Demnächst im Test:

Billboard
Aretai

Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Vom Bing zum Bass
  2. 2 „Da will ich die Spannung hochhalten“ - Interview mit dem Elac-Geschäftsführer Lars Baumann

Die ehrwürdige Dame am Meer ist eigentlich eine Instanz – und wird demnächst hundert. Schon das ist bemerkenswert für die schnelllebige HiFi-Branche. Auf dem Weg mussten die Kieler alte Schätze über Bord werfen und sich gleich mehrfach neu erfinden. Wir haben Elac (https://elac.com/de/) besucht – da gibt es weder Staub noch Spinnweben. Man ist sich der goldenen Vergangenheit bewusst, richtet sich aber stark auf die Zukunft und den Weltmarkt aus.

Der alte Firmenstempel von Elac

Die Vergangenheit: Der alte Firmenstempel der Company: Schön geschwungen – mit dem Neubeginn seit Kriegsende wurde ein harter Schnitt unternommen. Auch ästhetisch in einem nun weit kantigeren Schriftzug

Messekontrolle von Elac-Lautsprechern

Die Moderne: Vor der Lieferung wird bei Elac aufwendig gemessen. Die Kabine liegt direkt zwischen Endfertigung und Verpackung

Mein Hausarzt neigt nicht zu Gefühlsausbrüchen. Dann und wann übermittele ich ihm „interessante“ Blutwerte –er zuckt allenfalls mit einer Augenbraue. Dann aber ein regelrechter Ausbruch. Herr Doktor, bitte eine Spritze in den rechten Arm, ich muss morgen fit nach Kiel reisen und besuche Elac. Der abgeklärte Mittfünfziger verliert die Fassung, wird laut: Elac? Die gibt es noch? Die hatte ich in meiner Jugend, tolles Zeug.

Elac Miraphon

Der Ruhm von Elac rotiert: Die Kieler spielten mit ihrer Plattenspielerfertigung auch umsatzseitig weltweit ganz oben mit. Hier das Miraphon – ein transportabler Plattenspieler für die zunehmend reisefreudigeren Bundesdeutschen in den 1950er-Jahren

Seltsame Einleitung, zugegeben. Aber sie zeigt zwei Dinge, wenn wir uns weiter mit Elac auseinandersetzen wollen. Eins: Die Marke setzt Emotionen frei. Zwei: Irgendwann muss sie meinen Arzt als Kunden verloren haben. Am Geld wird es nicht liegen, ein Sportwagen steht vor der Praxis. Es ist die wechselvolle Lebensgeschichte. Kaum eine andere deutsche HiFi-Firma hat mehr Höhenflüge und tiefe Täler erlebt. Die gute Botschaft: Das stärkt den Erfahrungsschatz, das Know-how – und  das Immunsystem. Nächstes Jahr wird munter der hundertste Geburtstag gefeiert.

Fließbandfertigung bei Elac

Die Edelserien entstehen in Mutterhaus zu Kiel, natürlich. Ebenso natürlich wurden die günstigen Modelle ausgelagert. Der hohe Wertanspruch an sich selbst bleibt in beiden Welten Markenkern

Einbau der Frequenzweiche

Die Hochzeit steht an: Bei den Kieler Modellen wird ein Weichenbauteil „on top“ von oben per Deckplatte montiert

Bing – und bewegte Geschichte

Die Anfänge sind bemerkenswert, man könnte auch seltsam sagen. Jeder von uns kennt die vielen U-Boot-Filme, mit Sean Connery oder von Wolfgang Petersen. Dramatischer Höhepunkt sind dabei nicht die Torpedos, nicht die Wasserbomben – sondern das „Bing“. Die Männer im Stahlsarg schwitzen, atmen kaum und lauschen gebannt. Sind wir erkannt? Noch tiefer können wir nicht hinunter, sonst platzen die Nähte …

Dieses „Bing“ war der Gründungsimpuls. Elac hatte damals eine ganz andere Kundschaft im Visier. Man forschte für das Militär. Vielmehr für die Marine. Zuerst galt es, Morsezeichen durch das Wasser zu übermitteln. Dann feilten die besten Wissenschaftler an einem „Verfahren zur Ortung von Gegenständen im Raum und unter Wasser mittels ausgesandter Schallimpulse“. Oder kurz: an Sonar-Lauschanlagen. Was ethisch vor allem bedenklich ist, weil der Laden durch die staatlichen Machthaber in den 1930-er und -40er-Jahren in nie geahnte Größen wuchs, Zwangsarbeiter inklusive. Überaus transparent geht Elac mit der Aufarbeitung um. Doch mit „unseren“ Lautsprecherbauern hat das alles natürlich primär nicht viel zu tun.

Koaxialtreiber mit Elac-JET-Hochtöner der fünften Generation

Zählen hilft: Der nunmehr „alte“ JET-Hochtöner der Generation 5 (hier in einer Koax-Konstruktion). Die Frontöffnung haben die Entwickler mit vier Schlitzen versehen

Lust auf neue Aufgaben?

Zumal es neben den Klangprofis noch heute eine „Elac Sonar” gibt. Ebenfalls in Kiel daheim und gerade jetzt ein beliebter Anlaufpunkt für Admiräle des westlichen Verteidigungsbündnisses. Wer Lust verspürt und sich einen Ortswechsel vorstellen kann: Aktuell werden bei Elac Sonar ein Sales-Manager, ein Personalchef sowie viele Elektronikentwickler gesucht. Der Laden boomt.

Schwerter zu Plattenspielern – mit 3000 Mitarbeitern

Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Elac den Wandel von Schwertern zu Pflugscharen. Die Alliierten wollten die Firma erhalten; ab 1945 tastete man sich mit Luftpumpen und Nähmaschinen in den zivilen Markt. Dann entdeckte Elac 1948 seine Heimat in der Unterhaltungselektronik in Form von Plattenspielern und Tonabnehmern – nix mehr „Bing“. Ein Wechsel mit ungeahntem Erfolg. Es gab Phasen in der Firmengeschichte, in der man sich mit den ebenfalls deutschen Kollegen von Dual faktisch über 80 Prozent des Marktes für Plattenspieler teilte – des Weltmarktes wohlgemerkt. 3000 Angestellte arbeiteten für Elac. Heute sind es 50, weltweit.

Die frühen Elac-Plattenspieler

Die Phonoinstanz an der Ostsee: In den 60er- und 70er-Jahren streckte Elac den Gesamtkatalog seiner Plattenspieler vom Einsteigermodell bis zum Großaufbau mit markantem Stroboskop-Teller. Auch die Arme und Abnehmer entstanden in Eigenregie

1978 brach der Konzern auseinander. Nach einer Insolvenz wurden Phono und Nautik getrennt. Die Wassersparte ging an den US-Riesen Honeywell, die Plattenspieler gerieten in gefährliche Fahrwasser – die CD bescherte der Company ständig sinkende Verkaufszahlen. Wie so vielen Mitbewerbern auch. Eine neue Ausrichtung war gefragt. Elac fuhr die Fertigung im Vinyl-Bereich herunter. Aus heutiger Sicht waren das drastische Entscheidungen, mit dem Hang zur Fehlentscheidung. Denn man ging nicht mit dem feinen Schraubenzieher zur Sache, sondern mit der Axt. Einst war Elac eine international gefragte Instanz auch bei Tonabnehmern. Doch alle Wickelmaschinen sind mittlerweile verschwunden, heute muss man ankaufen – und nach OEM-Spielregeln das eigene Logo aufdrucken.

Oskar’s Finest

Das Firmengebäude von Elac

Der ehemalige und wieder aktuelle Hauptsitz von Elac. Allerdings verkleinert: In den Nachbargebäuden haben Start-ups und die Universität weitere Stätten bezogen

Die Elac Electroacustic GmbH entstammt der gleichen Geschichte. Aber es gibt weder einen Geld- noch Wissensfluss zwischen den GmbHs, geschweige denn eine gemeinsame Kantine. Die Biografien verlaufen komplett getrennt. Eine Reihe glücklicher Zufälle führte dazu, dass unsere Elac wieder im Geburtshaus der HiFi-Gründung lebt. Als ich vorfahre, staune ich: „Oskar-Heil-Haus“ – das ganze Gebäude heißt wie der Wissenschaftler, der den legendären Heil-Hochtöner erfand – berühmter als „Air Motion Transformer“.

Elac-CEO Lars Baumann

Lars Baumann führt seit 2017 die Geschäfte von Elac. Mit passgenauer Biografie: Baumann ist Toningenieur in der Kombination mit einem betriebswissenschaftlichem Studium

Lautsprecher, natürlich!

Plattenspieler sind wieder da, auch bei Elac. Aber ein eher flankierendes Element im Gesamtkatalog. Das Kerngeschäft besteht – natürlich – aus den legendären Lautsprechern. Durch alle Preisklassen. Die günstigen Modelle entstehen in Fernost. In Kiel dazu die Edel-Klangwandler. Die erkennt man an dem optisch wie klanglich unvergleichlichen „Air Motion Transformer“.

Torge Zeilinger neben Elac Concentro 2.0

Perfekter Größenvergleich: Torge Zeilinger ist „Head of Marketing“ bei Elac und etwas unter zwei Meter groß, Elacs 152 Kilogramm schwerer Toplautsprecher Concentro 2.0 misst knapp 170 Zentimeter. Im Eingangsbereich des Firmengebäudes unterhält Elac einen Showroom, links davon einen großformatigen Hörraum

Van-den-Hul-Verkabelung in Elac-Lautsprechern

Wer an Kleinigkeiten spart, spart am falschen Ende: Bei den Kabeln an den Weichen setzt Elac auf sauerstofffreies Kupfer – und einen weiteren großen Branchenamen: Van den Hul

Fertigung der JET-Hochtöner von Elac: Trocknen der Verklebung

So viele kleine Schätze: Die neuste Generation der JET-Hochtöner wird in einem verkapselten Fließband getrocknet

Der Name fiel bereits: Das ist das Konzept des deutschen Physikers Oskar Heil. Der hatte sich 1969 ein Patent gesichert. Elac nennt es freilich nicht AMT, sondern „JET“-Hochtöner. Am besten stellt man sich eine gefaltete, wie eine Ziehharmonika aussehende und mit Leiterbahnen versehende Membran in einem Magnetfeld vor – wird Wechselspannung an die Leiterbahnen gelegt, beginnt die gefaltete Fläche ziehharmonikaartig zu schwingen und Luft mit hoher Geschwindigkeit herauszupressen: Es entsteht wahrnehmbarer Schalldruck.

Elacs JET-AMT-Hochtöner der sechsten Generation

Familientradition in sechster Generation: Elacs JET-AMT-Hochtöner

Wie sauber und definiert die Membran das jedoch tut, ist eine Kunst im Kraftfeld zwischen forschenden Ingenieuren und filigranem Können. Oder auch schlicht Fingerfertigkeit: Jeder JET-Hochtöner entsteht in Handarbeit – und eben am Firmensitz in Kiel. Elac hat dem Drang vieler anderer Hersteller widerstanden, diese personalintensive Fertigung ins asiatische Ausland zu verlagern.

Die fertigen Elac-JET-Hochtöner auf dem Fließband

Da sind die fertigen Goldstücke: Die Ausfallrate bei den JET-Hochtönern ist seit Start der Fertigung laut Elac unter dem Rande des Messbaren, eigentlich nicht vorhanden

Feinkalibrierung der Elac-JET-Hochtöner

Ein Fingerdruck: Nach dem aufwendigen Falten wird jeder JET einzeln kalibriert. Rund 60000 Hochtöner fertigt Elac pro Jahr. Auch für die Automobilindustrie

Aber seit meinem letzten Besuch wurden flankierende Maschinen und Fließbänder angeschafft – das Falten, Messen, Verkleben läuft unter modernen Vorgaben und DIN-Normen. Was für ein erweitertes Geschäftsfeld freilich wichtig ist: Zirka 60000 JET-Hochtöner produziert ELAC pro Jahr. Viele davon finden sich in Lautsprechern aus Kieler Fertigung wieder, die dann so klangvolle Namen wie Solano, Vela oder Concentro tragen. Der Großteil allerdings geht an einen Automotive-Ausstatter, der die JET-Hochtöner wiederum im Gesamtpaket mit anderen hochwertigen Komponenten in ausgewählte Luxusfahrzeuge eines deutschen Automobilherstellers integriert.

Elac-JET-Hochtöner bereit zur Montage

Da möchte man als Lautsprecherentwickler drin schwimmen: JET-Hochtöner wie im Schwimmbad von Dagobert Duck – einsatzbereit mit angelöteten Kontaktkabeln

Vor allem beweisen die Kieler, dass ein so feingliedriges Gedicht wie der JET auch dem harten Alltag auf dem Asphalt gewachsen ist. Für den Hinterkopf: Die Zahl der jemals gefertigten JET-Hochtöner geht auf die eine Million zu. Die echten Garantiefälle laut Elac dabei: zwei. Nicht zwei Prozent, sondern tatsächlich nur zwei Schallwandler. So schafft man einen Ruf von Weltrang.

Die Master-Lautsprecher für die finale Messkontrolle

Wer sich in der Kabine der Endmessung umdreht – sieht die aktuellen Modelle aus Kiel. Diese dienen als Master für einen möglichen Gegencheck

Mittlerweile ist Elac in der Generationsfolge beim JET 6 angekommen. Die Entwicklungsabteilung um Rolf Jahnke kennt weder Rast noch Ruh, wenn der technische Fortschritt der Weltgeschichte auch klangliche Verbesserungen bringen kann. Wie sagte der große Komponist Gustav Mahler: „Tradition ist Schlamperei.“

Global Player

Natürlich gibt es mehrere Ansätze, die alten Werte in die Neuzeit zu hieven. Erwähnenswert ist etwa der Schulterschluss mit dem herausragenden Entwickler Andrew Jones. Gemeinsam ist eine Sehr-gut-unfassbar-günstig-Serie entstanden. Die Wege trennten sich, aber noch immer gibt es ein Design-Team an der Westküste der USA – auch dies ist ein bewusster Blick über die Teller, wenn man mit einer neuen Formsprache auch den Weltgeschmack treffen will. Schließlich ist Elac ein Global Player, über 60 Prozent der Lautsprecher werden über die Grenzen der Republik hinaus verschickt. Nicht zuletzt der asiatische Markt giert nach dem Logo mit den vier Buchstaben. Noch ein globaler Faktor: Lars Baumann ist Geschäftsführer der deutschen GmbH, die Investoren jedoch geben ihre Vorgaben von anderen Orten der Welt.

Die Elac Debut Connex DCB41 Adsum

Internationales Teamplay: Die schicken Aktivlautsprecher Elac Debut Connex DCB41 Adsum sind in Zusammenarbeit mit den amerikanischen Elac-Kollegen entstanden

Fazit, soweit möglich: Die altehrwürdige Dame ist quicklebendig, passt sich vital Geschmacksrichtungen und Strömungen an – ohne den Kontext zur highfidel rumreichen Vergangenheit zu verlieren. Allein das ist eine hohe Kunst. Mein Hausarzt wird umschwenken und sich statt dänischer Design-Pfeifen wieder Elac-Boxen kaufen. Nächstes Jahr steigt die große Geburtstagsparty. Mit Sicherheit werden die Kieler eine Neuheit aus dem Hut zaubern. Vielmehr aus dem alten Mutterhaus, um das der frische Seewind weht. Übrigens: Kiel ist eine Reise wert – Fans der Marke können durchaus versuchen, einmal in den hauseigenen Showroom eingeladen zu werden. Lohnt sich.

„Da will ich die Spannung hochhalten“ – Interview mit dem Elac-Geschäftsführer Lars Baumann

Elac-Geschäftsführer Lars Baumann

Lars Baumann versteht sich im Kieler Alltag als Mitkämpfer – dann aber in entspannter Kleidung. Zudem entspricht das dem Lebensgefühl des passionierten Joggers

Lars Baumann ist seit 2017 Geschäftsführer bei Elac. Der heute 55-Jährige hat nicht nur eine maßgeschneiderte Garderobe, sondern auch eine maßgeschneiderte Biografie: Er ist Betriebswissenschaftler und Toningenieur noch hinzu. Ohren treffen auf die nicht minder wichtige Kunst, Bilanzen lesen zu können. Entgegen den smart-eleganten Fotos tritt mir ein Sportler gegenüber – Baumann geht nicht durch das Firmengebäude, er sprintet mitunter. Meine Güte, joggen Sie jeden Morgen? Out of Records erfahre ich, dass dem wirklich so ist, sechsmal die Woche – frische Luft, flaches Land, immer das Meer im Blick.

fairaudio: Die große Party steht nächstes Jahr an – Elac wird 100. Haben Sie nachgerechnet, der wievielte Geschäftsführer sie seit dem Anbeginn sind?

Baumann: Nein, das habe ich nicht. Ich schaue zurück bis zu Wolfgang John, der der Firma etliche Jahrzehnte wirklich mit jeder Faser seines Daseins gedient hat. Die aktuelle Elac, so wie man sie kennt, ist maßgeblich ihm zu verdanken.

Elac Debut ConneX DCB61 in Grün

Die Elac Debut ConneX DCB61 ist ein vollaktiver Kompaktmonitor. Das können die Kieler schon lange. Ganz neu zeigt man aber Wohnraumaffinität in mattem, trendigem Grünton

fairaudio: Die alte Militärvergangenheit, in der kriegstaugliche Produkte entstanden – ist diese Gründungshistorie nebensächlich heutzutage?

Baumann: Auf keinen Fall. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter ist sich der Elac-Vergangenheit bewusst. Die meisten Menschen, die hier arbeiten, sind ja Kieler und dadurch einfach über ihre Familien vertraut mit der Geschichte. Da diese Vergangenheit mittlerweile mehrere Generationen zurückreicht, fokussieren wir uns auf das Heute – das ja seine ganz eigenen Probleme hat. Wo es vor allen Dingen darauf ankommt, dass so eine Vergangenheit nicht wieder zurückkehrt.

Elac Miracord 80

Dumm, wenn eine Vinyl-Instanz nicht auf der Welle des Plattenspieler-Booms surfen würde: Mit dem Miracord 80 und zwei weiteren Modellen zeigen die Kieler klangstark Flagge, müssen aber Teile wie die Tonabnehmer ankaufen.

fairaudio: Das habe ich verstanden. Was ich nicht ganz verstanden habe, ist der Bruch mit den Plattenspielern in den 1980er-Jahren. Gemeinsam mit Dual, mit Thorens beherrschte Elac über 90 Prozent des Weltmarktes …

Baumann: Das ist schon lange her. „Den Weltmarkt beherrschen“ – auch wieder eine eher böse Formulierung. Heutzutage liegt der Fokus auf Lautsprechern. Das ist das Kerngeschäft, Punkt.

fairaudio: Wie hält man sich in einem Hochlohnland in diesem Markt? Die Macht aus anderen Kontinenten muss doch immens sein?

Handarbeit in der Lautsprecherfertigung von Elac

Handarbeit ist unabdinglich. Die Fertigung ist Kiel ist im Vergleich zu manch anderen Branchen klein, die Zugehörigkeit zur Company aber beständig und im besten Sinne nachhaltig fürs Firmenwissen

Baumann: Wir fertigen in Kiel in Handarbeit den JET-Hochtöner. Alle Produkte über 1.600 Euro Paarpreis stammen aus Europa. „Made in Germany“ ist noch immer ein Argument. Aber da im Lautsprechermarkt ein enormer Konkurrenzdruck herrscht und viele Konsumenten vorwiegend auf den Preis schauen, bauen wir derzeit alle Lautsprecher unterhalb dieses Preispunktes außerhalb von Europa.

fairaudio: Sie haben den JET-Hochtöner. Das ist Markenkern und Wiedererkennungswert zugleich. Gibt es auch einen hörbaren Wiedererkennungswert? Was ist die Wertebasis von Elac-Lautsprechern im audiophilen Sinn?

Baumann: Der JET-Hochtöner, den wir hier fertigen, der ist nur ein Teil des Klangs, der Elac prägt. Lautsprecher gibt es viele und ich würde sagen, ab einem bestimmten Preispunkt klingen viele Lautsprecher sehr, sehr anständig. Was wir hier aber seit Jahrzehnten sehr gut machen, ist die Gesamtabstimmung. Die beginnt bei der Auswahl der ersten grundsätzlichen Lautsprechergrößen und ihrer Komponenten. Das reine Volumen, was baue ich ein? Dann geht man tiefer auf die Ebene der Feinheiten, wie stelle ich Komponenten zusammen, wie baue ich die Frequenzweiche auf? Das sind unheimlich viele Schritte vom ersten Gedanken bis zum finalen Tuning. Es geht nicht nur darum, dass wir hier den Hochtöner mit der Hand falten können, sondern um die Jahrzehnte, die uns einen enormen Erfahrungsschatz gebracht haben.

Blick ins Lager von Elac

Von hier geht aus es in die Welt: Das Lager nimmt den größten Teil des Firmengebäudes ein. Über 60 Prozent der Elac-Produkte gehen ins Ausland

fairaudio: Es gibt viele Mitbewerber, die sich auf dem Erfahrungsschatz eher ausruhen. Wir sind bei der JET-Version 6 – der JET 5 war bereits sehr, sehr gut. Was treibt sie an, das Bestehende immer neu infrage zu stellen?

Baumann: Natürlich muss ich für eine Weiterentwicklung Geld in die Hand nehmen. Wobei der Vorteil ist, dass wir beim JET 6 vornehmlich an der Folie Änderungen vornahmen und an der Frontplatte. Insofern mussten wir am Rest des JET so viel gar nicht ändern. Aber genau dieses letzte Quäntchen an Optimierung treibt jeden Entwickler an. So ist ein Stufenmodell entstanden: Diese Dinge sind klar eine Optimierung für uns und für den Kunden. Bei der Forschung sind dabei auch viele weitere Ergebnisse herausgekommen, an denen wir jetzt  arbeiten, über die ich natürlich noch nichts sagen kann, die aber für die Zukunft des JET relevant sind.

fairaudio: Wie gehen sie mit dem Druck der großen Namen um? In den Elac-Aktivmodulen gibt es Kabelanschlüsse und Bluetooth. Aber nicht die Logos der Big Player – wie Apple AirPlay, die neuen Dolby-Formate …

Baumann: Hier gilt es immer abzuwägen: Kosten und Nutzen. Selbstverständlich kaufen einige Kunden gerne das Produkt, welches mit den meisten Technologie-Logos prahlt. Nicht jeder Kunde ist aber bereit, auch den Preis hierfür zu zahlen, denn ohne Lizenzkosten lassen sich viele Technologien eben nicht verbauen. Wir haben uns zum Beispiel bei den ConneX-Aktiv-Lautsprechern auf Dolby Digital, HDMI und Bluetooth fokussiert und sind damit sehr erfolgreich. Denn dank der digitalen I/Os, die wir integrieren, stehen dem Kunden ja weitere Lösungen zur Verfügung.

Bi-Wiring-Terminal von Elac

Norddeutsches Understatement: Die sichtbare Seite des Terminals wirkt geradlinig-dezent. Aber mit stattlichen, verschraubten Brücken

Innenseite eines Bi-Wiring-Terminals von Elac

Die Innenseite des Terminals ist schon der erste Aufbereiter für die im Signalweg folgende Weiche. Natürlich mit vergoldeten, großformatig verschraubten Kontakten

fairaudio: Wie wichtig sind die Plattenspieler im Portfolio – emotional und mit betriebswirtschaftlichem Blick auf den Umsatz der gesamten Company?

Baumann: Plattenspieler stellen für uns natürlich einen hohen emotionalen Wert dar. Deswegen haben wir seit 1990 fünf Plattenspieler entwickelt und gebaut. Miracord 90, Miracord 70, Miracord 80, Miracord 60, Miracord 50. Wir werden noch weitere Plattenspieler folgen lassen. Allerdings sind Plattenspieler vom Wert her ein geringer, dennoch durchaus gesunder Teil von unserem Gesamtumsatz.

fairaudio: Wenn wir den gleichen Blick auf Elacs Umsatz im Car-Audio-Geschäft richten?

Baumann: Automotive ist für uns aus verschiedenen Gründen wichtig. So sind wir ISO-9001-zertifiziert, was im Hinblick auf die Qualität unserer Arbeit auf die gesamte Company ausstrahlt. Überdies sind wir einfach stolz darauf, als kleine Firma ganz im Norden Deutschlands im Bereich Automotive ein Lieferant zu sein. Und last but not least hat sich das im Laufe von zehn Jahren von einem Liebhabergeschäft zu einem signifikanten Teil unseres Umsatzes gemausert.

Das damalige Firmengebäude von Elac

So sah das Firmengelände zu Zeiten der Höchstbeschäftigung aus. Mittlerweile residiert Elac in einem Einzelgebäude, der große Rest ist Universität und Start-up-Park

fairaudio: Die Branche schaufelt seit Jahren mehr Geld mit Kopfhörern als mit Lautsprechern. Hegen Sie Pläne in diesem Marktsegment?

Baumann: Wir haben uns schon vor Jahren mit dem Thema Kopfhörer beschäftigt und zwar auch zusammen mit einem sehr, sehr starken Herstellungspartner. Es entstanden Prototypen und wir haben uns dann dagegen entschlossen. Nicht weil die Kopfhörer nicht gut waren, sondern weil wir einfach gesehen haben, dass der Markt so dermaßen saturiert ist, dass man es schwer hat, überhaupt den Einstieg zu schaffen. Es sei denn, man nimmt sehr, sehr viel Geld in die Hand und da haben wir uns damals nach genauer Betrachtung dagegen entschieden. Und die Lebenserfahrung sagt mir, das war richtig.

fairaudio: Abschlussfrage – und da brauche ich gar keine große Phantasie. Ich sehe Sie bald in Wien auf der High-End-Messe 2026 den hundertsten Firmengeburtstag feiern. Schampus, Torte – und Sie ziehen ein Stofftuch vom neuen Superlautsprecher?

Baumann: Ja – aller Voraussicht nach werde ich 2026 ein schönes Tuch von einem schönen Etwas ziehen werden. Das kann ich Ihnen versprechen. Was es genau sein wird? Da will ich die Spannung hochhalten.

Oskar-Heil-Schriftzug am Elac-Firmengebäude

Der Name ist eine Verbeugung. Mit ihm huldigt Elac dem Erfinder des Air-Motion-Transformers Oskar Heil (1908-1994). Das passt perfekt in Historie wie Gegenwart

Billboard
Tivoli Audio

Firmenbericht: Besuch bei Elac

  1. 1 Vom Bing zum Bass
  2. 2 „Da will ich die Spannung hochhalten“ - Interview mit dem Elac-Geschäftsführer Lars Baumann

Über die Autorin / den Autor