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Kontraproduktiver Purismus?

16. August 2024 / Dr. Hans-Ingo Trompeter

Optische Anmutung, DSP, Keramik … ich denke nicht, dass die Lyravox Karlmann etwas für mich wäre, aber ein Aspekt in Eurem Bericht ist spannend, weil viel zu wenig beachtet: ein neutraler Frequenzschrieb eines Lautsprechers bürgt nämlich nicht für guten Klang. Vielmehr sind 2 Aspekte zu beachten, die leider zu wenig diskutiert werden, nämlich die Anpassung des Lautsprechers an den Hörraum und an die jeweilige Aufnahme, die man gerade hört.

In meinem Hörraum habe ich, bedingt durch eine Trockenbauwand, eine gewisse Aufdickung im oberen Bassbereich (wohlgemerkt KEINE Raummode). Diese mit einem DSP zu korrigieren, kommt für mich nicht in Frage, da ich sowohl analog wie digital höre, den Digitalklang per Wandler selber im Griff haben möchte und jede zusätzlich AD / DA Wandlung dem Signal zwangsläufig abträglich ist. Auch höre ich unterschiedliche Genres und Aufnahmen unterschiedlichen Alters und Qualität, da gibt es keine Tonalität einer Anlage, die für alles passt. Der Ansatz von Lyravox, 3 Presets zu implementieren, geht zwar in die richtige Richtung, ist aber nicht praxistauglich genug, um den unterschiedlichen Anforderungen verschiedenster Aufnahmen zu genügen.

Der in der High-End Welt verbreitete Purismus, auf Klangregler zu verzichten, ist hier leider kontraproduktiv. Seit langem wünschte ich mir daher eine seriöse Equalizer-Lösung, mit der ich flexibel und „spontan“ den Klang justieren kann, den eine Aufnahme benötigt. Nun kommt die Firma McIntosh mit ihrem Stand-Alone Equalizer MQ112, ins Spiel. Den habe ich mal blind gekauft und bin hoch begeistert von den Möglichkeiten, nicht nur die Tonalität der Anlage im Bass- und Gundtonbereich an den Raum anzupassen, sondern eben auch allen Aufnahmen die Tonalität zukommen zu lassen, welche sie zum musikalischen Genuss werden lassen. Insbesondere die Tilt-Regelung, auch als „Klangwaage“ bekannt, ist häufig ein wahrer Segen. Beschäftigt Euch doch mal mit Equalizern und deren Möglichkeiten in der Praxis, es lohnt sich!

Dr. Hans-Ingo Trompeter

Sehr geehrter Herr Dr. Trompeter,

vielen Dank für Ihre interessante Zuschrift zu unserem Test des Lyravox Karlmann.

Analoge Equalizer wie der von McIntosh, den wir in unseren News vorgestellt haben, sind in der Tat selten geworden, was daran liegen mag, dass DSPs oder Raumakustik-Messsoftware wie Dirac ihre Arbeit weitgehend übernommen haben. Analoghörer schrecken oft davor zurück, und natürlich ist eine zusätzliche AD/DA-Wandlung nie verlustfrei - ein zusätzliches analoges Gerät im Signalweg natürlich auch nicht, insofern vertrete ich den pragmatischen Standpunkt, dass letztlich das Endergebnis zählt. DSP-basierte Lösungen können zumindest theoretisch gezielter eingreifen, was schon ein Vorteil sein kann, der allerdings auch mit höherem Aufwand (Einmessen) einhergeht; zudem können auch Probleme jenseits der Tonalität angegangen werden, z.B. Laufzeitunterschiede zwischen den Kanälen.

Wie dem auch sei, es ist schön, dass Sie mit dem McIntosh MQ112 Equalizer eine Lösung gefunden haben, mit der Ihre unterschiedlichen Aufnahmen zum Genuss werden. Ich denke auch, dass ein falsch verstandener Purismus dem Musikgenuss schaden kann – und darum geht es uns doch letztlich ...

Viele Grüße
Ralph Werner

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