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Welches Spule soll’s denn sein? Herr Michael Mohr arbeitet im Versand und kennt sich aus mit den unterschiedlichen Modellen
Gut, jetzt haben wir über die wichtigsten Meilensteine der Firmengeschichte gesprochen: Spulen, Car-Hifi-Netzteile, Kondensatoren, schließlich AMT-Hochtöner. Aber vielleicht ist eine Einordnung nach technischen Gesichtspunkten auch ganz interessant. Eure Produktrange ist ja recht breit, allein beim Blick in das Kondensatorenprogramm kann es einem schwindelig werden. Wie teilt sich das denn auf? Also – jetzt mal so ganz grob gesehen.
Zunächst einmal natürlich nach Einsatzgebiet: Für Netzteile, insbesondere von Verstärkern, gibt’s unsere „MLytic“-Serie. Speziell für Hochspannungsanwendungen wie bei Röhrenverstärkern kommt man mit Elkos aber irgendwann an Grenzen, da helfen dann unsere „TubeCaps“ weiter. Die sind besonders spanungsfest und besitzen dank ihrer dünnen Metallisierung besonders gute Selbstheilungseigenschaften.
Ein MLytic-Kondensator
Bekannter als diese Kondensator-Typen sind wohl noch die, die ihr Einsatzfeld in Audioschaltungen – und vor allem in Frequenzweichen – haben. Dort bieten wir drei Produktfamilien an: „MCap“, „EVO“ und „MCap Supreme“.
Die sich natürlich auch preislich unterscheiden. Aber technisch gesehen, was sind da die wesentlichen Unterschiede?
Die MCaps werden aus hochwertiger Polypropylenfolie gefertigt, und das mit sehr geringen Toleranzen. Sie haben ein tolles Preis/Leistungsverhältnis.
Die EVOs besitzen zusätzlich eine auf niedrige Induktivität und geringen Innenwiderstand optimierte Wickelgeometrie. Zudem werden sie, zur Reduktion von Vibrationen des Wickels, in ein massives Gehäuse vergossen. Die EVOs erkennt man auch ganz leicht: schmal, aber mit recht großem Durchmesser.
Großer Durchmesser: Ein EVO-Kondensator
Stimmt – warum sehen die so aus?
Durch die schmale Folie reduzieren wir den Leitungsweg – und damit einhergehend auch den Widerstand. Da es bei gegebenem Kapazitätswunsch eines Kondensators aber letztlich um dessen Fläche geht, müssen wir wegen der Reduktion der Breite natürlich länger werden …
Herr Joachim Voss montiert hier Frequenzweichen, die ihren …
Klar …
… und das hat einen weiteren Vorteil: So ein Kondensatorwickel hat jetzt mehr Windungen – deshalb ja der größere Durchmesser und damit übrigens auch die größere Kontaktfläche. Jede Windung lässt sich nun aber als eigener kleiner Plattenkondensator mit gegebenem Widerstand verstehen. Nun schalte ich beim EVO also mehr „einzelne Plattenkondensatoren“ parallel als bei einer konventionellen breiten Bauform – und parallel geschaltete Widerstände senken natürlich den Gesamtwiderstand.
Durch die Bauform des EVOs entstehen also große Kontaktflächen, kurze Leitungswege und eine tendenziell „umfangreichere Parallelschaltung der Einzelkondensatoren“, sprich: der Windungen – das alles minimiert den Restwiderstand des Kondensators.
… Einsatz in Magico-Lautsprechern finden werden
Klingt soweit plausibel. Aber warum ist die nächste Qualitätsstufe, der „MCap Supreme“, dann wieder breiter, wenn sich die schmale Bauform so bewährt hat, wie sie sagen.
Im Grunde sieht der nur breiter aus, ist es aber nicht …
Vergleich EVO- und MCap-Supreme-Kondensator
Soll heißen?
Vereinfachend gesagt stecken im Supreme quasi zwei in Serie geschaltete EVOs, und das hintereinander, also in der Breite angeordnet. Das sieht man von außen natürlich nicht.
Aber warum jetzt Reihenschaltung? Gerade habe ich gelernt, Parallelschaltung sei vorteilhaft …
Ja, langsam – für den einzelnen Wickel ist das auch so. Je mehr Windungen, desto mehr „Einzelkondensatoren“ werden parallel geschaltet, damit deren Widerstände, und in Folge sinkt der Gesamtwiderstand bei gleich bleibender Fläche. Beim MCap Supreme wollen wir aber noch etwas anderes erreichen.
Zwei Wickel auf einer Folie: Der Mundorf MCap Supreme, ein wenig „aufgedröselt“
Wickel eins und Wickel zwei werden gegensinnig vom Strom durchflossen. Deshalb richtet sich das induzierte Magnetfeld – ein solches lässt sich ja nie vermeiden – auch gegensinnig aus. Und genau das wollen wir, denn so heben sich die Magnetfelder weitestgehend wieder auf! In Folge wird die störende Restinduktivität deutlich reduziert.
Produktionstechnisch wird der Supreme zwar in einem Durchgang gewickelt, aber durchs Layout der Folie ergeben sich, wie gesagt, zwei in Reihe geschaltete Kondensatorwickel.
Hört sich einleuchtend an.
Um alles noch ein wenig komplizierter zu machen, unterscheiden wir bei der EVO- und der MCap-Supreme-Linie auch noch nach unterschiedlichen Leitermaterialien. (lacht)
Patentierte Membran: Mundorfs Air Motion Transformer
Aber mal ernsthaft: Die Verwendung von Silber beziehungsweise Silber/Gold statt Aluminium als leitendes Material für die Metallisation von Kondensatoren war ein weiterer wichtiger Schritt nach vorn. Tatsächlich sind die klanglichen Unterschiede bei verschiedenen Leitern – und gerade mit unserer Silber/Gold-Mischung – so groß, dass wir uns entschlossen, das Material auch bei Kabeln einzusetzen. So kam überhaupt erst die Idee einer eigenen Kabellinie auf.
Bei manchen AMT-Hochtönern für den Bühnenbereich …
Ein weiterer klanglicher Fortschritt war das bis dahin bei Folienkondensatoren nicht übliche Imprägnieren der Wickel mit Öl. Dieses Imprägnieren hat einen mechanisch stabilisierenden Effekt auf den Kondensatorwickel, der die durch das Musiksignal verursachten Vibrationen und die damit verbundenen Deformationen des Signals wirksam reduziert.
… sind so hohe Pegel gefragt, dass die Folie gekühlt werden muss. Hier erledigt dies ein Ventilator
Mechanische Stabilität spielt natürlich auch beim Vakuumtränken der Drosselspulen und bei unseren Folienspulen eine wichtige Rolle fürs klangliche Ergebnis.
Das Stichwort lautet hier wie dort Minimierung des Mikrofonieeffektes …
Genau. Das Musiksignal erzeugt ja ein Magnetfeld um die Leiter, die sich in Folge an- und abstoßen, also bewegen – vibrieren. Auf einen bewegten Leiter im Magnetfeld wird aber zwangsläufig wieder ein elektrisches Signal induziert. Das Musiksignal löst also quasi sein eigenes Echo aus.
Bei Euren Spulen habt Ihr neben den vakuumgetränken auch Backlack-Typen. Ganz kurz: Wann macht man was – und worum geht’s dabei eigentlich?
Der Backlack ist eine zweite Schicht Lack um den Isolationslack des Drahtes. Der schmilzt bei circa 180 Grad Celsius – wir geben auf die fertiggewickelten Spulen Strom drauf, der Backlack verflüssigt sich, und danach lassen wir den Wickel aushärten. Die einzelnen Windungen der Spule werden so zu einer kompakten Einheit verklebt.
Aber Backlack-Drähte gibt es nur bis zu einem gewissen Durchmesser, so bis 1,4 mm. Bei Stärken darüber hinaus werden die Spulen dann vakuumgetränkt, d. h. man taucht sie in einen Lack und zieht diesen mittels Unterdruck bis in die inneren Windungen der Spule hinein. Im Anschluss kommt die Spule dann zum Aushärten in einen Trockenofen.
Die Maschine zum Wickeln der Flachbandspulen
Und wie behandelt Ihr Eure Flachbandspulen?
Die bekommen lediglich einen Schrumpfschlauch verpasst, die brauchen nicht mehr, schließlich sind sie von sich aus mechanisch sehr stabil.
Flachbandspulen bekommen einen Schrumpfschlauch verpasst
Bei denen liegt ja „Band auf Band“, was ein große mechanische Kontaktfläche ergibt. Die Solidcore-Runddrähte haben dagegen nur „punktuell“ miteinander Kontakt. Wie soll es auch anders sein: Der Unterschied ist so, als würde man im einen Fall flache Bretter übereinanderstapeln, im anderen Fall Rundholzstücke. Deshalb sind unsere Flachbandspulen auch noch einmal um eine ganze Größenordnung vibrations- und damit mikrofonieärmer als die normalen aus Runddraht gefertigten.
Neben unterschiedlichen Materialien – Kupfer, Silber, Silber/Gold – bei den Drähten kann man bei den Spulen natürlich auch unterschiedliche Kernmaterialien wählen …
Ja, wobei: Der beste Kern ist natürlich gar kein Kern. Also die Luftspule. Bei Luft gibt es keine Hystereseverluste oder Sättigungseffekte wie bei Metallkernen.
Der beste Kern ist natürlich gar kein Kern: Mundorf-Luftspule
Aber natürlich werden Luftspulen irgendwann einfach zu groß beziehungsweise der Ohm’sche Widerstand steigt bei großen Induktivitäten unvertretbar stark an. Dann muss man Kerne nehmen. Wir stellen unsere Kerne übrigens selbst her, kaufen die also nicht einfach zu. Das Material wird nach den Kriterien „geringer Ummagnetisierungsverlust“ und „hoher Sättigungsstrom“ ausgewählt.
Hysterese, Sättigung – können Sie kurz erläutern, worum es dabei geht?
Bei der Hysterese geht es um ein gewisses Verharren der Weiss’schen Bezirke, also der „Elementarmagnete“ in einem Metall, in einer bestimmten Ausrichtung, auch wenn das externe Magnetfeld, was sie so ausgerichtet hat, nicht mehr vorhanden ist – man spricht auch von „Remanenz“.
Flachbandspule größeren Kalibers
Um die Bezirke wieder „auf null zu bringen“, ist ein gegengerichtetes Magnetfeld nötig. D. h. aber, dass um den Nullpunkt herum eine gewisse Arbeit verrichtet werden muss, damit diese Elementarmagnete in die richtige Richtung „umklappen“, jetzt mal ganz plastisch-vereinfachend gesprochen. Und das ist natürlich eine Abweichung von einem perfekt linearen Verhalten – also eine Verzerrung. In der Praxis macht sich das gerade bei leisen Passagen in der Musik bemerkbar, weil dann die Relation Hystereseverlust/Signal größer ist, oder anders: der immer gleichgroße Hystereseeffekt nicht von der Musik selbst verdeckt wird.
Umgekehrt verhält sich das bei der magnetischen Sättigung, die tritt tendenziell eher bei höheren Pegeln auf. Der Kern ist dann gesättigt, wenn er komplett magnetisiert wurde – die magnetische Flussdichte kann dann nicht mehr weiter so proportional ansteigen wie zuvor. Das hat bei einer Frequenzweiche dann beispielsweise zur Folge, dass die Trennung nicht mehr wie vorgesehen erfolgt – im Extrem hört man dann den Mittelton auf dem Basschassis. Das ist natürlich nicht im Sinne des Erfinders.
Was wird in der näheren Zukunft bei Mundorf Neuespassieren – ein weiterer Ausbau des Geschäftsfelds „Air-Motion-Transformer“?
AMTs in nahezu allen Größen
Ja. Für den Anwender stehen inzwischen AMTs in nahezu allen Größen zur Verfügung, angefangen bei extra kompakten Varianten für die Autoindustrie über eine ganze Reihe verschiedener HiFi-Hochtöner bis hin zu Treibern für Bühnentechnik, die extrem hohe Schalldrücke bei sehr niedrigen Klirrwerten liefern.
Eine AMT-Membran im ungefalteten Zustand
Herr Yan Advaita nimmt sich der Membran an …
… das fertige Ergebnis schaut dann so aus
Tatsächlich spielen die Mundorf Pro AMTs inzwischen auf einem Niveau, das einen breiten Einsatz in der professionellen Beschallungstechnik möglich macht und dort hoffentlich einen echten Qualitätsschub auslösen wird. Was jetzt bei uns nach der ganzen Forschungs- und Entwicklungsarbeit folgen muss, ist die weitere Industrialisierung der Produktionsverfahren.
Vielen Dank für das Gespräch!
Gerne.
Kontakt:
Mundorf EB GmbH
Liebigstraße 110 | 50823 Köln
Tel.: 0221 – 977 70 50
eMail: info@mundorf.com
Web: www.mundorf.com
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Interview: Raimund Mundorf