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Ofrin | Everlast | Peter Fox | Erotic Lounge 7 | Lisa Bassenge

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  1. 1 Ofrin | Everlast | Peter Fox | Erotic Lounge 7 | Lisa Bassenge

Oktober 2008 / Victoriah Szirmai

Berlin, die Erste: Luxuslärm aus Berlisrael

Nun ist es wieder einmal überstanden. Die Popkomm ist vorbei, die massive Werbung, der sich der gemeine Berliner ausgesetzt sah, verblasst genauso an den Straßenrändern wie die hohen Wirbelwellen, die die angereisten Musikredakteure, Marketingleute und sonstigen Handelsmannen auf dem hässlichen Messegelände sowie die Möchtegern-Branchenzugehörigen, stets von der Hoffnung getrieben, dazuzugehören, in den Clubs der Hauptstadt schlugen, und wir können uns wieder den wichtigen Dingen im Leben zuwenden: beispielsweise der Musik selbst. Und solange noch Alben wie Ofrins Zweitling On Shore Remain erscheinen, kann es um diese nicht allzu schlecht bestellt sein.

Ofrin / On Shore Remain

Nachdem fairaudio-Redakteur Ralph Werner die Band live erlebt hatte, war er so begeistert, dass er sich, wohl auf mein Faible für urbane israelische Musik bauend – haben wir doch schon in den letzten Ausgaben hinreichend klargestellt, dass Popmusik aus Israel nicht irgendwo zwischen Klezmer und Ofra Haza angesiedelt ist –, dezent in die Musikauswahl für diese Kolumne einmischte: „Du musst unbedingt etwas über Ofrin machen, das ist schon geiles Zeug, irgendwie anders …!“ Und ich muss sagen: Danke für den Hinweis! Ich bin froh darüber, die Musik der sechsköpfigen deutsch-israelischen Band mit Wohnsitz in Berlin kennengelernt haben zu dürfen, denn tatsächlich sind Ofrin nicht nur anders als alles, was ich in letzter Zeit gehört habe, sondern auch einfach ganz wunderbar.

OfrinBeim den ersten Takten fühlte ich mich an Thelonius Monk erinnert, doch dann entpuppt sich der Opener Dry als perfekte Mischung aus dem bodenständigen Jazz einer Cassandra Wilson und experimentellen Electrosounds wie beispielsweise der Wahlberlinerin Justine Electra, kurz: als klassischer akustischer Jazz gemixt mit eindringlichem Storytelling und Electrogewaber sowie ungewöhnlichen Beigaben wie Varietéelementen. Hielte man nach Künstlern vergleichbaren Stils Ausschau, müsste man schon jenseits der Landesgrenzen suchen, um wohl am ehesten bei Fink mit seinen Biscuits for Breakfast, Helicopter Girl mit How to Steal the World oder Neneh Cherrys Remixen fündig zu werden. Künstlern, die nicht abgeneigt sind, ihre handgemachte Musik symbiotisch mit modernem Electroambient zu verbinden und die auch Pop, Soul, Downbeat, Ambient oder Ethno durchscheinen lassen.

OfrinOfrin bieten außerdem sephardische Klänge wie beispielsweise beim Flamenco In The Water For Too Long oder einen angedeuteten Sirtaki auf Stories – in lustiger 70er-Jahre-Instrumentierung, wie man sie auch bei einigen alten französischen Chansons findet. Spielerisch-phantasievoller Avant-Pop. Doch auch dies kann Ofrins Musik nur sehr unzureichend charakterisieren. Die Band um Frontfrau Ofri Brin hat etwas unfassbar Eigenes, was den Kritiker, der bemüht ist, alles Gehörte fein säuberlich in Schubladen abzulegen, schier verzweifeln lässt. Dies gründet nicht etwa auf seiner eigenen Zwanghaftigkeit – vielmehr verlangt sein Beruf, dem Leser (und hoffentlich späteren Hörer) eine zuverlässige Orientierung an die Hand zu geben.

Das (vielleicht) Paradoxe: On Shore Remain ist zwar ein sehr ungewöhnliches Album und (rational) schwer zu beschreiben, aber emotional umso leichter fassbar. Sängerin Ofri und Keyboardergitarrist Oded K.dar verstehen die Seele des Hörers zu berühren, die eine mit ihrer Elfenstimme, der andere mit seinen wunderschönen Kompositionen. Produziert wurde das Ganze von Eddie Stevens in London, der auch schon schrägen Trip-Hop-Exzentrikern wie Róisín Murphy oder Moloko bei ihren schalkhaften Elektronik-Spielchen zur Seite stand.

Ofrin

Am 24. Oktober wird On Shore Remain offiziell veröffentlicht, das Record Release Konzert findet am 29. Oktober im Berliner Glashaus statt.

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