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Ein beeindruckendes Laufwerk aus Granit kommt von Hauer Analog (www.hauer-analog.at) aus dem Norden Österreichs. Ab 5.000 Euro sind die schwergewichtigen Dreher zu bekommen. Der passende Tonarm ist ein Rega-Derivat, das nach entsprechender Bearbeitung auch einen SME V alt aussehen lassen soll, versichert mir Franz Hauer. Natürlich sind die dafür anfallenden 3.500 Euro kein Kleingeld, gleichwohl macht die Hauerkombi mit – logisch – wie aus Granit gemeißelten Klangbildern und stupender Dynamikentfaltung mächtig Eindruck. Auch die je nach Ausführung ab 300 Euro von Hauer Analog angebotenen aufwändigen Plattenklemmen scheinen ihren Zweck zu erfüllen. Sie verbessern zum einen die Ankopplung an den Mitteldorn, da sie ordentlich Gewicht auf die Platte bringen und zum anderen sorgen der Materialmix sowie die raffinierten Einschnitte für eine optimierte Resonanzkontrolle.
Passende Ergänzung findet die von Wasami-Röhrenelektronik befeuerte Kette mit dem Lautsprecher Ichos One (7.900 Euro/Paar), dessen Breitbänder samt Hochtonerweiterung auf bremsende Weichenbauteile größtenteils verzichten kann. Entsprechend direkt und unverblümt gelingt die Umsetzung der dynamischen Impulse, die vom Hauer-Analog-Laufwerk kommen.
Wer sich beim ungewöhnlichen Anblick des Lautsprechers Bushgetta Student unweigerlich an Produkte eines bekannten schwedischen Möbelhauses erinnert fühlt, dürfte bereits zwei wichtige Eigenschaft des in Wahrheit aus Österreich stammenden Wandlers erfasst haben: Man kann ihn sich leisten und auf Wunsch auch selber zusammenbauen. 950 Euro kostet ein Paar fix und fertiger Studenten. Wessen Budget auch das nicht hergibt, erwirbt halt einen Bausatz und spart 450 Euro. Wie es sich für einen ordentlichen Studenten gehört, kann der Lautsprecher, der vom Klangzone–Team (www.klangzone.at) nach dem Prinzip der offenen Schallwand konzipiert wurde, problemlos und vor allem laut Party machen. Immerhin wird hier ein waschechter Zwölfzöller verbaut. Dass es dabei gar nicht mal so abgedreht klingt, wie es der optische Auftritt vermuten lässt, liegt daran, dass der Entwickler seine Brötchen beim Wiener Streamingspezialisten StreamUnlimited verdient, wo es zwar „informell“, arbeitstechnisch aber hochprofessionell zugeht.
Ein Musterkoffer (!) mit Streamingmodulen von StreamUnlimited dient als Quelle, während Heeds kleiner Vollverstärker Elixir (950 Euro) recht munter, aber immer gut kontrolliert die Verstärkung übernimmt. Für weiter fortgeschrittene „Studenten“ gibt es noch eine größere Version und für alle Studienanfänger auch eine etwas kleinere Ausführung.
Im Raum am Ende des Ganges scheint sich ein gewisses Chaos auszubreiten. Was in diesem Fall der Kooperation ausgewiesener Highend-Spezialisten geschuldet ist, die sich allesamt durch große Individualität auszeichnen.
Lyras CEO Stig Bjorge
Ein Jazztrio swingt auf bezwingend mitreißende Weise. Die Musik kommt natürlich von der Platte und einem Plattenspieler, der sich als das „Reiselaufwerk“ Martina Schöners entpuppt und dessen Qualität ich bereits während anderer Messen ausreichend goutieren durfte. Der Abtaster ist Lyras Top-MC Atlas und ehe ich mich versehe, stecke ich auch schon in einer angeregten Unterhaltung mit Lyras CEO Stig Bjorge, der bedauert, dass Lyras Chefdesigner Jonathan Carr wegen anderweitiger Verpflichtungen leider in Japan bleiben musste.
Das raumfüllende Klangbild verantworten diesmal nicht die Kiso-Lautsprecher oder die mächtigen Standlautsprecher von Mace. Es sind Suesskinds Phänomen (www.suesskindaudio.de), die obschon nur kniehoch erstaunlich erwachsen musizieren und noch dazu recht ordentliche Abhörpegel zustande bringen. Für 1.600 Euro wechselt ein Pärchen der bei der Verstärkerwahl erfreulich unkritischen Phänomen den Besitzer.
Last, not least, um nicht erneut Monthy Python bemühen zu müssen, sollen auch die Freunde hochwertiger Kopfhörer auf ihre Kosten kommen. Schließlich sind Kopfhörer, nicht erst seit Etablierung der Kopfhörermesse CanJam Europe in Essen, mehr als nur ein Trend. Unbestritten ist Sennheiser in diesem Segment einer der wichtigsten Mitspieler.
Sennheisers Kopfhörerstatement Orpheus (http://de-de.sennheiser.com) ist nach wie vor unvergessen. In Klang, Verarbeitung und auch beim Preis hat der niedersächsische Hersteller 1991 mit dem inzwischen legendären Elektrostaten die Maßstäbe ganz weit nach oben verschoben.
Zwanzig Jahre später scheint die Zeit nun reif für einen Nachfolger zu sein. Der Name, das elektrostatische Prinzip und auch die Röhrentechnik sind geblieben, doch verfügt der Orpheus 2015 unter anderem über einen extrem hochwertigen D/A-Wandler, wodurch der Anschluss aller gängigen digitalen Quellen problemlos ermöglicht wird. Beim Ein- und Ausschalten wird eine Motorik in Gang gesetzt, die die Röhren in den als Gehäuse dienenden monolithischen Marmorblock einfahren lässt, die verchromten Bedienknöpfe versenkt und den Deckel auf das Kopfhörerfach sanft, aber unnachgiebig absenkt. Wow!
Der Preis des Kopfhörers von sagenhaften 50.000 Euro ist für ernsthafte Interessenten offenbar kein Kaufhindernis. Bei Sennheiser ist man jedenfalls optimistisch, was die angepeilten Verkaufszahlen betrifft. Dabei ist absehbar, dass die meisten Orpheus wohl nicht auf europäischen Ohren sitzen werden.
Als die ledernen Ohrpolster des Orpheus, handgenäht und superweich, endlich meine Ohrmuscheln umschließen, klingt es ausgesprochen luftig und homogen. Wer etwas besonders Spektakuläres erwartet hat, wird allerdings weniger bedient. Doch wie bei edlen Bordeauxweinen sollte die abschließende Beurteilung echter Spitzenprodukte wahren Kennern der Materie vorbehalten bleiben. Ich bin sicher, die Kopfhörerspezialisten unserer Redaktion freuen sich schon jetzt auf eine intensivere Begegnung mit dem Orpheus des Jahrgangs 2015.
Am Ende des Messetages komme ich dann doch noch zu „meinem“ Kopfhörererlebnis. hd-Klassik (das kleine h ist korrekt) aus Düsseldorf (www.hd-klassik.com) hat einen Kopfhörerverstärker, den Headphone Optimizer, konstruiert der auf vollständig analoger (!) Basis eine individuelle Anpassung des Frequenzgangs auf den jeweiligen Hörer ermöglicht. Mit einem elektrostatischen Kopfhörer von Stax stellte sich prompt ein unglaublich räumliches, dem Hören mit Lautsprecher nicht unähnliches Klangbild ein. Tiefer, fester Bass und die dramatisch erweiterte dynamische Kompetenz des Elektrostaten machen das Vergnügen komplett. Auch mit den zum Vergleich gehörten dynamischen Kopfhörern ist die Verbesserung problemlos wahrnehmbar. Doch der Stax bleibt mit dem Headphone-Optimizer „King of Town“. Ein Aha-Erlebnis.
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Messebericht: Klangbilder 2015 in Wien