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Let’s get physical: Hörtest Nubert nuVero 140

Inhaltsverzeichnis

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Nubert nuVero 140

Sorry, aber in Anbetracht dessen, was insgesamt acht 18-Zentimeter-Langhub-Bässe in 54 Kubikmeter Raumvolumen so anrichten können, fiel mir als Überschrift unmittelbar der Titel dieses abgedroschenen, anzüglichen 1980er-Jahre-Songs von Olivia Newton John ein. Kaum sind die Lautsprecher ausgepackt und angeschlossen, muss ich es nämlich erst einmal krachen lassen. Trotzdem kann ich Ihnen überhaupt nichts über die grobdynamischen Grenzen der Nubert nuVero 140 erzählen – ganz einfach, weil ich sie in meinem Hörraum und an meiner Elektronik nicht einmal ansatzweise ausloten kann. Dass es mit den nuVero 140 im Bass bei höheren Pegeln aber ganz schnell „physical“ wird, dürfen Sie mir glauben.

Nach dem ersten Soundcheck gilt es, die optimale Auf- und Einstellung der Nubert zu finden. Beim eifrigen Herumrücken und Experimentieren mit verschiedenen Schalter-/Stopfenkonfigurationen lande ich schließlich bei einer recht freien Aufstellung. Dabei ist die untere Bassreflexöffnung verschlossen und die Höhen sind per Schaler auf „sanft“ getrimmt. Ein bisschen hadere ich damit, ob mir die Mitten prägnant oder neutral besser gefallen – letztendlich bleibe ich bei neutral hängen.

Nubert nuVero 140

Was mich dann beim ernsthaften Hören als erstes überrascht, ist, dass die nuVero 140 im Bass nicht nur beeindruckend tiefe Bässe mit beachtlichen Pegeln wiedergeben können, sondern dass sie sich dabei so gut mit meinem Hörraum vertragen. Ich gebe zu, bisher war ich nie ein Fan von bassgewaltigen Lautsprechern. Was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass ich mir mit solchen Lautsprechern bisher vor allem eines einhandelt habe: Ärger. Selbst manche kompakte Box hat in meinem Hörzimmer schon james blakefleißig Raummoden angeregt und viel Aufmerksamkeit bei der Aufstellung verlangt. Die nuVero 140 dagegen beherrschen den Raum souverän und dulden offenhörbar keine Eigenmächtigkeiten seinerseits. Sie halten die Zügel fest in der Hand und scheinen alles daran zu setzen, Bässe mit viel Feingefühl genau so in den Raum zu stellen, wie die Aufnahme das vorgibt. Das tun sie übrigens nicht nur laut, sondern auch sehr leise in hervorragender Weise. Die tiefen Syntieschwebungen, die in der Interpretation von „Limit To Your Love“ von James Blake vorkommen, sind auch bei spätabendlichen, nachbarschaftfreundlichen Pegeln klar und beeindruckend tief hörbar. Leise, aber deutlich.

Ich gebe zu: So macht mir Bass richtig Spaß. Vor allem und gerade nachdem ich die Titel, die untenrum richtig „Schub“ machen, durch habe und beim entspannten Hören vertrauten Stücken neue Seiten abgewinne. Den spannenden Dialog Ahmad Jamalzwischen Kontrabass und Piano im Stück „Paris After Dark“ von Ahmad Jamal auf dem Album A Quiet Time haben mir auch andere Lautsprecher schon ganz wunderbar zu Gehör gebracht. Wie innig die beiden Instrumente aber miteinander flirten, höre ich erst über die Nubert nuVero 140 wirklich, da sie beide Instrumente, vor allem auch den Flügel Jamals, mit sehr vollständig wirkender, mächtiger Körperlichkeit darstellen. So stellt das große Instrument ein ganz anders Gegengewicht zum Bass dar als ich das bisher wahrgenommen habe.

Und das Tolle: Das große Instrument klingt mächtig, aber völlig entspannt. Ich glaube, ich werde zum Bassfetischisten. Selbst Kollege Jörg Dames, der zwar immer betont, dass ihm die Basspotenz unter allen Qualitäten eines Lautsprechers am wenigsten wichtig sei (und trotzdem zuletzt ein Paar Thiel CS 3.7 mit einem 10-Zoll-Bass samt 10-Zoll-Passiv-Membran pro Box sowie Spendor SP100R² mit 12-Zoll-Basstreibern sein Eigen nannte), kam angehörs der Tieftontalente der nuVero 140 ins Grübeln, ob die deutlich preiswertere Nubert in Sachen Bassqualität und -autorität da nicht sogar mehr als nur auf Augenhöhe spielt. Was den Bass-Bereich betrifft, sind die nuVero 140 unter fast allen Aspekten – Tiefgang, Kontur, Kontrolle, Dynamik und was sonst noch alles – einfach verdammt gut. Was mir persönlich dabei am besten gefällt, ist die absolute Souveränität, mit der sie diese Talente ausspielen.

Nubert nuVero 140

Das Piano Ahmad Jamals verrät mir auch einiges über die Grundton- und Mittelwiedergabe der großen Nubert-Lautsprecher. Die fällt nämlich sehr differenziert und dynamisch fein abgestuft aus. Dabei gehören die nuVero 140 zu den Lautsprechen, die bei allen Talenten in Sachen Auflösung und Feindynamik nicht sezieren. Einen Klavierton präsentieren sie als ganzheitliches Ereignis, das sich zwar aus dem Anschlag und dem Schwingen der Saiten und des Resonanzkörpers sowie schließlich dem Ausklingen und Verhallen des Tons im Raum zusammensetzt, letztendlich aber in seiner Gesamtheit wirkt. Ja, die Nubert nuVero 140 hören sich sehr musikalisch an. Angesichts ihres optisch doch eher technischen Auftritts hätte ich fast anderes erwartet.

Auch die Stimmwiedergabe ist eine klare Domäne der Schwäbinnen. Egal ob Souliges wie das kraftvolle Organ von Gregory Porter (Liquid Spirit), Artifizielleres wie Feist (The Reminder) oder auch das markante Country-Rock-Organ von Lucinda Williams (Essence) – bei allem überzeugen die nuVero gregory porter140 durch die exakte Wiedergabe der jeweiligen stimmlichen Eigenheiten, mehr noch jedoch dadurch, dass einem die Stimmen gleich unter die Haut gehen.

Ein bisschen (Grundton-)Wärme mag da im Spiel sein, aber das ist ja nichts Verwerfliches. Im Gegenteil: Die Lautsprecher vertragen sich dadurch mit unterschiedlichem Material. Auch alte Aufnahmen, die über eher analytisch agierende Lautsprecher keinen Spaß machen, kann man über die Nubert nuVero 140 problemlos hören. Klar, ihre Talente können sie dabei nicht voll ausspielen, aber sie „rächen“ sich auch nicht, indem sie eine schlechte oder alte Aufnahme gnadenlos sezieren.

Das ist ein völlig anderer Charakter als etwa der der vor kurzen von mir an dieser Stelle besprochenen Fischer & Fischer SN 170. Die Schiefersäulen aus dem Sauerland faszinierten mich durch ihre unglaubliche Präzision, mit der sie jedes noch so feinste Detail akribisch herausschälten, waren mir dadurch aber an einigen Stellen (oder besser: bei einigen Stücken) zu gnadenlos. Die NuVero 140 bleiben immer ehrlich, aber freundlich. Das kennen Sie von Ihren Mitmenschen: Die einen müssen einem alles sagen, auch wenn man es nicht hören will; die anderen sind genauso ehrlich, drängen einem aber nicht jede Wahrheit auf, sondern verpacken sie in freundliche Worte. Und genau diesen etwas freundlich wärmeren Umgang kultivieren die Nubert-Lautsprecher auf dem Gebiet der Musikwiedergabe.

Nubert nuVero 140

Richtig, richtig gut geht übrigens auch Klassik über die Nubert nuVero 140. Ein Gespräch über Plattenspieler am gestrigen Abend, genauer über solche von Transcriptors, haben mir Lust auf das Molto Vivace aus Beethovens Neunter gemacht. Erinnern Sie sich? Die Filmszene aus dem Kubrik-Film „A Clockwork Orange“? Alex, der neben einem Hang zu Gewaltexzessen auch eine Vorliebe für Beethoven pflegt, liegt vor einer mit Lautsprechern gepflasterten Wand auf seinem Bett, vor dem auf einem Board unter anderem ein Transcriptors Hydraulic Reference steht. Er hört Beethovens Neunte, eingespielt von den Berliner Philharmonikern unter Ferenc Fricsay.

Ich greife auf eine spätere Aufnahme unter Herbert von Karajan zurück. Trotzdem bin ich mir sicher: Hätte Alex die Nubert nuVero 140 gehabt, hätte er statt der 50 Lautsprecherboxen vermutlich nur ein Pärchen gebraucht. Und der Klang wäre garantiert besser gewesen. Denn logisch, dass den Nubert-Lautsprechern bei der Wiedergabe eines großen Orchesters ihre Tieftontalente zugutekommen. Richtig klasse sind aber auch ihre dynamischen Talente, mit denen sie völlig ansatzlos vom pianopianissimo zum fortefortissimo übergehen. Dabei verschlucken sie sich selbst in lauten Passagen, an denen sämtliche Instrumente <leer>Nubert nuVero 140 seitlich“ width=“220″ height=“633″ align=“left“ class=“alignleft“>beteiligt sind, nicht, sondern behalten selbst im turbulentesten Klanggeschehen die Übersicht. </p> <p>Klar schälen sie die Klangfarben der einzelnen Instrumente heraus, lassen dabei aber nie außer Acht, dass ein Symphonieorchester immer auch eine Art Gesamt-Klangkörper ist. Richtig irrwitzig wird das Ganze, als ich dann noch zu Griegs Peer Gynt Suite (ebenfalls Karajan und die Berliner Philharmoniker) übergehe. Beim Crescendo am Ende des Stückes weiß ich nicht, ob ich in Begeisterung ausbrechen oder Angst bekommen soll. Begeisterung darüber, was die Nubert nuVero 140 selbst hier noch an Details vermitteln und dabei trotzdem diesen irren musikalischen Reigen aufbauen, dem man sich wie einem Strudel kaum entziehen kann; Angst als mir bewusst wird, welche Lautstärken das Ganze inzwischen erreicht hat.</p> <p>Bevor mein Gehör ob der Lautstärke Schaden nimmt, gehe ich schnell zu leiseren Tönen über. Dinu Lipattis Interpretationen von Bach / Mozart / Scarlatti / Schubert führen mich wieder in ruhigere Gefilde – und zeigen mir, dass die Schwäbinnen auch mit Kammermusik und alten Aufnahmen bestens zu Recht kommen. Ja, moderne Aufnahmen sind klarer, brillanter, dynamischer. Welche Eigenschaften der 140er es sind, die mir trotzdem so viel über die faszinierend feinsinnigen Interpretationen Lipattis verraten, vermag ich gar nicht genau zu benennen. Aber es funktioniert bestens. Vermutlich ist es einfach das sehr sauber gezeichnete Mittenband, in dem die Nubert auch feinste Nuancen zu reproduzieren vermögen.</p> <p>Im Hochton würde ich die Einstellung „sanft“ eher für die neutrale Einstellung halten. Mein Hörraum gehört nicht zur sehr halligen oder akustisch harten Sorte und in der Schalterstellung „sanft“ passt der Hochton perfekt. Ich behaupte aber mal, dass es in einer eher karg möblierten modernen Wohnumgebung mit großen Glasflächen, Sichtmauerwerk oder Sichtbeton und Steinboden auch zu viel werden kann. Für sehr stark bedämpfte Räume haben die Nubert dafür Reserven – hier stehen ja noch „neutral“ und „brillant“ zur Wahl. Ok, vielleicht habe ich zu lange mit meinen <a href=Geithain ME 150 gehört, die im Hochtonbereich eh etwas defensiver als neutral abgestimmt sind.

Meiner Hörsituation ist sicher geschuldet, dass ich den Eindruck habe, eine Steigerung der eh schon sehr guten Auflösung der Nubert im Hochton wahrzunehmen, wenn ich mich sehr aufrecht auf mein Hörsofa setze, sodass sich meine Ohren ungefähr auf Höhe der Hochtöner befinden. Wenn ich entspannt sitze, kommen meine Ohren auf eine Höhe von rund 70 Zentimetern. Die Hochtonkalotten der NuVero 140 liegen aufgrund der beschriebenen Chassisanordnung auf einer Höhe von knapp über einem Meter. Und bei einem Hörabstand von nur rund 2,5 Metern bekomme ich wohl nicht alles mit, was die Hochtonkalotte zu bieten hat. Nubert gibt an, dass ein Abstrahlwinkel bis 15° außerhalb der Achse unkritisch sei – wenn mich meine Mathe-Kenntnisse nicht im Stich lassen, entspricht „mein“ Winkel bei 250 Zentimetern Abstand und 30 Zentimetern Höhenunterschied rund 7° –, doch scheinen dabei dennoch ein paar Informationen auf der Strecke zu bleiben.

Nubert nuVero 140 Hochtöner

Beachtenswert ist, dass die nuVero insgesamt ein wunderbar geschlossenes, homogenes Klangbild bieten, was mich angesichts der insgesamt sieben Chassis pro Lautsprecher und der Strecke, über die die Lautsprecherchassis auf den Boxenfronten verteilt sind, überrascht. Vom Timing her spielen die Nubert auf den Punkt – hier hängt kein Bereich hinterher oder stürmt voraus. Auch rhythmisch spielen sie sehr exakt. Okay, Lautsprecher mit lediglich einem Breitbänder oder Koaxialchassis, zum Beispiel eine Progressive Audio Extreme 1, mögen noch mehr Homogenität und Zusammenhalt bieten – sind dafür aber in anderen klanglichen Bereichen eingeschränkt, etwa in der Basswiedergabe oder der Verfärbungsfreiheit.

Die Bühne bilden die nuVero 140 recht hoch ab. Generell ziehen die Nubert einen großen und weiten Raum auf. Natürlich nur, wenn die Aufnahme das hergibt. Aber den Konzertsaal der Berliner Philharmonie illusionieren sie bei den oben erwähnten Aufnahmen schon sehr „klar erfahrbar“. Hier zeigt sich wohl nicht zuletzt, dass ein souveräner Bassbereich auch für die Räumlichkeit entscheidend ist. Gerade tiefe Töne klingen in großen (Aufnahme-)Räumen anders als in kleinen. Und das können eben nur Lautsprecher adäquat reproduzieren, die den Bass exakt und möglichst unbeschnitten reproduzieren. Aber auch die Atmosphäre eines Jazzclubs vermitteln die nuVero absolut überzeugend.

Nubert nuVero 140

Lokalisations- und Konturenschärfe sind nicht unbedingt Paradedisziplinen der Nubert. Was daran liegen mag, dass sie mit ihrer langgestreckten Chassisanordnung nun mal alles andere als theoretisch ideale Punktschallquellen darstellen. Vermutlich wäre hier ein größerer Hörabstand als in meinem Hörraum möglich doch besser. Nichtsdestotrotz empfinde ich eine nicht ganz so artifiziell rasterende Abbildungsschärfe eigentlich immer als natürlicher – selten habe ich bei einem Live-Konzert den Eindruck, eine so klare Hörortung zu vernehmen wie das häufig bei Studioaufnahmen der Fall ist.

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Test: Nubert nuVero 140 | Standlautsprecher

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