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JaWil Audio

Inhaltsverzeichnis

  1. 1 JaWil Audio

März 2016 / Martin Mertens

Wenn Maschinenbau „Made in Germany“ und Musikbegeisterung aufeinander treffen, entstehen faszinierende HiFi-Produkte – wie die Firma JaWil Audio (www.jawil-audio.de) beweist. Bei einem Besuch bei JaWil im Westerwald erfahre ich darüber hinaus, wie die beiden Köpfe hinter JaWil – Jörn Jansen und Paul Gerhard Willershausen – die mehr als fairen Preise ihrer alles andere als gewöhnlichen Produkte realisieren.

Um JaWil Audio zu verstehen, muss man zuerst das Unternehmen vorstellen, mit der die beiden Namensgeber JAnsen uns WILlershausen hauptberuflich ihr Geld verdienen: die Firma Chip Tec Maschinenbau GmbH. Firmensitz ist Brachbach im Westerwald, in der Nähe von Siegen. In der Gegend wurde früher Eisenerz abgebaut und Stahl produziert. Berg- und Hüttenwerke findet man hier heute nicht mehr, Stahl verarbeitende Betriebe prägen aber weiterhin die Industrieregion. Wo sich die Sieg durch die Hügel des Westerwaldes schlängelt, liegt ein Zentrum des deutschen Maschinenbaus.

JaWil Bragi 2
Das „Flaggschiff“ von JaWil Audio: Der Hornlautsprecher
Bragi 2

Im Jahr 2000 machten sich die Herren Jansen und Willershausen hier selbständig. Beide hatten zuvor bei einem großen Werkzeugmaschinenhersteller in der Region gearbeitet. Ursprünglich wollte Chip Tec Schleifmaschinen für die Stahlbearbeitung entwickeln, bauen und warten. Mittlerweile hat sich der aktuell 15-köpfige Betrieb auf die Fertigung von Teilen und Baugruppen für andere Maschinenhersteller spezialisiert. Womit Chip Tec gegenüber größeren Unternehmen punkten kann, ist vor allem die hohe Flexibilität der Firma. Durch die überschaubare Betriebsgröße, das geballte Know-how und vor allem durch kreatives Herangehen und ein gesundes Improvisationsvermögen kann man schnell und kurzfristig auf neue Anforderungen und Aufträge reagieren. Dass die Qualität stimmt, zeigen die zahlreichen Zertifizierungen und Zulassungen des Unternehmens.

JaWil Audio Firmengebäude
Das Firmengebäude wirkt eher pragmatisch

Bei meinem Besuch der Firma JaWil empfangen mich die beiden Firmenchefs im Besprechungsraum des Unternehmens, der gleichzeitig auch als Vorführraum dient. Hier können die aktuell von JaWil angebotenen Komponenten in einer gemütlichen, akustisch optimierten Umgebung probegehört werden. Ich möchte allerdings zunächst wissen, wie es zur Gründung von JaWil Audio gekommen ist. Darauf erzählt Herr Jansen, dass ihm Musik schon immer wichtig war und er sich vor geraumer Zeit auch eine HiFi-Anlage nach seinem Geschmack zugelegt hat. Die Gründung von Chip Tec und die Familie hätten das Hobby dann eine Zeit lang in den Hintergrund geraten lassen – bis die Kinder, natürlich auch musikbegeistert, nach einer eigenen Anlage verlangt hätten. Weil ihn die fertig angebotenen Produkte nicht überzeugten, habe er beschlossen, seinen Kindern selber einen Verstärker zu bauen. Mit Verstärkerschaltungen habe er sich schon im Studium beschäftigt; ein schmuckes Gehäuse war mit den Mitteln des eigenen Betriebes zu realisieren. So sei vor rund 10 Jahren mit dem Vollverstärker Asgard (siehe unseren Test aus 2014) das erste HiFi-Produkt entstanden. Dabei habe er es nicht bei einem einzelnen Exemplar belassen. Und so sei ein Verstärker im Besprechungsraum der Firma gelandet – wo er bei Kunden und Geschäftspartnern Neugierde erregt habe.

Bragi 2, der Asgard-Verstärker und das DIY-Konzept Ragnarök
Im kombinierten Konferenz-/Hörraum ist ein Teil der aktuellen Produktpalette zu bewundern – hier die Bragi 2, der Asgard-Verstärker und das DIY-Konzept Ragnarök

Es kam, wie es kommen musste: Freunde, Bekannte und Geschäftspartner interessierten sich, Mundpropaganda tat ein Übriges – irgendwann stellte sich den Herren Jansen und Willershausen die Frage, ob sie das Ganze als privates Hobby weiterführen oder offiziell HiFi-Produkte herstellen und verkaufen wollten. Die Entscheidung fiel auf Letzteres und vor rund acht Jahren wurde JaWil aus der Taufe gehoben. Was vor allem erst einmal Papierkram bedeutete. Die Produkte mussten CE-zertifiziert und einer möglichen Entsorgung der Geräte gemäß WEEE Genüge getan werden. Seitdem tritt JaWil Audio offiziell als Hersteller von Unterhaltungselektronik auf. Untätig waren die Herren JaWil bis heute bei weitem nicht. Im Gegenteil: Manche etablierte High-End-Manufaktur wäre froh, mit einer solchen Schlagzahl neue Produkte „marktreif“ zu machen.

JaWil Hörraum
Das Setting lädt zu einer entspannten Hörrunde ein

Im Besprechungsraum stehen spielbereit die Lautsprecher „Bragi“, die erste komplette Lautsprechereigenentwicklung von JaWil. Die Bragi sind gleich ein schöner Beleg dafür, wie grundsätzlich man bei JaWil an das Thema HiFi herangeht. Die Lautsprecher arbeiten mit einem Breitbänder in einem Backloaded-Horn-Gehäuse. Erst nach diversen Versuchen mit konventionellen Mehrwege-Systemen sind die beiden Chefs auf das Thema Breitbänder gekommen. Geringe mechanische Verluste sind nach ihren Erfahrungen der Königsweg zum ultimativen Klangerlebnis. Woher sie die Breitbandchassis für die Bragi beziehen, wollen sie nicht verraten. Ich erfahre aber, dass als Antrieb ein echter AlNiCo-Magnet zum Einsatz kommt. Kenner der Szene haben sicher die eine oder andere Idee, aus welcher Ecke ein solches Chassis kommen kann. Ein geeignetes Horngehäuse zu berechnen, zu bauen, zu messen und klanglich zu optimieren, schreckte die beiden nicht ab. Im Gegenteil, die sich auftuenden Baustellen nahmen sie laut Eigenaussage als willkommene Herausforderungen.

Während sich der Tieftonbereich mit Hilfe einer geeigneten Horngeometrie gut in den Griff bekommen ließ, gab es in den Mitten zwei unschöne Überhöhungen. Auf elektrische Filter wollten die Konstrukteure allerdings verzichten. Hörtests hatten ergeben, dass jedes im Signalweg vor dem Breitbänder befindliche elektronische Bauteil dem angestrebten hochdynamischen Klangideal abträglich war. Also zog man die Mitten mit Hilfe zweier interner Helmholtzresonatoren glatt. Um das gen höhere Frequenzen zunehmende Bündelungsverhalten der Breitbänder zu kompensieren, erwies es sich als erforderlich, zusätzliche Hochtöner einzusetzen. Nach vielen Experimenten entschloss man sich, den Hochtöner nicht direkt abstrahlend auf der Front, sondern indirekt strahlend auf der Rückseite anzubringen. Er ergänzt die nötige Hochtonenergie über das Diffusfeld. Damit wirke das Klangbild insgesamt schlüssiger.

JaWil Bragi Lautsprecher
JaWil Audio Bragi

Auch die Gehäuse an sich wurden zum Gegenstand ausgiebiger Versuchsreihen. Bei ihrer Arbeit an Industrie-Metallschleifmaschinen haben Jansen und Willershausen regelmäßig mit Schwingungsanalysen gearbeitet. Mit Hilfe von Beschleunigungsaufnehmern spürten sie unerwünschte Schwingungen und Resonanzen auf, die das Schleifergebnis großer Anlagen negativ beeinträchtigten. Mit der gleichen Technik analysierten sie nun unerwünschte Schwingungen von Lautsprechergehäusen. Holz erwies sich bei ihren Versuchen als weniger idealer Werkstoff. Also stellten sie Experimente mit verschiedenen anderen Materialien an und landeten schließlich bei Schiefer als optimalem Werkstoff. Das Gestein biete eine exzellente Kombination aus Dämmung und Dämpfung. Allerdings habe man festgestellt, dass reine Schiefergehäuse nicht gut klängen und sei letztendlich bei einer Kombination aus Schiefer und Holz gelandet. Messtechnisch habe man keine Unterschiede zwischen reinen Schiefer- und Holz/Schiefer-Gehäusen feststellen können; klanglich sei der Unterschied aber signifikant gewesen – so Herr Jansen.

Heimdall - der Einstiegslautsprecher von JaWil Audio
Heimdall – der Einstiegslautsprecher von JaWil Audio

In der Folge entstanden weitere Lautsprechermodelle, die Mini-Bragi, die Bragi 2 und die Heimdall (siehe auch unseren Test aus dem letzten Jahr). Ein weiteres Modell zwischen der Heimdall als „kleinstem“ Modell und der Bragi ist in Planung. Alle Gehäuse werden individuell nach Kundenwunsch gefertigt – eine Ausnahme bildet lediglich die Heimdall, die es in der Standard-Ausführung Schwarz (schwarzes Schiefer-Gehäuse, schwarze Holzfront) besonders preiswert gibt. Aber auch hier sind gegen Aufpreis individuelle Ausführungen möglich. Dabei hat der Auftraggeber die Wahl zwischen unterschiedlichsten Holzoberflächen, von Lack bis Furnier. Auch beim Schiefer hat man die Wahl zwischen verschiedenen Schiefersorten. Die breite Palette an Schiefer-Mustern beeindruckt mich. Neben dem bekannten schwarz- bis anthrazitfarbenen Schiefer gibt es zum Beispiel grünen, beigen oder braunen Schiefer mit einer spannenden Marmorierung. Für Letztere sind im Gestein eingeschlossene Eisenpartikel verantwortlich, erfahre ich. Die braunen Streifen seien eigentlich Rost. Fertige Gehäuse müsse man lackieren, damit sie nicht weiter rosten.

Maschinenhalle von JaWil
In den Hallen herrscht stets ein feiner Nebel der Kühlschmiermittel

Wie die aufwändigen Gehäuse gefertigt werden, sehe ich, als wir die Werkhallen von Chip Tec/JaWil besichtigen. Bandsägeautomaten stellen exakte Abschnitte von mächtigen Stahlprofilen her, tonnenschwere Drei- bis Fünf-Achs-Fräsautomaten bringen massive Stahl- oder Alu-Blöcke aufs Zehntel genau in Form, Drehbänke nehmen Rohlinge bis zu einem Meter Durchmesser auf und fertigen daraus „aufs µ“ genau die gewünschten Teile. In den Hallen steht ständig ein feiner Nebel der eingesetzten Kühlschmiermittel. Natürlich arbeiten alle Maschinen CNC-gesteuert. Auch das Gießen von Metallen und das Ausschleudern von Lagern mit speziellen Lagermetallen und Legierungen beherrscht man im Hause.

Metallbandsäge
Diese CNC-gesteuerte Metallbandsäge schneidet von einem Stahlrohr Ringe ab

Drehmaschine
Diese Drehmaschine nimmt Rohlinge bis zu einem Meter Durchmesser auf

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Firmenbericht: JaWil Audio

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