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SME Model 15 A – Klangeindrücke

Inhaltsverzeichnis

  1. 2 SME Model 15 A - Klangeindrücke

Der Tonarm senkt sich, die Nadel klackt in die Rille … und es dauert keine 10-20 Sekunden, bis mir unwillkürlich entfährt: „Oh ja, das ist eine GANZ andere Liga!“ Zuvor hatte ich die Platte über den VPI Scout II gehört, und der kostet ein Drittel des SME. Da ließe sich natürlich lapidar feststellen, dass das gefälligst auch so sein soll. Ist mir schon klar. Und trotzdem bin ich überrascht.

SME Model 15A

Wahrscheinlich hatte ich Verbesserungen hier und da erwartet, aber nicht diesen Satz nach vorn in allen Belangen. Wobei mich mich der Erstkontakt mit dem SME fast schon überrumpelt und ich analytisch zunächst nicht viel mehr als ein „Oh wow“ fertigbringe, was nicht wirklich viel ist … Begeistert davon, wie überzeugend groovend sich die Ben Harper/The Will To LiveMusiker bei „Mama’s Trippin‘“ (Ben Harper/The Will To Live, auf Amazon anhören) die Bälle zuschmeißen, wie das Geflecht von Melodie- und Rhythmuslinien, getragen von Bass und Schlagzeug, Sänger und Backingvocals, Saxofon und Congas, swingend ineinandergreift, komme ich auch gar nicht darauf, das jetzt analysieren zu wollen.

Die Angst vor großen Worten einmal beiseiteschiebend, ließe sich sagen: Wo ich vorher einer verdammt guten Wiedergabe lauschte, dringe ich jetzt zur Musik vor. Sicherlich: ein großes Lob. Doch wie der SME Model 15A das hinbekommt, das wurde mir erst im Laufe der nächsten Wochen klarer. Ich versuche es einmal zu umreißen.

„So verdammt genau!“
Dass der SME es ganz genau nimmt, Transparenz und Exaktheit der Wiedergabe zu den Kerntugenden dieses Plattenspielers gehören, fällt schnell auf. Zunächst einmal gilt das dort, wo solche Begriffe regelmäßig Verwendung finden: Das Auflösungsvermögen dieses Drehers ist einfach enorm hoch, seien es Details der Phrasierung oder der Stimmakzentuierung, sei es die Wiedergabe noch so leiser Raumhallanteile oder von Finessen des Klavieranschlags – jeder Platte, die auf dem Teller landet, entlockt der Model 15A Informationen, die mir zuvor verborgen blieben. Ein ständiges „Schau mal an!“, „Aha!“ und „Soso!“ ist das beim Hören. Die recht abgenudelte Phrase „die eigene Musiksammlung neu entdecken“ – hier wird sie wahr.

Die Stromversorgung und Controller für den Motor, der von drei Hall-Sensoren überwacht wird, sitzt in einem extra Kästchen. Drei Geschwindigkeiten, justierbar in 0,01%-Schritten, können eingestellt werden
Die Stromversorgung bzw. der Controller für den Motor, welcher von drei Hall-Sensoren überwacht wird, sitzt in einem extra Kästchen. Drei Geschwindigkeiten, justierbar in 0,01%-Schritten, können eingestellt werden

Was auch ganz präzise geschieht, ist die Zuteilung der Musiker auf der virtuellen Bühne. Lokalisationsschärfe und Plastizität einzelner Klänge sind auf höchstem Niveau, demgegenüber ist das, was ich sonst so gehört habe, ein flüchtig-aquarelliges Wölkchen im Raum, etwas übertrieben gesagt – und bevor der SME hier aufschlug, hatte ich eigentlich keinen Anlass zur Beschwerde! Der Südengländer materialisiert die Musiker. Großartig. Das trägt natürlich auch entscheidend zur Transparenz und Durchsicht der Bühnendarstellung bei, gerade in der Tiefendimension und „in den Ecken“. Keine zerfaserten Klänge, die die „Sicht“ behindern, nur ein tief, tief schwarzer Hintergrund, vor dem plastisch skulptierte Musiker auftreten. Noch etwas: Da zittert nichts auf der Bühne, auch bei gehörschädigenden Pegeln nicht, ja, man darf den SME tatsächlich als ausnehmend pegelfest bezeichnen.

Da macht sich wohl die spezielle Subchassistechnik bezahlt. Es herrscht eine unheimliche Sicherheit und Stabilität im Klangbild, das ist in etwa so, als würde man von einem anständigen Vollverstärker der 1.000-Euro-Klasse auf ’ne amtliche Vor/End-Kombi weit im fünfstelligen Bereich, wechseln. Einfach souverän. Ich führe es unter anderem darauf zurück, dass Vibrationsanfälligkeit beziehungsweise Mikrofonie – ausgelöst von den Lautsprechern – tendenziell gegen Null gehen. Der Dreher dreht einfach stoisch seine Runden, völlig entkoppelt davon, ob die Hölle losbricht oder nicht.

Der SME Model 15 steht auf drei höhenverstellbaren Füßen, die wahlweise mit Gummi oder mit einer Stahlkugel „besohlt“ sind. Damit kann weiteres klangliches Feintuning betrieben werden
Der SME Model 15 steht auf drei höhenverstellbaren Füßen, die wahlweise mit Gummi oder einer Stahlkugel „besohlt“ sind.

Das mit der Exaktheit betrifft aber noch zwei weitere entscheidende Dimensionen. Zum einen trifft es in klangfarblicher Hinsicht zu – der Model 15 geht hier hoch differenziert vor, klarer und minutiöser wurden Tonwerte selten abschattiert. Tatsächlich macht sich das sogar auch wieder in räumlicher Hinsicht bezahlt: Beim „Klanggemälde“ interessieren ja nicht nur Raumperspektive und akkurate Detailzeichnung, sondern auch der Farbauftrag – und hat man hier eine reichhaltige Palette zur Hand, wirkt es umso natürlicher und echter. Klassik spielt bei mir ja eher eine randständige Rolle. Sollte es Ihnen anders gehen, werden Sie wahrscheinlich noch mehr vom SME schwärmen als ich. Wie sich ein Orchester glaubwürdig im Raum entfaltet, ist schon famos – die sehr abgestuften „Klangfarbwerte“ tragen zur Unterscheidbarkeit der Instrumente(gruppen) genau so bei wie deren sauber strukturierte Verortung. Ich halte diese Stärke zur klangfarblichen Differenzierung jedenfalls für einen wesentlichen Grund, weswegen der Brite so authentisch wirkt.

Das Anti-Skating kann bequem und feinfühlig justiert werden
Das Anti-Skating kann bequem und feinfühlig justiert werden

Zum anderen aber geht der Model 15A auch rhythmisch ganz akkurat vor. Nein, er swingt nicht, wo es nichts zu swingen gibt, der SME ist kein Rega, um mal mit Klischees zu spielen. Aber wie tight und „nah dran“ E-Bass-Läufe transportiert werden, begeistert mich Mal um Mal mehr. Um wieder einen Quervergleich zu bemühen: als würde man ein Basschassis, das Kontrolle nötig hat, endlich an die kurze Leine nehmen. Sehnig, knorrig, ohne Energiespeichereffekte kommt das rüber. Punktgenau. Und was in den unteren Lagen stimmt, geht weiter oben nicht verloren, der Brite beherrscht das Timing aus dem Effeff. Aber noch mal: Der SME wirkt deshalb rhythmisch auf Zack, weil er es genau nimmt – er ist keine Rhythmusmaschine, die Fünfe schon mal gerade sein lässt, Hauptsache ihr Besitzer schnippt mit den Fingern.

Feinmechanisches Fest: das Lager des SME 309 SPD
Feinmechanisches Fest: das Lager des SME 309 SPD

Bonnie ‚Prince‘ BillyTonal ist der SME schnell erklärt: sehr ausgeglichen, mit minimal sonorem Einschlag. Egal, ob Bonnie ‚Prince‘ Billy singt, Duke Garwood die Gitarre zupft oder Anja Plaschg von Soap&Skin Klavierakkorde rollen lässt – stets habe ich das Gefühl, angenehm erdverbunden und substanziell angesprochen zu werden, doch nie brühwarm oder wattiert. Das Schöne dabei: Er spielt vielleicht einen Hauch wärmer als normal, aber viel aufgelöster. Sexy Kombination, meist ist das ja umgekehrt. Definitiv gibt es aber – preisklassenunabhängig – auch Laufwerke, die mehr „Tzing & Bumm“ bieten. Also im Bass Duke Garwoodeine Extrakelle drauflegen und durch Präsenzbetonung „Direktheit“ erzeugen (wollen). Macht der SME nicht, dafür ist er zu ehrlich. Wenn Sie das möchten – nun, sagen Sie nicht, ich hätte es nicht gesagt … Schließlich: An den absoluten Enden des Frequenzschriebs ginge wohl noch mehr beziehungsweise es noch anders. Im Superhochtonbereich wird ganz, ganz leicht defensiver vorgetragen – da ist für meinen Geschmack immer genug „Air“ im Klangbild, aber es gibt anderswo eben noch mehr Luft. Im Subbassbereich (und ich spreche hier vom < 50-Hertz-Stoff, Soap&Skinnicht vom Kickbass oder so) agiert der Model 15 auf „Normlevel“ und schön trocken – aber nicht ultimativ trocken, in diesem Preisbereich gibt es (Masse-)Laufwerke, die die alleruntersten Lagen wie Beton in den Raum gießen; vielfach wirkt deren Tieftonbereich dann aber auch insgesamt monochromer und nicht so beweglich, farbig, schnell-geschmeidig wie der des SME.

Diese Bemerkungen sind als Hinweise zu lesen, mit welchen Tonabnehmern fruchtbare Symbiosen eingegangen werden können. Spaßeshalber mal eine Anleitung, wie die Rechnung nicht aufgeht: Man nehme ein Denon DL-103R. Toller Klassiker, zweifellos, aber tonal wird mit ihm nix konterkariert, im Gegenteil, und in Sachen Auflösung, Plastizität, Raumausleuchtung steht man dann richtig schön auf der Bremse. Na – so kann das ja nichts werden. (Tatsächlich klingt das dann zwar immer noch super – ich habe es ausprobiert –, aber man bleibt noch deutlich unter den Möglichkeiten.) Eine hervorragende Paarung war hingegen die mit dem sehr komplett, ehrlich und dynamisch spielenden Transrotor Figaro. Ich könnte mir auch vorstellen, dass minimal ins Analytische/Hellere lappende, dabei aber schön lebendig agierende Systeme kongeniale Verbindungen mit dem Südengländer eingehen.

Der Bogen bietet dem Tonabnehmer Schutz
Der Drahtbogen bietet Tonabnehmern Schutz

Abschließend noch ein paar Worte zum Thema „Bühneneindruck“. Dass die Abbildungspräzision, die Plastizität der Klänge und die Tiefenausleuchtung – in der Raummitte wie an den Rändern – auf höchstem Niveau sind, erwähnte ich schon. In dieser Hinsicht hat mir ein analoges Frontend noch nichts Besseres beschert. Wenn Ihnen nun aber besonders daran gelegen ist, dass die Bühne immer einen Schritt auf Sie zukommt und cinemaskopartig breit dargestellt wird, weil genau das Sie so schön in die Musik hineinzieht und involviert … nun, die Show werden Sie vom SME Model 15A nicht fortwährend geliefert bekommen. Dafür ist er einfach zu sehr der Reporter. Sein „Normalnull“-Level befindet sich auf der Grundlinie der Boxen; wenn die Aufnahme so ist, dass es nach vorne gehen soll, dann tut er’s, sonst nicht. HiFi im Wortsinn. Analog verhält es sich mit der Bühnenbreite beziehungsweise dem Gefühl von „Raumgröße insgesamt“. Er kann sehr groß und klein spielen, je nach Platte, die ihre Runden dreht. Immerzu eine uferlose Klangaura entwerfen? Not his cup of tea.

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Test: SME Model 15A | Plattenspieler

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