Konzert-Mitschnitte. Für ihr neues, fünftes Album Feeding the Machine holten sie den Electro-Musiker Max Luthert ins Studio, der, wie der Albumtitel schon suggeriert, die Songs mit Effekten und Loops aus der Maschine anreicherte. Dadurch bewegen sich die sechs Stücke im Ambient-Bereich, ein Genre, in dem sich Binker & Moses bisher noch nicht bewegt haben. Doch auch ohne frühere Verbindung, oder gerade deshalb, wird man von dem Duo und Luthert nicht enttäuscht – im Gegenteil: Ambient klang noch nie so spannend.

Binker & Moses Feeding the Machine

„Feed Infinite“, das fast 9-minütige Herzstück der Platte, beginnt bizarr: Als hätte man das Abspieltempo einer Kassette stark verlangsamt, wabern downgepitchte Stimmen durch die Boxen. Das ruft eine fast gruselige Stimmung hervor, doch das Aufflammen dieses experimentellen Moments endet abrupt nach sechs Sekunden. Dann kommt eine meditative Soundwolke, die im Hintergrund elektrisch pulsiert und im Vordergrund aus Goldings langen Saxofon-Tönen besteht. In diese ruhige Atmosphäre schleicht sich langsam ein Synthesizer-Motiv hinein, das wie Regen auf dem Asphalt tröpfelt und dem Soundcluster eine Struktur gibt. Die wird noch weiter mit Boyds stotterndem Drumbeat ausgebaut, der sein ganz eigenes System aufbaut und die Snare und Becken immer weiter miteinbezieht. Auch das Saxofon wird immer definierter und spielt klarere Töne.

Dass die Band ohne Songideen oder Motive ins Studio ging, ist in Anbetracht dieser so organischen und einfühlsamen Aufnahmen unglaublich. Hier stimmt alles – von den Betonungen bis hin zu den komplexen Drums und den elektrischen Sounds, die sich aufbauen und präziser werden. Lediglich ein Konzept hätten die Musiker in ihren Köpfen gehabt, sagte Boyd in einem Interview. Es ist selten, dass Improvisationen keine langweiligen Momente für das Publikum beinhalten – das macht diese Platte zu einem Muss!

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Warpaint – Radiate Like This

Die US-Indie-Rockerinnen von Warpaint haben nach sechs Jahren ihr neues Album veröffentlicht. Radiate Like This klingt oft zurückgenommen und atmosphärisch, doch die starken Drumbeats von Schlagzeugerin Stella Mozgawa schieben die Songs wie gewohnt nach vorne.

Warpaint Radiate Like This

Der Opener „Champion“ zum Beispiel ist mit seinen unaufdringlichen, leichten Synthie-Tönen ein Stück, das man anfangs fast in die Kategorie „Supermarktbespaßung“ einsortieren möchte. Die Gitarre wird harmonisch gezupft und der Gesang ist mit „Ah ah ah“-Passagen lieblich und ohne Pepp. Der kommt erst bei Minute 2:30, als die Drums die Gitarre mit Becken-Betonungen anpeitschen und erstmals einige gebretterte Akkorde zu hören sind. Der Bass beginnt jetzt in einigen Passagen zu röhren – hier erkennt man die Band, die ihre großen Momente oft in instrumentalen Abschnitten hat, wieder.

Auf anderen Songs wie „Hard To Tell You“ oder „Like Sweetness“ geht es insgesamt ruhiger zu. Der Song „Hips“  sticht heraus, da er mit einem verschachtelten Beat und schlängelnden Bass gewaltig groovt und anheizt. Das Stück zählt zu den interessantesten Kompositionen des Albums. Warpaint spielen hier mit Rhythmus, Mehrstimmigkeit und vokalen Harmonien. Die Frauen bauen instrumental Spannung auf, durchbrechen diese aber nie ganz. Auch das Stück „Trouble“ hebt sich ab, da es nicht sorgenlos rüberkommt, sondern eine düstere Stimmung verbreitet. Die Ballade mit Klavier und Streicher-Unterstützung bleibt mit ihrem markanten Harmonie-Wechsel-Chorus im Ohr. Das klingt wie graue Tage, an denen die Sonne dann doch noch einmal durchscheint – sehr schön.

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Bloc Party – Alpha Games

Bloc Party, die britischen Post-Punker um Frontmann Kele Okereke, haben ihr sechstes Album Alpha Games veröffentlicht. Die Geschichte der Band, die 2005 ihren Durchbruch hatte, ist geprägt von Pausen und Mitglieder-Wechseln. Zwischendurch zog Okereke nach Berlin und experimentierte in seiner Solo-Karriere mit Electro und Techno.

Bloc Party Alpha Games

Das kommt auf der neuen Platte manchmal durch, doch vor allem dominieren dunkle Post-Punk-Riffs wie auf der Single „Traps“, die mit einem rollenden Gitarren-Motiv und einer klirrenden Hi-Hat im Off-Beat vorantreibt. Der Drumfill-lastige Chorus ist mit kurzen Arpeggien und offenen Akkorden lieblicher, wird jedoch gleich wieder von der donnernden Strophe abgelöst. Das Stück endet in einem sich zuspitzenden Gitarrensolo und geht über in „You Should Know The Truth“ – einem poppigen Song, dem es im Gegensatz zu „Traps“ am gewissen Etwas fehlt. Die Gitarren akzentuieren die Strophe interessant, da sie Melodien und abgehackte Akkorde überkreuzen, doch der Chorus wirkt mit dem repetitiven „You Should Know The Truth“, das von den Gitarren wiederholt wird, ideenlos und lasch.

Andere Songs überzeugen wiederum, wie etwa „Sex Magik“, das mit einem wabernden Synthie-Sound anfängt und eine tolle Verbindung von Dance- und Rock-Band-Besetzung aufbaut. Hier und auf „By Any Means Necessary“ möchte man meinen, dass Bloc Party sich ausprobieren und über ihren legendären Sound als Band hinausgehen, denn rumpelnde Gitarren und Drums lassen sich nicht finden. Alles baut auf einem Electro-Sound auf, der aber nicht belanglos ist, da die Band Überraschungsmomente kreiert, die sie von (anderen) Electro-Acts unterscheiden. Auf „Sex Magik“ etwa durchbricht eine Gitarre das fortschreitende Wabern der zweiten Songhälfte mit brüllenden Akkorden in neue Harmonien, was dem Song Vielschichtigkeit verleiht. Auch wenn das Album nicht durchgehend überzeugt, sorgen diese ungewöhnlichen Eingriffe dafür, dass es sich lohnt, hineinzuhören.

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Kimber Kable

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