Demnächst im Test:

Billboard
Phonosophie - Richtig!

Reinhard Weidinger von der Firma Hörzone – Interview fairaudio

Inhaltsverzeichnis

  1. 2 Reinhard Weidinger von der Firma Hörzone - Interview fairaudio

Interview mit Reinhard Weidinger/Hörzone (Teil 2)

Messung der Nachhallzeit RT60
Messung der Nachhallzeit RT60: Innerhalb eines Toleranzbereiches (durchgezogene rote Linie) liegt der optimale Werteverlauf (gestrichelt); im Bass werden dabei längere Nachhallzeiten toleriert, in den Höhen dagegen vergleichsweise kurze. Die blaue Kurve zeigt den (nicht optimalen) Ist-Zustand

Wenn ein Termin vor Ort stattfindet, was macht der Akustiker dann?

Nun, er führt Messungen aller raumakustisch relevanten Parameter durch. So wird die frequenzabhängige Nachhallzeit „RT60“ gemessen: Mit einem Dodekaeder-Lautsprechersystem, vergleichbar einem Rund- oder sogar Kugelstrahler, wird also gemessen, wie lange es dauert, bis der Schallpegel im Raum nach Anregung um 60 Dezibel abgenommen hat.

Terzbandanalyse
Terzbandanalyse

Am Hörplatz wird zudem mit Terzband- und Reflexionsanalyse gearbeitet, es wird also ermittelt, wann welche Schallereignisse nach dem Direktsignal der beiden Lautsprecher eintreffen – und in welchem Frequenzbereich sie liegen. Raumresonanzen im tieffrequenten Bereich können ebenfalls problematisch sein, hier wird für die Messungen mit einem Subwoofersystem gearbeitet.

Reflexionsanalyse
Reflexionsanalyse

Welche Maßnahmen können dann ergriffen werden?

Danach wird gerechnet und ein Konzept für bestimmte akustische Maßnahmen erstellt – je nach Budget. Natürlich wird dabei auch ein Platzierungsplan für die Akustikelemente gegeben.

Was für Elemente sind denn üblich?

Um Schall zu absorbieren, muss ihm natürlich Energie entzogen werden. Das funktioniert in den Mitten und den Höhen besonders gut mit Absorbern aus porösen Materialien wie Akustikschaumstoffen. Je tieffrequenter, desto größer müssen die aber sein, denn die Wellenlänge (mehr hierzu im Raumakustik-Artikel) nimmt ja zu – im Bassbereich kann damit daher nicht mehr gearbeitet werden, das ist nicht praktikabel. Im absoluten Tiefbass müsste ein normaler Wandabsorber ja mehrere Meter dick sein!

BagEnd eTrapHier können aber beispielsweise aktive Systeme wie die E-Trap (rechts im Bild) genutzt werden – sie arbeitet wie eine Art „Anti-Subwoofer“ und entzieht dem Raum Bassenergie bei bestimmten Frequenzen mit einem invertiert arbeitenden Lautsprecher. Auch Resonatoren für das Dämpfen engerer Frequenzbereiche können eingesetzt werden.

Anstatt zu dämpfen, kann man auch diffundieren, also statt einer harten Reflexion eine möglichst gleichmäßige Verteilung im Raum erzielen. Diese Module nennen sich Diffusoren.

Können solche vorkonfektionierte Akustikelemente überhaupt den individuellen Problemen eines Raumes gerecht werden?

Nicht vollkommen, das ist klar. In normalen Wohnzimmern gibt es aber ohnehin meist Beschränkungen, hier muss man ja die Möglichkeiten des Kunden berücksichtigen, wenn Raumakustikmaßnahmen umgesetzt werden. Im Tieftonbereich sind Akustikprodukte häufig sehr voluminös, weil mit geringen Frequenzen die Ausdehnung der Schallwellen größer ist, wodurch sehr große Elemente notwendig werden. Das lässt sich meist nicht realisieren. Deshalb raten wir hier dann entweder zu DSP-Produkten, also Systemen, die schon in der Wiedergabekette potenzielle Frequenzbereiche dämpfen. Oder wir empfehlen die schon erwähnte BagEnd E-Trap, also den aktiven Bassabsorber, denn manche HiFi-Hörer sehen DSP-Lösungen nicht so gerne.

Wasserfalldiagramm der Raumnachhallzeit
Wasserfallanalyse der Raumnachhallzeit im Bassbereich

Wo liegen Grenzen des Machbaren? Wo hört es eigentlich auf, Sinn zu machen?

Die Grenzen setzen der Raum und der Kunde. Es macht für ihn ja meist keinen Sinn, wenn man aus 20 qm nur noch 15 macht, weil die Nachhallzeit im Bass bis auf 0,2 Sekunden heruntergedrückt werden soll. Raumakustik im Heimbereich ist immer ein Kompromiss. Aber auch in vielen Tonstudios ist das nicht anders.

Beispiel für einen von der Hörzone akustisch optimierten Raum
Akustik und Design schließt sich nicht aus, im Gegenteil

Welche Speziallösungen gibt es denn? Welche neuen Entwicklungen gibt es auf dem Markt des Raumakustikzubehörs?

Die E-Trap erwähnte ich ja schon, das ist so eine spezialisierte Lösung, mit der man zwei Raummoden, also hervorstechende Frequenzen im Tieftonbereich, bearbeiten kann. Aber hier gibt es auch Konstellationen, bei denen sie nicht so wirkungsvoll eingesetzt werden kann. Das lässt sich jedoch nur mit Messungen ermitteln.

Die FIR-Filter-Technologie hat inzwischen auch breiter Einzug gehalten: Es gibt eine Reihe von Lösungen am Markt, mit denen eine automatische oder manuelle Hörplatzentzerrung der Lautsprechersysteme per Digitalfilter möglich ist. Daneben gibt es einige andere Produkte, die ich eher in den Bereich der Esoterik schieben würde, aber letztendlich entscheidet der Kunde selbst …

Sie haben gerade digitale Filter angesprochen: Sehen Sie elektronische Korrektionssysteme – z. B. ein Trinnov-Raumakustikprozessor oder aktuelle Genelec-Aktivboxen – eher positiv oder eher negativ? Wo sind Vor- und Nachteile gegenüber klassischen raumakustischen Maßnahmen?

So um das Jahr 2000 habe ich erste Erfahrungen mit dem Tact-Raumkorrektursystem gesammelt, das Potenzial war zu sehen, aber die Geräte waren nicht ausgereift, und die Bedienung auch nicht. 2003 hatte ich mit der O500 von Klein und Hummel einen Lautsprecher mit FIR-System im Programm. Damals wurden FIR-Filter auf breiter Basis abgelehnt, inzwischen steigt die Akzeptanz für so etwas. Ein Trinnov ist natürlich ein mächtiges Werkzeug, in der Regel sollte eine Einmessung deshalb von einem Fachmann gemacht werden. Systeme mit automatischer Einmessung funktionieren heutzutage auch ziemlich gut. Das ist vielleicht nicht bis ins letzte Detail perfekt, bringt in der Regel jedoch deutliche Verbesserungen.

Beispiel für einen von der Hörzone akustisch optimierten Raum
An der Decke vor und hinter dem Projektor sind Diffusoren angebracht

Vielleicht können Sie eine grobe allgemeine Einschätzung geben: Welchen Anteil an den Gesamtausgaben für eine High-End-Anlage sollten HiFi-Begeisterte bei normalen Raumverhältnissen in die Akustik fließen lassen?

Oh, das kann man nicht so pauschal beantworten, da spielen zu viele Faktoren eine Rolle. Die Voraussetzungen des Raumes, möglicher Selbstbau, fertige Elemente, das Design und die Ausführungsqualität, all das spielt im Preis ja eine entscheidende Rolle.

Ich würde der Akustik und den Lautsprechern rund zwei Drittel des Budgets zuteilen, manchmal sogar mehr. Aber pauschalisieren kann man das nicht wirklich. Wichtig erscheint mir, dass man weiß, was der Raum macht, also welche Schwachstellen er aufweist.

Herr Weidinger, vielen Dank für das Gespräch!

Kontakt:

Hörzone GmbH
Balanstraße 34 |
81669 München

Telefon: 089 – 721 10 06
eMail: info@hoerzone.de
Web: http://hoerzone.de

Kommentar/Leserbrief zu diesem Bericht schreiben

Billboard
Technics Grand Class SL-1300G

Interview: Reinhard Weidinger von der Firma Hörzone

  1. 2 Reinhard Weidinger von der Firma Hörzone - Interview fairaudio

Über die Autorin / den Autor

Equipment

Analoge Quellen: Laufwerk: Thorens TD-316 MkII mit Nagaoka MP-110

Digitale Quellen: D/A-Wandler: Lavry DA-11, Merging Technologies HAPI (AD/DA-Wandler) CD-Player: Rega Apollo

Vollverstärker: Rega Mira

Endstufen: Abacus Electronics 60-120D Dolifet

Lautsprecher: Harbeth Super HL5 Plus XD, Genelec 8010A, JBL Control 1C, Piega TMicro 5, Vogel Custom Blue, Vogel Custom White

Kopfhörer: Stax SRS-2170, Focal Celestee, AKG K240DF, Beyerdynamic DT150, Beyerdynamic Custom One, Beyerdynamic Free Byrd, Sony MD-7506, KOSS Porta Pro

Kopfhörerverstärker: integrierte Lösungen im Lavry DA-11, Merging Technologies HAPI, Harrison-Mischpult

Mobiles HiFi: iFi iDSD nano

All-In-One: Arcam Solo Mini DAB+

Kabel: Lautsprecherkabel: Oehlbach Ultrastream NF-Kabel: Vovox Link, Vovox Sonorus

Größe des Hörraumes: Grundfläche: 51 m² und 12 m² Höhe: 2,3 m und 2,1-2,6 m