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Computer, DAC & Streaming-Audio auf der High End 2019

Inhaltsverzeichnis

  1. 2 Messerundgang High End 2019 (Teil 1)
  2. 4 Computer, DAC & Streaming-Audio auf der High End 2019

mit Michael Bruß

Der Trend zu hochpreisigem Equipment ließ sich auf der High End 2019 auch in Sachen Computer-Audio klar nachvollziehen, und so befinden sich die in diesem Teil unseres Messereports versammelten Gerätschaften dann auch durchgehend im vier- und fünfstelligen Preisbereich. Was dem Interesse der High-End-Besucher aber keinen Abbruch tat: Selten war es eine solche Herausforderung, diese Pretiosen ohne eine Traube von Audiophilen um sie herum vor die Linse zu bekommen …

Die Aries Cerat Heléne mit Entwickler und Chef Stavros Danos

Die Aries Cerat Heléne mit Entwickler und Chef Stavros Danos

Schon beim ersten Rundgang durch die prall gefüllten Messehallen treffe ich auf die „Heléne“ des zypriotischen Herstellers Aries Cerat (www.klangloft.de). Die Firma ist einigen vielleicht noch kein Begriff, doch alles andere als ein Newcomer. Die Mannen um Stavros Danos bauen bereits seit 2010 in Limmasol, der zweitgrößten Stadt auf dem griechischen Teil der Insel, Hornlautsprecher, Röhren- und Hybridelektronik sowie D/A-Wandler.

D/A-Wandler Aries Cerat Heléne

D/A-Wandler Aries Cerat Heléne

Mit der ab sofort für 12.800 Euro erhältlichen Aries Cerat Heléne hat Stavros Danos zwar das Wandler-Rad nicht neu erfunden, ihm aber ein attraktives, dabei eher barock-klassisches Kleid auf den Leib geschneidert und die Ingredienzien in der Highend-Gourmetabteilung gesucht – und gefunden. So bewundern wir an und in der Heléne nicht nur eine wunderschöne Echtglasfront von beachtlicher Dicke, sondern auch pro Kanal ganze acht Ladder-DACs, die PCM-Datenraten von bis zu 32 Bit/768 kHz akzeptieren (DSD bleibt außen vor), und einen I/V-Transformer.

Blick ins Innere der Aries Cerat Heléne

Blick ins Innere der Aries Cerat Heléne

Ein was bitte? Nun, die Klangqualität fast aller handelsüblichen digitalen Musikgeräte lasse sich durch den Einsatz eines Transformators zur Umwandlung von Strom in Spannung (I/V) verbessern, so Danos. Und zwar deshalb, weil einerseits die meist eher schlecht klingenden Operationsverstärkerchips entfielen, andererseits die digitale und analoge Masse voneinander isoliert werden können (was einige komplexe Verzerrungsquellen beseitige), und letztlich ließe sich auch das Quantisierungsrauschen aufgrund der einzigartigen Frequenzeigenschaften des Transformators besser filtern. Auf der Eingangsseite setzt Aries Cerat auf doppeltes Re-clocking der USB-Verbindung, während im Ausgangstrakt eine GZ34-Röhre mit zwei Gleichrichtern arbeitet. Eine Lautstärkeregelung gibt es standardmäßig nicht, allerdings ließe sich das gegen Aufpreis ebenfalls realisieren, so Stavros Danos.

Nur zwei Hallen entfernt von Zypern liegt anscheinend der Ruhrpott und damit der Stand von Linnenberg Audio. Für fairaudio-Leser dürfte Ivo Linnenberg (www.lenhifi.de) kein Unbekannter sein: Der Inhaber der Manufaktur aus Schwerte hat mit dem Telemann-DAC und den Liszt-Endstufen ebenso interessante wie schlicht gestaltete Geräte im gerade so eben noch mittelpreisigen Segment entworfen. Als Ergänzung zu der im letzten Jahr zur Münchner High End vorgestellten „großen“ Stereo-Endstufe Widor zeigt Linnenberg im Jahr 2019 nun den neuen, passenden Vorstufen-DAC namens Satie.

Ivo Linnenberg, der Kopf hinter Linnenberg

Ivo Linnenberg, der Kopf bei Linnenberg

Der Linnenberg Satie ist im Vollformat ausgeführt und wie alle Geräte von Linnenberg vollsymmetrisch aufgebaut. Anders als der Telemann verzichtet der Satie auf einen RCA-Ausgang und bietet dafür einen analogen Eingang per XLR-Buchsen an. Ivo Linnenberg legt größten Wert darauf zu betonen, dass seine Geräte wirklich vollständig echt symmetrisch arbeiten und eben keine „Pseudosymmetrie“ böten. Die Digital-Analog-Wandlung erfolgt mit dem Sabre-Chip ES9038PRO, der störende Artefakte quasi ausschließen soll, so jedenfalls Ivo Linnenberg. Vier symmetrische 32-Bit-D/A-Wandler pro Kanal leiten das Audiosignal an proprietäre, diskrete Analogschaltungen weiter.

Linnenberg Satie

Linnenberg Satie

Die dreifache Femto-Masterclock (je eine für die 44,1 und 48 kHz Frequenzgruppe plus eine dritte für die Datenpufferung) besitzt eine Taktgenauigkeit mit einem Jitter von unter 0,1 ps (=Pico-Sekunde, also einer Billionstel Sekunde). Wie der Telemann erlaubt auch der Linnenberg Satie die Regelung der Lautstärke, und zwar nicht digital, sondern voll analog: Er verwendet ein logarithmisches Widerstandsnetzwerk, das durch Goldkontaktrelais gesteuert wird und ein passives Dämpfungsglied mit konstanter Impedanz bilde. Diese Architektur erreiche die Vorteile einer aktiven Pufferstufe, ohne jedoch die Nachteile in Form von Rauschen und Verzerrungen in Kauf nehmen zu müssen, so Ivo Linnenberg. Der Linnenberg Satie ist ab sofort zum Preis von 8.900 Euro erhältlich.

Eine der positivsten Überraschungen der High End 2019 für mich als alter Mark-Levinson-Fan war der Auftritt der neuen Vollverstärker-Generation im Raum der Harman Luxury Group (www.harmanluxuryaudio.com). Mark Levinson spielte ja lange Zeit im Joker-Quartett von Accuphase, McIntosh und Krell mit, bis es vor etwa 15 Jahren recht still wurde um die ehedem große Marke. Als Teil von Harman sind die Gerätschaften aus Stamford, Connecticut, nun auch Mitglied in der Samsung-Familie – und profitieren augen- und ohrenscheinlich vom langen finanziellen Atem des Konzerns.

Vollverstärker Mark Levinson N5802

Die brandneuen „kleinen“ Vollverstärker Mark Levinson N5802 und N5805 sollen bei ihrer Markteinführung, die in Europa voraussichtlich im Juni 2019 stattfinden wird, mit anvisierten 8.000 Euro beziehungsweise 9.000 Euro in den Preislisten stehen – und stellen somit die bei Weitem günstigste Möglichkeit dar, nicht nur eine, sondern gar anderthalb Wiedergabestufen von Mark Levinson zu realisieren. Beide Vollverstärker besitzen nämlich auch eine voll ausgestattete Digitalsektion: Ein koaxialer S/PDIF-Eingang und zwei optische Toslink-Schnittstellen sowie ein asynchroner USB-Input für die Wiedergabe von hochauflösenden PCM- (bis 32 Bit/384 kHz) und DSD-Dateien (bis 11,2 MHz) empfangen beim N5805 die digitalen Signale. Der Mark Levinson N5802 verfügt darüber hinaus über einen AES/EBU-Eingang und einen zweiten koaxialen Input – und bietet somit insgesamt sechs digitale Eingänge. Mehr Eingänge, aber günstiger als der N5805? Nicht ganz, denn der Mark Levinson N5802 verzichtet gänzlich auf analoge Schnittstellen, die der größere Vollverstärker des Hauses bietet (ein Pärchen XLR, zwei Pärchen RCA (Line-level) sowie einen Phonoeingang mit RCA-Buchsen).

Elektronik vom Mark Levinson

Elektronik von Mark Levinson

Die Leistungsverstärkung geschieht aber bei beiden Modellen komplett in Class-AB-Technologie und im Doppelmono-Aufbau. Die digitalen Signale werden intern mit einem sogenannten PrecisionLinkII-DAC in die analoge Domäne gewandelt. Ein Bluetooth-Empfänger mit aptX HD ermöglicht eine qualitativ hochwertige drahtlose Wiedergabe. Trotz des Ethernet-Ports auf der Rückseite der beiden Geräte ist direktes Streaming vom NAS beziehungsweise Computer aber nicht möglich. Beide Modelle verfügen über eine vollständige MQA-Dekodierungstechnologie.

Die Mark-Levinson-Kette spielte im Verbund mit den JBL L100 Classic

Die Mark-Levinson-Kette spielte im Verbund mit den JBL L100 Classic

Vier 10.000-Mikrofarad-Kondensatoren pro Kanal, die sich direkt auf der Leiterplatte der Endstufe befinden, sollen genug Strom für konservativ berechnete 125 Watt pro Kanal an 8 Ohm und fast 250 Watt pro Kanal an 4 Ohm liefern und einen stabilen Betrieb bis zu 2 Ohm garantieren. Ein Class-A-Kopfhörerverstärker mit 6,3-mm-Klinkenausgang auf der Frontplatte steht beiden Modellen zur Verfügung. Trotz des kompakten Designs (gefällt mir außerordentlich gut) bringen die neuen Amps von Mark Levinson 27,6 beziehungsweise 28,2 Kilogramm auf die Waage – nicht schlecht für die Junioren der Familie. Und im Verbund mit den Vettern von JBL, den L100 Classic, klang es im Harman-Raum äußerst vielversprechend – so frisch und dynamisch offensiv habe ich die Gerätschaften der amerikanischen Edelschmiede eigentlich gar nicht in Erinnerung …

Ein Stockwerk darüber entdecke ich dann einen Vertreter der von den meisten Lesern und Redakteuren sicherlich bisher weitestgehend unentdeckten HiFi-Nation Rumänien, und zwar Rockna (Deutschland: www.tomhabke.de, Österreich: www.walterkircher.com). Dabei baut die Firma aus Suceava im Nordosten des Landes bereits seit 20 Jahren HiFi-Elektronik. Mit dem Wavelight-Gespann aus Server und DAC bieten die Rumänen ab Sommer 2019 ein erschwinglicheres Setup als den bisherigen, als Laufwerks-Wandler-Kombi etwas traditioneller positionierten Platzhirschen namens Wavedream DAC und Wavedream Enhanced Transport. Jeweils um etwa 5.000 Euro werden für die beiden Komponenten fällig. Die Aufpreise für zusätzliche, ab Werk eingebauten Speicher stehen noch nicht im Detail fest. Bei bis zu 12 TB Kapazität des Rockna-Wavelight-Servers dürften jedenfalls selbst große High-Resolution-Sammlungen nicht allzu bald überquellen.

Nicolae Jitariu, CEO von Rockna

Nicolae Jitariu, CEO von Rockna

Besonders stolz ist Firmenchef und Entwickler Nicolae Jitariu auf die Expertise im Bereich der „Field Programmable Gate Arrays“ (FPGA) und seinen selbstentwickelten R-2R-Ladder-DAC. Ein R-2R-Ladder-DAC führt die Digital-Analog-Wandlung ohne den herkömmlichen DAC-Chip durch, stattdessen verwendet er eine „leiterartige“ Konfiguration, bei der ein Netzwerk von sehr eng tolerierten Widerständen angeordnet wird. Ein extrem schneller FPGA-Chip kontrolliert und korrigiert dabei die Schaltung der R-2R-Leiter. Die Umsetzung dieser Technologie bei Rockna folgt keinem der gängigen Ansätze, sondern wurde laut Nicolae Jitariu „from scratch“ entwickelt. Der Wavelight DAC besitzt neben seinen fünf digitalen Schnittstellen auch einen analogen Eingang und kann in der Lautstärke geregelt werden – die Regelung findet dabei ebenfalls in der analogen Domäne statt.

Rockna Wavelight

Rockna Wavelight

Der passende Rockna Wavelight Server läuft auf einer maßgeschneiderten Linux-Version, Roon, Airplay und weitere Streaming-Services und -Technologien sind selbstverständlich mit dem Wavelight Server kompatibel. Laut Rockna ist die gesamte „Computer-Seite“ des Servers komplett getrennt von der „Audio-Seite“, was der Beeinflussung des Audiosignals durch potenzielle Computer-Artefakte entgegenwirken soll. Der Rockna Wavelight Server und der Wavelight DAC sind über das I²S-Protokoll miteinander verbunden: Der I²S-Bus trennt Audiodaten und Taktsignale, was unkompliziertere Empfängerstufen ermöglichen soll als bei Schnittstellen, die den Takt aus dem Datenstrom wiederherstellen müssen. Die Geräte sind bombig verarbeitet, im Inneren absolut sauber designt und mit besten Bauteilen ausgestattet.

Nicht zu verwechseln mit dem deutschen E-Bass-Hersteller ähnlichen Namens ist die britische Warwick Acoustics Ltd. (www.audionext.de). Die hieß ehemals Warwick Audio Technologies Ltd. und ist die Firma hinter Sonoma Acoustics Ltd., welche mit dem Kopfhörer Sonoma Model One einiges an Aufsehen erregt hatte. Warwick kommt eigentlich aus der Fahrzeugakustik, doch wie das so ist, hat man sich aus wahrscheinlich eher leidenschaftsgetriebenen denn wirtschaftlichen Gründen daran gemacht, die Erkenntnisse aus dem Kerngeschäft in die Kopfhörer-Domäne zu übertragen. Erstes Resultat war besagter Sonoma Model One, und mit dem Aperio-System wollen die Briten das Konzept nach gut zwei Jahren Forschung und Entwicklung auf die Spitze getrieben haben.

Martin Roberts, Warwick Acoustivs Ltd

Martin Roberts, Warwick Acoustivs Ltd.

Der Warwick Aperio besteht aus einem DAC-Headphone-Amp und einem elektrostatisch arbeitenden Kopfhörer, der uns aber hier nur zweitrangig interessieren soll. Der DAC besitzt mehr als genügend Eingänge: Eine USB-B-Buchse empfängt digitale Audioformate bis zu 32 Bit/384 kHz PCM und DSD256 über DoP oder nativ, der DNLA-fähige (und damit für Streaming geeignete) Ethernet-Port ebenso. Über AES/EBU und koaxiale S/PDIF-Digitaleingänge akzeptiert der Warwick Aperio PCM-Daten bis zu 192 kHz und 24 Bit.

Das Warwick-Aperio-System

Das Warwick-Aperio-System

Je Kanal setzt Warwick ganze acht Wandlerchips ein, und jeder davon sitzt in seiner eigenen, einstreusicheren Metallschachtel. Resultat sei ein Störabstand von 131 dB. Analog geht’s übrigens auch rein, und zwar via RCA ebenso wie über XLR. Über ein kleines Display lassen sich die wichtigsten Statusinfos abrufen, ansonsten ist die Bedienung am Gerät recht intuitiv, da ganz old-school über satt laufende Drehsteller und fette Kippschalter zu bewerkstelligen. Über eine DNLA-fähige Audio-App lassen sich Songs aus dem Netzwerk auf den Warwick Aperio streamen.

Warwick Aperio DAC/Headphone-Amp

Die analoge Signalverarbeitung findet vollsymmetrisch und in Doppelmono mit (laut Warwick) hochselektierten und gematchten Bauteilen bester Qualität in Class A statt, wobei „sehr hohe Ausgangsspannungen und enorme Ströme“ möglich seien. Das Audiosignal werde intern weder durch Kabel oder Schalter noch durch Potentiometer geleitet. Die Lautstärkeregelung des Warwick Aperio-DAC-Amps arbeitet je nach Eingang komplett analog oder eben digital. Wie’s klingt? Sehr, sehr neutral. Wer einen extra-trockenen, ultratiefen Bass, allersauberste Hochtonauflösung und die absolute Abwesenheit jeglicher Verfärbungen im Mittenbereich sucht, wird hier zum Preis von voraussichtlich etwa 22.000 Euro für das DAC-Amp-Kopfhörerset ab August oder September 2019 glücklich.

Billboard
Technics C600

Messebericht: High End 2019

  1. 2 Messerundgang High End 2019 (Teil 1)
  2. 4 Computer, DAC & Streaming-Audio auf der High End 2019