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mit Thomas Kopanz
Auf die beiden „Big Player“ im Kopfhörerbusiness, Sennheiser und Beyerdynamic, musste man auf der diesjährigen High End zwar verzichten, der Entwicklungseifer anderer Marken machte das aber problemlos wett. Besonders – aber nicht nur – bei In-Ears gibt es auch dank steigender Beliebtheit der asiatischen Hersteller wieder viel Neuzuwachs.
Der bereits aus vergangenen Jahren als Miniaturisierungsgenie bekannte oBravo-CEO David Teng aus Taiwan stellte auf seinem Messestand diesmal In-Ears der Superlative vor.
Als Herzstück des Flaggschiff-Modells oBravo Ra dient der neue Miniatur-AMT-Treiber AMT-8 Mark II. Neben verbesserter Dynamik soll er nochmals feinfühliger als sein Vorgänger zu Werke gehen. Den Bassbereich übernimmt dabei ein ganze 16 mm durchmessender dynamischer Treiber. Für dieses koaxiale Treibergespann mit satten 182 Ohm Impedanz ist ein leistungsstarker Mobil-Verstärker fast schon Pflicht, wie man bereits am für In-Ears recht moderaten Wirkungsgrad von 93 dB erkennen kann. Auch beim Gehäuse des Ra hat oBravo nicht mit Edelstoff gegeizt. So besteht der Gehäusedeckel aus Akazienholz samt eingravierten oBravo-Logos und Reflexöffnungen. Das eigentliche Gehäuse der Treiber ist aus reinem Kupfer und die Druckkammer bis zur Schallöffnung aus hochfester Keramik gefertigt. Beim aufgerufenen Preis der In-Ears wird man jedoch trotz des hohen Fertigungsaufwandes etwas stutzig. 10.000 Euro vor (!) Steuern will man vom geneigten Käufer haben.
Dass man mit oBravo aber auch wesentlich preiswerter Musik genießen kann, beweist der Ende Juni 2019 erscheinende Cupid. Ebenfalls als In-Ear mit zwei verschiedenen Treibertypen konzipiert, wird der Mittel- und Hochton von einem 8 mm großen Miniatur-Magnetostaten angetrieben. Der dynamische Basstreiber fällt mit 6 mm wesentlich kleiner als beim Ra aus. Das Gehäuse besteht beim Cupid aus poliertem Messing, das Kabel wird über das Ohr getragen. Preislich spricht der oBravo Cupid sicherlich eine größere Interessentengruppe an: Die Grundversion soll schon für 169 Euro plus Mehrwertsteuer zu haben sein. Wer ein hochwertigeres Kabel aus sauerstoffarmem Kupfer und als Zubehör einen Adapter von 2,5 mm auf 3,5 mm inklusive Ear-Tips von Comply haben möchte, muss mit 269 Euro rechnen. Das Kupferkabel mit MMCX-Stecker ist übrigens auch separat zu einem Preis von 169 Euro erhältlich. In Deutschland werden die oBravo-Produkte von Robert Ross (www.robertross.de) vertrieben.
Auch bei Meze Audio (https://headphonecompany.com) aus Rumänien waren zwei neue In-Ears die Stars. Zum einen der direkt zur High End erschienene Meze Rai Penta. Wie der Name schon andeutet, sind im kleinen Hybrid-In-Ear fünf Treiber verbaut, vier davon sind speziell angepasste Balanced-Armature-Treiber für die Mitten und den Hochton. Den Bassbereich erweckt ein dynamischer 10-mm-Treiber zum Leben.
Der Rai Penta besitzt pro Treiber eine eigene Schallführung, was einer präziseren, plastischeren Raumdarstellung dienen soll. Das ergonomisch sehr angenehm sitzende Gehäuse ist komplett aus Aluminium gefräst und schwarz eloxiert. Als hochwertig gestaltet sich auch das mitgelieferte Kabel, welches sich per MMCX-Stecker mit dem Meze Rai Penta verbinden lässt und am anderen Ende einen mit Rhodium beschichteten 3,5-mm-Klinkenanschluss besitzt. Alternativ können auch noch symmetrische Kabel mit 2,5-mm-Klinke oder 4,4-mm-Pentaconn-Anschluss geordert werden. Der Meze Rai Penta ist für 1.099 Euro zu haben. Für die symmetrischen Upgrade-Kabel werden 149 Euro fällig.
Für mich noch interessanter war der Ein-Treiber-In-Ear Meze Rai Solo. Statt der 5-Treiber-Hybrid-Bauweise muss beim Solo ein einzelner dynamischer Treiber das gesamte Frequenzspektrum stemmen. Kein Problem für Meze, zauberte der Klang mir doch ein Lächeln ins Gesicht.
Statt eines Gehäuses aus CNC-gefrästem Aluminium wird das Gehäuse des Rais Solo aus Edelstahl gefertigt. Das eingravierte Meze-Logo und die perfekte Verarbeitungsqualität fehlen aber auch hier keinesfalls. Preislich sind für den Meze Rai Solo ungefähr 200 Euro geplant. Auf die Frage, wann der In-Ear auf den Markt kommen soll, wurde nur mit „later this year“ geantwortet.
Dass auch deutsche Ingenieure zu Höchstleistungen bei der In-Ear-Entwicklung fähig sind, bewies nicht zuletzt das bayrische Unternehmen Ultrasone (https://ultrasone.com) mit dem sehr aufwendig konstruierten Ultrasone Saphire. Dabei entpuppt sich der Universal-In-Ear als 6-Treiber-4-Wege-Konstruktion.
Zwei Dual-BA-Treiber dienen pro Ohrhörer dabei als Tieftöner, je ein weiterer BA-Treiber ist für den Mitten- und Hochtonbereich zuständig. Das Besondere an diesem In-Ear stellt die Frequenzerweiterung für den Superhochton dar. Ab neun Kilohertz unterstützen hier zwei elektrostatische Treiber die obersten Frequenzen, um der Musik noch mehr Luftigkeit und Details entlocken zu können. Diese insgesamt sechs Treiber wurden in ein sehr kleines Gehäuse aus massivem Aluminium verpackt. Die Abdeckplatte aus poliertem Edelstahl ziert das Ultrasone-Logo. Der Ultrasone Saphire wurde von der ersten Skizze bis zum fertigen In-Ear in der bayrischen Manufaktur entwickelt und wird dort auch für den Kunden per Hand gefertigt.
Als passenden Spielpartner bietet Ultrasone den mobilen DAC/KHV Panther an. Dieser nimmt PCM-Daten mit bis zu 32 Bit/384 kHz und DSD-Files bis DSD256 entgegen, die er mittels AKM 4490 von Digitalen (Micro-USB) ins Analoge (3,5 mm unsymmetrisch, 2,5 mm symmetrisch) wandelt. Ganze 20 Stunden soll der mobile Verstärker mit einer Akkuladung auskommen. Der Hybrid-In-Ear Ultrasone Saphire kann ab sofort direkt online bei Ultrasone oder im Fachhandel für 2.999 Euro erworben werden. Für den 399 Euro teuren DAC/KHV Ultrasone Panther muss man allerdings laut Webseite aufgrund der hohen Nachfrage aktuell eine Wartezeit bis 30. Juni einplanen.
Die beiden chinesischen Hersteller FiiO und Shanling durften auf der internationalen Bühne der High End mit ihren mobilen Produkten ebenso wenig fehlen wie der taiwanesische Edelhersteller Astell&Kern:
Das Marketing von FiiO (https://nt-global.de) konzentrierte sich heuer voll und ganz auf ihr neues Player-Line-up der M-Serie. Hatte man letztes Jahr schon den M7 Android-Player vorgestellt, rundete man die Neuerungen nun nach oben und unten hin ab. So wurde gleichzeitig mit dem neuen 5-Treiber Hybrid-In-Ear FH7 auch das Topmodell der M-Serie, der M11 DAP präsentiert. Ausgestattet mit einem dualen AK4493EQ DAC und Bluetooth samt LDAC-Support ist er in der Lage, eine wertige Soundqualität sowohl mit Kabel als auch kabellos zu bieten. Für eine flüssige und unmissverständliche Bedienung sorgt ein 5,15-Zoll-Display, das von einem Samsung Exynos 7872 mit 2 GHz befeuert wird. Eine weitere Neuerung bei FiiO stellt der FiiO-Link dar. Mittels einer App kann der Player hiermit bequem mit dem Smartphone bedient werden. Auch die Anschlussmöglichkeiten für kabelgebundene Kopfhörer gestalten sich mit den symmetrischen 2,5-mm- und 4,4 mm-Buchsen sowie einem unsymmetrischen 3,5-mm-Anschluss erfreulich vielfältig. Die Akkulaufzeit wird beim M11 mit 13 Stunden angegeben.
Etwas überrascht war ich vom neuen FiiO M5-Player, ähnelte dieser doch nicht nur im Aussehen sehr dem letztjährig vorgestellten M0-DAP von Shanling. Wie das „Konkurrenzprodukt“ kommt der M5 mit 1,54-Zoll-Display (240 x 240 Pixel), USB-C-Port zum Laden sowie Befüllen des Players, LDAC Support und 15 Stunden Laufzeit. Zwei wesentliche Unterschiede gibt es hier aber zum Shanling: Der DAC des FiiOs stammt aus dem Hause AKM (AK4377) statt ESS und die LDAC-Unterstützung beschränkt sich auf vom Player empfangene Signale. An einen Kopfhörer mit LDAC-Support kann der M0 also (derzeit) noch keine hochauflösenden Signale weiterleiten.
Der M11 ist ab sofort bei NT-Global und seinen Vertriebspartnern um 399 Euro erhältlich. Auf den M5 müssen wir wohl noch bis Juni warten. Dann soll er aber zu einem sehr verlockenden Verkaufspreis von 99 Euro auf den Markt kommen.
Die Mobil-Spezialisten von Shanling hatten ihre beiden brandneuen In-Ears ME100 und ME500 im Gepäck. Der ME100 ist mit einem einzelnen dynamischen 10 mm großen Treiber ausgestattet und besitzt ein Gehäuse aus Aluminium. Als Kabel wird ein unsymmetrisches 8-adriges Kupferkabel mit MMCX-Steckern beigelegt. Der ME500 hingegen wird als Hybrid-In-Ear gefertigt. Ein 10 mm dynamischer Treiber dient als Bassunterstützung, zwei BA-Treiber aus dem Hause Knowles kümmern sich um die korrekte Wiedergabe von Mitten und Höhen. Für preisbewusste Hörer, die trotzdem die Freiheit des kabellosen Musikhörens genießen wollen, hat der chinesische Hersteller den Bluetooth‑In-Ear MW100 vorgestellt. Der dynamische Hörer mit 10-mm-Treiber unterstützt die Bluetooth-Codecs apt-X, AAC und SBC und muss erst nach 15 Stunden Dauerhören wieder ans Ladegerät. Wer es eilig hat, der kann nach zehn Minuten Ladezeit ganze zwei Stunden Musikgenuss aus dem Akku holen. Der ME500 soll ab Juni zu einem Preis von 269 Euro im Fachhandel erhältlich sein. Für den ME100 verlangt Shanling 119 Euro. Der Bluetooth-In-Ear kann um 60 Euro erworben werden.
Auch heuer wurde es nichts mit einem fertigen Clef Bluetooth-Receiver von Mytek, weshalb sich Interessenten den im Juli erscheinenden UP2 von Shanling genauer anschauen sollten. Der etwas mehr als feuerzeuggroße, portable Bluetooth-Receiver ist mit zahlreichen Funktionen ausgestattet. So unterstützt er den High-Definition-Codec LDAC und hat ein eingebautes Mikrofon, um Anrufe vom Smartphone entgegenzunehmen. Mittels USB-Kabel dient er an einem Laptop oder Computer auch als hochauflösender USB-DAC. Der Preis des Bluetooth-Receivers soll sich auf rund 80 Euro belaufen.
Letztes Jahr wurde bei Astell&Kern (https://headphonecompany.com) schon eine ganze Reihe neuer Edelplayer vorgestellt. 2019 rundete man zwei Produkt-Serien nach oben hin ab. Zum einen war das der Nachfolger des von der Mobil-Community hochgelobten A&Ultima SP1000, der A&Ultima SP2000. Neben dem leicht veränderten Design des in Edelstahl oder Kupfer erhältlichen Gehäuses hat man vor allem bei der D/A-Wandlung noch eins draufgelegt. So werkeln im Inneren des SP2000 nun zwei brandneue AK4499EQ-Chips von AKM in Dual-Mono-Konfiguration. Auch der interne Speicher wurde von 256 GB auf 512 GB verdoppelt. Durch den etwas größeren 3700-mAh-Akku wurde der SP2000 im Vergleich zum Vorgänger allerdings mit 410 (Edelstahl) beziehungsweise 432 Gramm auch um circa 30 Gramm schwerer.
Ein nicht gerade übertrieben mobiles Device hat Astell&Kern ab Juni mit dem A&K Kann Cube im Angebot. Der recht ausladend erscheinende und ein halbes Kilo schwere DAP soll speziell für den Betrieb von leistungshungrigen Kopfhörern wie etwa Magnetostaten entwickelt worden sein. Mit 6 Vrms (unsymmetrisch) beziehungsweise ganzen 12 Vrms (symmetrisch) schafft er es auch spielend, einen Audeze-Magentostaten anzutreiben. Mit einem 7400 mAh großen Akku hat der Player auch noch genügend Reserven, um mit einer Akkuladung über den Tag zu kommen. Das 5 Zoll-Display löst mit 1280 x 720 auf. Gewandelt wird mittels zwei ESS9038PRO DACs im Dual-Mono-Betrieb.
Der A&Ultima SP2000 soll im Juli für circa 4.000 Euro auf den Markt kommen. Der A&K Kann Cube wird schon einen Monat früher für 1.699 Euro im deutschen Fachhandel erhältlich sein.
Vermutlich ließe sich mit dem A&K Kann Cube auch die neue Meisterleistung des normalerweise auf Lautsprecher und Studiomonitore spezialisierten Unternehmens HEDD (http://www.hedd.audio/de) aus Berlin betreiben. Das Team rund um Klaus Heinz hat es nämlich vollbracht, einen Kopfhörer mit einem Vollbereichs-AMT (Air Motion Transformer) zu entwickeln. Dabei werkelt im HEDDphone ein Full-Range-AMT ohne Unterstützung eines dynamischen Treibers für den Bassbereich, wie er bei vielen anderen Herstellern nötig ist.
Der AMT wurde auf eine möglichst homogene Wiedergabe über den gesamten Frequenzbereich optimiert. Geschafft hat man das mit dem Aufbrechen der traditionell in gleichmäßigem Abstand zueinander angeordneten Lamellen, die für die Klangentstehung bei AMTs verantwortlich sind. Statt sich gleichartiger Abstände zu bedienen, hat man die Lamellen im Verhältnis 4:1 angeordnet. Somit soll auch bei 10 Hz noch derselbe Pegel erreicht werden wie im Mitten- und Hochtonbereich. Ein kurzes Reinhören in den HEDDphone ließ mich bereits Großes erahnen.
Bis der Kopfhörer schlussendlich auch ergonomisch – vor allem der Sitz der Ohrmuscheln bedarf noch einiger Nachbesserungen – Marktreife erlangt, werden wohl noch ein paar Monate ins Land ziehen. Laut Klaus Heinz sollte der komplett in Berlin gefertigte Hörer ab August um circa 1.600 – 1.700 Euro erhältlich sein.Der serbische HiFi-Hersteller Auris Audio (http://aurisaudio.rs/en/) hatte heuer vor allem das Kopfhörerverstärker-Segment mit Neuerungen bedacht. Dabei sollen sich die beiden bereits letztjährig auf den Markt gebrachten Röhrenverstärker Auris Nirvana und Auris Headonia aufs Wesentliche konzentrieren: Nämlich das Audiosignal möglichst verlustfrei analog zu verstärken. Beim Nirvana kümmert sich darum eine Kombination aus einer ECC82 als Eingangsröhre und zwei EL34 als Leistungsröhren. Zusammen zaubern sie satte 6 Watt auf den unsymmetrischen Kopfhörerausgang. Ein externes Linear-Netzteil versorgt den Verstärker mit genügend Leistung, wobei das Design an den Verstärker angepasst wurde. Zwei VU-Meter zeigen die am Ausgang anliegende Spannung an. Neben der Lautstärkeregelung kann zudem noch die Impedanz für das perfekte Zusammenspiel mit jedwedem Kopfhörer eingestellt werden. Neben zwei 6,3-mm-Klinkenbuchsen bietet der Nirvana auch einen 4-Pin-XLR-Ausgang für Kopfhörer an. Eingangsseitig hat man die Wahl zwischen zwei Cinch-Eingängen sowie einem XLR-3-Pin-Paar.
Der Headonia-Amp ist nochmals puristischer aufgebaut. Hier hat man weder VU-Meter verbaut, noch integriert man symmetrische Eingänge. Der rein auf unsymmetrische Signale ausgelegte Verstärker verlässt sich auf seine beiden Eingangsröhren vom Typ ECC81 und den beliebten 2A3-Leistungsröhren. Die Impedanzanpassung kann für jeden der beiden Kopfhörerausgänge separat geregelt werden.
Preislich sowie featureseitig am interessantesten war aber das neueste Produkt der Serben: Der Auris Euterpe glänzt gleich durch mehrere Funktionen. Zum kräftigen Röhrenverstärker gesellt sich hier ein nicht näher spezifizierter DAC von ESS, der mittels USB-B-Port mit Daten versorgt wird. Wer möchte, kann beim Euterpe auch Aktiv-Monitore an den separaten Pre-Out hängen und profitiert vom feinfühligen Klang der ECC81-Eingangsröhre. Das Gehäuse, welches gleichzeitig als Kopfhörer-Ständer dient, wurde in Zusammenarbeit mit Kennerton Audio designt.
Auris Nirvana und Auris Headonia sind zu Preisen von 5.500 Euro beziehungsweise 7.300 Euro bereits direkt bei Auris Audio (www.aurisaudio.rs) und im Fachhandel erhältlich. Der DAC/AMP Euterpe kann ab dem 1. Juni zu rund 1.500 Euro erworben werden.
Messebericht: High End 2019