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Musik CD Platten Kritik Rezension Virginia Nascimento

Inhaltsverzeichnis

  1. 2 Musik CD Platten Kritik Rezension Virginia Nascimento

Gutgemeinter Electropop

Bei Virginia Nascimento hingegen werden wir den Bossa, obgleich sie auf brasilianische Wurzeln verweisen kann, vergeblich suchen. Vielmehr ist die Wahl-Berlinerin bekannt für ihre leckeren, zwischen Minimal, Vocal und Deep House mäandernden DJ-Sets – bis jetzt. Denn nun legt sie mit Twisted Mind ein Album vor, das sie als Sängerin und Songwriterin präsentiert. Dies wurde auch Zeit, denn ein Neuling auf dem Gebiet des Gesangs ist Nascimento freilich nicht: Legte sie als DJane schon an der Seite von Mousse T. und Tom auf und war live neben Feist, Mocky und Gonzales zu erleben, konnte sie als Sängerin Credits bei Novy, Cluesco, Steve Bug und Jam & Spoon einheimsen, bevor sie sich an ihren Erstling heranwagte.

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Twisted Mind, an dem die Perfektionistin vier Jahre lang feilte, wartet nicht nur mit einer mädchenhaften Mixtur aus Summer Chill und Bubblegum-Pop, sondern teils auch einer überraschend akustischen Instrumentierung auf. So ganz verleugnen kann Nascimento ihre elektronischen Wurzeln allerdings nicht, und so mischt sie eine gehörige, wenn auch ziemlich seichte, Portion Electro hinzu. Das ist ansprechend, gefällig und auch unterhaltsam, aber eben nicht wirklich aufregend. So ziehen sich die Songs, immer gleich klingend, dahin.

Keiner bleibt wirklich im Ohr.

Der Anfang des Albums erinnert an das 1996er Album Can We Talk der turko-schweizer Sängerin Emel, die mit einer ähnlichen Biografie und Musik-Mischung bei den einschlägigen Radiostationen recht erfolgreich war. musikMit sehr angenehmem, dann aber doch recht dünnem Stimmchen gibt auch Virginia Nascimento ihre eigenen Texte zu gefälligen Beats und melancholischen Melodien zum Besten. Ohnehin zelebriert Twisted Mind eine Art aufgesetzte Melancholie: „Ich liebe Songs, die in Moll-Tonarten geschrieben sind. Die klingen manchmal zwar sehr traurig, sind aber oftmals das Gegenteil. Moll-Akkorde scheinen mich mehr zu berühren. Manche Songs in Moll haben aber sehr positive Texte“, so die Sängerin.

Erst bei Track 5 fängt sich das Album halbwegs. Flying Without Wings hat einen netten Bass-Lauf, Frankfurt ist eine Reminiszenz an ihre Frankfurter DJ-Zeit, Wondering ein durchaus clubtauglicher Dance-Track, während Red Alert mit einer sozialkritischen Botschaft daherkommt, indem es hinterfragt, welche Zustände die „Befreiungs“-Truppen im Irak hinterlassen. Allerdings wirkt das gesellschaftspolitische Thema nicht zuletzt aufgrund der harmlosen Popmusik lediglich gut gemeint.

Glaubhafter wird es wieder, wenn Nascimento persönliche Erlebnisse zu Gehör bringt, wie beispielsweise in Pisces in February oder My Private Sky – beides herausragende Tracks, die zum Chillen einladen. So besticht der Erstgenannte durch eine durchaus ansprechende Mixtur aus Chillout und Torch Song, Private Sky hingegen durch sanfte Reggae Beats. Das Outro (Ha Ha) könnte sogar problemlos einen Platz auf jedem luxuriösen Rumtrüffelnugat-Ambient-Sampler finden.

So richtig erahnen, was musikalisch wirklich in der Nascimento steckt, lässt aber erst der akustikgitarrenbegleitete Bonus-Track Smile. Wo diese Perlen aufhören, hätte man erst beginnen müssen! Vielleicht beim nächsten Album … Leider aber wird dieses hier dem – zweifelsohne vorhandenen – Talent Virginia Nascimentos in keinster Weise gerecht. Twisted Mind ist eine atmosphärisch dichte Produktion, für welche Steve B-ZET (Schallbau/Sven Väth, Laith Al-Deen u.a.) Pate stand. Unterstützt von Kosho (Gitarre), Thommy Baldu (Drums), Alex Grube (Bass) und Gastsänger und -gitarrist Laith Al-Deen kommt es nett, ruhig und durchaus unterhaltsam daher, ohne jedoch auch nur mit der Zehenspitze Neuland zu betreten.

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Sowohl Sängerin als auch Album wollen gefallen – und das ist nur allzu offensichtlich. Darüber hinaus fehlt es an Tiefe, auch im wörtlichen Sinne: Ein bisschen mehr Bass, ein bisschen weniger wolkiges Euro-Trance-Gedöns, welches an die unsäglichen Dream Dance-Compilations (ja genau, die mit dem Delphin-Geblubber) erinnert, kurz: die ein oder andere Ecke und Kante, hätte dem Album gut bekommen.

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