Ein Audio-Kabel besteht aus drei Elementen respektive Bauteilen: Dem Leiter, dem Isolationsmaterial (genauer dem Dielektrikum) – und natürlich den Steckern, die die Verbindung zum Equipment / zum Lautsprecher ermöglichen.
1. Der Leiter
Die Leiter eines Kabels sind in aller Regel aus Kupfer oder – seltener – aus Silber. Silber hat einen leicht höheren Leitwert als Kupfer, die Verwendung dieses teuren Materials kann aber nicht nur deshalb sinnvoll sein: Im Sinne eines dauerhaften, ungestörten Signaltransfers ist ein weiterer Vorteil, dass Silberoxid – im Gegensatz zum Kupferoxid – ebenfalls einen hohen Leitwert besitzen. Der Zahn der Zeit lässt also beim Silber das „elektrisch bessere Verfallsprodukt“ entstehen.
Der Leitwert eines Stoffes ist nichts anders als der Kehrwert seines Widerstandes:
G = 1 / R
und wird in der Einheit Siemens gemessen. Ein Stoff mit einem geringen spezifischen Widerstand besitzt also einen hohen Leitwert.
Der Widerstand, den ein Stoff dem Stromfluss entgegensetzt, resultiert aus seiner spezifischen atomaren Struktur. Je wahrscheinlicher es ist, dass der Strom freier Ladungsträger mit Atomen des Materials kollidiert, desto höher ist auch sein elektrischer Widerstand. Metalle weisen eine kristalline Struktur auf und freie Elektronen können sich wie eine „Gaswolke“ durch dieses Kristallgitter bewegen. Bei Materialien mit eher unregelmäßiger atomarer Struktur (z.B. Keramik, Glas) ist das nicht möglich, daher sind sie Isolatoren.
Bei gegebener Temperatur, Länge und Querschnitt des Leiters, hängt der Widerstand (und somit die Leitfähigkeit) theoretisch nur vom Material selbst ab. Man spricht hierbei von seinem „spezifischen Widerstand“. Beispielhaft drei Werte:
- Silber: 0,0159 (Ohm * mm²/m)
- Kupfer: 0,0178 (Ohm * mm²/m)
- Gold: 0,0244 (Ohm * mm²/m)
In der Praxis wird der Leitwert aber auch von Verunreinigungen und Gitterbaufehlern bestimmt, welche in unterschiedlichem Maße in jedem Material vorkommen.
Die meisten Audio-Kabel sind aus Kupfer. Der Preis spielt hierbei sicherlich eine Rolle, aber auch der Umstand, dass manche Hörer Silber als „zu hell timbriert“ empfinden. Kupfer ist dabei nicht gleich Kupfer.
Die Qualität dieses Metalls wird nach mehreren Gesichtspunkten beurteilt:
- Dem Reinheitsgrad: Dieser gibt an, wie hoch der Anteil sonstiger Elemente im Material ist. Ein Reinheitsgrad von 99,95% meint also, das 0,05 % des Stoffes nicht aus Kupfer, sondern aus Eisen, Schwefel, Aluminium, etc. besteht. Gemeinhin wird angenommen: Je reiner das Kupfer ist, umso weniger Störstellen also die homogene Struktur des Metalls behindern, desto besser wird dies auch für das empfindliche Audiosignal sein. Ob aber 99,99995 % tatsächlich hörbar besser als 99,99992 % ist, sei dahingestellt. Des Öfteren liest man in diesem Zusammenhang auch die Kürzel OFC oder OFHC – hierbei geht es um den Sauerstoffgehalt des Materials: Die Begriffe „Oxygen-Free-Copper“ bzw. „Oxygen Free High Conductivity“ weisen darauf hin, dass der Sauerstoffanteil dieser Art Kupfer reduziert wurde („Free“ ist es streng genommen nicht). Normales Kupfer enthält circa 250 ppm (parts per million) Sauerstoff, das reduzierte OFC/OFHC lediglich um die 40-50 ppm. Dies verringert die Oxidation (die chemische Reaktion eines Stoffes mit Sauerstoff) zwischen den einzelnen Kupferkristallen und verbessert damit den Signaltransport.
- Der Kristalllänge: Normales Kupfer hat eine körnige Struktur, es enthält 4.000 bis 5.000 „Körner“ (Kristalle) pro Meter. Die Schnittstellen an diesen Kristallen können wie „Mini-Schaltkreise“ wirken – mit einer eigenen Induktivität, Kapazität und einer „Dioden-Funktion“ (d.h. der Strom wird nur in eine Richtung durchgelassen). Solche Effekte möchte man im Signalweg natürlich nicht vorfinden, daher auch das Bemühen, langkristallines Kupfer herzustellen. Durch die Verwendung von OFC-Kupfer kann die Anzahl der Kristalle/Meter reduziert werden (auf circa 1.000). Noch besser ist das sogenannte LGC-Kupfer („Long Grain Copper“). Dieses reduziert die Menge der Kristalle auf nur noch circa 200 bis 300 pro Meter. Das wohl avancierteste Verfahren nennt sich UP-OCC: Ultra Pur Copper – Ohno Continous Casting. Bei diesem, vom Namensgeber Herrn Professor Ohno erfundenen Verfahren, wird der Leiter mehr gegossen denn – wie sonst üblich – (kalt) gezogen. Das Resultat ist ein Kupferleiter, der eine Kristalllänge von über 200 Metern aufweisen kann. Man redet hierbei auch von monokristallinem Kupfer.
Die Kristallstruktur des Metalls soll übrigens im Zusammenhang mit der „Laufrichtungsgebundenheit“ eines Kabels stehen. Die Kupfer-Kristalle sind nämlich nicht zufällig angeordnet, sondern haben eine bestimmte Ausrichtung. Manche behaupten, dies sei hörbar – andere werden nicht müde, sich genau hierüber lustig zu machen …
2. Das Dielektrikum
Dem gesunden Menschenverstand mag es widersprechen – aber die Wahl des Isolationsmaterials um die einzelnen Leiter ist für eine gute Konstruktion mitentscheidend.
Die Isolierung zwischen den Leitern kann nämlich als Dielektrikum bezeichnet werden, da sich zwischen ihnen – also im Isolationsmaterial – ein elektrisches Feld aufbaut. Daher lassen sich die parallel zueinander verlaufenden (Hin- und Rück-)Leiter zunächst auch wie ein einfacher Plattenkondensator vorstellen. Die Kapazität (bei gegebener Länge und Stärke der Leiter) ist vom Abstand der Leiter zueinander (der Dicke des Dielektrikums) und vom Isolations material selbst abhängt. Der Einfluss von Letzterem auf die Kapazität lässt sich mit der „Dielektrizitätszahl“ EpsilonR beschreiben – je höher diese, desto größer die Kapazität:
C = EpsilonR * Epsilon0 * A / d
(A=Plattenfläche, d = Plattenabstand, Epsilon0 = Konstante)
Luft hat den EpsilonR-Wert 1, Papier 2 und bei bestimmten Keramikarten sind vierstellige Werte möglich. Die Stärke (in der Formel das „d“) und die Art des Isolationsmaterials bestimmen also – wie gesagt – wesentlich die Kapazität des Kabels. Diese Kabelkapazität wird vor allem bei Cinch– und XLR-Verbindern als ein wesentlicher Parameter angesehen. Hier können hochkapazitive Verbindungen zwischen Quelle und Empfänger Probleme verursachen:
Ist beispielsweise die Ausgangsimpedanz einer Vorstufe relativ hoch und die Eingangsimpedanz einer Endstufe relativ gering, so kann durch ein hochkapazitives Kabel das Problem verschärft werden. Denn eine hohe Kapazität geht mit einem geringen kapazitiven Bindwiderstand einher (Rc = 1 / (2 * Pi * f * C)). Bei tiefen Frequenzen ist dies kein Problem, der kapazitive Blindwiderstand ist sehr hoch, aber mit steigender Frequenz sinkt dieser. Man kann sich dies als einen mit der Masse verbundenen Widerstand vorstellen, der mit steigender Frequenz immer geringer wird. Als Folge daraus, fällt mehr und mehr Spannung an der Ausgangsimpedanz der Vorstufe und nicht mehr an der Eingangsimpedanz der Endstufe ab. Das Setup gleicht einem Tiefpass – die Auswirkungen sind ein Höhenverlust und eine Einschränkung der Dynamik. Im Extrem kann es sogar zu einer clippenden Vorstufe kommen, da der durch die geringe Impedanz der Endstufe und die hohe Kapazität des Kabels verursachte höhere Strombedarf eventuell nicht mehr befriedigt werden kann. (siehe Harley, 2004, S. 512ff.)
Neben der Auswirkung auf die Kapazität eines Kabels, gilt es bei der Wahl des geeigneten Dielektrikums aber auch die sogenannte „dielektrische Absorption“ zu beachten. Hierunter versteht man den Effekt, dass ein Kondensator nach seiner Entladung erneut eine gewisse Spannung aufbaut und dadurch imstande ist, abermals Energie abzugeben. Ein typisches Messverfahren geht wie folgt: Ein Kondensator wird zunächst 5 Minuten aufgeladen und anschließend fünf Sekunden entladen. Dann lässt man die Anschlüsse eine Minute ruhen und misst – darauf folgend – die sogenannte „Recovery-Spannung“, die durch die dielektrische Absorption verursacht wird. Die Spannung wird in Prozent der ursprünglich am Kondensator anliegenden (Lade)Spannung gemessen. Der Grund für die dielektrische Absorption wird in Polarisationseffekten (Ladungsverschiebung) im Isolationsmaterial selbst gesehen und ist weitestgehend unabhängig von der Kapazität.
Um auf das Thema Kabel zurückzukommen: Es ist leicht einzusehen, dass diese Recovery-Spannungen unerwünscht sind, denn sie verfälschen das ursprüngliche Signal indem sie – zeitversetzt – der „ersten Spannung“ ein „Echo“ hinzufügen. Die elektrische Energie in einem Kabel sollte …
a) … am besten gar nicht vom Dielektrikum aufgenommen werden und …
b) … wenn sie doch aufgenommen wird, möglichst vollständig absorbiert werden (Wärmeumwandlung).
c) Wenn a) und b) nicht möglich sind und es somit zu einer Reflexion kommt, dann sollte diese mit möglichst geringem Phasenfehler („so schnell wie möglich“) und über das Frequenzspektrum hinweg gleichmäßig erfolgen.
Die Wahl des richtigen Dielektrikummaterials beeinflusst den beschriebenen Effekt. Luft wird häufig als „das beste Dielektrikum“ bezeichnet – entsprechend findet bei einigen Herstellern ein faser- oder schaumartiges Material mit hohem Luftanteil Verwendung. Weitere gute bis sehr gute Materialien sind: Polyethylene, Polypropylen oder Teflon.
3. Die Verbindungen / Stecker
Zu einem guten Kabel gehört natürlich auch ein guter Stecker. Allgemein wünschenswert sind eine große Kontaktfläche und ein hoher Kontaktdruck an der Übergangsstelle zur Komponente bzw. zum Lautsprecher. Da zudem eine hohe Leitfähigkeit des Steckermaterials wichtig ist, wird meist Kupfer (oder Legierungen dessen) verwendet. Die Verbindung sollte weiterhin oxidationsbeständig sein – deshalb sind in der Praxis häufig Oberflächenveredelungen mit Gold, Silber oder Rhodium vorzufinden.
Verschiedene Techniken sollen einen möglichst verlustfreien Kontakt garantieren:
So wird bei der an Lautsprecherkabeln vorzufindenden Spreizbanana durch „Drehen“ ein sich im Inneren des signalführenden Kontaktes befindlicher Keil verschoben, so dass der Steckkontakt auseinander spreizt und ein höherer Druck auf die Kontaktfläche der Buchse entsteht.
Sehr üblich ist aber auch die Hohlbanana:
Allerdings ist der klassische, simple Kabelschuh mitunter das geeignetere Mittel. In Abhängigkeit von der Beschaffenheit der Lautsprecherklemmen, ermöglichen sie oftmals einen noch stärkeren Kontaktdruck.
Bei Cinchsteckern ist natürlich die „WBT-Technik“ bekannt: Durch Schrauben des äußeren Ringes wird ein fester Massekontakt mit der Buchse sichergestellt.
Der Neutrik-Stecker kann dagegen auch während des Betriebes ein- und ausgesteckt werden: Die vorgelagerte „Massehülse“ sorgt dafür, das eben zunächst ein Massekontakt hergestellt wird.
Wegen möglicher Inhomogenitäten zwischen Leiterquerschnitt und Steckerpin, bevorzugen einige den (ebenfalls koaxialen) BNC-Anschluss. Er läßt sich aber häufiger im Studiobereich finden:
Eine gute Verbindung sollte freilich auch zwischen dem Stecker und dem Leiter des Kabels bestehen. Die besten Verfahren sind sicherlich crimpen oder löten – letzteres dürfte nach wie vor die häufigste Methode sein. Eine Lötverbindung kann aber diverse Probleme mit sich bringen: Umwelteinflüsse (Temperaturschwankungen, Strombelastungen, etc.) können die Lötstelle evtuell vom Stecker (teilweise oder ganz) lösen. Auch Luftfeuchtigkeit kann im Laufe der Zeit die Verbindung Leiter / Stecker / Lot in Mitleidenschaft ziehen. Die geringere Leitfähigkeit des Lötmaterials selbst, ist ebenfalls einem geringen Übergangswiderstand nicht förderlich.
Daher halten viele das Crimpen (auch „Kaltverschweißen“ genannt) für die bessere Technik. Mit sehr hohem Anpressdruck und möglichst großer Kontaktfläche wird über das Leiterende eine Hülse gequetscht. Der Vorteil besteht darin, dass hier „Material mit Material“, ohne Zuhilfenahme eines dritten Stoffes (des Lots), direkt verbunden wird – und das im Idealfall sogar luftdicht. Auch ein („richtiges“) Schweißen mittels hoher Ströme kommt vor – die Metalle des Steckers und des Leiters schmelzen hierbei und gehen dadurch eine feste Verbindung ein.