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April 2013 / Jens Bondarenko
Der Klassiker: Die lieben Kleinen wollen auf ihrem stylish-hippen iDevice, Android-Smartphone oder ganz old school auf dem MP3-Player Musik unterwegs hören. Die Finessen highendigen Klanges interessieren sie kaum, solange nichts übermäßig rauscht und möglichst viel Power für den Bass über bleibt. Hier kollidieren Welten.
Wenn dann allerdings hinzukommt, dass sich die Sprösslinge unerwartet für die einst mühsam als FLAC gerippten 60er-Jahre „Lee Morgan“-Jazzalben interessieren, will man tunlichst vor Abklingen des lang erhofften Kulturbedürfnisses der Nachkommenschaft fix kompatible Dateien für deren Technik bereitstellen. Dabei kann man sich selbstverständlich keine Blöße geben, und womöglich ob der Unfähigkeit im Umgang mit den Dateiformaten zum Gespött der Lüdden oder gar Schulhofthema werden. Besser ist es also, sich vor derartigen Ereignissen Gedanken zum Thema zu machen und das Ganze auszuprobieren. Wir haben es mit dem Krankheitsbild der Formatinkompatibilität von Audiotracks für den gewünschten Player zu tun, müssen die Formate also konvertieren.
Audioformate, gestern und heute
Womöglich entfaltet auch der Schnäppchen-DAC aus dem Onlinestore ungeahntes Frustpotenzial, indem er über USB schlicht alle Tracks mit mehr als 96 kHz Samplingfrequenz ablehnt, und das, wo man doch gerade online beim HD-Musik-Anbieter für teures Geld 192-kHz-FLACs erstanden hat und – das ist die Regel – dabei nicht wählen konnte, welches Format in welcher Auflösung im Warenkorb landet. Alternative Formate gleicher Klangqualität, die eine Konvertierung ersparen würden, sind also vielleicht rar bis fehlend, folglich muss man selbst die Computermaus tanzen lassen – und konvertieren.
Vorab sei für diejenigen, die kein Blut sehen können, gesagt, dass wir uns bei der Therapie der Formatinkompatibilitäten nicht mit Audioeditoren à la Steinberg WaveLab oder Adobe Audition auseinandersetzen müssen. Profitools zum tiefgehenden Editieren von Audiomaterial wie diese erledigen das Speichern von Audiotracks in nahezu beliebigen Formaten quasi nebenbei. Viele einfach zu bedienende, kostenlose/-günstige Mediaplayer oder auch speziell für Konvertierungsaufgaben erdachte Software beherrschen die Aufgabe aber ebenfalls, und das auf Wunsch auch für mehrere Tracks gleichzeitig.
Dateikonvertierung: Hardware- und andere Fragen
Bevor wir uns eingehender mit dem Workflow bei Formatkonvertierungen beschäftigen, sollten wir uns bewusst sein, dass auch der beste Chirurg mit dem sterilsten, schärfsten Werkzeug keine gelungene Operation hinlegt, wenn er sich in der falschen Umgebung, also nicht in einem Operationssaal befindet. Unser OP-Tisch ist der Rechner und dessen Hardware.
Das Konvertieren von Audioformaten ist ein rechenintensiver Vorgang. Fast unabhängig vom Quell- und Zielformat hat ein Rechner alle CPU-Kerne voll zu tun, diese Aufgabe zu bewältigen. Wer also öfter gigabyteweise Formatkonvertierungen rechnen lassen will, sollte sich bewusst sein, dass die CPU der zentrale Flaschenhals seines Vorhabens sein kann. Gute Konvertierungswerkzeuge nutzen mehrere CPU-Kerne parallel oder, per Intels Hyperthreading, auch virtuelle CPU-Kerne. Moderne Rechner haben heute meistens mindestens zwei Kerne, also fast zwei vollwertige Prozessoren zur Verfügung. Die Formatkonvertierungen werden aber erheblich beschleunigt, wenn Quad- oder 8-Kern-Prozessoren eingesetzt werden. Letztere sind bei Notebooks freilich noch sehr selten. Schreiben und lesen auf modernen internen Festplatten oder gar SSDs fällt kaum ins Performancegewicht.
Etwas anders sieht es aus, wenn die zu konvertierenden Daten auf externen Laufwerken oder im Netzwerk auf Network-Attached-Storage-Laufwerken (NAS) liegen. Dabei gilt – meine Erfahrungen basieren auf einer Apple TimeCapsule, deren interne Festplatte ich per WLAN-n-Standard nutze –, dass zur Datenkonvertierung natürlich zusätzlich zur eigentlichen Berechnung zwei Transportwege nötig sind: Lesen und Schreiben per WLAN. Dass das insgesamt sehr viel länger dauert, als die Konvertierung komplett lokal auf dem Rechner vorzunehmen, kann man sich denken. Per USB 2.0 oder 3.0 lokal angeschlossene Festplatten sind allerdings meistens schnell genug für unsere Aufgabe.
Wer also immer wiederkehrend oder beim Umstellen einer größeren Tracksammlung viele Dateien konvertieren möchte, erzielt beste Performanz beim lokalen Konvertieren auf internen oder USB-3.0-Laufwerken mit SSD-Festplatten unter Verwendung einer Mehrkern-CPU. Tabletcomputer oder Netbooks mit lahmem Intel-Atom-Prozessor scheiden aus meiner Sicht für diese Aufgabe aus.
Zwei Fragen seien ebenfalls beleuchtet, die trivial erscheinen, aber dennoch zuweilen gestellt werden. Erste Frage: Genügt es nicht, per Windows Explorer die Dateiextension eines Audiotracks zu ändern? Kurze Antwort: natürlich nicht. Dem Dateiinhalt ist es völlig egal, wie man ihn nennt, sein Format bleibt unverändert.
Zweite Frage, und die ist nicht so trivial, wie man denkt: Lassen sich komprimierte Audioformate in andere komprimierte Formate (verlustfrei) konvertieren? Meine entschieden konsequente Antwort lautet: jein. Und zwar deshalb, weil es auf die Art der Komprimierung der Quell- und Zieldatei ankommt. Verlustbehaftet komprimierte Formate wie MP3, OGG oder MP4 verlieren bei der Konvertierung in ein ebenfalls verlustbehaftet komprimierendes Format erneut musikalische Informationen. Der Grund hierfür sind die völlig unterschiedlichen psychoakustischen Modelle der Audioformate, die nicht kompatibel sind. Dieses Problem trifft auch auf die Konvertierung innerhalb eines Formates, aber mit unterschiedlichen Bitraten zu: Die musikalische Information einer sagen wir MP3-Datei mit 320 kBit/s, erstellt aus einer Quelldatei mit 192 kBit/s, ist geringer als die der Quelle!
Konvertiert man sie allerdings in verlustlos speichernde Formate, so verlieren wir nichts: Die musikalische Information einer 320-kBit/s-MP3-Datei bleibt in einer FLAC-Datei komplett erhalten, weil diese eben verlustlos erstellt wird. Die zuvor verlorenen Informationen beim Herstellen der MP3-Dateien sind aber natürlich unwiederbringlich verloren, unabhängig vom „zweiten“ Zielformat.
Computer-Audio: Audioformate konvertieren