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Wenn Sie überwiegend einfache Musik hören wie beispielsweise eine unbegleitete Posaune, dann sind die harmonischen Verzerrungswerte für Sie schon relevant. Beim Gros des musikalischen Programms spielen aber die Intermodulationsverzerrungen die wesentlichere Rolle.
Harmonische und Intermodulations-Verzerrungen sind eng miteinander verwandt, entspringen sie doch demselben nicht-linear verzerrenden Verstärkungsbauteil; doch die IM-Verzerrungen beschreiben, was passiert, wenn mehr als ein Ton verstärkt wird. Und das ist bei Musik nun mal die Regel. Bei einem einzelnen Ton sind die K2-/K3-Anteile der Verzerrungen nicht so deutlich wahrnehmbar, zumal die meisten Instrumente (inklusive der menschlichen Stimme) selbst ziemlich viele Harmonische erzeugen. Man sieht dies als musikalisch an.
Doch wenn zwei Töne zeitgleich von einem nicht-linearen Bauteil verstärkt werden, dann wird die Amplitude eines jeden Tons vom jeweils anderen verändert/moduliert. Das Ergebnis stellt sich messtechnisch als eine Serie von Seitenbändern um die Originaltöne dar – also zusätzliche Töne, die der Summe und der Differenz der einzelnen Frequenzen entsprechen. Und solche Töne besitzen keine musikalische Entsprechung.
Schlimmer noch: Musik besteht aus sehr, sehr vielen einzelnen Tönen, und jeder interagiert (in einem nicht-linearen Bauteil) mit den anderen. Das Ergebnis wird schnell sehr komplex und sehr unmusikalisch ausfallen.
Die Grafik Nr. 7 (siehe unten) zeigt die Wellenform einer Verzerrung, welche aus zwei Tönen resultiert, die durch eine Verstärkungsstufe geschickt wurden, deren K2- und K3-Werte bei 1% liegen. Beide Töne besitzen die gleichen Amplituden und befinden sich im Oktavabstand zueinander. Die Peaks des Signales liegen bei circa 1,8 Volt und die Verzerrungs-Peaks bei um die 0,09 Volt – anders ausgedrückt: bei 5%. Das Verhältnis des Durchschnittswerts der Verzerrungen zu dem des Signals entspricht ungefähr 4%.
Diese Verzerrung schaut nun nicht so schlimm aus, aber es ist offensichtlich, dass sie im Vergleich zu der eines einzelnen Tones höher und auch komplexer ausfällt. Lasst uns anschauen, was passiert, wenn sehr viele Töne verstärkt werden sollen. Grafik Nr. 8 zeigt die Wellenform, die sich aus sieben Tönen (von 100Hz – 2.800 Hz), die in keiner harmonischen Relation zueinander stehen, ergibt (links im Bild). Alle Töne besitzen dabei die gleiche Amplitude. Wenn wir diese Töne durch die gleiche Verstärkungsstufe wie im obigen Beispiel schicken und danach die originale Wellenform wieder abziehen, sehen wir die Verzerrungswellenform (rechts im Bild):
Nicht mehr ganz so hübsch, oder? Jetzt wird die Verzerrung richtig komplex, mit vielen Harmonischen und einzelnen Peaks, die bis zu 0,9 Volt erreichen. Das entspricht dem Elffachen des Verzerrungsniveaus, wie es bei einem einzelnen Ton aufträte – und das Durchschnittsverhältnis Verzerrung/Signal liegt bei circa 8%.
Worauf ich hinaus will? Die IM-Verzerrungen sind das wahre Problem.
Während der meisten Zeit nimmt man IM-Verzerrungen einfach als komplexen Rauschteppich wahr, welcher die musikalischen Details verbirgt. Bei geringen Verzerrungsleveln rauben sie der Musik in gewisser Weise das Leben, machten sie uninteressant, bisweilen lästig. Bei sehr einfachem musikalischem Programm fällt das nicht so auf, aber bei Orchesterstücken bekommt man den Eindruck, als wären die Instrumente von einem Nebel verdeckt.
Bei höheren Verzerrungsleveln verwandelt sich der Klang in einen Brei und wir drehen die Musik leiser. Oder schalten sie ganz aus.
Grundlagentechnik: Nelson Pass über Verzerrung und Gegenkopplung