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Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen klanglichen Unterschiede zwischen Triode einerseits, Pentode und Tetrode andererseits? Mal davon abgesehen, dass zuletzt genannte Typen leistungsfähiger sind und deshalb auch ein breiteres Spektrum an Lautsprechern antreiben können.
Jede Röhre klingt aufgrund ihres Aufbaus und der damit verbundenen Kennlinienschar ein wenig anders, aber vom Grundsätzlichen her betrachtet produziert die Triode eben geradzahlige Verzerrungsprodukte, also k2, k4 usw., was vielen Hörern gefällt. Bei Pentoden überwiegen dagegen die ungeradzahligen Harmonischen, k3, k5 usw. Da in der Musik häufig geradzahlige Frequenzverhältnisse vorkommen, gibt es viele Hörer, die klanglich Trioden den Vorzug geben, da sie „natürlicher“, Musik-ähnlicher klingen. Aber das gilt so in der Reinform nur im einstufigen Betrieb, ohne Gegenkopplung und ohne andere schaltungstechnische Kniffe.
Da ist ja derjenige gut dran, der einen Röhrenverstärker hat, bei dem man zwischen Pentoden- und Trioden-Betrieb hin- und herwechseln kann. Je nach Stimmung mal dieses, mal jenes …
Naja, vielleicht schon. Aber der Lautsprecher muss dann halt auch zu beiden Betriebsmodi passen – und außerdem ist zu bedenken: Es handelt sich häufig um Gegentaktverstärker. Wenn ich nun auf Triode umschalte, dann gleichen sich durch den Gegentakt im Übertrager die geradzahligen Verzerrungsprodukte wieder aus, während ungeradzahlige verstärkt werden. Wenn es gut gemacht ist, ist eine solche Schaltung insgesamt sehr verzerrungsarm. Wenn mir nun als Hörer aber gerade der angenehme k2-Klirr der Triode gefällt, dann bekomme ich vielleicht weniger davon als erhofft (lacht). Nun, das ist die Theorie. In der Praxis kommen da viele weitere Faktoren dazu, sodass sich subjektiv durchaus ein positives Ergebnis im Triodenbetrieb einstellen kann. Übrigens gilt für die Beam-Power-Tetrode in der Gegentaktendstufe im Wesentlichen das Gleiche wie für die Pentode.
Was hat es eigentlich mit den N(ew)O(ld)S(tock)-Röhren auf sich, also solchen, die vor Jahrzehnten gebaut wurden, aber noch fabrikneu sind? Sie sagen, dass weit über 90% Ihres Lagerbestandes sich aus solchen „neuen alten Röhren“ zusammensetzt?!
Ja, das stimmt so ungefähr – aber nicht, dass jetzt Missverständnisse aufkommen: Das sind nicht allesamt Audioröhren, da sind ganz verschiedene Typen dabei, eben auch solche für Industriezwecke.
Gut, Sie haben aber auch viel von dem auf Lager, was der highendige Röhrenfreund sehr schätzt. Was ist an diesem Thema eigentlich dran. Ich mein‘, mal ehrlich: Ist das in der Hauptsache nicht einfach ein Retrotrend? Klar, so ein „Telefunken“-Schriftzug auf dem Kolben, der schaut natürlich irgendwie cooler aus als meinetwegen „Sovtek“. Aber was sollen da die qualitativen, klanglichen Vorteile sein? Produktionstechnik und damit auch die Röhren-Qualität sollten sich doch eigentlich nicht verschlechtert haben, oder?
Unverkäuflich: Das wohl älteste Röhrenexemplar bei BTB stammt aus den 1920er-Jahren
Das ist recht einfach zu erklären: In den 1960ern, zur Hochzeit der Röhrentechnik, da lag der deutsche Durchschnittslohn vielleicht bei ungefähr 500 DM im Monat. Und damals kostete eine EL34 circa 15 DM. Wenn man nun die Relation aufmacht und das mal auf die heutige Zeit überträgt – eine EL34 liegt bei 15 Euro, der Durchschnittsverdienst vielleicht bei 3.000 Euro –, da sieht man schnell, dass Röhren ganz ganz deutlich günstiger geworden sind.
Zu beneiden: Herr Kaim vorm Schrank mit alten Röhren-Schätzen
Umgekehrt heißt das aber auch: Der Kostendruck bei den Herstellern ist viel höher als damals. Und da Röhren nach wie vor zu 90% Handarbeit sind, lässt sich durch Automatisation nicht viel ausgleichen. Damals waren die Renditen höher, man konnte es sich leisten, viel strenger zu selektieren, es wurde einfach großzügiger weggeschmissen. Während heute noch einiges in den Markt rausgeht, was früher in den Müll geworfen worden wäre. Deshalb ist die Qualität bei alten Röhren ziemlich hoch, an NOS ist viel mehr dran als nur ein gewisses Retroflair.
Apropos Qualität: Wie beurteilen Sie die Güte von Röhren?
Wir haben ein sehr umfangreiches Ressort an Mess- und Prüftechnik für Röhren. Das startet bei einfachen Prüfgeräten von Neuberger, Funke oder AVO, geht weiter über digitale Messsysteme und Kennlinienschreiber zum Beispiel von Amplitrex und endet bei eigens entwickelten Geräten, auf denen auch große Stückzahlen in hoher Präzision selektiert werden können. Natürlich können wir dabei sämtliche Parameter bei verschiedensten Arbeitspunkten erfassen, inklusive Rauschen, Mikrofonie oder Brummen. Da wir eine 100-prozentige Wareneingangskontrolle bei neuproduzierten Röhren vornehmen, fällt natürlich sofort auf, wenn es da Qualitätsprobleme gibt. Da kommt es schon mal vor, dass eine ganze Charge an den Hersteller zurückgeschickt werden muss.
Was für NOS-Typen haben Sie im Angebot?
Aus dem Vorstufenbereich nahezu alle Typen. Bei den großen Endröhren nur Einzelstücke, da diese schneller verschleißen und öfters gewechselt werden müssen, waren sie natürlich auch schneller vergriffen – und es gibt seltener Nachschub.
Zurück zu den neueren Modellen: Sie arbeiten unter anderem mit dem Hersteller JJ zusammen. Wie muss man sich das vorstellen?
Wir sind in regem Informationsaustausch mit den Röhrenproduzenten, sei’s telefonisch, per Mail oder eben auch persönlich. Natürlich hat man solche Kontakte nicht von Beginn an – solche Geschäftsverhältnisse wachsen über Jahre, teils haben sich dadurch freundschaftliche Beziehungen gebildet.
Für die Röhrenfirmen sind wir oftmals so eine Art „Sprachrohr des Marktes“. Viele Verstärkerhersteller sind zu klein, als dass es sich lohnen würde, einen direkten Kontakt mit den Röhrenproduzenten aufzunehmen. Die fragen eher bei uns an und teilen ihre Wünsche mit, da der ganze Abwicklungsprozess mit Zoll, Vorkasse und hohen Lieferkosten viel zu umständlich ist. So können wir das filtern und wenn eine tragfähige Nachfrage nach einem bestimmten neuen Röhrenmodell existiert – und dies auch seitens der Hersteller produktionstechnisch realisierbar erscheint –, kann es zu neuen Typen beziehungsweise zu einer Neuauflage früherer Modelle kommen.
Legendär: Drei russische Leistungstrioden (v.L. 6S19P, 6S41S, 6S33S-B), die 6S33S-B wurde sogar in russischen Kampfjets eingesetzt
So ist beispielsweise auch die KT66 von JJ entstanden. Da haben wir seltene und teure Muster hinüber in die Slowakei geschickt, um nach den historischen Vorbildern ein klanglich gleichwertiges Pendant zu entwickeln. Zum Vergleich: Die Chinesen haben diesen Typ eher optisch kopiert. Wir haben mit JJ ein klanglich ebenbürtiges Modell aufgelegt, dafür schaut es halt etwas anders aus als früher. Andere Beispiele sind die 6N30Pi (6H30p) mit Oktalfuss oder die exklusive EL84T für Experience.
Bei BTB werden auch Trafos gewickelt
Was wird’s in Zukunft Neues von BTB geben?
Wir haben für 2013 das Ziel, einen Online-Shop mit „Klick & Buy“-Funktion fertig zu programmieren, die große Herausforderung ist die saubere Anbindung an unser bestehendes Warenwirtschaftssystem.
Interessanter für den Kunden dürften freilich die neuen Röhrentypen sein. Gerade fertig geworden ist die Doppeltriode 5751 von JJ, die vorwiegend im Eingang von HiFi- und Gitarrenverstärkern zu finden sein wird. Und JJ arbeitet zur Zeit an zwei neuen Doppeltrioden, die für Audio-Zwecke gedacht sind. Die Namen darf ich aber noch nicht verraten.
Vielen Dank für das Gespräch!
Gerne!
Kontakt:
BTB Elektronik Vertriebs GmbH
Keplerstraße 6 | 90766 Fürth
Telefon: 0911 / 28 85 85
eMail: info@btb-elektronik.de
Web: www.btb-elektronik.de
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Firmenbericht: Michael Kaim von BTB Elektronik