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Virtuelle Bühne und Verzögerungen

Inhaltsverzeichnis

  1. 2 Pegelanpassungen
  2. 3 Frequenzbearbeitung
  3. 4 Dynamik
  4. 5 Virtuelle Bühne und Verzögerungen

Um ein Signal zwischen den Boxen eines Stereosystems zu platzieren, wird meist ein simpler Pegelsteller genutzt, der als „Pan“ bezeichnet und dem altbekannten Balance-Regler recht ähnlich ist. Um Signale auf einer gedachten Bühne nach hinten zu verfrachten, muss jedoch oftmals nachgeholfen werden. Die wichtigsten Mittel dafür sind Pegel und Rauminformationen. Denn klar: Damit ein Instrument oder ein Sänger weit vorne im Mix stehen kann, muss als Referenz auch das „Hinten“ akustisch definiert werden.

Reverb

Künstlicher Nachhall wird eingesetzt, um Rauminformationen zu generieren, teilweise mit enorm aufwändigen Prozessoren oder sogar Faltungshall – mit echten, „gesampelten“ Räumen. Hall (auch: Reverb) dient aber auch anderen Zwecken. Denn nicht immer muss es nach echtem Raum klingen: Gerne verwendet werden auch Hallfedern, Hallplatten oder deren digitale Nachbildungen. Hall färbt Signale, kann sie interessant texturieren, aber auch einheitlicher gestalten. Achten Sie beispielsweise mal darauf, was passiert, wenn George Michael ein „S“ oder ein „T“ singt: Es entsteht eine silbrig-britzelnde Hallfahne! Auch zum „Kitten“ von Signalen, zum Zusammenfügen ganzer Instrumentengruppen kann ein Reverb sich eignen. In Mischpulten dienen übrigens spezielle Abgriffe – „Aux Send“ genannt – dem Füttern von Hallgeräten mit verschiedenen Signalen.

Prinzipiell banal ist das Delay. Doch schon eine simple Verzögerung eines Signals kann, dem Original hinzugemischt, viel bewirken. Schon die Echowirkung kann einem großen Raum ähneln, ohne dass das Gesamtsignal durch dichte Wandrückwürfe „verklebt“ wird.

Spezialeffekte

Manche Klänge müssen für den Mix weniger statisch gemacht werden. Die Effekte, die Bewegung ins Spiel bringen, nennen sich Modulationseffekte. Mit unterschiedlichen Quellen werden dabei der Pegel („Tremolo“ heißt der entstehende Effekt) oder die Tonhöhe („Vibrato“) moduliert – oder die Delayzeit, woraus sich verschiedene bewegte Kammfiltereffekte ergeben (v. a. „Chorus“ und „Flanger“). Besonders der Chorus ist interessant, denn er verbreitert das Signal, macht es schwammiger und indifferenter. Als Gegenstück zu knackigen und präsenten Signalen ist dies durchaus willkommen. Der Name rührt übrigens daher, dass man mit diesem Effekt einst vorgaukeln wollte, dass es sich nicht um ein einzelnes Signal, sondern um ein ganzes Ensemble handelt, das zu hören ist: Streicher etwa werden, egal wie professionell sie sind, immer etwas unterschiedlich intonieren und verschieden einsetzen, wodurch sie Breite erzeugen. Einige Effekte wie Flanger, Bitcrusher oder Ringmodulator, besonders aber ganze Effektketten werden gerne auch dafür genutzt, besondere Aufmerksamkeit zu erzeugen. Hier wird übrigens deutlich, wie fließend die Grenzen zwischen dem Tontechniker und dem Künstler sind.

Man findet einen großen Pool an sehr freakigen Effekten genauso wie sehr subtile. So merken in letzter Zeit viele Engineers, dass sie einige klangliche Eigenschaften der analogen Bandmaschinen und Mischpulte doch vermissen. Und tatsächlich erhält man Multitrack-Analogbandmaschinen und Kanalzüge alter Mischpulte (ohne jegliche Bearbeitung wohlgemerkt!) heute als Plug-in.

VTM

Arbeitsplatz und Aufgaben

Großpult Große, teure Produktionen werden auch heute noch sehr gerne an ausladenden Riesenmischpulten erstellt. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass eine voll ausgestattete Mischregie der ganz großen Studios mit „nur“ einer Million Euro noch lange nicht bezahlt ist. Heute wird vieles in DAWs erstellt, wo nach Recording und Editing das Projekt ja sowieso schon vorliegt. Manche besonderen Aufgaben, etwa die Kompression der Vocals, wird auch in kleinen Studios oft lieber der guten, alten Hardware überlassen. Sogar das eigentliche Zusammenmischen von Signalen vertrauen viele analogen Summierern an, da diese einige Vorteile gegenüber allen Digitalsystemen haben soll.

Viele Techniker finden es zudem sehr angenehm, nicht stumpf mit der Mouse unter der einen und der Tastatur unter der anderen Hand den ganzen Tag in den Computerbildschirm zu starren – das kommt dem Ausfüllen von Excel-Tabellen in einem gesichtslosen Großraumbüro gleich. Da sich viele Mischer (zurecht) als Künstler verstehen und das Erstellen eines Mixes viele Ähnlichkeiten mit dem Spielen eines Instruments aufweisen kann, ist es verständlich, dass Arbeitsplatzergonomie eine wichtige Rolle spielt. Neben immer weiter verwendeten Hardware-Geräten mit ihren individuellen Bedienoberflächen gibt es auch eine ganze Reihe Fernsteuerungen, welche mit ihren Fadern, Drehreglern, Schaltern und Tastern eigentlich nur Informationen an die Software liefern und Daten für Lämpchen und Displays empfangen. Die Arbeit mit ihnen wird von vielen als schneller und kreativer wahrgenommen.

DAW Control Console

Die Beurteilung von Signalen bei der Aufnahme und beim Mixdown erfolgt üblicherweise am gleichen Platz, daher gelten für die Abhörsituation auch die gleichen Regeln: Nicht schönfärberisch, sondern schnell, analytisch, linear und sehr breitbandig sollte sie sein – und dem Mischer möglichst gut bekannt! Es gibt auch andere Ansätze, über welche aber deftig gestritten wird. Yamahas alte NS 10 und Auratone-Speaker werden gerne als „Low End“-Systeme herangezogen. Üblich sind aber verschiedene Boxenpaare, um die Einflüsse der Abhöre dingfest machen zu können – zu schnell korrigiert man im Mix sonst etwas, was eigentlich nur durch die Wiedergabekette bedingt ist. Gerne bedient man sich verschiedener Abhörtypen, besonders Nahfeldmonitore, welche bei nur geringem Raumeinfluss, aber auch geringem Maximalpegel und oft vor allem nach unten beschränktem Spektrum arbeiten sowie „Main“-Speakern, welche manchmal nur als „Belohnung für geleistete Arbeit“ oder zum „Beeindrucken von Kundschaft“ genutzt werden. Wie dem auch sei: Bei Arbeitstagen von nicht selten mehr als 10 Stunden sind hohe Abhörlautstärken sehr kontraproduktiv – auf die Jahre gerechnet sowieso. Nicht unüblich ist auch das Vergleichen einer Mischung mit fertigen Produktionen des Marktes.

Mix DAW

In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat sich Musikproduktion stark verändert. Der Tontechniker hat oft noch mehr Aufgaben als nur das reine Werkeln am Equipment: Er muss Entscheidungen fällen, die klassischerweise ein Produzent übernimmt. Also beispielsweise ob die Bläser erst im letzten Refrain kommen sollten statt schon im ersten; oder sie müssen eventuell anwesende Sänger psychologisch betreuen, weil ihre Stimme offenbar einer enormen Tonhöhenbegradigung bedarf. Heute gibt es zunehmend die Personalunion vom Musiker-Sänger-Komponisten-Tontechniker-Produzent, was nicht nur daran liegt, dass ordentliches Equipment bezahlbar geworden ist: Es wird zunehmend „nonlinear“ gearbeitet, so dass Komposition, Recording, Editing und Mixing nicht mehr als separate, sequenzierte Produktionsbestandteile vorkommen, sondern vielmehr bunt durcheinandergewürfelt werden.

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es lebe die vielfalt

Musikproduktion: Musikproduktion heute, Teil 3: Mixdown und Mastering

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