Wie die Zeit vergeht. Fast zehn Jahre ist es her, dass sich mein Kollege Martin Mertens auf den Weg über die Alpen nach Italien machte, um die unter dem Dach von A.R.I.A. – Advanced Research in Audio – vereinten Hersteller Unison Research und Opera zu besuchen. Ersterer ist bekannt für edle Röhrenverstärker und kraftvolle Hybrid-Amps, letzterer für Lautsprechertechnik mit wohnraumfreundlichem Appeal, der sich in gediegener italienischer Tischlerarbeit und edlen Holzfurnieren manifestiert.
Damals führte noch Giovanni Nasta, der mit Unison Researchs Entwicklerlegende Giovanni Maria Sacchetti den Zusammenschluss beider Hersteller in die Wege leitete, das Unternehmen. Nastas Begeisterung für HiFi und Musik, speziell für die Oper, galt als ansteckend. Als ausgebildeter Sommelier war er zudem Experte für italienische Weine. Hannes Knorn – langjähriger Chef von TAD (www.tad-audiovertrieb.de), dem deutschen Vertrieb beider Marken – wird als ebenso leidenschaftlich beschrieben. Da ist es leicht nachvollziehbar, dass die Chemie zwischen den beiden gestimmt haben muss.
Bei A.R.I.A. und TAD mussten in den letzten Jahren Schicksalsschläge verkraften werden, sowohl Nasta wie auch der TAD-Chef verstarben. Hier wie dort fanden sich jedoch würdige Nachfolger. Bei TAD in Aschau hat Tochter Paula Knorn das Ruder in die Hand genommen, während in Dosson di Casier, dem nahe Treviso gelegenen Firmensitz von A.R.I.A, die Söhne Nastas – Bartolomeo und Ricardo – das Erbe antraten. Beide sind bereits zu Lebzeiten des Seniorchefs in der Geschäftsleitung tätig gewesen, was der Firma Kontinuität beschert.
Stehengeblieben ist die Zeit bei Unison Research und Opera freilich nicht, und um das nachdrücklich zu demonstrieren, bat man die Presse erneut zu sich nach Dosson di Casier – ein Ruf, dem wir gerne Folge leisteten.
Start im Chiemgau
Wir starten morgens von Aschau im Chiemgau, wo TAD beheimatet ist. Wunderbarerweise geht es erstaunlich staufrei und damit zügig voran. Am Himmel über der Tauern-Autobahn hängen die Wolken tief, doch kaum nähern wir uns Venetien, zeigt sich die Sonne wieder. Am späten Nachmittag steht nicht etwa ein Briefing in der Firmenzentrale auf dem Programm, sondern ein entspannter Spaziergang durch Treviso, denn der Ort, der von der Sile durchflossen wird, verfügt über einen pittoresken Ortskern.
Bartolomeo Nasta persönlich gibt den Fremdenführer und erklärt uns wortreich und bereitwillig die Sehenswürdigkeiten Trevisos. Später endet die Besichtigungstour in einem kleinen Lokal am Ufer der Sile. Hier gibt es dann auch den bereits bei unserem ersten Besuch so eindrücklich erwähnten Prosecco, gefolgt von nicht weniger gut mundenden Weinen.
Firmenhistorie
Der nächste Tag beginnt mit einem Vortrag Nastas zur Firmenhistorie von Unison Research und Opera.
Unison Research wird 1987 von einer Gruppe Audiophiler um Giovanni Maria Sacchetti gegründet. Sacchetti, ein ausgewiesener Spezialist für Röhrentechnik, entwickelt in Folge für Unison Research so legendäre Verstärker wie die Triode 20, den Simply Two – ein großer kommerzieller Erfolg – oder das physische wie klangliche Schwergewicht Absolute 845. Neben seiner Tätigkeit für Unison Research hält Sacchetti Vorlesungen im Fach Elektrotechnik an der Universität von Padua.
Opera Loudspeakers hingegen wird im Jahr 1989 von Giovanni Nasta im nahen Preganziol ins Leben gerufen. Zuvor hatte er Lautsprecher aus englischer Fertigung importiert, doch nun soll die Entwicklung und Fertigung hochwertiger italienscher Schallwandler seine Passion werden.
Nasta und Sacchetti lernen sich kennen und bemerken rasch, dass ihre Ansichten in Sachen Musik-Reproduktion in vielen Punkten übereinstimmen. Um die offensichtlichen Synergien zu nutzen, führen sie ihre Firmen im Jahr 2000 schließlich unter einem Dach zusammen. Das neue Firmengebäude in Dosson di Casier bietet der gemeinsamen Unternehmung ausreichend Platz. Um Giovanni Maria Sacchetti zu entlasten, wird Nasta Managing Director bei Unison Research.
Auch das Produktportfolio entwickelt sich weiter, etwa mit der Einführung von Hybrid-Verstärkern, die sich bis heute zusammen mit CD-Spielern in der Unico-Serie finden; um diese zu realisieren, kooperiert man mit Professor Leopoldo Rosetto, der gleichfalls an der Universität von Padua lehrt. Doch auch die klassischen Röhrenverstärker werden bei Unison Research keinesfalls vernachlässigt, wie die Entwicklung des erfolgreichen Simply Italy oder der im letzten Jahr vorgestellte Simply 845 beweisen.
2004 übernimmt Dr. Mario Bon die Entwicklungsarbeit bei Opera. Seine erste Schöpfung ist die Callas Divina. Er ist sowohl für die aktuelle Linea Classica und die Callas-Serie verantwortlich als auch für die unter dem Label von Unison auf den Markt gebrachten Lautsprecher Max, Max Mini und Malibran. Inzwischen hat der Lautsprecherdesigner Gian Piero Matarazzo diese Aufgabe übernommen und verspricht neuen Wind durchs Portfolio von Opera wehen zu lassen.
Meilensteine mit Espresso
Nach so viel Input lässt uns der CEO etwas Zeit, um bei einem morgendlichen Espresso die im Besprechungsraum ausgestellten „Meilensteine“ von Opera und Unison Research zu begutachten. Zur versammelten Phalanx ehemaliger Opera-Schallwandlern gehören auch die größeren Modelle, die erst kürzlich ausgemusterte Tebaldi, und das Top-Modell aus 2006, die Caruso. Und natürlich dürfen die legendären Verstärker aus der Sacchetti-Ära nicht fehlen. Der Unison-Gründer, nunmehr Ende siebzig, ist inzwischen nicht mehr geschäftlich für Unison Research tätig, steht den Jüngeren aber weiterhin mit guten Ratschlägen zur Seite.
Rundtour
Dann folgt die Besichtigung der Liegenschaft. Im Erdgeschoss des großzügigen dreistöckigen Gebäudes – wir reden von zwei- bis zweieinhalbtausend Quadratmetern, so ganz genau scheint das hier keiner zu wissen – befindet sich die Fertigung von Opera. Hier wartet eine beträchtliche Zahl vorbereiteter Lautsprechergehäuse darauf, mit Chassis (überwiegend solche von Scanspeak und Seas) und Frequenzweichen bestückt zu werden. Wir beobachten einen Mitarbeiter dabei, der dieser Aufgabe mit großer Sorgfalt und in konzentrierter Ruhe nachgeht und dabei ein wenig an den Workflow in der Jack-Daniels-Werbung erinnert.
Bartolomeo Nastas jüngerer Bruder Ricardo, der den Einkauf verantwortet und in der Entwicklung von Opera und Unison mitwirkt, stößt hinzu und demonstriert uns sogleich zwei Neuerscheinungen. Technisch werden die bewährten Pfade, Bassreflexgehäuse, textile Hochtöner und Aluminiummembranen für die Bass- und Mitteltonreiber, nicht verlassen, doch neue Gehäuse und aktualisierte Furniere sollen den Opera-Lautsprechern eine Frischzellenkur verpassen. Die monitorhafte Opera Prima des Jahrgangs 2024 wird für 2.100 Euro das Paar zu haben sein, während für zwei Exemplare der recht stattlichen Drei-Wege-Standbox Quinta 5.900 Euro anzulegen sind.
Im Obergeschoss tüfteln gleich drei Entwickler an der Zukunft der Unison-Research-Verstärker und -Digitalquellen. Natürlich wird es weiterhin Amps in Vollröhren- und in Hybrid-Technik geben, und Alessio Fusaro, Technik-Chef bei Unison Research, gibt uns auch gleich einen Ausblick auf die nächste Generation der hybriden Kraftpakete. Geplant sei ein „erstaunlich leistungsfähiger“ Verstärker in Class-A, der den audiophilen Klanggourmet anspreche, und eine „Problemlöser“-Endstufe, die auch impedanzkritische Lautsprecher souverän betreiben könne. Sinnigerweise lautet deren Name „Any Load“. Man darf gespannt sein …
Auch bei den reinrasigen Röhrenverstärkern tut sich was. Die Modelle Simply Italy, Triode 25 und S6 bekommen ein „Facelift“ und werden in einer Sonderedition aufgelegt. Optisch sollen sich diese „Black Edition“ genannten Modelle durch ein spezielles Finish von den normalen Serienmodellen unterscheiden. Dreimal dürfen Sie raten, welche Farbe dies sein wird …
Doch auch technisch sind Optimierungen geplant, worunter die Überarbeitung der Schaltung und der Einsatz höherwertiger Röhren fallen. Außerdem soll, neben dem bislang optionalen USB-Digitaleingang auch eine S/PDIF-Cinch-Schnittstelle serienmäßig mit an Bord sein. Übrigens: Bei Unison entwickelt man inzwischen vornehmlich am Rechner, denn entsprechende Konstruktionsprogramme ermöglichen Alessio und seinen Kollegen, den Signori Mattiello und Zamai, viele Kombinationen virtuell durchzuspielen, ohne gleich teure Prototypen bauen zu müssen.
Persönliches Highlight
Mein persönliches Highlight ist nach wie vor Unison Researchs „Grandseigneur“ Absolute 845 SE. Ich entdecke gleich zwei aktuelle Exemplare, die hier oben vor der Auslieferung offensichtlich einen Testlauf absolvieren.
Nach wie vor stellt der ausladende Integrierte für mich so etwas wie den Archetyp eines Röhrenverstärkers dar. Mit seinen bechergroßen Drehknebeln und den warm schimmernden 845er-Röhren macht das bereits seit gut vierzig Jahren im Programm befindliche 90-Kilo-Schwergewicht nach wie vor mächtig Eindruck. Und vor allem: Wann immer ich Gelegenheit hatte, Unison Researchs Absolute 845 zu hören, konnte er mit wunderbar seidigem, detailreich aufgelöstem und zugleich im Bass erstaunlich muskulösem Klang aufwarten. Eine Anschaffung fürs Leben. Umso erfreulicher, dass diese Glühkolben-bewehrte Trutzburg nach wie vor für 40.000 Euro zu bekommen ist. Das ist zwar viel Geld – doch Inflation hin, Inflation her, genau dieselbe Summe wie beim letzten Besuch in 2015.
Lunch und Hörtermin
Nach dem Lunch (ja, natürlich mit Prosecco und Vino …) geht es in den firmeneigenen Hörraum, in dem bereits ein Setup, bestehend aus den Lautsprechern Opera Grand Callas, 11.500 Euro/Paar und fast 80 Kilogramm pro Stück, am Vollverstärker Unico 150 – und als Alternative am Simply 845 – auf uns wartet. Bartolomeo Nasta lenkt unsere Aufmerksamkeit vor allem auf die Quelle, einem Streaming-DAC mit integriertem CD-Laufwerk. Doch bedauernswerter Weise ist der natürlich auch noch top-secret …
Aus der Lamäng, wie der Rheinländer sagt, also ohne einschlägige highendige Klangverbesserer zu bemühen, glänzt die Kette mit präzise fokussiertem Klangbild, spielt tonal ausgewogen und verfügt über ein sehr ordentliches, aber nicht überbordendes Bassfundament. Der sich vermutlich um 5.000 Euro positionierende Streaming-DAC/CD-Player geht seiner Sache erfreulich munter und ohne erkennbare Härten nach. Auch diese Kette fügt sich offenbar ins bekannt freundliche Preis-Leistungs-Verhältnis der Italiener. Irgendwie sind solche Produkte wie Balsam für die Seele eines sich preislich doch zunehmend überhitzt präsentierenden Highend-Sektors.
Lebensgefühl
Es folgt noch ein Fototermin mit den Nastas und dem Unison-Team, dann geht es schon zurück ins Hotel und anschließend zum Abendessen in ein Restaurant der feineren Art. Die gehobene lokale Küche und ebensolche Getränke, einschließlich eines ganz hervorragenden, kraftvollen Vino Rosso, heben die Stimmung und festigen die Deutsch-italienische-Freundschaft … Entsprechend herzlich fällt daraufhin die Verabschiedung von unseren Gastgebern aus, und selbstredend wird ein Wiedersehen vereinbart.
Als ich vor der Abreise bei TAD nachfragte, warum sie sich in Aschau so für Unison Research und Opera ins Zeug legen, bekam ich zu hören, dass diese Marken wie kaum andere das italienische Lebensgefühl in die heimischen Wohnzimmer bringen. Der Trip nach Dosson di Casier hat mich davon überzeugen können, dass das keine geschliffene Marketingfloskel ist, sondern im Grunde viel einfacher: Bartolomeo und Ricardo Nasta entwickeln und fertigen ihre Verstärker und Lautsprecher mit derselben Leidenschaft und Begeisterung, mit der italienische Winzer großartige Weine keltern oder Köche delikat-aromatische Speisen zubereiten. Das schmeckt, sorry, hört man einfach.
Vertrieb:
TAD Audiovertrieb GmbH
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Telefon: +49(0)8052 – 9573273
E-Mail: hifi@tad-audiovertrieb.de
Web: https://www.tad-audiovertrieb.de/