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Kult, Oldies & viel Zeit: Service bei ASR-Emitter-Verstärkern

19. September 2022 / Phillipp Imm

Vor einigen Wochen ist durch Erbschaft ein ASR Emitter I zu mir gekommen (aus den 90er-Jahren, mit 2 Dynaudio-Boxen). Mir hat diese Marke nichts gesagt, aber nach kurzen Googeln war mir klar, dass es was Besonderes zu sein scheint (ich habe unter anderem das ASR-Audiosysteme-Firmenportrait von Frank Hakopians gelesen). Die Firmengeschichte und auch die Hingabe des Gründers Friedrich Schäfer, mit der er seine Produkte immer weiter verbessert, haben mir imponiert. Bei der Installation des Emitters gelang es mir leider nicht, die Balance auf meine Raumverhältnisse anzupassen (Fernbedienung kaputt und über den Drucknopf am Gehäuse hab ich es nicht hingekriegt).

Also rufe ich eben direkt bei ASR an. Ein Mitarbeiter der Fima ist gleich für mich da. Er navigiert mich, so dass ich mich mittels Knopfdrücken und Volumenrad-Drehen durch die Einstellungen navigieren kann. Das Problem ist leider nicht so leicht zu lösen … immer weiter geht es in die geheimsten Konfigurationswinkel des Emitters hinein. Langsam kriege ich ein schlechtes Gewissen, wie lange ich die Telefonleitung von ASR blockiere. Und zusehends mirakulös kommt mir vor, wie der Servicemann immer schon jede Standardeinstellung kennt, zu der er mich leitet (Displayhelligkeit, diverse Pegelausgänge usw. usw.). Und gelegentlich sagt, ich solle den Zahlenwert ändern, die Standardeinstellung habe man damals nicht gut gemacht. Irgendwann wird es mir unheimlich und ich frage: „Wie ist es möglich, dass Sie in diesem fast 30 Jahre alten Gerät Dutzende von Zahleneinstellungen kennen und aus dem Kopf wissen, wann welche als nächstes kommt !???“ „Naja“, wird mir entgegnet, „ich hab das Gerät ja schließlich entwickelt..“ Auweia … ich stehle also gerade dem Chefentwickler und Firmenchef die Zeit, in der er sicher viel lieber am Klang seiner Verstärker tüfteln würde!

Die Servicemitarbeiterin sei gerade in Urlaub, entgegnet mir Herr Schäfer, und so sei halt heute er dran mit Telefon und Mails beantworten. Es geht dann noch eine ziemliche Weile weiter mit der Suche nach der richtigen Balance, erstmal ohne Erfolg. Schließlich stellt sich heraus, dass ich beide Boxen auf der gleichen Ausgangs-Seite angeschlossen habe… Problem gelöst und ich blamiert!

Und auch in dieser Situation, nachdem wirklich seeehr viel Zeit vergangen war, bemerke ich keinerlei Verstimmung bei Friedrich Schäfer, dass er sich so lange mit einem kompletten Hifi-Dilettanten rumschlagen musste. ASR Audiosysteme sei, so kann man ja öfters lesen, auf dem Weg zu einer Kultmarke. Für mich jedenfalls hat diese Firma seit meinem Anruf einen gesicherten Kultstatus erreicht! Für das, was ich da erlebt habe, klingt der Ausdruck „gute Servicequaität“ irgendwie schal. Wie sich Friedrich Schäfer alle Zahlen und Drück-Dreh-Einstell-Kombis eines jahrzehntealten Gerätes ohne einen Fehler oder eine Erinnerungslücke merken kann, ist mir immer noch ein Rätsel. Ich glaube, für sowas braucht man ein Spezialgehirn. Aber wahrscheinlich kann ein Hirn mit Normalwindung auch nicht solche Verstärker entwerfen.

Phillipp Imm

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