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Einsen und Nullen auf der Reise: Digitale Schnittstellen

Inhaltsverzeichnis

  1. 6 Einsen und Nullen auf der Reise: Digitale Schnittstellen

Wie aber digitale Daten zwischen verschiedener Hardware auf die Reise gehen, wollen wir im Folgenden näher betrachten, denn hierbei treten Aspekte ins Licht, die sich auf die verfügbaren digitalen Schnittstellen (die Übertragungswege) beziehen. Schließlich sollte man sich als anspruchsvoller Hörer über die Gründe im Klaren sein, warum unterschiedlichste Schnittstellen an DACs, Netzwerk- oder (SA)CD-Playern angeboten werden: Jede hat ihre spezifischen Vor- und Nachteile.

Um es gleich vorweg zu sagen: Alle digitalen Schnittstellen versuchen zwei Probleme mehr oder weniger erfolgreich in den Griff zu bekommen: Das Wirken beziehungsweise Auftreten von Jitter und die Veränderung oder gar den Verlust von digitaler Information durch die Übertragung auf analogem Weg. Analoger Weg? Ja, digitale Signale werden per Spannungs- und Stromänderungen, also im Grunde als kontinuierliches Signal übertragen. Auch deshalb „klingen“ unterschiedliche digitale Schnittstellen beziehungsweise digitale Verbindungskabel verschieden.

usb, s/pdif, bnc, toslink

Prinzipiell haben wir es derzeit mit vier verschiedenen digitalen Schnittstellen zu tun, die ihre Daseinsberechtigung bisher allesamt millionenfach bewiesen haben: S/PDIF, USB, I²S und Ethernet/LAN. (WLAN ist nichts anderes als die Nutzung des Ethernet-Protokolls über das Wireless-Local-Area-Network-Protokoll, einem Drahtlos-Datenübertragungsstandard in verschiedenen Varianten, die sich in Trägerfrequenz und maximal übertragbarer Bandbreite unterscheiden. Ethernet ist per geräteinterner Konvertierung direkt kompatibel mit WLAN-Adaptern, sogenannten Access Points. Datenübertragung per WLAN unterliegt damit denselben Rahmenbedingungen wie reines Ethernet per Kabel.)

ethernet

Fangen wir also mit Ethernet an, ohne auf die (nur etwas zäh erklärbare) Technik im Hintergrund einzugehen. Mittels des Übertragungsstandards „TCP“ (Transmission Control Protocol) werden Daten per Ethernet-Standard mit bis zu 10 Gigabit/Sek. übertragen. Das genügt also für die Datenraten der oben beschriebenen Digitalisierungstechniken. Leider ist TCP nicht frei von Jitter, allerdings wirkt er sich hier anders aus: Die Datenpakete werden in der falschen Reihenfolge empfangen. Mittels sogenannter „Jitter Puffer“ ist hier aber eine Reduzierung des Jitters möglich, diese müssen in der verwendeten Hardware und Software fest eingebaut werden. Benutzt wird TCP beispielsweise von Netzwerkplayern.

Ethernet

Sony und Philips – allgegenwärtig mit S/PDIF

S/PDIF (Sony/Philips Digital Interface Format) ist ebenfalls eine Transportvorschrift für digitale Daten und die wohl im HiFi-Bereich am meisten verbreitete. Das analoge Trägersignal der Verbindung wird dabei per Modulation so verändert, dass die digitalen Daten übertragen werden – dadurch können die Zustände 0 und 1 empfängerseitig rekonstruiert werden.

S/PDIF RCA

S/PDIF-RCA-Kabel

Die Daten werden framebasiert, das heißt in abgegrenzten Blöcken transportiert. In diesen Frames sind die Samples der digitalen Daten enthalten. Leider transportiert S/PDIF neben den Daten die Clockinfomationen beziehungsweise den Takt der Signale im gleichen Datenstrom, was zu vermehrtem Jitter führen kann. Ebenso beeinflusst die Leiterbeschaffenheit inklusive der Steckverbindungen die Signalqualität, zum Beispiel durch den jeweiligen Wellenwiderstand.

Hardwareseitig nutzt S/PDIF als Übertragungswege koaxiale (RCA), optische (Toslink), aber auch BNC– oder AES/EBU– beziehungsweise XLR-Verbindungen.

Bei der Übertragung mittels Toslink, einer Toshiba-Handelsmarke, die eigentlich EIAJ Optical heißen müsste, weil sie von der Electronics Industries ToslinkAssociation of Japan entwickelt wurde, hatte man zwei Ziele im Auge: Billige Stecker/Buchsen und Kabel sowie die Abwesenheit elektromagnetischer Strahlung, um generell keine Probleme mit den FCC-Bestimmungen für Strahlungsarmut zu bekommen. Wo in den 1990er-Jahren ST-Verbinder, Glasfaserkabel und spezielle Stecker für sehr gut klingende Toslink-Verbindungen genutzt wurden, wird im HiFi-Bereich heute vielfach Plastik als Lichtleiter eingesetzt.

Und damit wären wir beim Übertragungsprinzip: Das digitale Signal (S/PDIF) wird auf (für Menschen sogar sichtbare) Lichtsignale moduliert und am Empfänger demoduliert. Die Übertragung findet theoretisch verlustfrei statt, solange der Leiter und die Verbinder keine Defekte haben. Die können zum Beispiel durch starke Knicke des Leiters entstehen, so dass das Signal verändert oder unterbrochen wird.

V-DAC

Leider weist Toslink mit 6 MHz die geringste Bandbreite aller gebräuchlichen digitalen Verbindungen auf und klingt damit potenziell am schlechtesten, weil Jitter mit steigender Bandbreite abnimmt (höhere zeitliche Auflösung des Signals). Das kann sich in verhangenem Klang, geringerer Instrumentenseparierung, weniger Basskontrolle und geringer ausgeprägter Fähigkeit, Ruhe in Musikpausen zu „transportieren“, äußern. Elektrische S/PDIF-Verbindungen können dagegen bis zu 500 MHz nutzen.

Bei optischen Verbindungen irrelevant, bei elektrischen dagegen umso wichtiger sind zueinander passende elektrische Widerstände. 75 Ohm Wellenwiderstand sind der Quasi-Standard für S/PDIF-RCA-Verbindungen, +/- 5% sind laut offizieller Spezifikation für Längen bis 10 m erlaubt, bei Längen über 10 m sogar 35%, und zwar inklusive Steckverbindungen. Die hierbei verwendeten Kabel und Stecker/Buchsen sehen denen für die analoge Signalübertragung genutzten Kleinsignal-Cinchkabeln sehr ähnlich – beide Kabelarten funktionieren im Prinzip auch in jedem der beiden Einsatzbereiche. Trotzdem sind spezielle Digitalkabel ratsam, um die Leitereigenschaften optimal ans digitale Signal anpassen zu können, speziell hinsichtlich des Widerstandes: Quelle, Kabel und Empfänger (DAC) sollten impedanzseitig zueinander passen. Der Grund ist die Vermeidung von Jitter induzierenden Reflexionen des Signals in der Verbindungstrecke.

AES/EBU-Schnittstelle

Einstreuprobleme, ein weiterer klangschädlicher Einflussfaktor, machen nicht nur analogen Kleinsignalkabeln (Cinch) zu schaffen, sondern auch digitalen Verbindungen – und wie in der analogen so wird auch in der digitalen Welt versucht, dem Problem mittels symmetrischer Signalübertragung entgegenzutreten: AES/EBU-Schnittstellen (Audio Engineering Society/European Broadcasting Union) sind inzwischen mitunter sogar an preiswerteren DACs zu finden, wenngleich diese Verbindungsart technisch aufwändiger zu realisieren ist. AES/EBU-Verbindungen (Wellenwiderstand 110 Ohm, +/- 20%, bis 100 m) arbeiten mit 5 Volt verglichen zu 0,5 Volt bei digitalen RCA-Verbindungen, was bei Letzteren schon alleine deshalb eine höhere Einstreuempfindlichkeit nach sich zieht (analoges RCA funktioniert bei Hochpegelquellen dagegen mit zirka 2 Volt).

Der Ursprung der symmetrischen Signalübertragung liegt im Studiobereich, wo häufig längere Kabelstrecken zu überwinden sind als im Heimbereich – und ob digital oder analog, die Grundwirkungsweise ist identisch: Mithilfe dreier Leiter werden jeweils das „normale“, das invertierte Signal sowie die Masse übertragen. Durch Subtraktion der beiden gegeneinander invertierten Signale werden auf sie von außen gleichermaßen einwirkende Störsignale automatisch „gegengerechnet“ beziehungsweise kompensiert – am Empfänger resultiert daraus ein Ausgangssignal mit doppelter Amplitude und um 6 dB erhöhtem Signal/Rausch-Abstand.

Und weil es mit RCA, Toslink und AES/EBU offenbar noch nicht genügend S/PDIF-Schnittstellen gab,BNC (Bayonet Neill Concelman) erfand man eben noch eine weitere: Das unsymmetrische BNC (Bayonet Neill Concelman, Wellenwiderstand von 75 Ohm) wird im Studio zuweilen alternativ zu AES/EBU eingesetzt: BNC ist mechanisch stabiler als RCA. Elektrisch bietet sich ebenfalls ein Vorteil: Der Durchmesser des Kontaktstiftes des BNC-Steckverbinders ist so konstruiert worden, dass er besser zum 75-Ohm-Widerstand der verwendeten Kabel als der Kontaktstift von RCA-Steckern passt. Dadurch kann BNC durchaus klangliche Vorteile gegenüber RCA-S/PDIF aufweisen.

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