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Wie bereits zur Tradition geworden, fanden die Klangbilder (www.klangbilder.eu), Österreichs einzige HiFi-Messe, auch heuer wieder im Arcotel Kaiserwasser nahe dem alten Donauufer und dem Vienna International Center – besser bekannt als Uno-City – in Wien statt. Direkt in U-Bahn-Nähe gelegen, hatte man auch als passionierter Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs keinerlei Probleme, zum Veranstaltungsort zu gelangen – was bei der recht wechselhaften Wetterlage am 10. und 12. November auch von Vorteil war. Die Messe fand sowohl im Erdgeschoss als auch im gesamten fünften Stock des Vier-Sterne-Hotels statt, der Hotelbetrieb ging währenddessen in den übrigen Stockwerken normal weiter.
In der Aula im Erdgeschoss stellte der österreichische Distributor Audio-Tuning (www.audiotuning.com) seine Plattenspieler der Marke Pro-Ject vor. Diesmal als Neuzugang mit dabei war der im unteren Preissegment angesiedelte Riementriebler Pro-Ject Essential III. Der Einstiegsdreher ist in sechs verschiedenen Ausführungen zu haben. Das Basismodell startet bei moderaten, wenn auch im Vergleich zum Vorgänger leicht höherpreisigen 325 Euro. Es gibt den Essential III wahlweise auch mit integrierter MM-Phonovorstufe (359 Euro) oder mit Bluetooth-Modul für den drahtlosen Betrieb an entsprechenden Lautsprechern oder Kopfhörern (399 Euro). Weiters wird ein Modell mit optischem Digitalausgang (399 Euro), eines mit USB-Ausgang zur einfachen Digitalisierung der Schallplattensammlung (450 Euro) und eines mit Switch zum Wechsel der Geschwindigkeit zwischen 33,3 und 45 UpM per Tastendruck (399 Euro) angeboten.
Chassis und Plattenteller sind beim neuen Essential III aus einem resonanzoptimierten MDF gefertigt und werden nun hochglänzend anstatt matt lackiert. Der Antriebspulley wird aus diamantgeschliffenem Aluminium gefertigt. Das Plattentellerlager soll ebenfalls präziser geworden sein und besitzt weniger Lagerspielraum, was sowohl Rumpeln als auch Gleichlaufschwankungen verringern soll. Für die Minimierung von Letztgenanntem sorge auch die neue Motorsteuerung. Die beigelegte verbesserte Filzmatte und das eigene „connect it“ genannte Phonokabel sollen den Klang zudem aufwerten. Zu der am ehesten ins „Ohr“ fallenden Neuerung gehört aber der bessere Tonabnehmer. Statt des bisher verwendeten Einsteiger-Modells Ortofon OM-5 kommt die neue Essential-Line diesmal mit vormontiertem OM-10. Erhältlich ist der Einstiegs-Plattenspieler ab sofort in drei verschiedenen Farben (Schwarz, Weiß und Rot).
Ebenfalls im Erdgeschoss, in einem vergleichsweise großzügig bemessenen Raum, wartete die recht neu aus der Taufe gehobene Lautsprechermanufaktur Aramis Acoustic aus Ungarn (www.aramisacoustic.com) auf den interessierten Hörer. Die Raumgröße wurde nicht zufällig gewählt, besitzt der darin präsentierte Hornlautsprecher Aramis Milagro doch nicht gerade regaltaugliche Abmessungen. Der knapp zwei Meter hohe Standlautsprecher wird komplett in Handarbeit gefertigt.
Sowohl bei der Materialauswahl als auch beim Design wird bei Aramis Acoustic lieber groß aufgefahren als Understatement gelebt. Vor allem das weit ausladende Mittelton-Horn sticht ins Auge: amerikanische Walnuss und Ahornholz wurden für die Fertigung verwendet. Als Treiber beherbergt das rückseitig ein bisschen an eine Flugzeugturbine erinnernde Horn eine Acht-Zoll-Konusmembran. Direkt davor wurde ein hochwertiger Bändchenhochtöner vom serbischen Produzenten Raal platziert. Die Entwickler wollen sich damit vermutlich einer Punktschallquelle annähern. Das Gehäuse, das die beiden zwölf Zoll großen Tieftöner beherbergt, besteht – für das Auge unsichtbar – aus fünf Zentimetern starkem Holz. Zur Resonanzdämpfung wird die lederüberzogene Front – Sonus faber lässt grüßen – mit einer 15 Millimeter dicken Stahlplatte verstärkt. Stabilen Stand auf jedem Boden erhält der Lautsprecher durch vier aus Aluminium gefertigte, etwas ausladende Beine, die in Stahlfüßen enden. Die Lautsprecher sind in voll- und teilaktiver sowie passiver Ausführung zu haben.
Der Frequenzbereich des als Vier-Wege-Prinzip ausgeführten Kolosses erstreckt sich laut Hersteller von sehr tiefen 24 Hz bis ausnehmend luftigen 60 kHz. Das auf der Messe gezeigte System wurde mit DSP-gesteuerter Aktivelektronik befeuert, welche sich unter einer recht großen Holzkonstruktion zwischen den beiden Lautsprechern befand. Wiedergegeben wurde die Musik von einem Laptop, der via USB-Schnittstelle den Aktiv-Lautsprecher speiste.
Nun erwartete ich bei der Hörprobe eine entsprechend brachial-dynamische Präsentation jenseits der Zimmerlautstärke, umso mehr wurde ich überrascht, wie feinfühlig das System auch noch im Flüsterbetrieb agierte. Natürlich konnte der Milagro auch laut, Aramis Acoustic war aber einer der wenigen Hersteller, welcher zur Vorführung ebenso leise Töne ohne Dynamikverlust anschlagen konnte und sichtlich stolz darauf war. Natürlich hat eine solch homogene Performance und hochwertige Handarbeit auch ihren Preis. Mit 32.000 Euro für die passive Version und 7.000 Euro extra für den DSP-Verstärker befand sich das System im hochpreisigen Segment.
Den typischen Hotelmesse-Charakter der Klangbilder spürte man erst, als man in der fünften Etage ankam. Den ersten Raum, den ich aufgrund der meiner Meinung nach hervorragenden Musikwahl – es spielte gerade das neueste Album der färöischen Singer/Songwriterin Eivør Pålsdottir – betrat, war jener des Schweizer Lautsprecherbauers Boenicke Audio (http://boenicke-audio.ch). Der Baseler Sven Boenicke ist mit seinen Produkten jedes Jahr ein gern gesehener Gast bei den Klangbildern, und das nicht nur, weil seine Konstruktionen wahre Schmuckstücke aus Holz sind und sich als echte HiFi-Möbel in jedem Wohnzimmer wohlfühlen.
Die bereits etwas länger am Markt befindlichen Kompaktlautsprecher W5 erstaunen mich immer wieder aufs Neue, denn der sehr erwachsene Klangcharakter kontrastiert auffallend mit den geringen Gehäuseabmessungen. Möglich machen dies ein Bassreflexsystem mit Öffnung auf der Rückseite und der seitlich nach innen abstrahlende 5,25 Zoll große Basstreiber. Je nach Ausführung besitzt dieser einen etwas kürzeren (W5) oder längeren Hub (W5 SE), was auch die untere Grenzfrequenz beeinflusst. Als Mittel-/Hochtontreiber dient ein 3-Zoll-Breitbänder mit einem Hochpassfilter erster Ordnung. Dass für den Hoch- und Superhochton kein eigener Treiber verwendet wird, merkt man beim Zuhören gar nicht. Durch die gelungene Abstimmung des Breitband-Treibers zaubert dieser auch im Hochton noch genug Pegel hervor. Trotz der kleinen Abmessungen des Lautsprechers rät Sven Boenicke von einer wandnahen Aufstellung ab und empfiehlt eine möglichst freie Positionierung im Raum, um die Bühnenabbildung nicht zu beeinträchtigen.
Befeuert wurden die Lautsprecher von einem neuen Stern am Röhrenverstärker-Himmel. Der New Audio Frontiers Performance 2a3 von Thorsten Fennel bietet 12 Watt pro Kanal an 8 Ohm und stellte sich zusammen mit einem Linn LP12 als toller Spielpartner für die kleinen (W5 SE) und auch großen (W11 SE) Boenickes heraus.
Das komplette Boenicke-Audio-Line-up, bestehend aus W5, W8, W11 und W13, wird in Deutschland unter anderem von The Orange Audio in Fulda vertrieben. Dort sind auch die Verstärker von New Audio Frontiers erhältlich. In Österreich ist Robert Czesany vom HiFi-Team für den Vertrieb verantwortlich. Preislich beginnt es bei 4.200 Euro für die kleinen Boenicke W5. Für die ebenfalls ausgestellte W11 werden 10.000 Euro fällig (SE- und SE+-Modelle mit Aufpreis).
Die nächste Station meines Streifzugs durch die Hotel-Suiten war CocktailAudio. Der Hersteller hat sich auf All-In-One-Musikserver spezialisiert. Unter der X-Serie werden Produkte zusammengefasst, die als moderne Schaltzentrale für das komplette HiFi-System dienen sollen. Vom Verstärker über Musik-Streaming bis hin zum Rippen der CD-Sammlung oder gar dem Digitalisieren von Schallplatten ist so ziemlich alles in diesen Geräten integriert. Die Serie umfasst die Modelle X12, X30, X35, X40 und X50. Allen gemein ist das optische Laufwerk, ein 3,5-Zoll-Schacht für Festplatten sowie der große TFT-Bildschirm (kein Touch-Display).
Die einzelnen Player/Server unterscheiden sich durch verschiedene Ausstattungsmerkmale. Der sich am längsten am Markt befindliche X12 fällt zudem vom Design her etwas aus der Reihe. Die Gehäuseform ähnelt eher der eines Mini-PCs. Nichtsdestotrotz vereint er zahlreiche Funktionen, für die man früher mehrere Geräte benötigte. Die Hinterseite beherbergt einen Netzwerkanschluss für das Musikstreaming, jeweils einen analogen Ein- und Ausgang im Cinchformat, zwei Digitalausgänge (optisch und koaxial), zwei USB-Host-Eingänge zum Anschließen externer Festplatten und natürlich die Lautsprecherausgänge des 60 Watt starken Class-D-Verstärkers. Auch der X12 besitzt, trotz der geringen Größe, einen seitlich zu erreichenden Erweiterungsschacht, der Festplatten mit bis zu 4 TB Platz bietet. Qobus, Spotify und Internetradio sind ebenfalls integriert.
Der CocktailAudio X30 hat mit seinen Abmessungen von 435 x 325 x 88 Millimetern normales Rackmaß. Zusätzlich zu den bereits im X12 enthaltenen Funktionen besitzt der X30 noch einen digitalen AES/EBU-Ausgang und zwei Digitaleingänge (optisch und koaxial). Digitalsignale werden von einem hochwertigen D/A-Wandler von Burr Brown (PCM1792a) in analoge umgewandelt. Des Weiteren besteht die Option, das am 5-Zoll-TFT-Bildschirm angezeigte Menü mittels HDMI-Out auf einen Fernseher anzeigen zu lassen. Auch ein Antennenanschluss zum FM-Radio-Empfang ist integriert worden. Die Verstärkerleistung wird mit 2 x 100 Watt angegeben.
Der neueste „Cocktail“ hört auf den Namen X35 und kann sogar mit einem eigenen MM-Phono-Eingang aufwarten. Als Digital-Analog-Wandler kommt hier der 9018K2M von Sabre zum Einsatz. Das TFT-Display ist auf ganze sieben Zoll angewachsen. Eine Besonderheit stellt die Unterstützung von Roon dar. Das Alleinstellungsmerkmal des X40 in der X-Serie sind seine symmetrischen XLR-Ausgänge (Pre-Out). Dadurch ist es zum Beispiel leicht möglich, am Musik-Server auch aktive Boxen oder hochwertige, symmetrische Endverstärker anzuschließen. Das Top-Gerät X50 (Digital Music Ripper-Server-Player) bietet laut Günther Holzhofer von UE-Consult als einzige derzeit am Markt befindliche Streaming-/Server-Lösung die Möglichkeit, mittels RAID-Verbund die Musiksammlung intern auf zwei Festplatten zu spiegeln und dadurch ein redundantes System zu erzeugen. So läuft man weniger Gefahr, die Musiksammlung durch einen etwaigen Festplattenschaden zu verlieren. Neben der X-Serie war auch noch ein kleinerer Netzwerkplayer mit integriertem USB-DAC zu sehen. Der N15 besitzt kein Display und wird ausschließlich über die CocktailAudio-App für Android und iOS bedient (die gleiche wie für die Geräte der X-Serie).
Die Preise für die Basisvarianten ohne Festplatten beginnen bei 599 Euro (X12), 649 Euro (N15) 1.099 Euro (X30), 1.499 Euro (X40), 1.699 Euro (X35) und 1.799 Euro (X50). In Deutschland wird CocktailAudio von Noveltech (www.cocktailaudio.de) vertrieben.
Im Zimmer von SoReal Audio (www.soreal-audio.de) erwartete mich ein besonderes Analogsystem. Am hauseigenen Plattenspieler Seismograph war das neue Über-Pick-up der japanischen Manufaktur Etsuro Urushi montiert. Was macht diesen Tonabnehmer so speziell?
Hier ist die Fertigung und insbesondere die Lackierung des Systems zu nennen. Schon im Namen wird mit „Urushi“ der aufwendig zu gewinnende und zu verarbeitende Naturlack aus Japan (siehe Wikipedia) genannt. Der in mehreren Schichten in Handarbeit auf den Tonabnehmer-Korpus aufgetragene Lack wird aus dem Harz des ostasiatischen Lackbaums gewonnen und unter einer nahezu staubfreien Atmosphäre ausgehärtet. Die typische weinrote Pigmentierung des Lacks besitzt eine besonders schillernde Oberfläche. Der Tonabnehmer ist aber auch in Dunkelblau erhältlich. Der Lack beziehungsweise das Lackierungsverfahren fand übrigens auch schon beim Kopfhörer TH900 von Fostex Verwendung.
Aber natürlich ist nicht nur der Lack hochwertig. Der Nadelträger des MC-Tonabnehmers besteht aus Saphir, der Schliff des Abtastdiamanten ist ein Super Fine Line 80µ. Die Tonabnehmerbasis für die Montage am Tonarm wurde ebenfalls aus Saphir gefertigt. Das eigentliche Gehäuse unter den zahlreichen Lackschichten besteht dagegen aus Duralumin 7075, einer hochfesten Aluminiumlegierung. Die empfohlene Auflagekraft wird mit zwei Gramm, das Eigengewicht des Tonabnehmers mit neun Gramm angegeben. Das Etsuro Urushi kann (theoretisch) einen Frequenzbereich von 15 Hz bis 50 kHz abtasten. Klanglich war das System an den verwendeten Sonus faber Olympica-Standlautsprechern sehr farbenreich und leicht in die angenehm-wärmere Richtung getrimmt. Wer die Exklusivität aus Japan sein Eigen nennen will, sollte 6.600 Euro in der Tasche haben …
Messebericht: Klangbilder 2017