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Klangeindrücke mit dem InEar Stage Diver 4

Inhaltsverzeichnis

  1. 2 Klangeindrücke mit dem InEar Stage Diver 4

CHIHIRO YAMANAKA – ABYSS Beginnen möchte ich hier bei meinem Stammgenre, dem Jazz. Das Album Abyss von der Ausnahmepianistin Chihiro Yamanaka stellt einen ganz besonderen Leckerbissen in meiner Musiksammlung dar, weiß die sympathische Japanerin doch den für viele Musikliebhaber etwas abstrakteren Jazz mit swingigen und teilweise sogar schon poppigen Elementen zu verbinden. Das Erste, was einem beim kompakten InEar SD-4 auffällt, ist sein starker Hochton. Nicht stark im Sinne von überbetont, sondern hervorgehoben durch seine elegante Art, den Höhen Strahlkraft und Brillanz zu verleihen, ohne dies mit einem Mehr an Schärfe zu erreichen. Gerade im Jazz ist dies von höchster Bedeutung, da der exzessive Gebrauch der Hi-Hats für eine gute Rhythmusangabe in diesem Genre schon fast obligatorisch ist. Wie gut der kleine Hörer das Schlagzeug aufspielen lässt, kann beim Stück „Forest Star“ beobachtet werden. Die Becken werden glasklar und nie zu überspitzt präsentiert und auch die Drums können nicht nur mit Körper aufwarten, sondern überzeugen auch im Ausklang und fügen sich so gut ins Gesamtbild ein. Bei aller Euphorie gegenüber dem Schlagzeug lässt der SD-4 aber auch nie das Gefühl aufkommen, irgendwas vom Klavier zu vermissen.

Früchte vom gleichen Baum, aber mit unterschiedlichen Geschmacksnoten ...
Früchte vom gleichen Baum müssen nicht gleich schmecken …

Nimmt man nun den kleinen Bruder InEar SD-2 (Preis: 379 Euro) zum Vergleich heran, wird schnell hörbar, dass die beiden In-Ears in Sachen Klangabstimmung unterschiedliche Richtungen einschlagen: Der SD-2 lässt die gesamte Präsentation von Frau Yamanaka eine Spur weniger spritzig erklingen. Insgesamt kann er zwar als der neutralere Hörer von beiden angesehen werden – dadurch kommen bei einigen Liedern die Mitten mehr zum Vorschein. Dies lässt aber die Strahlkraft und unheimlich gute Detailauflösung, die der InEar SD-4 zum Besten gibt, etwas in den Hintergrund rücken.

Die InEar Stage Diver 4 kommen in einem robusten Hardschalencase
Die Stage Diver kommen in einem robusten Hartschalencase

Nun kann der SD-4 aber nicht nur im Jazzbereich überzeugen, sondern macht auch bei Pop-Musik durchaus Laune. Als Beispiel soll hier die in den letzten Jahren als französischer Superstar gefeierte Zaz dienen. Mit ihrem zweiten Studioalbum ist es ihr gelungen, den europäischen Pop wieder auf Vordermann zu bringen. Das relativ mittenlastig aufgenommene Album Recto Verso gilt als Musterbeispiel dafür, dass man mit den richtigen ZAZ – RECTO VERSOWiedergabegeräten durchaus noch einiges aus Aufnahmen herausholen kann. Was mit einem neutralitätsforcierenden Hörer wie dem Ultimate Ears UE900 schon fast telefonartig klingen kann, schafft der InEar SD-4 mit seinen beiden ein klein wenig angehobenen Frequenzenden nicht nur wieder gerade zu bügeln, sondern in ein Laune machendes Stück zu verwandeln. Die Singleauskopplung „On Ira“ erfuhr mit dem Stage Diver 4 eine regelrechte Wiederbelebung der Aufnahme. Der InEar SD-4 spielt von der unverblümten Wiedergabe der rauen Stimme von Isabelle Geffroy über den fetzigen, leicht ins Ohr gehenden Rhythmus bis hin zum ideal dosierten Schlagzeug sehr souverän. Bei „La Lessive“ merkt man dann auch die sehr hohe Auflösung des Hörers, die durchaus nicht den Vergleich mit einem Custom-In-Ear oder offenen Bügelkopfhörer der High-End-Klasse scheuen muss. Makel in Aufnahmen, die andere Hörer gut kaschieren, bringt der Stage Diver freilich so auch besser zum Vorschein. Das Hintergrundrauschen durch das ganze Lied hindurch fällt mit dem SD-4 zum Beispiel deutlich stärker auf als etwa mit einem UE900. Wobei dies vermutlich vom Künstler auch beabsichtigt war, um etwas Retrofeeling aufkommen zu lassen – und nicht der schlechten Tonqualität geschuldet ist.

InEar Stage Diver 4

Andererseits muss aber auch gesagt werden: Bei einigen elektronischen Musikstücken, wie zum Beispiel „Here She Comes Again“ auf dem Album The Inevitable End des norwegischen Elektronikduos Røyksopp, tendiert die Bassspur unseres RøyksoppProbanden etwas ins Überbordende abzudriften. Einerseits liegt dies am an sich schon bassig aufgenommenen Album selbst, andererseits kommt hier auch die Tieftonanhebung des SD-4 zum Tragen. Der zum Vergleich herangezogener Ultimate Ears UE900 kommt in solchen Situationen mit seiner neutralen Abstimmung wiederum besser zurecht.

FELIX KUBIN/MITCH & MITCH – BAKTERIEN UND BATTERIEN Ein etwas spezielleres Album habe ich in der LP-Version gehört. Der aus Deutschland stammende, auf elektronische Klänge spezialisierte Künstler Felix Kubin veröffentlichte vor zwei Jahren mit Bakterien und Batterien in Kooperation mit der polnischen Brass-Punk/Jazz-Band Mitch & Mitch ein sehr feines Stück Vinyl. Hier werden die synthesizerlastigen Beats des Hamburger Ausnahmekünstlers mit dem flotten Rhythmus der neunköpfigen Big Band kombiniert. Heraus kommt eine durchaus eigenwillige, aber sehr stimmige Synthese, die mit dem Stage Diver 4 auch sehr gut zum Vorschein kommt.

InEar SD-4

Durch den von mir verwendeten, relativ neutral aufspielenden Tonabnehmer (Ortofon MC25e) wird die Klangcharakteristik des In-Ears perfekt zur Geltung gebracht. Das etwas bassigere Auftreten des InEar SD-4 passt sehr gut zum teils psychedelischen Sound der Band. Im Stück „Narzissmus und Musik“ wird zudem die tolle Instrumentenseparation des Hörers deutlich. Die nacheinander einsetzenden Instrumente – Xylophon, Bass und elektronische Orgel – klingen einerseits für sich selbst, andererseits wird trotzdem ein harmonisches Klangbild suggeriert. Das schaffen nicht viele Kopfhörer.

Was dem SD-4 als einer der wenigen hochpreisigen Inears gelingt, ist, die Bühne sehr glaubhaft darzustellen. Ein Beispiel für die genaue Bühne gibt das Album The Peel Sessions 1991-2004 von P.J. Harvey. Der kräftige Bass des im 5/4-Takt geschriebenen Lieds „Water“ zusammen mit dem warmen Sounding der Fender Stratocaster zaubert ein sehr stimmiges Livefeeling in P.J. HARVEY – THE PEEL SESSIONS 1991 – 2004die Gehörgänge. Man fühlt sich in ein düsteres Pub mitten in England versetzt, wo die Künstlerin im kleinen Rahmen ihr Stück zum Besten gibt – es wird also eine glaubhaft große Bühne präsentiert. Schlagzeug und Gitarre werden nicht auf einem Quadratmeter abgebildet, sondern stehen in realistischem Abstand voneinander entfernt. Allerdings wird hier auch eine der wenigen Schwächen des SD-4 hörbar: Der Stage Diver tendiert bei einigen Aufnahmen dazu, die Stimmen etwas zu weit in den Hintergrund zu rücken. Bei einem rockigen Stück können deshalb die Instrumente die Vokalisten ein wenig überdecken. Verstärkt wird dies noch durch die leichte Zurückhaltung im Grundton, welche Frauenstimmen manchmal minimal heller klingen lässt als vorgesehen. Der kleine InEar-Bruder SD-2 und ebenso der Ultimate Ears UE900 stellen die Stimmen zwar mehr in den Vordergrund, jedoch zulasten der Gesamtdynamik.

InEar SD-4

Die hervorragende Bühnendarstellung des InEar Stage Diver 4 kann auch beim experimentellen Album Désarroi des Karlsruher Trios Kammerflimmer Kollektief überzeugen. Die Eingangsmusik stellt sowohl das hohe Auflösungsverhalten wie auch die feine Instrumentenseparation in den Mittelpunkt. Natürlich muss hier KAMMERFLIMMER KOLLEKTIEF - DÉSARROIauch die Aufnahme mitspielen. Dennoch ist den Ingenieuren bei diesem Inear das gelungen, was nicht einmal manche offene Over-Ears schaffen: Dem Zuhörer eine Bühne zu suggerieren, die ihn direkt vor die Musiker stellt. Man muss schon einen Raumkünstler wie etwa den AKG K701 hervorholen, um die Ortungsschärfe und die für einen In-Ear durchaus beachtliche und realistisch wirkende Bühnengröße eines SD-4 zu erreichen. Selbstverständlich lässt ein geschlossener Hörer den Raum nicht in solchen Ausmaßen aufblühen wie etwa ein Standlautsprecher das schafft – das ist bauartbedingt einfach ein Ding der Unmöglichkeit beziehungsweise würde eine erhebliche Portion Klangverfälschung mit sich bringen. Trotzdem hat die Firma InEar beim Stage Diver 4 eine hervorragende Arbeit in Sachen Bühnenpräsentation geleistet.

InEar SD-4

In der Klassik angelangt, kann der InEar SD-4 seine Stärke im Hochton- und Bassbereich voll ausspielen. Die Posaunen und Trompeten in der Dvořák-Aufnahme von Herbert v. Karajan und den Berliner Philharmonikern (1979) gelingen durch den brillanten, gut durchgezeichneten Hochton und das Bassfundament wahrlich bombastisch. „Satz IV – Allegro con fuoco“ der neunten DVOŘÁK – SYMPHONIES 8 & 9 NEW WORLDSinfonie fasziniert durch ein wahres Dynamikfeuerwerk, sowohl die Grobdynamik – das Aufbauen der Lautstärke bis in Livepegel – als auch leise Passagen werden hier gut herausgearbeitet. Instrumente sind im Raum sehr gut ortbar und werden auch authentisch gezeichnet. Die Strahlkraft und Dynamik der Bläser erreichen die Streicher naturgemäß zwar nicht, sie werden aber allemal natürlich und nicht überbetont an der richtigen Stelle platziert – manchem Hörer könnten die Violinen in ruhigeren Stücken zeitweise vielleicht sogar etwas zu brav sein. Aber dem Gesamtcharakter des InEar SD-4 tut das keinen Abbruch. Auch höhere Pegel verkraftet der Stage Diver 4 ohne hörbare Verzerrungen, sodass die einzelnen Instrumente auch dann noch gut voneinander unterscheidbar bleiben.

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Test: InEar Stage Diver 4 | Kopfhörer

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