Beak> – >>>>
Die experimentellen und progressiven Rocker Beak> um den auch bei Portishead aktiven Geoff Barrow haben ihr fünftes Album veröffentlicht. Das wie sein Vorgänger mit Größer-als-Zeichen betitelte Album, diesmal >>>> statt der drei Zeichen seines Vorgängers, tastet sich mit langen, atmosphärischen Stücken an einen geheimnisvollen und interessanten Elektro-Sound heran.
Der Opener „Strawberry Line“ ist acht Minuten lang und beginnt mit theatralischen Orgelklängen, die über 1:30 Minuten solo erklingen. Nachdem dann Barrow‘s Gesang einsetzt, kommt um die vierte Minute auch noch sein funky Schlagzeug dazu. Das Stück nimmt über die Zeit immer mehr an Form an und wirkt durch den schlängelnden Synthesizer und weitere elektronische Soli in den letzten beiden Minuten wie ein musikalischer Sog, dem man nicht entkommen kann.
In anderen Stücken wie „The Seal“ geht es mit einem Bass und einem stoischen Drum-Motiv in Richtung Kraut. Fast drei Minuten fließt dieses Drum-und-Bass-Riff mit den Vocals vor sich hin und erinnert an einen erfolgreichen Jam. Später kommen noch weitere elektronische Sounds dazu, ein Gitarrensolo und harmonische Variationen des Basses. Die vorsichtig-zurückhaltende Tendenz des Songs überträgt sich durch den Gesang, der sich zwar wiederholt, aber nie ausbricht oder in eine Art Chorus übergeht, obwohl die Instrumente gen Ende neue Wege gehen. Das Spiel, Songstrukturen und Erwartungen zu durchbrechen, macht das Stück zu einem atmosphärischen Meisterwerk, das man gerne live sehen würde. Auch der klirrende Übergang in den nächsten Track „Windmill Hill“ ist genial. In dem heulenden Zwei-Minuten-Stück klingt jedes Instrument wie ausgetauscht und es kracht und scheppert. Trotz der musikalischen Kontraste hört sich das Album aber nicht willkürlich an, sondern wie eine organische Anreihung von Stücken, die alle ein Eigenleben besitzen.
Die Stimmen am Anfang von „Secrets“ vermittelt eine authentische Stimmung, die sich zuvor schon in den Jam-artigen Stücken ergeben hat. Hier sind drei Musiker am Werk, die zusammen Großartiges erschaffen und interessante Musik liefern. Unbedingt reinhören!
Beak> – >>>> auf Amazon anhören
Amen Dunes – Death Jokes
Bereits sein sechstes Album veröffentlicht der US-amerikanische Musiker Damon McMahon unter seinem Künstler-Alias Amen Dunes mit Death Jokes. So heißt auch das sampleschwere Intro, in dem neben Stimmen ein Drumbeat und ein klimperndes Piano zu hören sind. Danach geht es etwas eingängiger weiter.
„Ian“ ist ein ruhiges, melancholisches Stück in Bandbesetzung, in das sich immer wieder verzerrte Elektroklänge einschleichen und die an sich sanfte Atmosphäre durchbrechen. McMahon singt langgezogen über zerbrochene Beziehungen und Erinnerungen. Besonders belebend sind die Hip-Hop-Beat-Interludes, die Songs wie diesen auflockern und in ein anderes Licht rücken. Denn so melancholisch das Stück ist, der anschließende einminütige „Joyrider“ entführt den Hörer in funkige und aufstrebende musikalische Welten.
Die Single „Boys“ hingegen verbindet die von McMahon oft beschworene Melancholie mit einem musikalischen Optimismus, der die Elemente seines Projekts Amen Dunes perfekt vereint. Neben der typischen Bandbesetzung aus Gitarre, Drums und Bass taucht hier immer wieder eine gesampelte und gepitchte Stimme auf. Zum Ende des Stücks wird „Boys“ außerdem mit einem krisseligen Electro-Beat und mysteriösen Vocal-Experimenten zu einem Avantgarde-Techno-Erlebnis, das man so nicht erwartet hätte.
Genau diese Wechsel und Vermischungen verschiedener Genres machen das Album interessant. Rock, Hip-Hop, Electro und Experimental kommen hier auf selbstverständliche Art und Weise zusammen, was mal funky, mal mehr nach Hip-Hop oder, wie in dem Song „Exocus“, psychedelisch klingt. Auf jeden Fall eröffnet Amen Dunes einem ein hörenswertes Klangerlebnis mit ungewohnten Wendungen und Kombinationen – sehr gut!
Amen Dunes – Death Jokes auf Amazon anhören
Goat Girl – Below the Waste
Auf dem neuen Album Below the Waste von Goat Girl geht es synthiepopig und noisy zu. Die drei Londoner Bandmitglieder Lottie, Rosy und Holly kombinieren einen verträumt-folkigen Sound mit Gitarren und poppigen Elementen.
Der dreamy Einstieg mit „reprise“ führt gleich in eine märchenhafte Welt. Hier seufzen die Stimmen der Band, dazu erklingt eine akustische Gitarre, die sanft Akkorde beisteuert und ab und an hört man Vögel zwitschern und sonstige Geräusche aufflammen. Der folgende Track „ride around“ besitzt hingegen mehr Wumms: Das Gitarrenmotiv vom Opener wird wiederverwertet und verzerrt angeschlagen, dazu kommt ein dröhnender Bass und ein Schlagzeug, das dem Motiv Luft zum Atmen lässt – und dann umso krachender ertönt, wenn der Gesang pausiert. Das Ein- und Aussetzen der Drums macht das Stück dynamisch und interessant. Später gesellen sich noch neue Motive in den Instrumentalpassagen hinzu, die von folkigen Klängen bis hin zu Noise eine große Bandbreite an Einflüssen widerspiegeln.
Andere Songs wie „words fell out“ offenbaren wunderbar poppige Gesangsmelodien zu einem lebendigen Bassspiel und verhaltenden Synthie-Klängen. Die längeren instrumentalen Parts lassen Raum für Gitarrensoli, die in dem märchenhaften Klanggerüst fast untergehen. Darin zeigt sich die Stärke der Band, die musikalisch eine Magie einfangen kann, in der nicht das Ego, sondern große Gefühle dominieren.
Doch die Band kann auch anders als verträumt: Auf „tcnc“ wummert ein Electro-Motiv und erzeugt Club-Atmosphäre. Die Vocals sind oft gesprochen oder geschrien. Dass später noch Drums und Gitarren einsetzen, verstärkt den Industrial-Sog noch. Der Song geht direkt über in „where’s ur <3“, eine Nummer, die musikalisch runterfährt und mit einem Bass-Motiv ruhigere Klänge anstimmt. Mit Songs wie diesen und den verträumten anderen Stücken ist das Album ein faszinierender Ritt durch Gefühlswelten. Dabei schaffen es Goat Girl, dass ihre Songs einen unnahbaren und mystischen Touch behalten – super!
Goat Girl – Below the Waste auf Amazon anhören