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Nach dieser spannenden Erfahrung geht es in einen gewundenen Gang, der der „Gehörschnecke“ nachempfunden sein soll. Hier werden Schall und die Funktion des menschlichen Gehörs erklärt.
Sicher geht das Ganze nicht allzu sehr in die Tiefe. Wer sich aber nicht mit dem Thema beschäftigt hat, erfährt hier, wie das Hören im Grundsatz funktioniert. Schallwellen werden vom Ohr „eingefangen“, und zum Trommelfell geleitet, hinter dem sie mittels der Gehörknöchelchen quasi per Hebelgesetz „mechanisch verstärkt“ werden. Diese Bewegungen werden dann an die das Innenohr ausfüllende Flüssigkeit übertragen. Welche im Labyrinth der Gehörgänge wiederum feine Tasthärchen in Bewegung setzt. Und diese Bewegung wird letztendlich von den mit den Härchen verbundenen Nerven aufgenommen und in Form von Nervenimpulsen an das Gehirn weitergegeben. Ganz schön kompliziert das Ganze.
Warum das so kompliziert ist, wird in einem kurzen Zwischengang erläutert, der daran erinnert, dass sich die Säugetiere, die wir Menschen letztendlich ja auch sind, ursprünglich im Wasser entwickelt haben. Im Wasser konnten die feinen Sinneshärchen feinste Druckschwankungen des umgebenden Mediums unmittelbar aufnehmen. An Land mussten dann verschiedene „Adaptierungen“ vorgenommen werden, damit dieses Sinnesorgan mit dem Luftschall zurechtkam. Und deshalb ist die Gehörschnecke vermutlich immer noch mit Wasser gefüllt – das grundsätzliche System hat die Natur offensichtlich nicht mehr umgestellt.
Eine fast noch spannendere Frage wirft der nächste Raum, das sogenannte Wahrnehmungslabor, auf: Wie wertet unser Gehirn die Informationen der Ohren aus? Viele Aspekte sind überhaupt noch nicht erforscht. Und das, was an Erkenntnissen gewonnen wurde, würde vermutlich den Rahmen einer solchen Ausstellung sprengen. Das Wahrnehmungslabor beschränkt sich klugerweise darauf, anhand von Beispielen einzelne Aspekte aufzuzeigen.
An den einzelnen Bildschirmstationen erfährt und vor allen Dingen erhört man wirklich spannende Dinge. So wird das Hören von Tonhöhen erklärt oder man kann sich mit der „Shepard-Tonleiter“ beschäftigen. Die gaukelt dem Ohr eine sich endlos weiter in die Höhe steigernde Tonfolge vor, tatsächlich handelt es sich immer um die selben vier Tonleitern in vier Oktavlagen, die in unterschiedlichen Lautstärken erklingen. Auch zum Raum- und Richtungshören kann man interessante Erfahrungen machen und Neues lernen. Und wer schon immer mal verstehen wollte, was es genau mit Schwebungen, Konsonanz und Dissonanz sowie mit Rauigkeit auf sich hat, kommt hier voll auf seine Kosten.
Mich persönlich hat auch die Station zum Thema virtuelle Töne, die auch Geistertöne genannt werden, beeindruckt. Hört man zwei Töne die verhältnismäßig nah beieinander liegen, beispielsweise 800 und 1000 Herz, gaukelt einem das Gehirn vor, dass man auch einen leisen Ton von 200 Hertz hört. Den Grund für diesen Effekt vermutet man darin, dass das Gehirn an natürliche Töne gewöhnt ist. Zwei gleich laute, dicht beieinander liegende Töne kommen bei natürlichen Schallquellen kaum vor. Das Gehirn interpretiert die beiden hohen Töne von 800 und 1000 Hertz deshalb automatisch als Obertöne und „denkt“ sich den „fehlenden“ Grundton von 200 Hertz dazu. Dieser Raum könnte auf jeden Fall einige Messwertfetischisten unter den HiFi-Anhängern nachdenklich machen.
Nachdem man so Einiges über das Hören von Klängen erfahren hat, geht es in der nächsten Abteilung um die Erzeugung von Klängen. Überdimensionierte Instrumente machen Klangerzeugung erfahrbar.
Hintergrundwissen zu den verschiedenen Instrumenten und Instrumentengruppen (Aerophone, Membranophone, Idiophone und Chordophone) halten dabei jeweils die Terminals bereit.
An weiteren Bildschirmstationen kann man sich auch ausgiebig mit der synthetischen Klangerzeugung beschäftigen.
Ein weiterer Raum widmet sich der menschlichen Stimme. Drei Säulen bilden ein Dreieck, jede Säule widmet sich einem bestimmten Aspekt der Lautbildung des Menschen. An jeder Säule kann man nun einen Aspekt auswählen und einen Laut zusammenstellen. Etwa, indem man die Lippenstellung irgendwo zwischen offen, Zischlauten oder Plosiven wählt, die Tonhöhe verändert und noch eine Zungenbewegung hinzufügt. Dann kann man sich zwischen den Säulen bewegen und hören, wie stark welcher Aspekt das Gesamtergebnis beeinflusst.
Eher unterhaltsam ist die Klanggalerie. Aus den Wänden oder in sie hinein ragen unterschiedliche „Hörelemente“. An jedem Element kann man ein anderes Geräusch hören: rollende Münzen oder einen Zahnarztbohrer, Schnarchen oder Meeresrauschen, das Stimmengewirr auf der Piazza San Marco in Venedig oder kosmische Hintergrundstrahlung – um nur einige Beispiele zu nennen.
Wer Spaß daran hat, kann sich anschließend an der Evolution Machine aus verschiedenen Geräuschen und mit Hilfe seiner Stimme seinen eigenen Sound generieren und sich auf CD brennen lassen oder im Polyphonium bei modernen, elektronischen Umsetzungen von Mozart oder Beethoven chillen und dem Sound aus 30 Lautsprechern lauschen.
Akustik: Haus der Musik in Wien