Demnächst im Test:

Billboard
McIntosh

Electrocompaniet ECP-2: der Klangeindruck

Inhaltsverzeichnis

  1. 2 Electrocompaniet ECP-2: der Klangeindruck

Die mit der Electrocompaniet ECP-2 gehörten Tonabnehmer – die MCs Denon DL-103R, Ortofon Rondo Bronze und das jüngst getestete Transrotor Figaro sowie der MM-Abtaster Shelter 201 – machen schnell klar, dass die norwegische Phonostufe zu den transparenten ihrer Art zählt. Stärken, Schwächen und Eigenheiten der unterschiedlichen Systeme treten klar hervor, da muss man sich durch keinen Schleier „hindurchhören“, um darauf zu kommen, welche Nadel denn nun unterm Tonarm hängt. Gut so. Es sei denn, Sie möchten ein ausgemachtes Tendenzgerät erwerben.

Electrocompaniet ECP-2

Eine exakt preisgleiche Phonovorstufe stand mir während des Testzeitraums zwar nicht zur Verfügung, aber ich konnte die Electrocompaniet gut nach oben und unten abgleichen. Soll heißen: im Vergleich zum halb so teuren, röhrenbestückten Phonomodul meines Vorverstärkers Octave HP300 Mk2 sowie zur B.M.C. Audio Phono MCCI (circa 3.000 Euro) hören; beides übrigens, im Gegensatz zur ECP-2, reine MC-Entzerrer. Und ohne an dieser Stelle zu viel verraten zu wollen, kann ich schon sagen, dass sich unser Proband ziemlich gut in seiner Preisklasse macht.

Um das Ohr einzunorden, habe ich zunächst ein paar Platten über das interne Phonomodul der Octave-Vorstufe gehört – und dann die ECP-2 angeschlossen, sie also (mit symmetrischen Verbindern) an den entsprechenden Hochpegeleingang des Pre aus Baden gehängt.

Tonale Unterschiede? Kaum auszumachen. Das heißt aber wiederum – denn so kenne ich das Octave-Modul –, dass die Electrocompaniet ECP-2 über alles gehört balanciert und rechtschaffen neutral vorgeht, im Zweifel aber eher auf der sonoreren denn hellen Seite daheim ist, wenn man denn unbedingt eine Tendenz angeben möchte. Vielleicht legt die Octave noch ein kleines bisschen mehr Pathos in den Grundtonbereich hinein, betont diesen also etwas mehr als das Nordlicht. Die Electrocompaniet ECP-2 spielt relativ dazu also noch eine Nuance balancierter. Aber wirklich entscheidend ist das nicht.

Electrocompaniet ECP-2

Der entscheidende Unterschied im Klangbild der Electrocompaniet ECP-2 leitet sich nicht vom Tonalen ab, sondern vielmehr von der Art der Bühnendarstellung und dem Auflösungsvermögen. Und um mal mit dem virtuellen Raum zu beginnen: Die Musik tritt über die ECP-2 einen Tick näher an mich heran, ohne dass das nun irgendwie „frontal“ wirkte. Aber eben doch eher anmachend als reserviert. Vor allem aber wird das Klangpanorama ein gehöriges Stück breiter aufgezogen. Dagegen wirkt das des Octave-Modul fast kompakt, wie mir beispielsweise bei Nils Petter Molvaers „The Kit“ auffällt (Album: Switch; etwas für Leute, die soundscapeartigen, sphärisch-experimentellen Jazz mögen). Nils Petter MolvaerPointiert formuliert: Ein wenig ist es so, als würde die Musik einen Trippelschritt auf mich zukommen und die Arme ausbreiten. Angenehm involvierend, so was.

Zeitgleich habe ich zwar nicht das Gefühl, dass der Bühnenraum als solches wirklich tiefer gerät – diese Raumdimension ist, sagen wir mal: preisklassenadäquat ausgeprägt, doch nicht die besondere Stärke der ECP-2. Aber die Tiefe ist „besser zu verstehen“: Die Präzision der Abbildung ist mit der Electrocompaniet-Phonostufe nämlich deutlich höher, die einzelnen Klänge werden kompakter und randschärfer in den virtuellen Raum projiziert als mit dem Octave-Modul, das die Instrumente und Stimmen leicht größer, deutlich ätherischer und damit insgesamt diffuser darstellt. Weshalb der Raum in der Tiefendimension eben auch diffuser, übertrieben formuliert nur als Ganzes wahrgenommen wird, während mit der ECP-2 die Instrumentenseparation besser gelingt und die Abstandsrelationen der beteiligten Musiker transparent offengelegt werden.

Typisch Electrocompaniet: die Acrylfront
Typisch Electrocompaniet: die Acrylfront der ECP-2-Phonostufe

Generell lässt sich zum Thema Raum festhalten: Die Electrocompaniet-Phonostufe hat eher einen Drang nach vorne als dass sie reserviert auftritt, besitzt zudem ein auffallend breites und ein unauffälliges, aber angemessen tiefes Klangbild – und versteht es, Klänge präzise zu verorten, was zur Übersichtlichkeit des Bühneneindrucks beiträgt.

Dieser musikalisch involvierende „Bühnenaufbau“ wird vom hohen Detaillierungsgrad und den feindynamischen Tugenden der Electrocompaniet ECP-2 aufs Angenehmste ergänzt. Man fühlt sich nicht nur räumlich recht nah an der Musik, der Eindruck wird noch durch die hohe Auflösung verstärkt, da man sozusagen unverschleiert dem musikalischen Geschehen beiwohnt, was ein starkes Gefühl von Unmittelbarkeit erzeugt. Sei’s nun beim zeitlichen Verlauf einer Klaviernote – vom Anschlagsmoment und den Feinheiten der Mechanik zum langsamen Verklingen des Tons –, seien es Mikroschwebungen und/oder „Brüchigkeiten“ einer Stimme, stets habe ich den Eindruck, direkt dabei zu sein und sehr viel zu erfahren. Dieses höhere Auflösungsvermögen sollten teurere Komponenten günstigeren voraushaben – und genau das kann die ECP-2 auch, sie spielt informativer als weniger aufwendigere Phonovorstufen. So auch im Vergleich zu besagtem Octave-Modul, weshalb in meinen Notizen häufig steht, die ECP-2 gehe filigraner, mit feinerem Pinsel vor.

Bonnie ‚Prince‘ BillyEin gutes Beispiel dafür sind die Duette, die Bonnie ‚Prince‘ Billy mit Marty Slayton auf dem Album Master and Everyone singt. Die beiden Stimmen werden nicht nur räumlich besser voneinander getrennt, ich bekomme auch deren jeweilige Eigentümlichkeiten genauer präsentiert, wenn die Electrocompaniet dran ist. Es wirkt einfach weniger homogenisiert – aber selbstverständlich auch nicht „chirurgisch“. Schwierig zu beschreiben, doch unmittelbar zu hören.

Die Electrocompaniet-Phonovorstufe steht auf drei solchen Füßen
Der Electrocompaniet-Phonopre steht auf drei solchen Füßen

Dass in dieser Hinsicht noch mehr geht, zeigt die Erfahrung mit teureren Phonovorverstärkern. Und so wundere ich mich auch nicht wirklich, vom B.M.C. Phono MCCI eben noch mehr Details, Feinheiten und klangliche Subtilitäten geliefert zu bekommen. Klar vernehmbar etwa beim schon erwähnten Molvaer-Album: So wird etwa der typische Trompetenton minutiöser herausgeschält. Allerdings bin ich schon der Meinung, dass der klangliche Fortschritt, den die ECP-2 im Vergleich zur günstigeren Octave-Lösung darstellt, größer ausfällt als der von der Electrocompaniet zur B.M.C. Audio hin. Je höher man die High-End-Leiter aufsteigt, desto kleiner werden die klanglichen Gewinne ja auch meistens.

Wie auch immer. Weitere Vorteile der BMC sind die plastischere Gestaltung von Instrumenten und Stimmen – nicht dass die Electrocompaniet hier schlecht wäre, keinesfalls, aber ein bisschen was geht schon noch – sowie die (deutlich) tiefere Raumausleuchtung. Letzteres ist eine echte Stärke der Phono MCCI, während das bei der norwegischen Phonostufe zwar, wie schon gesagt, als völlig okay durchgeht, aber auch nicht ihr Schwerpunktthema ist.

Electrocompaniet ECP 2

Und so kann ich das gleiche Album nun auf unterschiedliche Arten genießen: über die BMC fast aus Feldherrenperspektive, eine weite und insbesondere tiefe Klanglandschaft breitet sich vor einem aus, in der alles hochakkurat und in 3D seine Stelle zugewiesen bekommt. Während die Electrocompaniet das Klangfeld quasi von hinten her verdichtet, da sie eben nicht sooo tief staffelt, und zeitgleich einen Schritt auf mich zukommt, was bei dieser Musik einen leichten Wall-of-Sound-Effekt hervorruft. Und da sie dann auch noch das bisschen wärmer spielt, was die BMC schlanker ist, bekommt man den Eindruck, die Band geht mit mehr Saft und Kraft nach vorne. Wer Molvaer einmal live erlebt hat, kann nun durchaus der Meinung sein, dass das der Intention des Künstlers gerecht(er) wird. Das ist das Kluge bei der Abstimmung der ECP-2 – bei aller löblichen Akkuratesse und Genauigkeit der Wiedergabe, spricht sie einen in erster Linie doch emotional an.

Billboard
Phonosophie - Vinyl und Streaming

Test: Electrocompaniet ECP 2 | Phono-Vorstufe

  1. 2 Electrocompaniet ECP-2: der Klangeindruck