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Dezember 2014 / Jens Bondarenko
Kompliziert wirkende Hardware mit teils unverständlichen technischen Parametern, unzählige unbekannte Begriffe und undurchsichtige Software? Kommt Ihnen das bekannt vor? Derlei Einstiegshürden halten manche Audiophile vom netzwerkgestützten Genuss ihrer Musik ab. Der Zugang zur schönen Online-Musikwelt mit Streaming und all dem schönen neuen Komfort bleibt dann zuweilen ein Wunsch, dessen Erfüllung, so meint man, mit Ungemach verbunden ist. Ein Netzwerk selbst bekommt man ja quasi fix und fertig in Form des ohnehin meist vorhandenen DSL-Routers. Und dann?
Wohin mit den Audio-Daten? Auf eine Festplatte, die direkt am Router hängt? Und wie soll man die Daten mit der HiFi-Anlage oder dem Smartphone nutzen? Und was ist mit den restlichen Familienmitgliedern, die womöglich mit Computern noch viel weniger am Hut haben? Selbst Experimentierfreudige spüren da bisweilen Berührungsängste.
Aber keine Sorge: Das Ganze geht auch ohne viel Stress: Wir zeigen, dass sich hinter medienbezogener Netzwerktechnik, wie wir Konsumenten sie anwenden, kein Hexenwerk verbirgt. Auch UPnP-Server, Netzwerkfreigaben und -router lassen sich bändigen. Dabei erwartet uns auf der Haben-Seite Multiuser-Musikgenuss mit angenehmem Bedienkomfort. Anhand einer Out-of-the-Box-Fertiglösung aus HFX RipNAS Solid V3 (eine umfangreiche Komfortlösung für circa 1.900 Euro) und SOtM sMS-100 Streamer (eine kleine, preiswerte 499 Euro-Streamingbridge, die sich mit beliebigen DACs auf der einen sowie UPnP als auch Logitech Media Server auf der anderen Seite versteht) sehen wir, dass auch mit weniger ausgeprägten Computerkenntnissen audiophile Lösungen möglich sind. Beide Geräte wurden uns freundlicherweise vom deutschen Vertrieb Higoto (www.digital-highend.de) zur Verfügung gestellt.
Diese Meilensteine beim Aufbau einer Audionetzwerklösung wollen wir beleuchten:
- Was? Überblick und Ziele
- Womit? Computernetzwerk als Basis
- Wie? Streaming und UPnP
- Wozu? Netzwerkspieler und Streamer
- Wodurch? Network Attached Storages
- Was noch? NAS-Datenablage
- Wohin? Musikwiedergabe vom NAS
- Warum nicht? Fertiglösung mit HFX RipNAS und Streamer SOtM sMS-100
Anders als mit physischen Datenträgern wie der CD besteht das Ziel bei netzwerkgestützter Musikwiedergabe in der zentralen Datenablage für den Zugriff verschiedener Wiedergabegeräte (Netzwerkspieler oder Streamer – auf diese Begriffe kommen wir unten zurück), die auch häufig bereits einen D/A-Wandler beinhalten. Die zentrale Datenablage vermeidet Redundanz, also das mehrfache Speichern derselben Informationen. Ganz nebenbei können mehrere Geräte ein und dieselbe Musik gleichzeitig wiedergeben, was z.B. bei CDs und Stand-alone-Geräten nicht möglich ist.
Die von uns ausgewählten Geräte – das NAS HFX RipNAS und der Streamer SOtM sMS-100 – sind ab Werk für Datenablage und Bereitstellung (RipNAS) sowie Wiedergabe (sMS-100) über ein Netzwerk mit Soft- und Hardware ausgerüstet und vorkonfiguriert. Ihr bevorzugtes Biotop ist das Wohnzimmer. Die Einrichtung einer audiophilen Wiedergabearchitektur wird mit Geräten dieser Art stark vereinfacht, noch vor fünf Jahren musste oft selbst gebastelt werden.
Voraussetzung für eine zentrale Datenablage und die Verteilung der audiophilen Musikdaten ist ein Computernetzwerk. Ein DSL-Zugang zwecks Internetnutzung mit einem Router (also dem Gerät zur Kopplung von Netzwerk und Computern), haben viele Nutzer bereits. Übrigens: Ein Smartphone oder Tablet ist nichts anderes als ein Computer in einem speziellen Format, das Arbeitsprinzip ist das gleiche wie bei einem Laptop oder Desktop-Computer. Die Betriebssysteme spielen eine Rolle bei der Wahl der installierbaren Software. Die hier vorgestellten Lösungen sind aber mit Microsoft Windows, Apple MacOS, Linux, Apple iOS oder auch Google Android nutzbar.
Wir gehen also davon aus, dass bei Ihnen zuhause bereits ein DSL-Router ein Computernetzwerk aufspannt. Eingerichtet wurde es einfach durch Aufstellen und Verkabeln des Routers nach Herstelleranleitung. Dabei spielt es für unsere Lösung zunächst keine Rolle, ob ein kabelgebundenes Local Area Network (LAN) oder drahtloses Netzwerk (Wireless LAN, abgekürzt WLAN) zugrundeliegt. Ein WLAN bietet bedingt durch die drahtlose Übertragung zuweilen geringe Bandbreiten, also Übertragungskapazitäten bezogen auf eine Zeitspanne, die beim Durchdringen von Wänden oder Überwinden weiter Strecken bei HiRes-Audiodaten – also großen Datenmengen, die in kurzer Zeit am Computer oder Streamer ankommen müssen – mitunter nicht für Unterbrechungsfreiheit bei der Wiedergabe ausreichen.
Die theoretische Bandbreite moderner Standard-WLANs nach Standard-Spezifikation IEEE 802.11n beträgt 600 Mbit/s, also 75 Mbyte/s. In der Praxis landet man bei normalen Empfangsbedingungen und Geräten effektiv bei ca. 15 MByte/s. Das genügt für jedes derzeit verfügbare Hi-Resolution-Audio-Format wie WAV oder FLAC. 24 Bit/192 kHz beispielsweise benötigen mindestens 576 kByte/s stabile Bandbreite, mit Netzwerk-Overhead circa 600 kByte. In jedem WLAN muss man aber die effektiv verfügbare Bandbreite einfach durch Kopieren von Daten oder einem Download aus dem Internet austesten, es gibt kaum Faustregeln: Abhängig vom sendenden WLAN-Router, dessen Antennentechnik, etwaigen ins Netzwerk eingebundenen WLAN-Repeatern (Geräten, die die Reichweite des WLANs verlängern) sowie der in den Geräten wie Laptops oder Tablets verwendeten Antennen wird es bei zu überwindenden Stahlbetonwänden schnell knapp.
Kabelgebunden ist für unseren Zweck der Audiowiedergabe eine bei weitem ausreichende Bandbreite bei aktueller Technik im Netzwerk zu erwarten. Netzwerkkabel für zuhause unterscheiden sich wenn dann leicht in der mechanischen, kaum aber elektrischen Qualität, solange der Standard Cat 5e unterstützt wird, worauf beim Kauf geachtet werden sollte. Dann genügt zwischen Router und Computer das Einstecken des Kabels am Computer und die Netzwerkverbindung ist aufgebaut. Wir sehen später, dass das auch für Netzwerkspieler oder Streamer gilt.
Die Inbetriebnahme klappt aber nur deshalb so einfach, weil es das sogenannte DHCP (Dynamic Host Configuration Protocol) bzw. eine automatische Vergabe der obligaten Netzwerkadressen für Computer/Spieler/Streamer gibt. Eingeschaltet wird sie z.B. bei den beliebten FritzBox-Routern des Herstellers AVM aus Berlin wie folgt (bei anderen Routern ist das sehr ähnlich):
- Aufruf der FritzBox-Benutzeroberfläche mittels „http://fritz.box“ im Webbrowser (Benutzername und Passwort stehen in der Betriebsanleitung)
- Unter „Ansicht“ die „Experteneinstellungen“ aktivieren
- „System – Netzwerkeinstellungen“ aufrufen
- „IP-Adressen“ anklicken und DHCP aktivieren, Browser schließen
In fast allen Fällen ist DHCP ab Werk aktiviert, aber prüfen sollte man die Einstellung, bevor NAS und Netzwerkspieler bzw. Streamer genutzt werden können. Den Begriff NAS erkläre ich unten ausführlich, nur so viel: Ein Computer zur Ablage großer Datenmengen im Netzwerk.
Unter Windows und anderen Betriebssystemen wird in den Netzwerkeinstellungen „IP-Adresse automatisch beziehen“ aktiviert.
Weitere Konfigurationen im Netzwerk sind für unseren Fall – bis auf die Aktivierung von UPnP – unnötig. UPnP steht für Universal Plug ’n Play, die herstellerübergreifende, konfigurationslose Verbindung von Geräten und damit Bereitstellung von Daten – und das ist ja unser Ziel für NAS und Netzwerkspieler. Wie UPnP aktiviert wird, ist leider bei jedem Router unterschiedlich, bei FritzBoxen geht das so:
- Benutzeroberfläche der FritzBox wie oben gezeigt aufrufen
- „Heimnetz“ und dann „Netzwerk“ anklicken, danach „Netzwerkeinstellungen“
- Aktivieren von „Statusinformationen über UPnP übertragen“ und „Übernehmen“ klicken
- Im Menü „Internet“ auf „Freigaben“ klicken, dann Registerkarte „Portfreigaben“
- „Änderungen der Sicherheitseinstellungen über UPnP gestatten“ aktivieren, „Übernehmen“ klicken
Wozu aber nutzen wir UPnP? Was genau ist das überhaupt? Audiogeräte sollen möglichst ohne Zutun des Nutzers die angebotenen Daten im Netzwerk selbsttätig auffinden. Eine automatische Software ist dazu nötig, deren Aktivität allerdings im Netzwerk erlaubt sein muss – das haben wir mit der Aktivierung von UPnP erledigt. UPnP-Geräte und Software sehen sich gegenseitig im Netzwerk. Ein Server stellt dabei die Audiodaten bereit, ein Netzwerkspieler oder Streamer, oft auch Renderer genannt, spielt sie ab (ggf. über einen externen DAC).
UPnP-Server (mit dem Begriff Server meint man häufig auch nur die Software, nicht immer das physische Gerät) laufen permanent im Netzwerk z.B. auf einem NAS. Per Namensvergabe in der Bedienoberfläche des Servers kann der Server später im Netzwerk gefunden werden. Wir sehen unten beim RipNAS-Gerät, wie das geht.
Das häufig anzutreffende DLNA (Digital Living Network Alliance, gegründet von Sony und Intel zu Audio-Video-Erweiterung von UPnP) ist eine spezielle Umsetzung von UPnP. Übrigens: Apples drahtloses Airplay hingegen ist eine von Apple autark entwickelte Streamingtechnik für Bild und Ton. Sie rechnet dabei die Quelldaten grundsätzlich in 16 Bit/48 kHz Auflösung um und ist deshalb trotz ihrer Zuverlässigkeit und Einfachheit für audiophile HiRes-Lösungen ungeeignet.
Computer-Audio: Musikhören mit Streamer und NAS